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BFH 06.02.2012 - VI B 110/11
BFH 06.02.2012 - VI B 110/11 - Aufwendungen eines Finanzbeamten für Teilnahme an Fußballturnier der Finanzämter; grundsätzliche Bedeutung
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 9 Abs 1 S 1 EStG 2002
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 4. Mai 2011, Az: 2 K 631/08, Urteil
Leitsatz
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NV: Die Freistellung vom Dienst für die Wettkampfteilnahme entfaltet keine Bindungswirkung hinsichtlich der einkommensteuerrechtlichen Einordnung der mit der Wettkampfteilnahme verbundenen Aufwendungen als Werbungskosten .
Tatbestand
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I. Der als Finanzbeamte nichtselbständig tätige Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) machte mit seiner Einkommensteuererklärung Reisekosten für seine Teilnahme an zwei Fußballturnieren, dem "OFD Pokal" und dem "Deutschland Turnier der Finanzämter", geltend. Der Kläger erlitt während dieser Veranstaltung eine Verletzung, die sein Dienstherr als Dienstunfall anerkannt hatte.
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Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte die Aufwendungen des Klägers für die Teilnahme an den beiden Fußballturnieren nicht als Werbungskosten. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Teilnahme an den Turnieren im dienstlichen Interesse erfolgt sei. Auch der Umstand, dass Dienstbefreiung gewährt worden sei, lasse nicht den Schluss zu, dass es sich dabei um steuerlich veranlasste Reisekosten handele. Auch die Berücksichtigung als Dienstunfall führe nicht automatisch zur Annahme, dass die Aufwendungen Werbungskosten seien. Denn die Anerkennung als Dienstunfall erscheine letztlich nur verständlich unter dem Blickwinkel des Beamtenstatus und des zu Grunde liegenden besonderen Versorgungsgedankens. Diese zweifelhafte dienstrechtliche Einordnung entfalte jedoch keine Tatbestandswirkung auf die steuerrechtliche Beurteilung. Das FG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
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Der Kläger wendet sich gegen die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzlich bedeutsam seien die folgenden Rechtsfragen:
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"1. Ist der öffentliche Dienstherr bei einer Einordnung eines Sportunfalls als dienstlich veranlasst, auch bei der ebenfalls seiner Zuständigkeit unterfallenden steuerlichen Beurteilung der Sportveranstaltung als dienstlich veranlasst gebunden?
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2. Wer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Freistellung vom Dienst für die Teilnahme am Wettkampf gleichwohl nicht dienstlich veranlasst ist?
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3. Ist nur der Ausgleichssport im Sinne des § 19 EStG dienstlich veranlasst oder auch die Wettkampfteilnahme?
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4. Bestimmt sich die dienstliche Veranlassung der Sportteilnahme nach den gleichen Maßstäben wie die Frage, ob ein Dienst- bzw. Arbeitsunfall vorliegt (§ 30 BeamtVG bzw. § 8 SGB VII)?"
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Schließlich rügt der Kläger einen Verfahrensfehler, weil das angegriffene Urteil keine Feststellungen dazu enthalte, ob eine Aufteilung der Reisekosten als teilweise dienstlich und teilweise privat veranlasst in Betracht komme.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor.
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1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Mai 2009 VI B 123/08, BFH/NV 2009, 1434, m.w.N.). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N.).
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a) Die erste vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist im angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil für die Entscheidung unerheblich. Denn unabhängig davon, ob der Dienstherr sowohl für die beamtenrechtliche als auch für die steuerrechtliche Beurteilung zuständig ist, entscheidet sich die Frage, ob Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, allein nach dem Maßstab des § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), wie er durch die Rechtsprechung der FG und des BFH konkretisiert ist.
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b) Entsprechendes gilt für die zweite vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage. Denn die Frage, ob die Freistellung vom Dienst für die Wettkampfteilnahme dienstlich veranlasst ist, ist für die in einem Revisionsverfahren entscheidungserhebliche Frage, ob die Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen i.S. des § 9 Abs. 1 EStG dienen, unerheblich. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass eine Freistellung vom Dienst keine bindende Tatbestandswirkung in Bezug auf die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung entfaltet. So hat der Senat etwa auch für den Fall, dass die Schulbehörde einen Lehrer für den Besuch einer Fortbildungsveranstaltung im Ausland unter Weiterzahlung der Bezüge vom Dienst freigestellt hat, keinen steuerlichen Grundlagenbescheid in dem Sinne gesehen, dass das Finanzamt von der dienstlichen Veranlassung der Fortbildungsveranstaltung ausgehen und die Aufwendungen als Werbungskosten anerkennen muss (Senatsbeschluss vom 13. April 2005 VI B 197/04, BFH/NV 2005, 1231). Damit bleibt der Umstand der Dienstbefreiung ein Indiz im Rahmen der von den FG anzustellenden Gesamtwürdigung in Bezug auf die Frage, ob die Aufwendungen in einem Veranlassungszusammenhang zur Einkünfteerzielung stehen.
