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BFH 02.12.2013 - III B 32/12
BFH 02.12.2013 - III B 32/12 - Darlegungsanforderungen an das Erfordernis der Rechtsfortbildung und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 164 Abs 2 S 1 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 19. Dezember 2011, Az: 1 K 968/07, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Macht der Beschwerdeführer geltend, aus Gründen der Rechtsfortbildung sei die Klärung der Rechtsfrage erforderlich, ob ein unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangener Investitionszulagenbescheid wegen der im Streitfall gegebenen Umstände überhaupt noch geändert werden könne, wird keine im Allgemeininteresse liegende Rechtsfrage dargelegt.
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2. NV: Beruft sich der Beschwerdeführer auf das Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, ist diese Rüge nicht schlüssig erhoben, wenn er lediglich eine fehlerhafte Anwendung der BFH-Rechtsprechung darlegt (ständige BFH-Rechtsprechung).
Gründe
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Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat die von ihr gerügten Zulassungsgründe nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt.
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1. Der von ihr geltend gemachte Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts ist nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).
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a) Eine Fortbildung des Rechts kommt in Betracht, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist; insbesondere dann, wenn der Einzelfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2012 III B 78/12, BFH/NV 2013, 39, m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist u.a., dass die Rechtsfortbildung im Allgemeininteresse liegt (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 171, § 115 FGO Rz 92 ff.) und die herausgestellte Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 39). Zur Klärungsbedürftigkeit muss der Beschwerdeführer substantiiert ausführen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist. Vor allem sind, sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 39, m.w.N.).
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b) Hieran fehlt es. Die Klägerin macht geltend, es würden sich hinsichtlich der Änderungsmöglichkeit des angefochtenen Investitionszulagenbescheids für 2004 nach § 164 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) folgende ungeklärten Rechtsfragen aufwerfen, nämlich
- die der Rechtsverbindlichkeit einer vom zuständigen Beamten mündlich erteilten Zusage, den Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) nur bei Eintritt einer bestimmten Bedingung auszuüben (Treu und Glauben) und
- die des Wegfalls dieser Rechtsverbindlichkeit.
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Im Streitfall sei --entgegen verschiedener Entscheidungen des BFH, in denen er eine der Korrektur des Steuerbescheids entgegenstehende Bindungswirkung aus Treu und Glauben abgelehnt habe (BFH-Urteile vom 19. Januar 1994 XI R 72/90, BFH/NV 1994, 591; vom 11. Oktober 1988 VIII R 419/83, BFHE 155, 298, BStBl II 1989, 284)-- eine solche Bindungswirkung zu bejahen. Die Klägerin habe ihr Einverständnis zur Aufnahme des VdN mit Telefax vom 20. Dezember 2006 unter Hinweis auf das tags zuvor geführte Gespräch erklärt und dies damit begründet, dessen Ausnutzung sei von der Frage abhängig gemacht worden, dass das Finanzgericht (FG) in dem Klageverfahren betreffend die Investitionszulage für 2001 von einem Anschaffungs-, nicht Herstellungsvorgang ausgehen werde. Im Rahmen des am 19. Dezember 2006 geführten Gesprächs habe der Amtsvorsteher zweimal bestätigt, dass der VdN nur dann ausgenutzt werde, wenn das FG zu erkennen gebe, dass im Jahr 2001 ein Anschaffungsvorgang vorliege. Diese "Bedingung" sei nicht gegenstandslos geworden, sondern habe nach Erlass eines Abhilfebescheids für 2001 durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) für das Jahr 2001 nicht mehr eintreten können.
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Mit diesem Vorbringen führt die Klägerin aus, dass unter Berücksichtigung der im Streitfall gegebenen konkreten Umstände eine Änderung der festgesetzten Investitionszulage nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO nicht mehr habe erfolgen können. Hierdurch legt sie selbst dar, dass sich die Bedeutung der Rechtssache in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschöpft; ein Allgemeininteresse wird damit nicht aufgezeigt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. September 2008 X B 88/08, BFH/NV 2008, 1984; vom 28. September 2009 XI B 103/08, BFH/NV 2010, 73).
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Daneben legt sie nicht dar, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bezeichnete Rechtsfrage umstritten sein soll. Sie erörtert auch nicht, warum durch die vorhandenen Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht geklärt sein soll. So kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH ein unter VdN ergangener Bescheid gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist ohne sachliche Einschränkung jederzeit in vollem Umfang geändert werden. Der VdN verhindert in der Regel die Entstehung eines für die Bindung an Treu und Glauben notwendigen Vertrauensschutzes (BFH-Beschluss vom 4. Februar 2009 VI B 142/08, BFH/NV 2009, 716, m.w.N.). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das FA eine bindende Zusage erteilt oder durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (Senatsurteil vom 5. Juni 2003 III R 26/00, BFH/NV 2003, 1529, unter II.1.a, m.w.N.). Warum für die vorliegende Sachverhaltskonstellation zusätzliche oder andere Rechtsgrundsätze entwickelt werden müssten, wird aus dem Vortrag der Klägerin nicht deutlich.
