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BFH 17.04.2013 - X K 3/12
BFH 17.04.2013 - X K 3/12 - Entschädigungsklage: Unangemessene Dauer eines finanzgerichtlichen Verfahrens - Beschränkung des Rechtsfolgenausspruchs auf die Feststellung der Verzögerung - Verhältnis zur Amtshaftungsklage - Beklagter im Entschädigungsklageverfahren - Kostenentscheidung - Keine Motivforschung in Bezug auf Prozesshandlungen
Normen
§ 198 GVG, § 200 S 1 GVG, § 201 Abs 4 GVG, Art 23 S 2 ÜberlVfRSchG, Art 6 MRK, Art 13 MRK, Art 34 S 3 GG, § 155 S 2 FGO, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 20 Abs 1 GG
Leitsatz
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1. Wird ein FG in einem einfach gelagerten Klageverfahren zwischen dem Eingang des letzten Schriftsatzes eines der Beteiligten und der Anberaumung der mündlichen Verhandlung fünfeinhalb Jahre lang --abgesehen von einer Aktenanforderung und einer kurzen Anfrage an den Kläger-- nicht tätig, ist die Verfahrensdauer als unangemessen anzusehen .
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2. War die finanzgerichtliche Klage unschlüssig, d.h. bereits nach dem eigenen Tatsachenvortrag des Klägers erkennbar unbegründet, hatte das verzögerte Verfahren für den Entschädigungskläger objektiv keine besondere Bedeutung. In einem solchen Fall genügt für die erforderliche Wiedergutmachung die Feststellung der Verfahrensverzögerung durch das Entschädigungsgericht; der Zuerkennung einer Geldentschädigung für immaterielle Nachteile bedarf es nicht .
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3. Das Entschädigungsgericht kann eine Verfahrensverzögerung auch dann feststellen, wenn eine Verzögerungsrüge gar nicht oder --in den Übergangsfällen des Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG-- nicht unverzüglich erhoben worden ist .
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4. Hat der Kläger die Zuerkennung einer Geldentschädigung beantragt, beschränkt sich das Entschädigungsgericht aber auf die bloße Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer, ist dem Beklagten gleichwohl der weitaus überwiegende Teil (75 %) der Kosten des Entschädigungsklageverfahrens aufzuerlegen, wenn tatsächlich eine erhebliche Verfahrensverzögerung gegeben ist, deren Größenordnung weitgehend mit derjenigen Zeitspanne deckungsgleich ist, die der Kläger seiner monetären Entschädigungsforderung zugrunde gelegt hat, und der Kläger die Höhe seiner Entschädigungsforderung auf den gesetzlichen Regelbetrag des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG beschränkt hat .
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5. Eine Entschädigungsklage wegen der Dauer eines Verfahrens vor dem FG Berlin-Brandenburg ist gegen das Bundesland zu richten, gegen dessen Verwaltungshandeln sich der spätere Entschädigungskläger in dem von ihm eingeleiteten finanzgerichtlichen Verfahren gewandt hat. Die Anordnung, dass das beklagte Bundesland in Entschädigungsklageverfahren durch den Präsidenten des FG vertreten wird, bedarf keiner Regelung durch ein Gesetz .
Tatbestand
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I. Der Kläger begehrt gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Entschädigung wegen der von ihm als unangemessen angesehenen Dauer eines vom 27. Januar 2006 (Klageeingang) bis zum 23. März 2012 (Urteilszustellung) vor dem Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg anhängigen Verfahrens.
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Dem Ausgangsverfahren liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Erbe nach seinem im Jahr 1996 verstorbenen Vater (V). Auf Antrag des Klägers, der die Werthaltigkeit des Nachlasses zunächst nicht hatte einschätzen können, ordnete das Nachlassgericht Nachlassverwaltung an. Diese wurde am 9. August 2000 mit der Begründung aufgehoben, ihr Zweck sei durch die Berichtigung der bekannten Nachlassverbindlichkeiten erreicht.
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Zum Nachlass gehörte auch eine Beteiligung an einem geschlossenen Fonds in der Rechtsform der GbR. Nach den vom Kläger vorgelegten Unterlagen veräußerte eine KG, an der die GbR beteiligt war, im Jahr 1996 den wesentlichen Teil ihres Vermögens. Die Liquidation der GbR fand im Jahr 2002 (Streitjahr des Ausgangsverfahrens) ihren Abschluss durch förmliche Auflösung der Gesellschaft.
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Im Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der GbR für das Jahr 2002 wurde für den Kläger ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 12.028,89 € festgestellt. Dies entsprach dem seinerzeitigen Stand des negativen Kapitalkontos des Klägers. Hiergegen erhob der Kläger nach erfolglosem Einspruch Klage vor dem FG Münster, mit der er eine Beschränkung seiner Erbenhaftung auf der Grundlage der §§ 1975 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geltend machte. Das FG Münster wies die Klage mit Urteil vom 22. Februar 2006 1 K 3381/04 F ab und führte zur Begründung aus, allein der Kläger --nicht aber V oder der Nachlass-- habe im Jahr 2002 den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklicht, weil er Gesellschafter der GbR geworden sei. Der im Jahr 2003 ergangene Feststellungsbescheid sei schon deshalb nicht gegen den Nachlassverwalter zu richten gewesen, weil die Nachlassverwaltung bereits im Jahr 2000 beendet worden sei. Die Einrede der beschränkten Erbenhaftung könne erst im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend gemacht werden.
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Bereits zuvor, am 17. Mai 2003, hatte das Berliner Wohnsitz-Finanzamt (FA) gegen den Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2002 erlassen. Darin setzte es die Einkünfte aus der GbR entsprechend dem Feststellungsbescheid an. Es ergab sich eine Steuernachzahlung, die nach dem Vorbringen des Klägers dadurch "vollstreckt" (getilgt) wurde, dass das FA sie mit anderweitigen Steuerguthaben des Klägers verrechnete. Eine Beschränkung der Erbenhaftung lehnte das FA ab.
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Mit seiner am 27. Januar 2006 vor dem damaligen FG Berlin erhobenen Klage machte der Kläger weiterhin die Beschränkung seiner Erbenhaftung geltend. Am 27. März 2006 begründete er die Klage. Schon in der Klagebegründung erklärte er, die Steuernachzahlungen hätten im Falle eines frühzeitigen Hinweises des Betriebs-FA bereits vom Nachlassverwalter beglichen werden können, da genügend Masse vorhanden gewesen sei.
