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BFH 08.05.2014 - VII B 41/13
BFH 08.05.2014 - VII B 41/13 - Steuerberaterprüfung: Keine Verpflichtung, Aufsichtsarbeiten zu anonymisieren
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 18 Abs 1 S 4 StBDV, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 11. Februar 2013, Az: 4 K 1545/12, Urteil
Leitsatz
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NV: § 18 Abs. 1 Satz 4 DVStB ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Der prüfungsrechtliche Grundsatz der Chancengleichheit gebietet bei der Steuerberaterprüfung grundsätzlich kein anonymisiertes Kennzahlensystem für die Durchführung der schriftlichen Prüfungsarbeiten.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nahm an der Steuerberaterprüfung 2009 teil, wurde jedoch wegen nicht ausreichender schriftlicher Prüfungsleistungen (Gesamtnote 5,0) nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen. Die drei Aufsichtsarbeiten in den Gebieten Verfahrensrecht, Ertragsteuerrecht und Buchführung waren jeweils mit der Note 5,0 bewertet worden.
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Im Verlauf des Klageverfahrens vor dem Finanzgericht (FG), in dem der Kläger unter Vorlage eines Gutachtens eine bessere Bewertung der Aufsichtsarbeiten mit jeweils der Note 4,5 begehrte, wurde zweimal das sog. verwaltungsinterne Überdenkungsverfahren durchgeführt, das zu einer Neubewertung der Aufsichtsarbeit Verfahrensrecht mit der Note 4,5 führte, an der Benotung der übrigen Aufsichtsarbeiten und somit an dem Ausschluss von der mündlichen Prüfung jedoch nichts änderte. Weitere Stellungnahmen des Klägers und seines Gutachters zu den Ergebnissen der Überdenkung führten ebenfalls zu keiner besseren Benotung.
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Das FG wies die Klage ab. Unter Berücksichtigung der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle prüfungsspezifischer Bewertungen sei die Benotung 5,0 der Aufsichtsarbeit Ertragsteuer frei von Rechtsfehlern. Deshalb könne es dahinstehen, ob die Aufsichtsarbeit Buchführung --wie vom Kläger beantragt-- mit 4,5 zu benoten sei, da der Kläger auch in diesem Fall die für die Zulassung zur mündlichen Prüfung erforderliche Gesamtnote nicht erreiche. Anders als der Kläger meine, sei es unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Chancengleichheit auch nicht zu beanstanden, dass die Aufsichtsarbeiten nicht mit einer Kennzahl, sondern mit dem Namen des Bewerbers versehen worden seien.
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Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er im Wesentlichen auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Er hält es für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob der prüfungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz die Anonymisierung von Aufsichtsarbeiten in solchen Fällen erfordert, in denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Prüfer erkennbar die Arbeit eines möglichen späteren Konkurrenten zu bewerten hat.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
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1. Nach § 18 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) bestimmt die zuständige Steuerberaterkammer, ob die Aufsichtsarbeiten mit der Anschrift und der Unterschrift des Bewerbers oder mit der zugeteilten Kennzahl zu versehen sind. Diese Vorschrift ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
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Zum einen schreibt das Steuerberatungsgesetz (StBerG) in den Vorschriften über die Steuerberaterprüfung die Vergabe von Kennzahlen für Aufsichtsarbeiten nicht vor. Zum anderen ist es auch nicht klärungsbedürftig, sondern höchstrichterlich geklärt, dass der aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes hergeleitete prüfungsrechtliche Grundsatz der Chancengleichheit ein Kennzahlensystem für Prüfungsarbeiten nicht gebietet. Durch den Wegfall der Anonymität bestehen --wenn überhaupt-- nur geringe Gefahren für die Chancengleichheit, weshalb selbst in Fällen, in denen für Prüfungsarbeiten Kennzahlen vergeben werden könnten, dies gleichwohl von Verfassungs wegen nicht geboten ist. Solange --wie im Streitfall bei der Steuerberaterprüfung 2009 im Bundesland Baden-Württemberg-- entweder das anonymisierte oder das nicht anonymisierte Prüfungsverfahren bei allen Prüflingen einheitlich durchgeführt wird, ist die Chancengleichheit nicht beeinträchtigt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. März 1979 7 B 16.79, Die öffentliche Verwaltung 1979, 752).
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Ob die zuständige Steuerberaterkammer unter besonderen Umständen verpflichtet sein mag, sich gemäß § 18 Abs. 1 Satz 4 DVStB zur Wahrung der Chancengleichheit für ein Kennzahlverfahren zu entscheiden, kann offenbleiben. Im Streitfall sind solche besonderen Umstände nicht erkennbar.
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Soweit die Beschwerde die Ansicht vertritt, anders als beispielsweise bei einer juristischen Staatsprüfung müsse jedenfalls bei der Steuerberaterprüfung die Anonymität des Bewerbers gewährleistet sein, weil dort die Prüfer mehrheitlich Steuerberater seien, die somit über die berufliche Zukunft eines möglichen Konkurrenten entschieden, ist dem nicht zu folgen. Wenn tatsächlich --wie die Beschwerde meint-- die Besorgnis bestehen sollte, die Objektivität der Steuerberater-Prüfer bei der Bewertung von Prüfungsleistungen könnte durch den Wunsch beeinträchtigt sein, "unliebsame Konkurrenz zu vermeiden", so änderte die Vergabe von Kennzahlen für Aufsichtsarbeiten daran nichts, weil auch in diesem Fall die Prüfer davon ausgehen können, die Leistung eines möglichen zukünftigen Konkurrenten zu bewerten, auch wenn dessen Namen nicht ersichtlich ist.
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Sollte tatsächlich in einem konkreten Fall die Besorgnis bestehen, ein Prüfer werde die Leistung eines bestimmten ihm namentlich bekannten Bewerbers nicht objektiv beurteilen, so hat dieser gemäß § 164a Abs. 1 StBerG i.V.m. § 83 und § 84 der Abgabenordnung das Recht, diesen Prüfer als befangen abzulehnen.
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2. Anders als die Beschwerde meint, kann dem angefochtenen Urteil nicht entnommen werden, das FG habe im Hinblick auf das im Streitfall wiederholt durchgeführte Überdenkungsverfahren seine eigene Überprüfungskompetenz verkannt. Gegen die verbesserte Benotung der Aufsichtsarbeit Verfahrensrecht waren keine Einwendungen mehr geltend gemacht worden. Die Punktevergabe für die Aufsichtsarbeit Ertragsteuer ist vom FG anhand der Einwendungen des Klägers (im Rahmen der bei prüfungsspezifischen Wertungen eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle) ausführlich geprüft worden (Seite 18, 19 des FG-Urteils), ohne dass es Bewertungsfehler der Prüfer hat feststellen können. Deshalb konnte es --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- dahinstehen, ob die Aufsichtsarbeit Buchführung mit 4,5 zu benoten gewesen wäre. Gründe für die Zulassung der Revision ergeben sich hieraus nicht.
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3. Mangels klärungsbedürftiger Rechtsfragen ist auch der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) nicht gegeben.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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