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BFH 12.01.2012 - IV R 4/09
BFH 12.01.2012 - IV R 4/09 - Rücklage für Ersatzbeschaffung: Reinvestitionsfrist und Anforderungen an Investitionsabsicht - Voraussetzungen für die Aktivierung einer Forderung
Normen
§ 4 Abs 1 EStG 1997, § 6b Abs 3 EStG 1997, § 4 Abs 1 EStG 2002, § 6b Abs 3 EStG 2002, R 35 EStR 1996
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 16. Dezember 2008, Az: 15 K 40/07, Urteil
Leitsatz
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1. Nach Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung ist die Reinvestition innerhalb von vier Wirtschaftsjahren nach der Bildung der Rücklage auszuführen. Bei der beabsichtigten Herstellung eines neuen funktionsgleichen Gebäudes beträgt die Frist sechs Wirtschaftsjahre. Soweit das Ersatzwirtschaftsgut bis zum Ablauf der Frist nicht angeschafft oder hergestellt worden ist, ist die Rücklage bei Fristablauf gewinnerhöhend aufzulösen (Abweichung von R 35 EStR a.F.) .
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2. Es wird widerleglich vermutet, dass die bei Bildung der Rücklage nachgewiesene Investitionsabsicht bis zum Fristablauf fortbesteht. Wird festgestellt, dass die Investitionsabsicht vor Ablauf der Reinvestitionsfrist aufgegeben worden ist, ist die Rücklage für Ersatzbeschaffung im Zeitpunkt der Aufgabe der Absicht aufzulösen .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) übernahm mit Hofübergabevertrag vom 15. Juli 1998 zum 1. Juli 1998 den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters (V). Er führte die Buchwerte aus der Bilanz des V fort und bilanzierte nach dem Normalwirtschaftsjahr für die Landwirtschaft (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres.
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Bereits im August 1996 war eine zum Betriebsvermögen des V gehörende Scheune durch einen Brand fast vollständig zerstört worden. Da für die Scheune eine Gebäudeversicherung bei der X-Versicherung bestand, bilanzierte V zunächst eine Forderung gegenüber der X-Versicherung in Höhe von 253.736,48 DM und bildete in gleicher Höhe eine Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 35 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) in ihrer damaligen Fassung (EStR a.F.). V begann sodann mit der Instandsetzung des vorderen Teils der beschädigten Scheune. Zum 30. Juni 1998 bestand aufgrund inzwischen geleisteter Teilzahlungen der X-Versicherung noch eine Forderung in Höhe von 135.159,21 DM, die der Kläger in seine Bilanz auf den 1. Juli 1998 übernahm. Zugleich minderte sich die Rücklage für Ersatzbeschaffung auf denselben Betrag.
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Die Forderung gegenüber der X-Versicherung und die Rücklage für Ersatzbeschaffung wies der Kläger zum 30. Juni 2001 unverändert mit 135.159,21 DM aus. Nachdem er für die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 (Streitjahre) keine Einkommensteuererklärungen abgegeben hatte, schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zunächst die Besteuerungsgrundlagen mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung stehenden Bescheiden vom 17. November 2003 und 28. Oktober 2004. Mit Bescheiden vom 24. November 2005 änderte das FA die Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung und erhöhte für das Wirtschaftsjahr 2001/02 den mit 145.000 DM nach Richtsätzen geschätzten Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft um den Betrag von 135.000 DM (69.105,81 €), resultierend aus der Auflösung der Rücklage für Ersatzbeschaffung auf den Betrag von 280.000 DM (143.161 €). Hiervon entfiel jeweils die Hälfte auf jedes Streitjahr.
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Gegen die Änderungsbescheide vom 24. November 2005 legte der Kläger unter Beifügung von Steuererklärungen jeweils Einspruch ein, denen das FA --nach Zustimmung durch den Kläger-- durch Bescheide vom 9. Februar 2006 teilweise abhalf. Die Gewinnerhöhungen durch Auflösung der Rücklage für Ersatzbeschaffung behielt das FA allerdings bei, weshalb der Kläger gegen die Abhilfebescheide erneut Einspruch einlegte.