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Mit einem am 2. Juni 2006 beim FG eingegangenen Schriftsatz des Klägers endete der Wechsel der vorbereitenden Schriftsätze zwischen den Beteiligten. Ausweislich der finanzgerichtlichen Akten erwog das FG in diesem Stadium des Verfahrens, einen Gerichtsbescheid zu erlassen. Tatsächlich wurde das FG aber zunächst nicht weiter tätig. Auf eine am 12. Oktober 2007 eingegangene Sachstandsanfrage des Klägers teilte der Berichterstatter mit Schreiben vom 23. Oktober 2007 mit, der Zeitpunkt einer Terminierung sei wegen der Vielzahl der anhängigen älteren Verfahren ungewiss.
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Mit Verfügung vom 17. Februar 2010 forderte das FG --mittlerweile war die Zuständigkeit auf das neugegründete FG Berlin-Brandenburg übergegangen-- die Steuerakten des FA sowie die Gerichtsakte des FG Münster an. Auf den Hinweis des FG Münster, die Aktenübersendung setze die Vorlage einer Einverständniserklärung des Klägers voraus, bat das FG den Kläger mit Schreiben vom 1. März 2010, eine solche Erklärung abzugeben. Der Kläger reagierte hierauf nicht. Das FG sah in der Folgezeit von einem weiteren Tätigwerden ab.
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Am 18. Januar 2012 verfügte der Senatsvorsitzende des FG die Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung auf den 1. März 2012. Zugleich erteilte er dem Kläger einen rechtlichen Hinweis, wonach die Klage unbegründet sein dürfte, weil die Einkommensteuer 2002 keine Nachlassverbindlichkeit darstelle.
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Mit einem am 3. Februar 2012 beim FG eingegangenen Schreiben erklärte der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragte, dem FA die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Zur Begründung führte er aus, es habe sich nachträglich herausgestellt, dass der Nachlass ergiebiger gewesen sei als zunächst angenommen. Das FG wies den Kläger am 7. Februar 2012 darauf hin, dass es an einer Hauptsacheerledigung fehlen dürfte, weil nach Rechtshängigkeit kein erledigendes Ereignis eingetreten sei. Vielmehr dürfte die Klage von Anfang an unbegründet gewesen sein. Es regte eine Klagerücknahme an.
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Hierauf rügte der Kläger mit einem am 14. Februar 2012 eingegangenen Schreiben unter Hinweis auf das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜberlVfRSchG) vom 24. November 2011 (BGBl I 2011, 2302) eine überlange Dauer des finanzgerichtlichen Verfahrens. Er vertrat die Auffassung, das rechtlich und tatsächlich unkomplizierte Verfahren hätte spätestens innerhalb von zwei Jahren beendet sein müssen. Aufgrund der Verfahrensdauer könne der Kläger Teile der maßgebenden Unterlagen nicht mehr einsehen. Insbesondere sei die für den Nachlassverwalter geltende Aktenaufbewahrungsfrist abgelaufen. Ferner beantragte der Kläger Akteneinsicht und die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung.
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Das FG lehnte den Terminaufhebungsantrag ab, führte die mündliche Verhandlung durch und wies die Klage ab. Zu entscheiden sei nur noch über den Antrag, die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen. Eine solche Feststellungsklage sei unbegründet, da die ursprüngliche Verpflichtungsklage schon bei ihrer Erhebung unbegründet gewesen sei. Denn dem Kläger sei zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt gewesen, dass der Nachlass zur Zahlung der Steuern ausgereicht hätte. Das Urteil des FG wurde dem Kläger am 23. März 2012 zugestellt.
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Am 9. Juli 2012 hat der Kläger die streitgegenständliche Entschädigungsklage "aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung" erhoben. Er verweist darauf, dass ein finanzgerichtliches Verfahren im Durchschnitt 17,5 Monate --bei einer Spanne zwischen den einzelnen Bundesländern von 10,1 bis 24,7 Monaten-- dauere. Auf dieser Grundlage sieht er im konkreten Verfahren eine Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer um vier Jahre. Die erforderliche Verzögerungsrüge sei in seiner am 12. Oktober 2007 gestellten Sachstandsanfrage zu sehen. Im Übrigen dürfte die sechsjährige Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) bereits in den Grenzbereich der absoluten überlangen Verfahrensdauer hineinreichen. In derartigen Fällen sei eine Rüge entbehrlich, da die von ihr ausgehende Warnfunktion angesichts der offenkundigen Überlänge nicht mehr eintreten könne.
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Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger wegen der überlangen Dauer des Verfahrens vor dem FG Berlin-Brandenburg 10 K 1037/06 B eine Entschädigung in Höhe von 4.800 € zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Er ist der Auffassung, die Verzögerungsrüge vom 14. Februar 2012 könne keine Wirkung für den davor liegenden Zeitraum entfalten, weil sie entgegen Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG nicht "unverzüglich" nach Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG am 3. Dezember 2011 erhoben worden sei. Zudem müsse ein Entschädigungsanspruch nach dem Gesetzeszweck dann entfallen, wenn das Gericht --wie hier-- das Verfahren unmittelbar nach Erhebung der Verzögerungsrüge abschließe. Denn die Rüge solle als Warnung an das Gericht dienen; diese Warnfunktion werde bei einem zügigen Verfahrensabschluss erfüllt.
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Selbst wenn eine sachliche Prüfung der Entschädigungsklage vorzunehmen sein sollte, wäre keine Geldentschädigung auszusprechen. Vielmehr wäre gemäß § 198 Abs. 4 GVG die bloße Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer als Wiedergutmachung ausreichend. Dem Kläger sei aufgrund der Dauer des Verfahrens weder ein materieller noch --abgesehen von der Überlänge als solcher-- ein immaterieller Schaden entstanden. Zudem zeige das Unterbleiben einer Reaktion des Klägers auf die Anfrage des FG vom 1. März 2010, dass er spätestens ab diesem Zeitpunkt selbst kein besonderes Interesse mehr an einer Fortsetzung des Verfahrens gehabt habe.
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Jedenfalls sei die entschädigungspflichtige Verzögerung erheblich geringer als der vom Kläger angeführte Zeitraum von vier Jahren. Beim Eingang des letzten vorbereitenden Schriftsatzes am 2. Juni 2006 sei eine Terminierung wegen der zum 1. Januar 2007 durchgeführten Fusion der Finanzgerichte der Länder Berlin und Brandenburg nicht mehr möglich gewesen. Das neue FG Berlin-Brandenburg sei erst nach dem Auspacken und Verteilen der Akten im April 2007 in vollem Umfang funktionstüchtig gewesen. Für die Zeit vom 17. Februar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 sei eine Verzögerung zu verneinen, weil der Kläger auf die Anfrage des FG hinsichtlich der Einverständniserklärung nicht reagiert habe. Danach verbleibe eine "untechnische Verfahrensruhe" von drei Jahren und neun Monaten. Da eine Verfahrensdauer von zwei Jahren und sechs Monaten nicht zu beanstanden sei, ergebe sich vorliegend ein Entschädigungsanspruch allenfalls für ein Jahr und drei Monate.