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Nichts anderes ergibt sich auch aus dem vom Kläger herangezogenen Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 21. August 2008 4 K 2076/05 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 16). Denn auch nach dem dort zugrunde gelegten Rechtsmaßstab ist die Frage, ob Aufwendungen jedenfalls ganz überwiegend beruflich veranlasst sind und daher als Werbungskosten gelten, auf Grundlage einer wertenden Gesamtschau der Verhältnisse des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei kann im Rahmen der tatsächlichen Würdigung der Umstand, dass bezahlter Sonderurlaub gewährt worden ist, im Einzelfall ein besonders gewichtiges Indiz sein. Eine zwingende tatbestandliche Wirkung nimmt aber das vom Kläger herangezogene Urteil nicht an. Wenn der Kläger zugleich einwendet, dass darin auch eine Divergenz liege, verkennt er, dass er insoweit lediglich eine Divergenz in der tatsächlichen Würdigung und nicht in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage rügt. Eine andere Würdigung der tatsächlichen Umstände des Streitfalls durch das FG begründet jedoch keine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Januar 2007 VI B 35/06, BFH/NV 2007, 941, m.w.N.). Schließlich benennt der Kläger auch keinen abstrakten, der Entscheidung zugrundeliegenden Rechtssatz, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmte.
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c) Wenn der Kläger in Bezug auf die dritte Frage zwischen Ausgleichssport und Wettkampfteilnahme differenziert, ergibt sich daraus keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Auch das insoweit in Bezug genommene Urteil des FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 25. Juli 2006 1 K 1783/05 (EFG 2007, 29) ergibt dazu nichts anderes. Das hatte entschieden, dass Aufwendungen eines Polizeibeamten für den Besuch eines Fitnessstudios keine Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellten. In der dagegen erhobenen, allerdings als unbegründet zurückgewiesenen Nichtzulassungsbeschwerde hatte der Senat indessen schon dargelegt (BFH-Beschluss vom 22. Mai 2007 VI B 107/06, BFH/NV 2007, 1690), dass der Einwand, die private Veranlassung der geltend gemachten Kosten sei zu vernachlässigen und das FG hätte daher bei richtiger Würdigung zu deren Abziehbarkeit gelangen müssen, im Ergebnis lediglich eine unrichtige Entscheidung des FG rügt. Mit der Rüge unrichtiger Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts ist indessen die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht zu erreichen.
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d) Schließlich wirft auch die vierte Frage keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage auf. Denn die Frage, ob ein Dienst- oder Arbeitsunfall aus beamtenrechtlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Sicht vorliegt, ist erkennbar nach anderen gesetzlichen normierten tatbestandlichen Voraussetzungen zu entscheiden, als die Frage, ob Aufwendungen zur Erwerbungssicherung und Erhaltung der Einnahmen vorliegen.
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Grund und Grenzen der Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten sind durch die Rechtsprechung geklärt (Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 52/08, BFHE 228, 295, BStBl II 2010, 703). Danach sind zwar Entscheidungen des zuständigen Sozialversicherungsträgers über die Sozialversicherungspflicht eines Arbeitnehmers im Besteuerungsverfahren zu beachten, soweit sie nicht offensichtlich rechtswidrig sind (Anschluss an BFH-Urteil vom 6. Juni 2002 VI R 178/97, BFHE 199, 524, BStBl II 2003, 34). Diese Bindungswirkung erstreckt sich allerdings nur auf die sozialversicherungsrechtliche Fragestellung, etwa, ob eine sozialversicherungsrechtliche Verpflichtung i.S. des § 3 Nr. 62 EStG vorliegt. Einen solchen Verweis auf sozialversicherungsrechtliche oder beamtenversorgungsrechtliche Grundlagen enthält indessen § 9 Abs. 1 EStG gerade nicht.
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2. Soweit der Kläger auch Verfahrensmängel rügt, ist diese Rüge schon unzulässig. Denn die Darlegung eines Verfahrensmangels erfordert nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO die genaue Angabe der Tatsachen, aus denen sich der gerügte Verfahrensverstoß schlüssig ergibt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 48 f. und § 120 Rz 66 f., m.w.N.). An diesen Darlegungen fehlt es. Angesichts dessen kann dahinstehen, ob der Kläger nicht ohnehin sein Rügerecht entsprechend §§ 155 FGO, 295 der Zivilprozessordnung verloren hat.
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3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz FGO abgesehen.
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