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Das FA verwarf die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2007 mit der Begründung als unzulässig, es fehle am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, weil sich das Einspruchsverfahren durch Abhilfe erledigt habe. Auch materiell-rechtlich könne der Einspruch nicht zum Erfolg führen, da der Kläger die von V begonnene Instandsetzung der abgebrannten Scheune nach Hofübernahme nicht fortgesetzt habe. Vielmehr habe er der X-Versicherung im Februar 2000 mitgeteilt, er wolle die Scheune entgegen der ursprünglichen Planung nicht mehr reparieren, sondern um eine freitragende Konstruktion in Form einer Stahlhalle erweitern. Weil nach der Einstellung der Instandsetzungsarbeiten im Spätsommer 1998 bis zum Einholen eines ersten Angebots für die Errichtung einer Stahlhalle am 18. April 2002 mehr als 42 Monate verstrichen seien, sei eine ernsthafte Absicht der Ersatzbeschaffung am Bilanzstichtag 30. Juni 2002 nicht mehr erkennbar gewesen.
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Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) durch in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2009, 1419 veröffentlichtes Urteil als unbegründet ab. Zwar habe V zu Recht eine Forderung auf Schadensersatz gegen die X-Versicherung in seine Bilanz eingestellt, die der Kläger im Wege der Übernahme und Fortführung des Betriebsvermögens zum 1. Juli 1998 übernommen habe. V habe zugleich eine Rücklage für Ersatzbeschaffung bilden können, weil damals eine durch den Beginn der Wiedererrichtung der Halle dokumentierte Absicht zur Ersatzbeschaffung bestanden habe. Zutreffend habe das FA allerdings die Rücklage für Ersatzbeschaffung zum Bilanzstichtag 30. Juni 2002 aufgelöst, weil der Kläger das Fortbestehen der Absicht der Ersatzbeschaffung nicht substantiiert dargelegt habe. So habe er lediglich auf die Möglichkeiten einer Ersatzbeschaffung nach den Versicherungsbedingungen der X-Versicherung verwiesen, aber keinerlei Gründe vorgetragen, warum die Wiedererrichtung der im August 1996 abgebrannten Scheune so lange hinausgezögert worden sei, bevor er dann am 21. März 2005 einen Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung gestellt habe.
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Mit seiner Revision macht der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts geltend. Das FG habe die Voraussetzungen für die Auflösung der Rücklage für Ersatzbeschaffung verkannt. Er, der Kläger, habe --wie sich aus objektiven tatsächlichen Umständen ergebe-- die Absicht der Ersatzbeschaffung nicht aufgegeben. So habe er bei der X-Versicherung keine Geldentschädigung beantragt, sondern ein erster Bauabschnitt sei bereits zum 30. Juni 1998 tatsächlich durchgeführt worden. Auch habe er entsprechend den ursprünglichen Versicherungsbedingungen tatsächlich das Ersatzwirtschaftsgut in gleicher Lage und funktionsgleich hergestellt. Jedenfalls nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erstellung des Ersatzwirtschaftsguts und dem durch Brand untergegangenen Gebäude gegeben.
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Der höchstrichterlichen Rechtsprechung lasse sich mit Blick auf die Rücklage für Ersatzbeschaffung keine starre Ausschlussfrist entnehmen. Eine solche Frist werde auch dem Sinn und Zweck der Rücklage nicht gerecht, mit der verhindert werden solle, dass --insbesondere bei Einwirkung höherer Gewalt-- die im untergegangenen Wirtschaftsgut ruhenden stillen Reserven aufgedeckt werden müssten. Deshalb sei es ausreichend, dass die Wiederbeschaffung in angemessener Frist ernstlich geplant worden und zu erwarten gewesen sei. Dazu sei zu beachten, dass er, der Kläger, sich mit Blick auf die Ersatzbeschaffung an die Vorgaben der X-Versicherung gehalten und damit seinen Willen zur Wiederherstellung des untergegangenen Wirtschaftsguts nachgewiesen habe.