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II.
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1. Obwohl der Kläger seinen Anspruch als "auf dem Gesichtspunkt der Amtshaftung" beruhend bezeichnet, legt der Senat die Klage als Entschädigungsklage nach § 198 GVG, nicht aber als auf einen Amtshaftungsanspruch gestützte Schadensersatzklage aus. Maßgebend hierfür ist, dass der Kläger die Klage beim Bundesfinanzhof (BFH) eingereicht und er in seiner Klageschrift auf § 198 GVG verwiesen hat.
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2. Der Senat hält die durch § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung vorgenommene Zuweisung der Rechtswegzuständigkeit für Entschädigungsklagen aus dem Bereich der Finanzgerichtsbarkeit an den BFH für vereinbar mit Art. 34 Satz 3 des Grundgesetzes (GG). Danach darf der ordentliche Rechtsweg für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Amtspflichtverletzung nicht ausgeschlossen werden.
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Zwar ist es denkbar, dass die Einführung der Entschädigungsklage zu einem Rückgang der Amtshaftungsklagen in diesem Bereich führen wird. Denn Gegenstand der §§ 198 ff. GVG kann --wie bereits der Wortlaut des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG zeigt-- auch eine Entschädigung für materielle Nachteile und Schäden sein (zutreffend BTDrucks 17/3802, 17); in diesem Bereich gelten nach Auffassung des Gesetzgebers die §§ 249 ff. BGB --mit Ausnahme eines Anspruchs auf Ersatz des entgangenen Gewinns-- uneingeschränkt (BTDrucks 17/7217, 27 f.). Zudem wird die Geltendmachung eines auf § 198 GVG gestützten Entschädigungsanspruchs für den Anspruchsteller schon wegen des fehlenden Erfordernisses der Führung eines Verschuldensnachweises wesentlich einfacher sein als die Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs.
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Gleichwohl führt die Einführung der Entschädigungsklage und deren Zuweisung an die Fachgerichtsbarkeiten nicht zu einer Aushöhlung der Rechtswegzuweisung des Art. 34 Satz 3 GG. Denn es bleibt dem Anspruchsteller unbenommen, sein Begehren im Wege einer Amtshaftungsklage durchzusetzen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen parallel zueinander. Während sich die Entschädigungsklage durch erleichterte Voraussetzungen (fehlendes Verschuldenserfordernis), die Vermutung des Eintritts von Nichtvermögensschäden sowie die Möglichkeit eines pauschalierten Ersatzes dieser Schäden auszeichnet, eröffnet die Amtshaftungsklage demgegenüber auch die Möglichkeit der Erlangung von Schadensersatz für entgangenen Gewinn. Von einem "Ausschluss" des ordentlichen Rechtsweges, der durch Art. 34 Satz 3 GG allein untersagt würde, lässt sich danach ungeachtet eines möglichen faktischen Rückgangs der Amtshaftungsklagen nicht sprechen.
Entscheidungsgründe
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III. Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
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Sie ist gegen den richtigen Beklagten gerichtet (unten 1.). Die Übertragung der Vertretung des beklagten Bundeslandes Berlin auf den Präsidenten des FG Berlin-Brandenburg ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (unten 2.). Das finanzgerichtliche Verfahren, dessen Dauer vorliegend zu beurteilen ist, ist unangemessen verzögert worden (unten 3.). Ein Anspruch des Klägers ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil das Ausgangsgericht das Verfahren kurzfristig nach Erhebung der Verzögerungsrüge zu Ende geführt hat (unten 4.) oder die Entschädigungsklage als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre (unten 5.). Allerdings ist nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer für die erforderliche Wiedergutmachung ausreichend; ein Entschädigungsanspruch in Geld steht dem Kläger nicht zu (unten 6.). Weil ein derartiger Feststellungsausspruch keine vorherige Verzögerungsrüge des Klägers voraussetzt, kann offenbleiben, ob der Kläger die Verzögerungsrüge im Ausgangsverfahren noch "unverzüglich" nach Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG erhoben hat (unten 7.).
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1. Der Kläger hat mit dem Land Berlin den richtigen Beklagten bezeichnet.
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a) Die Bestimmung des Anspruchsgegners bei Entschädigungsklagen wegen überlanger Verfahrensdauer richtet sich nach § 200 Satz 1 GVG. Danach haftet das Land für Nachteile, die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind. Da das FG Berlin-Brandenburg gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Staatsvertrags über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg vom 26. April 2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin 2004, 380) --Staatsvertrag-- ein gemeinsames Fachobergericht der Bundesländer Berlin und Brandenburg ist, seinen Sitz aber im Land Brandenburg hat, lässt sich dem Wortlaut des § 200 Satz 1 GVG unmittelbar noch keine Bestimmung des richtigen Beklagten entnehmen.
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Nach Auffassung des erkennenden Senats --die vom Kläger und nunmehr auch vom Beklagten geteilt wird-- üben die gemeinsamen Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg jeweils Rechtsprechungsgewalt desjenigen Bundeslandes aus, aus dem das Ausgangsverfahren stammt. Der Senat verweist insoweit auf die ausführlichen Darlegungen des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin im Beschluss vom 19. Dezember 2006 45/06 (juris, unter II.1.a), denen er sich anschließt. Der Verfassungsgerichtshof hat sich dabei insbesondere auf die Gesetzesmaterialien zum Staatsvertrag sowie die einfachere staatsrechtliche Handhabbarkeit gestützt. Demgegenüber hat er denjenigen Einzelregelungen im Staatsvertrag, die an das Sitzprinzip anknüpfen, keine entscheidende Bedeutung zugemessen (Rz 32 des Beschlusses). Dieser Auffassung ist auch das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg im Beschluss vom 10. Mai 2007 8/07 (juris, unter B.I.1.). Beiden Beschlüssen lagen jeweils Verfahren aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugrunde.
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In Übereinstimmung damit hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde eines Richters am früheren FG Berlin, der sich unmittelbar gegen den Staatsvertrag gewandt hatte, ausgeführt, das FG Berlin-Brandenburg sei ein Gericht, "welches (auch) zur Berliner Landesgerichtsbarkeit gehört" (Beschluss vom 14. Juli 2006 2 BvR 1058/05, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2006, 1030, unter III.2.b aa). Die richterliche Tätigkeit an einem länderübergreifenden Gericht stelle sich als "Ausübung der Rechtsprechung für die an dem Gericht beteiligten Länder dar" (BVerfG-Beschluss in HFR 2006, 1030, unter III.2.b bb). Damit hat auch das BVerfG eine Anwendung des reinen Sitzprinzips --maßgeblich wäre danach stets der Sitz des gemeinsamen FG im Land Brandenburg-- abgelehnt.
