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BFH 21.08.2012 - X B 6, 7/12, X B 6/12, X B 7/12
BFH 21.08.2012 - X B 6, 7/12, X B 6/12, X B 7/12 - Fristwahrung bei Telefax-Sendungen mit Doppel und Anlagen
Normen
§ 56 FGO
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 28. November 2011, Az: 3 K 462/10, Urteil
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 28. November 2011, Az: 3 K 217/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Für den fristgerechten Eingang einer per Telefax übermittelten Sendung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der unterschriebene Schriftsatz als solcher an das Gericht übermittelt worden ist. Wenn Doppel oder Anlagen zu dem Schriftsatz erst nach Fristablauf übermittelt werden, steht dies der Fristwahrung nicht entgegen .
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2. NV: Es bleibt offen, ob das beim BFH verwendete Telefax-Empfangsgerät, das technisch nicht in der Lage ist, die Empfangszeit für einzelne Seiten einer aus mehreren Seiten bestehenden Telefax-Sendung anzugeben, zur Umsetzung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Fristwahrung bei Telefax-Sendungen geeignet ist .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt ein Einzelunternehmen (u.a. Handel mit Schüttgütern). Er ermittelt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.
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Für das --allein den Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildende-- Streitjahr 2006 hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) im Anschluss an eine Außenprüfung den Gewinn und die Umsätze des Klägers erhöht, weil es zwei Beträge, von denen der Kläger behauptete, es handele sich um eine Privateinlage bzw. ein Darlehen seiner Mutter, als zusätzlichen Erlös ansah. Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens --nicht aber des Beschwerdeverfahrens-- war ferner das Jahr 2007, in dem das FA den Bilanzansatz der Schüttgüter um 3.000 € erhöht hatte.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage für 2007 statt, weil das FA hinsichtlich des Bilanzansatzes der Schüttgüter die Grenze des Schätzungsrahmens überschritten habe. Hinsichtlich des Streitjahres 2006 wies es die Klagen u.a. unter Berufung auf das Senatsurteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86 (BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462) ab. Der Kläger habe nicht hinreichend an der Aufklärung der Herkunft der angeblich aus seinem Privatbereich stammenden Mittel mitgewirkt.
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Dem Kläger war für die Begründung der Beschwerden gegen die seinem Prozessbevollmächtigten (P) am 6. Dezember 2011 zugestellten FG-Urteile Fristverlängerung bis zum 6. März 2012 gewährt worden. Die vollständige Beschwerdebegründungsschrift mit allen Doppeln und Anlagen ist am 7. März 2012 um 0:03 Uhr vom Telefax-Empfangsgerät des Bundesfinanzhofs (BFH) ausgedruckt worden. Nach den vom eigenen Telefax-Sendegerät des P erzeugten Aufdrucken, die sich auf jeder Seite der Beschwerdebegründung befinden, hat er am 6. März 2012 um 23:59 Uhr mit der Übermittlung des Schriftsatzes begonnen. Die dritte Seite des Schriftsatzes, auf der sich die Unterschrift des P befindet, weist als Sendezeit den 7. März 2012, 0:00 Uhr aus. Das Telefax-Empfangsgerät des BFH ist technisch nicht in der Lage, die Empfangszeit für einzelne Seiten einer aus mehreren Seiten bestehenden Telefax-Sendung anzugeben oder einzelne Seiten einer solchen Sendung noch während des laufenden Empfangs auszudrucken.
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Der Kläger hat wegen der versäumten Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und hierzu vorgetragen, beim Ausdruck der Beschwerdebegründung sei es zu einem Papierstau gekommen. In der entstehenden Hektik sei dem BFH zunächst ein nicht für diesen bestimmtes Dokument zugefaxt worden, was zu einer weiteren Verzögerung geführt habe. Die Übermittlung der "zweiseitigen Antragsschrift" habe immerhin 1,5 Minuten gedauert, was ungewöhnlich lange sei.
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In der Sache selbst begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerden sind unzulässig.
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1. Der Kläger hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) entsprechenden Weise dargelegt.
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a) Der weitaus überwiegende Teil der Beschwerdebegründung befasst sich mit der Bewertung der Schüttgüter. Diese Frage war aber nur für die Einkommensteuer 2007 streitig. Insoweit hat das FG der Klage stattgegeben; der Kläger hat hiergegen --was ihm mangels Beschwer auch nicht möglich gewesen wäre-- kein Rechtsmittel eingelegt. Für das --allein noch anhängige-- Streitjahr 2006 kommt es auf Fragen der Bewertung der Schüttgüter nicht an.
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b) Soweit der Kläger weiter rügt, das FG habe sich über Beweisanträge hinweggesetzt, die in der Klageschrift enthalten gewesen seien, fehlt es an der genauen Angabe der ermittlungsbedürftigen Tatsachen und der angebotenen Beweismittel (vgl. zu diesem Erfordernis BFH-Urteil vom 9. Juli 1998 V R 68/96, BFHE 186, 161, BStBl II 1998, 637, unter II.1.). Eine schlüssige Verfahrensrüge hätte zudem vorausgesetzt, dass der Kläger angegeben hätte, was das voraussichtliche Ergebnis der vom FG angeblich unterlassenen Beweisaufnahme gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2006 II B 30/05, BFH/NV 2006, 1056, unter II.2.f, m.w.N.). Daran fehlt es.
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c) Das --nicht näher erläuterte-- Vorbringen des Klägers, das FG habe das Senatsurteil in BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462 "falsch ausgelegt", enthält weder die Darlegung einer Divergenz noch eines schwerwiegenden Rechtsfehlers im Sinne der zum Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO entwickelten Rechtsgrundsätze.
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2. Danach kann offenbleiben, ob die Beschwerde auch wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist (§ 116 Abs. 3 FGO) unzulässig wäre, ob die vom Kläger vorgetragenen Gründe für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) ausreichen würden oder ob dem Kläger im Hinblick auf die technischen Besonderheiten des vom BFH verwendeten Telefax-Empfangsgeräts Wiedereinsetzung von Amts wegen zu gewähren gewesen wäre.
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Der Senat weist allerdings darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht auf den Zeitpunkt des Ausdrucks des vollständigen Schriftsatzes ankommt, sondern auf den Zeitpunkt, in dem die übermittelten Signale vollständig empfangen und gespeichert worden sind (BGH-Beschluss vom 25. April 2006 IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, auch auf die Rechtsprechung des BFH). Hierbei hat der BGH ausdrücklich klargestellt, dass allein maßgeblich der Zeitpunkt des Empfangs der unterschriebenen Rechtsmittelbegründung als solcher ist, nicht aber der Zeitpunkt, in dem auch die Übermittlung der mit übersandten Anlagen an das Rechtsmittelgericht abgeschlossen ist (BGH-Beschluss in BGHZ 167, 214, unter II.2.a). Auch nach der Rechtsprechung des BFH ist in zeitlicher Hinsicht der Empfang derjenigen Seite maßgeblich, auf der sich die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten befindet (BFH-Beschluss vom 25. November 2003 VII R 9/03, BFH/NV 2004, 519).
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