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Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des FG vom 16. Dezember 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2007 aufzuheben und die geänderten Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 vom 9. Februar 2006 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Auflösung der Rücklage für Ersatzbeschaffung rückgängig gemacht wird.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Zur Begründung führt das FA aus, eine Gewinnrealisierung könne unterbleiben, wenn ein Wirtschaftsgut infolge höherer Gewalt gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheide und alsbald ein Ersatzwirtschaftsgut angeschafft werde. Die Rücklage für Ersatzbeschaffung setze in subjektiver Hinsicht die Absicht voraus, innerhalb eines engen zeitlichen Rahmens ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut anzuschaffen oder herzustellen. Zwar könne die für die Ersatzbeschaffung zur Verfügung stehende relativ kurze Frist im Einzelfall verlängert werden. Dazu müsse der Steuerpflichtige aber glaubhaft machen, dass die Ersatzbeschaffung noch ernstlich geplant und zu erwarten sei und nur aus besonderen Gründen noch nicht habe durchgeführt werden können. Der Steuerpflichtige müsse insbesondere die Ernsthaftigkeit seines nach wie vor geplanten Investitionsvorhabens substantiieren. Daran fehle es im Streitfall, weil der Kläger keinerlei Unterlagen vorgelegt habe, aus denen sich die fortbestehende Investitionsabsicht ergebe. Vielmehr habe er bis zum 30. Juni 2002 nicht mit der Herstellung begonnen und einen Bauantrag erst 2005 gestellt, ohne konkrete Planungsunterlagen beizufügen. Jedenfalls nach Ablauf der regulären Reinvestitionsfrist reiche die bloße Behauptung der weiter vorhandenen Wiederbeschaffungsabsicht nicht mehr aus.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zwar im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die vom Kläger zunächst zulässigerweise fortgeführte Rücklage für Ersatzbeschaffung aufzulösen war. Die Feststellungen des FG reichen allerdings nicht aus, um darüber entscheiden zu können, zu welchem Stichtag diese Auflösung vorzunehmen war.
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1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten und von der Finanzverwaltung in R 35 EStR a.F. (jetzt R 6.6 EStR 2008) übernommenen Grundsätzen zur sog. Rücklage für Ersatzbeschaffung kann eine Gewinnrealisierung durch Aufdeckung stiller Reserven vermieden werden, wenn ein Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und alsbald ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft wird (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. März 1969 I 97/65, BFHE 95, 178, BStBl II 1969, 381; vom 18. September 1987 III R 254/84, BFHE 151, 70, BStBl II 1988, 330; vom 17. Oktober 1991 IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392; vom 29. April 1999 IV R 7/98, BFHE 188, 390, BStBl II 1999, 488). Bei der Rücklage für Ersatzbeschaffung handelt es sich um ein inzwischen gewohnheitsrechtlich anerkanntes Rechtsinstitut (vgl. BFH-Urteil vom 17. März 2004 II R 64/01, BFHE 205, 489, BStBl II 2004, 766), dem der Gedanke zugrunde liegt, dass die für die ausgeschiedenen Wirtschaftsgüter erlangten Beträge ungeschmälert einer Ersatzbeschaffung zur Verfügung stehen sollen, was nicht möglich wäre, wenn sie zum Teil besteuert würden (BFH-Urteile vom 24. Mai 1973 IV R 23-24/68, BFHE 109, 230, BStBl II 1973, 582; vom 29. April 1982 IV R 10/79, BFHE 135, 538, BStBl II 1982, 568). Zweck der Anerkennung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung und deren Übertragung auf ein Ersatzwirtschaftsgut ist danach nicht allein, die als unbillig empfundene Besteuerung eines Gewinns, der durch die zwangsweise Aufdeckung stiller Reserven entsteht, zu vermeiden; vielmehr soll es dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden, die erlangte Entschädigung ungeschmälert zur Wiederbeschaffung des Ersatzwirtschaftsguts zu verwenden (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Urteile vom 9. Dezember 1982 IV R 54/80, BFHE 137, 453, BStBl II 1983, 371; vom 11. Dezember 1984 IX R 27/82, BFHE 143, 46, BStBl II 1985, 250; vom 14. Oktober 1999 IV R 15/99, BFHE 190, 356, BStBl II 2001, 130).