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b) Vorliegend stammt das Ausgangsverfahren aus dem Land Berlin, da eine Berliner Finanzbehörde den Ablehnungsbescheid erlassen hatte, der zu der vom Kläger vor dem damals noch bestehenden FG Berlin erhobenen Verpflichtungsklage geführt hat. Auch soweit ab dem 1. Januar 2007 das FG Berlin-Brandenburg an die Stelle des FG Berlin getreten ist, übte es im Ausgangsverfahren Rechtsprechungsgewalt des Landes Berlin aus, das damit Anspruchsgegner im Entschädigungsklageverfahren ist.
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2. Die Übertragung der Vertretung des beklagten Bundeslandes Berlin auf den Präsidenten des FG Berlin-Brandenburg (Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz vom 20. September 2007, Amtsblatt Berlin 2007, 2641) ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Insbesondere durfte diese Übertragung durch eine Verwaltungsanweisung vorgenommen werden; ein Gesetz war nicht erforderlich.
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a) Organisationsregelungen innerhalb eines Ressorts werden traditionell nicht dem zwingenden Gesetzesvorbehalt unterstellt. Die Exekutive hat hier eine eigene Organisationsgewalt (vgl. hierzu Krebs in Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band V, § 108 Rz 99, m.w.N.).
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Diese Organisationsgewalt unterliegt aber in doppelter Hinsicht Begrenzungen.
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aa) Zum einen darf der Parlamentsgesetzgeber hierauf jederzeit Zugriff nehmen und ausdrückliche gesetzliche Organisationsregelungen treffen (Ossenbühl in Handbuch des Staatsrechts, a.a.O., § 101 Rz 72). Solange indes derartige Spezialregelungen nicht existieren, bleibt es bei der Organisationsgewalt der Exekutive.
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bb) Zum anderen verpflichten das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip den Parlamentsgesetzgeber, die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Dieser "Wesentlichkeitsvorbehalt" gilt zwar vor allem für den Bereich der Grundrechtsausübung, erfasst darüber hinaus aber auch andere für das Gemeinwesen grundlegende Entscheidungen (ausführlich, auch zum Folgenden, Urteil des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Februar 1999 11/98, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1999, 1243, m.w.N., betr. Zusammenlegung des Innen- und Justizministeriums). Danach fallen Organisationsentscheidungen dann unter den Gesetzesvorbehalt, wenn sie wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte oder anderer tragender Verfassungsprinzipien (z.B. Rechtsstaatsprinzip, Gewaltenteilung, Sicherung einer eigenständigen und unabhängigen rechtsprechenden Gewalt) oder die Wahrnehmung der Staatsleitung sind.
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b) Für die vorliegend entscheidungserhebliche Frage der organisationsrechtlichen Zuständigkeit für die Vertretung des Landes in Entschädigungsklageverfahren sind landes- oder bundesgesetzliche Regelungen nicht ersichtlich. § 200 Satz 1 GVG bestimmt lediglich, wer in Entschädigungsfällen der richtige Beklagte ist (das Bundesland). Zu der Vertretung innerhalb des Bundeslandes enthält das GVG keine Regelungen, was in einem Bundesgesetz auch nicht möglich wäre.
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Die in der Vertretungsanordnung getroffene Organisationsregelung enthält auch keine Entscheidung, die so wesentlich wäre, dass sie vom Gesetzgeber hätte getroffen werden müssen. Sie berührt weder die Verwirklichung der Grundrechte noch anderer tragender Verfassungsprinzipien oder die Wahrnehmung der Staatsleitung. Dabei ist vor allem von Bedeutung, dass der FG-Präsident in Entschädigungsklageverfahren lediglich Vertreter eines Verfahrensbeteiligten, nicht aber entscheidungsbefugt ist.
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3. Das finanzgerichtliche Verfahren ist unangemessen verzögert worden. Diese --auf den konkreten Streitfall bezogene-- Würdigung ist möglich, ohne dass der Senat bereits den vorliegenden Einzelfall zum Anlass nehmen müsste, allgemeine Leitlinien für die vom Rechtsschutzsuchenden im Regelfall noch hinzunehmende Dauer eines finanzgerichtlichen Verfahrens zu entwickeln.
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a) Nach § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
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Diese gesetzlichen Maßstäbe beruhen auf der ständigen Rechtsprechung des EGMR, wonach die Angemessenheit der Verfahrensdauer im Lichte der Umstände der Rechtssache sowie unter Berücksichtigung der Komplexität des Falles, des Verhaltens des Entschädigungsklägers und der zuständigen Behörden sowie der Bedeutung des Rechtsstreits für den Beschwerdeführer zu beurteilen ist (Urteil vom 2. September 2010 46344/06 --Rumpf/ Deutschland--, NJW 2010, 3355, Rz 41, m.w.N.).
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Auch das BVerfG geht von vergleichbaren Kriterien aus. Danach lässt sich nicht generell festlegen, ab wann von einer überlangen, die Gewährung effektiven Rechtsschutzes unzumutbar beeinträchtigenden und deshalb verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Verfahrensdauer auszugehen ist; dies ist vielmehr eine Frage der Abwägung und Entscheidung im Einzelfall. Dabei sind vor allem die Bedeutung der Sache für die Parteien (Beteiligten), die Schwierigkeit der Sachmaterie, das den Parteien zuzurechnende Verhalten sowie vom Gericht nicht oder nur eingeschränkt beeinflussbare Tätigkeiten Dritter, etwa von Sachverständigen, in Rechnung zu stellen. Mit zunehmender Verfahrensdauer verdichtet sich allerdings die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung, Beschleunigung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen (BVerfG-Beschluss vom 27. Juli 2004 1 BvR 1196/04, NJW 2004, 3320, unter II.2.a, m.w.N.). Vor diesem Hintergrund hat das BVerfG in seiner jüngeren Rechtsprechung entschieden, dass bei einem Instanzgericht jedenfalls ein Abwarten von 30 Monaten den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht mehr genügt (Beschluss vom 13. August 2012 1 BvR 1098/11, Europäische Grundrechte Zeitschrift --EuGRZ-- 2012, 666, unter B.I.2.). Vor dem BVerfG selbst kann mit Rücksicht auf den abweichenden Wortlaut der maßgeblichen Vorschriften (vgl. § 97a des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht --BVerfGG-- einerseits und § 198 GVG andererseits) sowie die besonderen Aufgaben des BVerfG eine längere Verfahrenslaufzeit hinzunehmen sein, insbesondere wenn ein Pilotverfahren ausgewählt wird und entsprechende Parallelverfahren vorerst zurückgestellt werden (BVerfG-Beschluss vom 1. Oktober 2012 1 BvR 170/06 - Vz 1/12, juris).
