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BFH 30.04.2014 - X B 244/13
BFH 30.04.2014 - X B 244/13 - Folgen einer unterbliebenen Anhörung durch das FA bei Abweichungen von der Steuererklärung
Normen
§ 91 AO, § 126 Abs 1 Nr 3 AO, § 126 Abs 3 AO
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 29. Oktober 2013, Az: 3 K 142/13, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Weicht das FA beim Erlass eines Steuerbescheids von der Steuererklärung ab und unterlässt es die nach § 91 AO erforderliche Anhörung, wird dieser Verfahrensfehler gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO geheilt, wenn es im Steuerbescheid mit hinreichender Deutlichkeit auf die Abweichung hinweist. Enthält der Steuerbescheid einen solchen Hinweis, kann eine Versäumung der Einspruchsfrist nicht gemäß § 126 Abs. 3 AO auf die unterbliebene Anhörung zurückgeführt werden.
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2. NV: Auch wenn ein FA die Vorschrift des § 91 AO generell nicht beachten würde, könnte dies keinen gesteigerten Anspruch auf Individualrechtsschutz über die in den Regelungen der AO und FGO enthaltenen Fehlerfolgen hinaus begründen.
Tatbestand
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I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 u.a. Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke sowie Zuwendungen an politische Parteien geltend. Zuwendungsbestätigungen fügten sie nicht bei. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Zuwendungen im Einkommensteuerbescheid vom 27. Juli 2011 nicht. Die in § 91 der Abgabenordnung (AO) vor Erlass des Bescheids vorgesehene Anhörung unterblieb; allerdings wies das FA zu Beginn der im Steuerbescheid enthaltenen Erläuterungen darauf hin, dass die Zuwendungen wegen des Fehlens der Zuwendungsbestätigungen nicht berücksichtigt worden seien.
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Mit einem am 18. Juni 2012 beim FA eingegangenen Schreiben wandten sich die Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2010. Am 13. Juli 2012 reichten sie Zuwendungsbestätigungen und Bankbelege nach. Das FA lehnte es ab, den Bescheid zu ändern, und wies den hiergegen eingelegten Einspruch zurück.
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Im Klageverfahren machten die Kläger geltend, der Steuerbescheid sei vom FA nur unzureichend begründet worden und daher inhaltlich unbestimmt und nichtig. Entscheidungen des FA müssten im Entscheidungsteil des Bescheids enthalten sein; eine Aufnahme in die --sehr umfangreichen und die Kläger teilweise gar nicht betreffenden-- Erläuterungen genüge nicht. Das FA habe keine Rechtsgrundlagen für seine Entscheidungen angegeben. Auch hätte es die Günstigerprüfungen für die Vorsorgeaufwendungen und den Familienleistungsausgleich im Bescheid rechnerisch darlegen müssen. Zumindest seien die Voraussetzungen für eine Änderung des Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gegeben.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage --nach Übertragung der Entscheidung des Rechtsstreits auf die Einzelrichterin-- ab. Die unterbliebene Anhörung führe nicht zur Nichtigkeit des Bescheids, sondern sei gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO durch den Hinweis in den Erläuterungen zum Bescheid geheilt worden. Aus diesem Grund komme auch die durch § 126 Abs. 3 AO eröffnete Möglichkeit, bei Anhörungsmängeln Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren, nicht in Betracht. Eine Änderung des Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO scheitere an der groben Fahrlässigkeit der Kläger, die zum einen trotz des ausdrücklichen Hinweises im Steuererklärungsformular ihrer Steuererklärung keine Zuwendungsbestätigungen beigefügt und zum anderen die Einspruchsfrist trotz der Erläuterungen im Steuerbescheid versäumt hätten. Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei wegen der Sondervorschrift des § 175 Abs. 2 Satz 2 AO ausgeschlossen.
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Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und wegen Verfahrensmängeln.
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Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unbegründet.
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Die Kläger haben die geltend gemachten Zulassungsgründe teilweise nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) entsprechenden Weise dargelegt, teils sind die Zulassungsgründe nicht gegeben.
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1. Soweit die Kläger sich gegen die inhaltliche Richtigkeit der Vorentscheidung wenden --und damit möglicherweise den in § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO enthaltenen Zulassungsgrund des schwerwiegenden Rechtsfehlers oder aber die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geltend machen wollen--, fehlt es an der erforderlichen Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils.