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2. Die Bildung der Rücklage bewirkt, dass der durch die Ersatzforderung bzw. Ersatzleistung realisierte Gewinn neutralisiert wird. Ihre Bildung setzt aber voraus, dass die Absicht zur Ersatzbeschaffung besteht; andernfalls bleibt es bei der Gewinnerhöhung (BFH-Urteile vom 19. Dezember 1972 VIII R 29/70, BFHE 108, 326, BStBl II 1973, 297; in BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392; vom 22. Januar 2004 IV R 65/02, BFHE 205, 168, BStBl II 2004, 421). Der Steuerpflichtige hat das Bestehen der Ersatzbeschaffungsabsicht darzulegen und nachzuweisen. Ein bilanzierender Steuerpflichtiger dokumentiert diese Absicht bereits durch die ordnungsgemäße Bildung der Rücklage in seiner Bilanz (vgl. BFH-Urteil in BFHE 188, 390, BStBl II 1999, 488). Ein darüber hinausgehender Nachweis oder eine Glaubhaftmachung der Reinvestitionsabsicht wird für die erstmalige Bildung der Rücklage nicht verlangt, solange dem Steuerpflichtigen die Vornahme der Investition objektiv möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. Oktober 2007 X R 1/06, BFHE 219, 151, BStBl II 2008, 119).
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3. Die Rücklage für Ersatzbeschaffung muss gewinnerhöhend aufgelöst werden, wenn die Absicht der Ersatzbeschaffung aufgegeben wird (vgl. BFH-Urteile in BFHE 108, 326, BStBl II 1973, 297; in BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392; in BFHE 188, 390, BStBl II 1999, 488). Sie ist außerdem aufzulösen, wenn die Reinvestition nicht innerhalb einer bestimmten Frist durchgeführt wird.
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a) Nach Auffassung der Finanzverwaltung beträgt die angemessene Reinvestitionsfrist bei Ausscheiden eines Grundstücks oder Gebäudes aus dem Betriebsvermögen zwei Jahre; die Frist soll im Einzelfall angemessen verlängert werden können, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die Ersatzbeschaffung noch ernstlich geplant und zu erwarten sei, aber aus besonderen Gründen noch nicht habe durchgeführt werden können (R 35 Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStR a.F.). Dieser Auffassung schließt sich der Senat nicht an. Er hält es aus Vereinfachungsgründen und zur Verwirklichung eines gleichmäßigen und vorhersehbaren Gesetzesvollzugs für angebracht, die Frage nach einer angemessenen Reinvestitionsfrist unter Berücksichtigung des in § 6b Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG allgemein zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens zu beantworten. Zu einer solchen Konkretisierung des von ihr entwickelten Rechtsinstituts der Rücklage für Ersatzbeschaffung ist die Rechtsprechung befugt.
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aa) § 6b Abs. 1 EStG eröffnet die Möglichkeit, die bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter aufgedeckten stillen Reserven auf ein im Wirtschaftsjahr der Veräußerung angeschafftes oder hergestelltes Ersatzwirtschaftsgut zu übertragen. Nach § 6b Abs. 3 EStG kann der Steuerpflichtige die stillen Reserven auch auf ein später angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut übertragen, indem er im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine gewinnmindernde Rücklage bildet und diese im Reinvestitionsjahr gegen Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten auflöst. Hierfür sieht § 6b Abs. 3 Satz 2 EStG eine Frist von vier Wirtschaftsjahren vor. Diese Frist verlängert sich nach § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG bei neu hergestellten Gebäuden auf sechs Jahre, wenn mit deren Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden ist. Eine darüber hinausgehende Verlängerungsmöglichkeit sieht § 6b EStG nicht vor.
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bb) § 6b EStG dient einem der Rücklage für Ersatzbeschaffung vergleichbaren Zweck. Die Vorschrift soll steuerliche Hindernisse für die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens abbauen, die im Unternehmen nicht mehr benötigt werden und deren Veräußerung betriebswirtschaftlich geboten und volkswirtschaftlich wünschenswert wäre. Insoweit soll sie die Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter begünstigen und damit eine sinnvolle Anpassung der Unternehmen an strukturelle Veränderungen ermöglichen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Steueränderungsgesetzes 1964 in BTDrucks IV/2400, S. 62; BFH-Urteil vom 14. November 1990 X R 85/87, BFHE 163, 58, BStBl II 1991, 222). Indem die anlässlich solcher Veräußerungen frei werdenden stillen Reserven auf Reinvestitionsgüter übertragen werden können, kommt es zur vorläufigen Freistellung des Veräußerungsgewinns von der Einkommensbesteuerung, was dem Betrieb Mittel für dringend erforderliche Investitionsvorhaben verschafft (vgl. dazu die Stellungnahme des Finanzausschusses in BTDrucks IV/2617, S. 4).