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Diese vom EGMR und dem BVerfG entwickelten Kriterien sind nach dem Willen des Gesetzgebers, der im Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des Gesetzes --bei dem es sich um eine Reaktion auf die häufigen Verurteilungen der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) durch den EGMR handelt-- zum Ausdruck kommt, auch der Prüfung nach § 198 GVG zugrunde zu legen (BTDrucks 17/3802, 18).
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b) Da im Ausgangsverfahren der Wechsel der vorbereitenden Schriftsätze zwischen den Beteiligten am 2. Juni 2006 endete, war das erstmalig am 17. Februar 2010 erkennbare Tätigwerden des FG (Aktenanforderung) erheblich zu spät. Geht man mit der jüngeren Rechtsprechung des BVerfG davon aus, dass "jedenfalls ein Abwarten von 30 Monaten" den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt (Beschluss in EuGRZ 2012, 666, unter B.I.2.), das Gericht also im Regelfall nach etwa 24 bis 30 Monaten tätig werden muss, hätte das FG das Ausgangsverfahren im ersten Halbjahr 2008 zumindest in die Richtung einer Entscheidung vorantreiben müssen.
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c) Der Staat kann sich zur Rechtfertigung einer überlangen Verfahrensdauer nicht auf Umstände innerhalb seines Verantwortungsbereichs berufen (so zutreffend BTDrucks 17/3802, 19, unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BVerfG und EGMR). Deshalb ist die Zusammenlegung der Finanzgerichte Berlin und Brandenburg zum 1. Januar 2007 bereits dem Grunde nach kein Umstand, der vom Kläger zu vertreten wäre und eine Verlängerung der noch als angemessen anzusehenden Verfahrensdauer rechtfertigen könnte. Danach kann der Senat offenlassen, ob der Beklagte sein Vorbringen, der Umzug des FG Berlin nach Cottbus habe zu einer zehnmonatigen Unterbrechung der Arbeitsfähigkeit des vormaligen FG Berlin und des späteren FG Berlin-Brandenburg geführt, hinreichend substantiiert hat.
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d) Dem Kläger ist allerdings im Rahmen der Prüfung der Gründe für die eingetretene Verzögerung der Umstand zuzurechnen, dass er es unterlassen hat, auf die Anfrage des FG vom 1. März 2010 zu reagieren. Nicht beizupflichten ist jedoch dem Beklagten darin, dass die unterbliebene Reaktion des Klägers das FG für das gesamte Jahr 2010 von der Pflicht zur weiteren Förderung des Verfahrens befreit hat. Das Schweigen des Klägers auf die Anfrage hätte für das Gericht angesichts der bereits in diesem Zeitpunkt eingetretenen Verzögerung des Verfahrens vielmehr entweder Anlass sein müssen, den Kläger an die ausstehende Antwort zu erinnern, oder dem FG die Möglichkeit eröffnet, ohne Berücksichtigung der betroffenen Akten --und ggf. unter Anwendung eines reduzierten Beweismaßes zu Lasten des insoweit nicht an der Sachaufklärung mitwirkenden Klägers (vgl. hierzu Senatsurteil vom 23. März 2011 X R 44/09, BFHE 233, 297, BStBl II 2011, 884, unter II.2.)-- zu entscheiden. Denn mit zunehmender Verfahrensdauer verdichtet sich --wie oben dargelegt-- die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen. Gleichwohl ist das FG erst wieder am 18. Januar 2012 tätig geworden.
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e) Danach bewegt sich die dem Beklagten zuzurechnende Verzögerung des Verfahrens jedenfalls in der Nähe des vom Kläger seiner Entschädigungsforderung zugrunde gelegten Zeitraums von vier Jahren, ohne dass der Senat --der sich auf den Ausspruch einer Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer beschränkt (siehe unten 6.)-- im Streitfall nähere Festlegungen treffen müsste.
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4. Ein auf § 198 GVG gestützter Feststellungs- oder Entschädigungsanspruch des Klägers ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil das FG das Ausgangsverfahren kurzfristig nach Erhebung der Verzögerungsrüge vom 14. Februar 2012 zu Ende geführt hat.
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Die gegenteilige vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung kann jedenfalls in Fällen, die --wie vorliegend-- eine Verzögerung betreffen, die bereits vor Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG eingetreten ist, nicht zutreffend sein. Denn schon vor Inkrafttreten des genannten Gesetzes war die Bundesrepublik Deutschland aufgrund Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verpflichtet, Rechtsschutz in angemessener Zeit zu gewähren. Ferner musste die Bundesrepublik Deutschland gewährleisten, dass für Fälle der Verletzung des genannten Anspruchs eine wirksame Beschwerdemöglichkeit zur Verfügung stand (Art. 13 EMRK). Würde nun eine vor Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG eingetretene Verzögerung dadurch rückwirkend "geheilt", dass das Gericht das Verfahren kurzfristig nach einer --erstmals ab dem Inkrafttreten des Gesetzes überhaupt möglichen-- Verzögerungsrüge beendet, stünde dem Betroffenen hinsichtlich der eingetretenen Verzögerung weder ein wirksamer Rechtsbehelf noch ein Entschädigungsanspruch zu. Dies wäre mit den aus der EMRK folgenden und vom EGMR mehrfach festgestellten Pflichten Deutschlands unvereinbar.
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Im Übrigen hat der EGMR im Urteil vom 29. März 2006 36813/97 --Scordino/Italien-- (NJW 2007, 1259, Rz 185) ausgeführt: "Es versteht sich, dass in Ländern, in denen eine Konventionsverletzung wegen der Dauer des Verfahrens schon eingetreten ist, ein nur auf Beschleunigung gerichteter Rechtsbehelf, so wünschenswert er für die Zukunft ist, zur Wiedergutmachung nicht ausreicht, wenn das Verfahren offensichtlich schon übermäßig lang gedauert hat." In diesem Sinne ist die vom deutschen Gesetzgeber nunmehr geschaffene Verzögerungsrüge ein "nur auf Beschleunigung gerichteter Rechtsbehelf", der allein aber zur Wiedergutmachung einer in der Vergangenheit liegenden Verzögerung nicht ausreichen kann, wenn der neue Rechtsbehelf in der Vergangenheit noch gar nicht zur Verfügung stand.