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Tragend für das FG war dessen rechtliche Würdigung, der Anhörungsmangel sei durch die im Steuerbescheid enthaltenen Erläuterungen geheilt worden; aus diesem Grunde sei auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Einspruchsfrist zu gewähren. Hierzu hat es die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung zu vergleichbaren Fallgestaltungen zitiert (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 13. Dezember 1984 VIII R 19/81, BFHE 143, 106, BStBl II 1985, 601, und vom 6. Dezember 1988 IX R 158/85, BFH/NV 1989, 561). Mit dieser ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander.
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2. Mit ihrer Behauptung, die Einzelrichterin sei voreingenommen gewesen, haben die Kläger keinen Verfahrensmangel --in Betracht kommt allein eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts im Hinblick auf die Befangenheit der Einzelrichterin-- dargelegt.
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Die Kläger ziehen als Beleg für die Voreingenommenheit der Einzelrichterin eine Äußerung aus der mündlichen Verhandlung heran. Sie hätten indes die Gelegenheit gehabt, einen Ablehnungsantrag zu stellen, wenn sie meinen --wofür allerdings kein Anhaltspunkt besteht--, aus einer solchen Äußerung folge eine Voreingenommenheit. Jedenfalls haben sie ihr Rügerecht nach § 43 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO dadurch verloren, dass sie sich in die Verhandlung eingelassen und Anträge gestellt haben.
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3. Die Übertragung der Entscheidung des Rechtsstreits auf die Einzelrichterin hat den Anspruch der Kläger auf den gesetzlichen Richter nicht verletzt.
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Der Sache nach meinen die Kläger, die Einzelrichterübertragung sei wegen der für das FG schon aus der Klagebegründung erkennbaren grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ausgeschlossen gewesen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 FGO). Sie hätten die Befugnis der Finanzverwaltung zum Erlass formularmäßiger Steuerbescheide generell --nicht nur in Bezug auf ihren Einzelfall-- beanstandet; auch hätten sie angeführt, das beklagte FA unterlasse generell die gebotene Anhörung der Steuerpflichtigen vor Erlass eines Verwaltungsakts. Zudem hätten sie schwerwiegende Ermessensfehler des FA dargelegt.
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Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache folgt aus diesen Ausführungen nicht.
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a) § 157 AO trifft Regelungen zu Form und Inhalt von Steuerbescheiden; § 119 Abs. 3 Satz 2 AO lässt es ersichtlich zu, Verwaltungsakte --auch Steuerbescheide-- formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen zu erlassen. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung haben die Kläger insoweit weder vor dem Ergehen des Beschlusses, mit dem das FG die Entscheidung des Rechtsstreits der Einzelrichterin übertragen hat, noch danach dargelegt.
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b) Auch wenn es zutreffen sollte, dass das beklagte FA bei Abweichungen zwischen der Steuererklärung und dem Steuerbescheid generell die gebotene Anhörung unterlasse --wofür das von den Klägern vorgelegte Schreiben des Vorstehers des FA sprechen könnte--, würde der Rechtsstreit dadurch nicht grundsätzlich bedeutsam. Die Folgen einer unterlassenen Anhörung sind im steuerlichen Verfahrensrecht eindeutig geregelt. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich insoweit nicht. Dies zeigt auch das angefochtene Urteil der Einzelrichterin, in dem die Folgen der unterbliebenen Anhörung zutreffend aufgezeigt worden sind. Wenn die Kläger meinen, das beklagte FA halte sich generell nicht an Verfahrensvorschriften, steht es ihnen frei, dies bei den Stellen der Fach- oder Dienstaufsicht vorzubringen. Ein Anspruch auf Individualrechtsschutz über die in den Vorschriften der AO und FGO enthaltenen Fehlerfolgen hinaus begründet dies indes nicht.
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c) Schwerwiegende Ermessensfehler des FA haben die Kläger nicht darlegen können. Vielmehr stellt sich das Verhalten des FA --abgesehen von der unterbliebenen Anhörung-- in verfahrensrechtlicher Hinsicht als ordnungsmäßig dar.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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5. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
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