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Vor diesem Hintergrund wird die Zweckbindung von Veräußerungsgewinn einerseits und Reinvestitionsmaßnahme andererseits bei Bildung der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG dadurch hergestellt, dass sie nach Ablauf der Reinvestitionsfrist von vier Jahren aufzulösen ist, wenn bis zu diesem Zeitpunkt ein Reinvestitionsgut nicht angeschafft oder hergestellt oder bei Gebäuden mit der Herstellung noch nicht begonnen worden ist.
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cc) Auch bei Beschaffung von Ersatz für ein aufgrund höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedenes Wirtschaftsgut geht es darum, dass die dadurch erlangte Gegenleistung (hier in Form einer Brandentschädigung) ungeschmälert zur Ersatzbeschaffung zur Verfügung steht (BFH-Urteil in BFHE 109, 230, BStBl II 1973, 582). Unter diesem Aspekt sind Rücklage für Ersatzbeschaffung und Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG vergleichbar (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 1995 VIII R 2/94, BFHE 179, 13, BStBl II 1996, 60). Der Senat hält es deshalb für angebracht, für die Bemessung einer angemessenen Reinvestitionsfrist an den in § 6b Abs. 3 EStG zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedanken anzuknüpfen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, in Fällen der Ersatzbeschaffung nach R 35 EStR a.F. eine kürzere Investitionsfrist vorzusehen, als sie von § 6b Abs. 3 EStG geregelt wird. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass von § 6b EStG privilegierte geplante Reinvestitionsmaßnahmen regelmäßig längerfristig vorbereitet werden, während die Ersatzbeschaffung eines Wirtschaftsguts wegen seines Untergangs aufgrund höherer Gewalt den Steuerpflichtigen unvorbereitet trifft und eine Reinvestition deshalb mindestens denselben Zeitbedarf auslöst.
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b) Vor diesem Hintergrund bemisst der Senat die Reinvestitionsfrist entsprechend dem Rechtsgedanken des § 6b Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG auf einen Zeitraum von vier Wirtschaftsjahren nach der Bildung der Rücklage. Für die Herstellung eines neuen --im Bereich der Rücklage für Ersatzbeschaffung funktionsgleichen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 108, 326, BStBl II 1973, 297; in BFHE 143, 46, BStBl II 1985, 250)-- Gebäudes beträgt die Reinvestitionsfrist sechs Jahre. Auf einen bestimmten Herstellungsbeginn kommt es dabei im Unterschied zur Regelung in § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG nicht an, weil die Bildung der Rücklage für Ersatzbeschaffung bereits --wie ausgeführt-- den Nachweis der Investitionsabsicht erfordert und die Umsetzung dieser Absicht regelmäßig zu einem frühzeitigen Herstellungsbeginn führen wird. Eine über diese Fristen hinausgehende Möglichkeit zur Fristverlängerung im Einzelfall besteht nicht.
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c) Während des Laufs der Reinvestitionsfrist bedarf es keiner ständigen Überprüfung, ob die ursprünglich festgestellte Investitionsabsicht noch fortbesteht. Der Fortbestand der Absicht wird widerleglich vermutet. Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte für eine Aufgabe der Investitionsabsicht, hat das FA diese darzulegen und ggf. nachzuweisen.
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4. Die Sache ist nicht spruchreif. Unter Anwendung der vorgenannten Rechtsgrundsätze ist zwar davon auszugehen, dass V die streitbefangene Rücklage für Ersatzbeschaffung zu Recht im Wirtschaftsjahr 1996/97 gebildet und der Kläger sie auch zu Recht fortgeführt hat. Der Senat kann allerdings mangels entsprechender Feststellungen des FG nicht darüber entscheiden, zu welchem Zeitpunkt die Rücklage aufzulösen war.
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a) Zutreffend geht das FG zunächst davon aus, dass V zum 30. Juni 1997 berechtigt war, eine Rücklage für Ersatzbeschaffung zu bilden, um mit Blick auf die zugleich aktivierte Forderung gegen die X-Versicherung eine Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden. Die Absicht der Ersatzbeschaffung hat V bereits durch die Rücklagenbildung und durch die zeitnahe Aufnahme der Instandsetzungsarbeiten am vorderen Teil der beschädigten Scheune dokumentiert.