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In seinen Entscheidungen, die nach Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG ergangen sind, verweist der EGMR die Beschwerdeführer auch in solchen Verfahren, die bei ihm bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes anhängig waren, auf den nationalen Rechtsbehelf der Entschädigungsklage. Er führt aber zugleich aus, dass er diese Position in Zukunft überprüfen werde, was insbesondere von der Fähigkeit der innerstaatlichen Gerichte abhängig sei, im Hinblick auf das ÜberlVfRSchG eine konsistente und den Erfordernissen der EMRK entsprechende Rechtsprechung zu etablieren (so ausdrücklich Entscheidung des EGMR vom 29. Mai 2012 53126/07 --Taron/Deutschland--, EuGRZ 2012, 514, Rz 45). Vor diesem Hintergrund hat der Senat bei der Auslegung der durch das ÜberlVfRSchG in das deutsche Recht aufgenommenen Normen auch die Erfordernisse eines effektiven Menschenrechtsschutzes zu berücksichtigen. Mit diesem wäre es unvereinbar, wenn eine bereits eingetretene Verzögerung durch nachträgliches staatliches Handeln ohne Zuerkennung einer Wiedergutmachung ungeschehen gemacht werden könnte.
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5. Ein Anspruch des Klägers scheitert auch nicht daran, dass die Erhebung der Entschädigungsklage als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre.
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Der Beklagte meint insoweit, der Kläger habe die Verzögerungsrüge angesichts des drohenden Prozessverlusts im Ausgangsverfahren als Druckmittel einsetzen wollen, um eine ihm günstige Kostenentscheidung zu erreichen. Da dies nicht gelungen sei, sei die spätere Erhebung der Entschädigungsklage als "Trotzreaktion" anzusehen, die rechtlich unbeachtlich sei.
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Dem ist nicht beizupflichten. Nach allgemeinen Grundsätzen sind Prozesshandlungen im Interesse der erforderlichen Rechtsklarheit bedingungsfeindlich (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juli 2005 XI R 15/04, BFHE 210, 4, BStBl II 2005, 644, unter II.2.). Grund hierfür ist das im gerichtlichen Verfahren in besonderer Weise bestehende Bedürfnis nach Rechtssicherheit und -klarheit. Daraus folgt aber zugleich, dass auch eine Motivforschung in Bezug auf Prozesshandlungen --insbesondere hinsichtlich der Gründe für die Erhebung einer Klage-- ausscheidet.
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6. Nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer ausreichend für die erforderliche Wiedergutmachung; ein Entschädigungsanspruch in Geld steht dem Kläger nicht zu.
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a) Gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Dies beruht auf der Rechtsprechung des EGMR, der "eine starke, aber widerlegbare Vermutung" dafür annimmt, dass die überlange Verfahrensdauer einen Nichtvermögensschaden verursacht hat (Urteil in NJW 2007, 1259, Rz 204).
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Vorliegend ist diese gesetzliche Vermutung weder durch das Vorbringen des Beklagten noch durch den sonstigen Akteninhalt widerlegt.
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b) Ist die Vermutungsregel --wie hier-- nicht widerlegt, ordnet § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Erleiden eines solchen Nichtvermögensnachteils an, dass eine Geldentschädigung "nur beansprucht werden [kann], soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist". Die Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer durch das Entschädigungsgericht ist im Gesetz ausdrücklich als eine der Möglichkeiten bezeichnet, Wiedergutmachung auf andere Weise als durch Zuerkennung eines Geldanspruchs zu leisten (§ 198 Abs. 4 Satz 1 GVG).
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Für das Verhältnis zwischen den Rechtsfolgen "Geldentschädigung" einerseits und "Feststellungsausspruch" andererseits gilt danach weder ein Vorrang der Geldentschädigung noch eine anderweitige Vermutungsregel. Damit ist jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut vor der Zuerkennung einer Geldentschädigung jeweils konkret zu prüfen, ob Wiedergutmachung durch einen bloßen Feststellungsausspruch möglich ist.
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Soweit demgegenüber in der Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wird, ein Feststellungsausspruch müsse sich auf diejenigen Ausnahmefälle beschränken, in denen sich der Entschädigungskläger im Ausgangsverfahren rechtsmissbräuchlich verhalten habe (so Böcker, Deutsches Steuerrecht 2011, 2173, 2177), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das von dieser Auffassung als Beleg angeführte EGMR-Urteil vom 10. Dezember 1982 8304/78 --Corigliano/Italien-- (EGMR-E 2, 199, Rz 53) enthält zwar einen bloßen Feststellungsausspruch. Allerdings lässt sich der genannten Entscheidung nicht entnehmen, dass dieser Ausspruch auf einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des dortigen Beschwerdeführers beruht. Vielmehr führt der EGMR aus, bereits durch die Feststellung der Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK sei eine hinreichende Entschädigung für den immateriellen Schaden bewirkt worden. Das darüber hinaus angeführte EGMR-Urteil vom 13. November 2008 26073/03 --M.O./ Deutschland-- (juris) ist als Beleg für die Gegenauffassung schon deshalb ungeeignet, weil dem dortigen Beschwerdeführer --eine Person, die einer breiten Öffentlichkeit bekannt war-- durch die überlange Dauer eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und dessen Öffentlichkeitswirkung unstreitig ein erheblicher immaterieller Schaden entstanden war.
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c) Nach den Gesetzesmaterialien (BTDrucks 17/3802, 20) soll ein derartiger Feststellungsausspruch beispielsweise in Verfahren ausreichen, die für "einen Verfahrensbeteiligten" (gemeint kann indes nur der Entschädigungskläger sein, nicht aber dessen Gegner im Ausgangsverfahren) keine besondere Bedeutung hatten, in denen ein Verfahrensbeteiligter durch sein Verhalten erheblich zur Verzögerung beigetragen hat oder der Beklagte darlegt, dass der Entschädigungskläger --abgesehen von der Überlänge des Verfahrens als solcher-- keinen weitergehenden immateriellen Schaden erlitten hat.
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d) Auch in Bezug auf diese Rechtsfrage bietet der Streitfall keine Veranlassung, allgemeine Grundsätze zur Auslegung des § 198 Abs. 4 GVG aufzustellen oder sich abschließend zu den in den Gesetzesmaterialien angestellten Erwägungen zu äußern.
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Die angeführten Erwägungen des Gesetzgebers könnten allerdings insoweit auf Bedenken stoßen, als eine dem Entschädigungskläger zuzurechnende Verzögerung bereits bei der Prüfung zu berücksichtigen ist, ob überhaupt der Tatbestand einer unangemessenen Verfahrensdauer erfüllt ist, und dann nicht nochmals bei der Entscheidung über die Rechtsfolgen einer als unangemessen zu beurteilenden Verfahrensdauer berücksichtigt werden darf. Auch könnte das Verlangen nach einem Nichtvermögensschaden, der über das Erdulden der Überlänge als solcher hinausgeht, in einem Spannungsverhältnis zu der Forderung des EGMR nach einem effektiven Rechtsschutz gegen Verfahrensverzögerungen stehen. Im Streitfall kommt hinzu, dass dem finanzgerichtlichen Verfahren --jedenfalls abstrakt-- auch eine "besondere Bedeutung" für den Kläger nicht abzusprechen war, da Gegenstand seiner Klage immerhin ein streitiger Steuerbetrag im Umfang von ca. einem Drittel der insgesamt für den Veranlagungszeitraum 2002 gegen den Kläger festgesetzten Einkommensteuer war.