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2. Daneben meint die Klägerin, die Revision sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen, weil die verminderte Festsetzung der Investitionszulage materiell aus verschiedenen Gründen im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH stehe. Allerdings fehlt es auch insoweit an einer zulässigen Rüge.
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a) Hat das FG sein Urteil --wie hier-- in dem angegriffenen Punkt auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt (kumulative Begründung), so muss wegen jeder der Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2012 X B 139/11, BFH/NV 2013, 570, m.w.N.).
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Das FG hat die Rechtmäßigkeit der reduzierten Festsetzung zum einen darauf gestützt, dass das FA --unabhängig von der Frage des Erlasses der Darlehensverbindlichkeit-- die Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage für 2004 um insgesamt … € zu hoch angesetzt habe, zum anderen aber auch darauf, dass die Entscheidung des FA, wonach die Herstellungskosten um die erlassene Darlehensverbindlichkeit zu reduzieren seien, zutreffend sei; dies deshalb, weil in dem Verzicht auf die Darlehensforderung durch den Insolvenzverwalter des Lieferanten der Rückfluss einer im Zusammenhang mit dem Erwerb geleisteten Aufwendung liege.
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b) Im Streitfall greift (jedenfalls) die von der Klägerin gegen die zweitgenannte Urteilsbegründung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO erhobene Rüge nicht durch. Der hiernach geltend gemachte Zulassungsgrund ist nicht schlüssig dargelegt.
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aa) Eine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift ist anzunehmen, wenn das FG mit einem das angegriffene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist (z.B. Senatsbeschluss vom 8. März 2013 III B 24/12, BFH/NV 2013, 980). Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer u.a. tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. Senatsbeschluss vom 11. März 2011 III B 76/10, BFH/NV 2011, 981).
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Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin legt zwar unter Verweis auf genau bezeichnete BFH-Rechtsprechung den im Investitionszulagengesetz 1999 (InvZulG 1999) geltenden --aus dem Einkommensteuerrecht übernommenen-- Herstellungskostenbegriff dar, um sodann unter Verweis auf weitere BFH-Entscheidungen auszuführen, dass eine Minderung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten nur dann angenommen werden könne, wenn der maßgebende Anlass für den Minderungsvorgang in der Anschaffung liege (BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 IX R 20/98, BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796) bzw. der Vorteil ausschließlich oder so gut wie ausschließlich dem Anschaffungsvorgang zugerechnet werden könne (Senatsurteil vom 20. Oktober 2005 III R 24/04, BFH/NV 2006, 816; BFH-Urteil vom 7. Dezember 2004 VIII R 70/02, BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468). Das FG habe diese Voraussetzungen --so die Klägerin-- fehlerhaft bejaht, weil es insoweit verkannt habe, dass das Schicksal des Finanzierungsgeschäfts die Höhe der Herstellungskosten nicht beeinflussen könne; es habe revisibles Recht (§ 2 Abs. 5 Satz 1 InvZulG 1999) fehlerhaft ausgelegt.
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Hiermit arbeitet sie aber weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus den zitierten BFH-Entscheidungen, von denen das FG-Urteil abweichen soll, einen tragenden abstrakten Rechtssatz heraus. Sie legt keine Abweichung im Grundsätzlichen dar, sondern führt im Kern aus, das FG habe die Rechtsprechung des BFH nicht zutreffend angewandt und damit eine fehlerhafte Einzelfallentscheidung getroffen (BFH-Beschluss vom 20. Januar 2003 VIII B 76/02, BFH/NV 2003, 1281, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 42).
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bb) Die Revision kann zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO auch dann zugelassen werden, wenn die angefochtene Entscheidung an einem qualifizierten Rechtsfehler leidet, der im allgemeinen Interesse einer Korrektur durch das Revisionsgericht bedarf. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Entscheidung des FG in einem solchen Maß fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte. Diese Voraussetzung kann etwa dann vorliegen, wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat oder wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht. Unterhalb dieser Schwelle liegende --ggf. erhebliche-- Rechtsfehler reichen dagegen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen. Diese besonderen Voraussetzungen sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (vgl. dazu z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 39).
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Hieran fehlt es. Die Klägerin begründet das Vorliegen eines gravierenden Rechtsanwendungsfehlers mit den gleichen Ausführungen, die sie zur Geltendmachung der Divergenz vorgebracht hat (dazu 2.b aa der Gründe). Insoweit behauptet sie zwar einen erheblichen (gravierenden) Rechtsfehler. Für diese Behauptung liefert jedoch allein der Vortrag, das FG habe revisibles Recht fehlerhaft ausgelegt, keine hinreichende Begründung. Die Klägerin trägt im Ergebnis nur vor, dass das FG bei der Würdigung, ob eine Minderung der Herstellungskosten erfolgt sei, die Rechtsprechung des BFH nicht zutreffend auf den Streitfall angewendet habe. Eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung wird hierdurch aber nicht dargelegt.
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cc) Damit entspricht das Beschwerdevorbringen bereits aus diesem Grund nicht den Darlegungsanforderungen, die bei einer kumulativen Begründung des FG zu beachten sind. Es kann daher dahinstehen, ob die von der Klägerin nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gegen den erstgenannten Begründungsstrang erhobenen Rügen durchgreifen.
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3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
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