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b) Da die Reinvestition auf die Herstellung eines Gebäudes gerichtet war, betrug die Frist für deren Ausführung sechs Wirtschaftsjahre seit Bildung der Rücklage. Die Rücklage war danach spätestens am 30. Juni 2003 aufzulösen. Bis dahin war von einer Investitionsabsicht auszugehen. Aus dem Umstand, dass der Kläger nach Übernahme des Hofes die Errichtung einer Stahlhalle anstelle der zunächst teilweise instandgesetzten Holzscheune plante, ist nicht auf eine Aufgabe der Investitionsabsicht zu schließen, weil die Stahlhalle funktional an die Stelle der Scheune treten sollte und damit ein geeignetes Ersatzwirtschaftsgut war.
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c) Allerdings hat das FG angenommen, der Kläger habe die Absicht der Ersatzbeschaffung schon zum 30. Juni 2002 aufgegeben. Diese Annahme ist indessen nicht durch entsprechende Feststellungen gedeckt. Vielmehr stützt sich das FG alleine darauf, dass der Kläger bezogen auf diesen Stichtag weder einen Nachweis zum Fortbestehen seiner Ersatzbeschaffungsabsicht erbracht noch Gründe vorgetragen habe, warum er die Wiedererrichtung der bereits im August 1996 abgebrannten Scheune bis zur Einreichung des Bauantrages am 21. März 2005 hinausgezögert habe. Nach den vorstehenden Grundsätzen bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die Investitionsabsicht aufgegeben worden ist. Derartige Umstände kann der Senat anhand der bisher getroffenen Feststellungen nicht erkennen. Der Hinweis des Klägers auf die nach den Versicherungsbedingungen noch laufende Frist für Ersatzleistungen dürfte insoweit nicht für, sondern eher gegen eine Aufgabe der Ersatzbeschaffungsabsicht sprechen. Gleiches gilt für vom Kläger in der Zeit vor dem 30. Juni 2003 eingeholte Angebote oder die am 28. Dezember 1999 an die X-Versicherung gestellte und von dieser am 21. Februar 2000 beantwortete Anfrage, ob statt der Wiedererrichtung einer Scheune der Bau einer Stahlhalle möglich sei. Das FG erhält durch die Zurückverweisung Gelegenheit, ergänzende Feststellungen zur Aufgabe der Reinvestitionsabsicht zu treffen.
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d) Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu der Annahme gelangen, der Kläger habe seine Ersatzbeschaffungsabsicht vor dem 30. Juni 2003 aufgegeben, weist der Senat auf Folgendes hin:
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aa) Bilanzierungsfehler sind grundsätzlich und vorrangig in der Bilanz des Wirtschaftsjahres zu berichtigen, in der es zu der fehlerhaften Bilanzierung gekommen ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juli 2011 IV R 53/09, BFHE 234, 221, BStBl II 2011, 1017). Liegt für das Jahr, in dem es zu der fehlerhaften Bilanzierung gekommen ist, bereits ein Steuerbescheid vor, der aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden kann, so ist nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 1990 X R 72/87, BFHE 161, 451, BStBl II 1990, 1044) der unrichtige Bilanzansatz grundsätzlich in der ersten Schlussbilanz richtigzustellen, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der Bestandskraft und der Verjährung maßgeblichen Vorschriften möglich ist (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992 IV R 118/90, BFHE 170, 336, BStBl II 1994, 381). Bei Land- und Forstwirten, die --wie im Streitfall-- ihren Gewinn gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG abweichend vom Kalenderjahr ermitteln, ist nach der hier maßgeblichen Rechtslage vor Änderung des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878) ein fehlerhafter Bilanzansatz selbst dann in der ersten noch offenen Bilanz richtigzustellen, wenn dadurch die auf den vorausgegangenen, aber bestandskräftig abgeschlossenen Veranlagungszeitraum entfallende Gewinnerhöhung nicht mehr berücksichtigt werden kann (BFH-Urteil in BFHE 234, 221, BStBl II 2011, 1017).
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bb) Es wird zu prüfen sein, ob die etwaige Aufgabe der Ersatzbeschaffungsabsicht nach den Versicherungsbedingungen der X-Versicherung Auswirkungen auf den zu aktivierenden Entschädigungsanspruch des Klägers gegenüber der X-Versicherung haben kann. Aus den allgemeinen Regeln zur Gewinnrealisierung folgt insoweit, dass eine Forderung nur zu aktivieren ist, wenn sie wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag (noch) hinreichend sicher ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 2002 I R 11/02, BFHE 201, 228, BStBl II 2003, 400; Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 480).
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