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e) Im Streitfall ist die Beschränkung auf einen bloßen Feststellungsausspruch aber deshalb gerechtfertigt, weil die Klage unschlüssig, d.h. bereits auf der Grundlage des eigenen Tatsachenvortrags des Klägers erkennbar unbegründet war. Denn der Kläger hat schon in der --kurz nach Klageerhebung eingereichten-- Klagebegründung vom 24. März 2006 eingeräumt, dass im Nachlass genügend Masse vorhanden war, um die Steuernachzahlung begleichen zu können. Damit hätte die vom Kläger begehrte Beschränkung seiner Erbenhaftung auf den Nachlass aber von vornherein nicht zu einer Reduzierung seiner Pflicht zur Zahlung der festgesetzten Einkommensteuer führen können.
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aa) Soweit der Kläger erstmals im Entschädigungsklageverfahren --ohne Substantiierung durch Vorlage von Unterlagen-- behauptet, ab dem Jahr 2001 seien weitere Forderungen gegen den Nachlass geltend gemacht worden, was im Jahr 2004 zum Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens geführt habe, ist dies für die Beurteilung durch den Senat ohne Bedeutung. Denn ob eine Klage sich als unschlüssig darstellt, ist aus der --verobjektivierten-- Sicht des zur Entscheidung über diese Klage berufenen Spruchkörpers zu beurteilen. Im Übrigen vermag der Senat dieses neue Vorbringen nicht nachzuvollziehen, da es zu den früheren Tatsachenbehauptungen des Klägers in Widerspruch steht. So hat er nicht nur in der Klagebegründung vom 24. März 2006 --lange nach der angeblichen Erhebung weiterer Forderungen und dem behaupteten Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens--, sondern nochmals im Schreiben vom 2. Februar 2012 erklärt, letztlich habe sich herausgestellt, dass der Nachlass ergiebig gewesen sei.
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In einem solchen Fall, in dem sich allein aus der kurz nach Klageerhebung eingereichten Klagebegründung ohne weitere Ermittlungshandlungen des Gerichts die Unschlüssigkeit des Klagevorbringens ergibt, hat das verzögerte Verfahren --jedenfalls bei konkreter Betrachtung-- für den Entschädigungskläger objektiv keine besondere Bedeutung. Denn dann ist für jeden Rechtskundigen von Anfang an klar, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg haben kann.
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Selbst wenn sich --was der Senat vorliegend nicht zu entscheiden braucht-- aus einer EMRK-konformen Auslegung des § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ein gewisser Vorrang der Geldentschädigung ergeben könnte, zeigt die Rechtsprechung des EGMR, dass auch dieser in vielen Fällen lediglich einen Feststellungsausspruch als Wiedergutmachung ausreichen lässt (vgl. die umfassende Zusammenstellung dieser Rechtsprechung bei Steinbeiß-Winkelmann/ Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, Kommentar, Anhang 2). Es sind aber kaum Fallgruppen denkbar, in denen die Betroffenheit des Klägers durch eine überlange Verfahrensdauer geringer ist als bei einer nach dem eigenen Klagevorbringen bereits unschlüssigen Klage. Die Betroffenheit durch die Verzögerung beschränkt sich in diesen Fällen auf den Umstand, dass der Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens lange auf sich hat warten lassen. Angesichts der von Beginn an feststehenden Unschlüssigkeit der Klage sind mit der Verzögerung aber keine weiteren Risiken oder Nachteile für die prozessuale oder sonstige Situation des Klägers verbunden.
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bb) Betrachtet man die Rechtsprechung des EGMR bis zum Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG, ist zwar festzustellen, dass der EGMR Deutschland in Fällen überlanger Verfahrensdauer zunehmend zur Zahlung von Geldentschädigungen verurteilt und sich nicht auf die --gemäß Art. 41 EMRK ebenfalls mögliche-- bloße Feststellung einer Verletzung der EMRK beschränkt hat. Bei genauer Betrachtung liegt dies aber daran, dass der EGMR im Zeitablauf zu der Erkenntnis gelangt ist, dass in Deutschland seinerzeit ein strukturelles Problem vorhanden gewesen sei. Deutschland wurde daher in den jüngeren Entscheidungen nicht allein wegen einer Verletzung des Art. 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren innerhalb angemessener Frist) verurteilt, sondern vor allem auch wegen einer Verletzung des in Art. 13 EMRK garantierten Rechts auf eine wirksame Beschwerde gegen Verletzungen der EMRK bei einer innerstaatlichen Instanz (vgl. EGMR-Urteil vom 8. Juni 2006 75529/01 --Sürmeli/ Deutschland--, NJW 2006, 2389). Eine solche Beschwerdemöglichkeit in Fällen überlanger Gerichtsverfahren (Untätigkeitsbeschwerde, Verzögerungsrüge) fehlte in Deutschland bis zum Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG; dieses strukturelle Problem der deutschen Gesetzgebung --und nicht nur die tatsächliche Verzögerung eines gerichtlichen Verfahrens im Einzelfall-- hat der EGMR mit der Zuerkennung von Geldentschädigungen sanktionieren wollen (vgl. EGMR-Urteil in NJW 2006, 2389, Rz 136 ff.).
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Mit dem Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG ist das strukturelle Problem beseitigt worden. Im Vordergrund steht nunmehr wieder die Einzelfallbetrachtung der Umstände des konkreten Verfahrens. Damit würde --hätte der EGMR über einen derartigen Fall zu entscheiden-- wieder die Grundregel des Art. 41 EMRK zur Anwendung kommen, wonach der EGMR nur dann über die bloße Feststellung einer Konventionsverletzung hinaus eine "gerechte Entschädigung" (Geldentschädigung für Nichtvermögensschäden) zuspricht, wenn das innerstaatliche Recht "nur eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser Verletzung" gestattet. Die Hauptsacheentscheidung des EGMR liegt in der Feststellung einer Konventionsverletzung; die darüber hinausgehende Zuerkennung einer Geldentschädigung ist nur eine unselbständige Nebenentscheidung (so Dörr, in: Grote/Marauhn, EMRK/GG, Konkordanzkommentar zum europäischen und deutschen Grundrechtsschutz, 2006, Kap. 33 Rz 10). Der EGMR spricht nur dann eine Geldentschädigung zu, wenn der Betroffene aufgrund der Rechtsverletzung nachweislich einen "spürbaren Nachteil" erlitten hat (Dörr, in: Grote/Marauhn, a.a.O., Kap. 33 Rz 18).
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7. Der Senat kann offenlassen, ob der Kläger seine am 14. Februar 2012 beim FG eingegangene Verzögerungsrüge "unverzüglich nach Inkrafttreten" des ÜberlVfRSchG erhoben hat.
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a) Gemäß der Übergangsregelung des Art. 23 Satz 1 ÜberlVfRSchG ist das genannte Gesetz auch auf Verfahren anwendbar, die bei seinem Inkrafttreten (3. Dezember 2011) bereits anhängig waren. War ein solches anhängiges Verfahren beim Inkrafttreten des Gesetzes schon verzögert, gilt die in § 198 Abs. 3 GVG vorgesehene Obliegenheit zur Erhebung einer Verzögerungsrüge mit der Maßgabe, dass diese "unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss" (Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG). In diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum (Art. 23 Satz 3 ÜberlVfRSchG).
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Der Beklagte meint --unter Verweis auf die Rechtsprechung der Zivilgerichte zu § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, die wiederum die für außerordentliche fristlose Kündigungen geltende zweiwöchige gesetzliche Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB heranzieht (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 1979 7 AZR 38/78, BAGE 32, 237, unter IV.2.)--, Verzögerungsrügen in Übergangsfällen hätten innerhalb von zwei Wochen nach dem Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG, also bis zum 17. Dezember 2011, erhoben werden müssen, um einen Anspruch auch für die Vergangenheit zu wahren.
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b) Der Senat kann offenlassen, ob eine solche Auslegung unter Berücksichtigung anderweitiger gesetzlicher Wertungen sachgerecht und mit der Rechtsprechung des EGMR vereinbar wäre. So steht z.B. für die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz eine einjährige Frist zur Verfügung (§ 93 Abs. 3 BVerfGG). Zudem gilt für die Beschwerden zum EGMR eine sechsmonatige Frist (Art. 35 Abs. 1 EMRK). Auch geht es darum, mittels der Auslegung des ÜberlVRSchG eine den Erfordernissen der EMRK entsprechende Rechtsprechung zu etablieren (vgl. EGMR-Entscheidung in EuGRZ 2012, 514, Rz 45).
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Indes bedarf es im Streitfall, in dem lediglich die Feststellung einer Verfahrensverzögerung auszusprechen ist, der vorherigen (unverzüglichen) Erhebung einer Rüge durch den Kläger nicht. Denn die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer kann --im Gegensatz zur Zuerkennung einer Geldentschädigung-- nach der ausdrücklichen Regelung des § 198 Abs. 4 Satz 3 GVG auch dann ausgesprochen werden, "wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Abs. 3 nicht erfüllt sind". Die Obliegenheit zur Erhebung einer Verzögerungsrüge ist aber --neben anderen-- in § 198 Abs. 3 GVG genannt. Diese Obliegenheit entfällt, wenn das Entschädigungsgericht sich auf einen bloßen Feststellungsausspruch beschränkt, nicht nur im gesetzlichen Regelfall des § 198 Abs. 3 GVG, sondern auch in Fällen der --vorliegend einschlägigen-- Übergangsregelung des Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG. Denn nach dieser Vorschrift "gilt § 198 Abs. 3 GVG mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss". Von dem Verweis der genannten Übergangsregelung auf § 198 Abs. 3 GVG ist daher auch die in § 198 Abs. 4 Satz 3 GVG angeordnete Ausnahme vom Erfordernis des § 198 Abs. 3 GVG umfasst.
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Da der Senat vorliegend einen Feststellungsausspruch als Wiedergutmachung für ausreichend hält, war die Erhebung einer Verzögerungsrüge nicht erforderlich.
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8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 201 Abs. 4 GVG. Danach entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen, wenn --wie hier-- zwar kein Entschädigungsanspruch besteht, aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt wird.
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Diese Regelung soll auch dann eine "angemessene Kostenentscheidung" ermöglichen, wenn ein Kläger seine Rügeobliegenheit nicht erfüllt hat, gleichwohl aber eine überlange Verfahrensdauer festgestellt wird (BTDrucks 17/3802, 26). In einem solchen Fall soll sogar eine vollständige Freistellung des Klägers von den Kosten des Entschädigungsrechtsstreits möglich sein (BTDrucks 17/3802, 19, zu § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG).
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In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem (1.) tatsächlich eine erhebliche Verfahrensverzögerung gegeben ist, (2.) deren Größenordnung weitgehend mit derjenigen Zeitspanne deckungsgleich ist, die der Kläger seiner monetären Entschädigungsforderung zugrunde gelegt hat, und (3.) der Kläger die Höhe seiner Entschädigungsforderung auf den gesetzlichen Regelbetrag des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG beschränkt hat, entspricht es billigem Ermessen, dem Beklagten auch dann den weitaus überwiegenden Teil der Verfahrenskosten aufzuerlegen, wenn das Gericht letztlich keinen Entschädigungsanspruch gewährt, sondern lediglich die Unangemessenheit der Verfahrensdauer feststellt.
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Auch der EGMR hat in seinem Urteil in NJW 2007, 1259 (Rz 201) ausgeführt, die Vorschriften über die Kosten in Entschädigungsklageverfahren könnten vom allgemeinen Kostenrecht abweichen, um zu vermeiden, dass Parteien in Fällen, in denen die Klage begründet ist, eine übermäßige Last tragen.
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Zu keinem anderen Ergebnis führt die Erwägung des Beklagten, das konkrete Prozessverhalten des Klägers im Entschädigungsklageverfahren zeige, dass es diesem wirtschaftlich auf die Erlangung einer Geldentschädigung ankomme und der Feststellungsausspruch für ihn nur von untergeordneter Bedeutung sei, was sich auch in der Kostenentscheidung widerspiegeln müsse. Denn nach der menschenrechtlichen Konzeption der §§ 198 ff. GVG dient sowohl der Feststellungsausspruch als auch die Zuerkennung einer Geldentschädigung für immaterielle Schäden --auf die der Kläger seinen Antrag beschränkt hat-- der Genugtuung für die erlittenen immateriellen Nachteile eines unangemessen verzögerten Gerichtsverfahrens. Vor diesem Hintergrund ist --auch-- für die Kostenentscheidung der Umstand, dass das Entschädigungsgericht eine Verfahrensverzögerung in der vom Kläger geltend gemachten Größenordnung bejaht, von größerem Gewicht als die Wahl zwischen den verschiedenen Rechtsfolgenaussprüchen.
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In Anwendung dieser Grundsätze legt der Senat diesen "weitaus überwiegenden", in derartigen Fällen vom Beklagten zu tragenden Teil der Verfahrenskosten typisierend auf 75 % fest.
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