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BFH 14.11.2011 - XI B 66/11
BFH 14.11.2011 - XI B 66/11 - Umsatzsteuerbarkeit der Zahlungen einer Stadt für die Personalübernahme durch einen anderen Unternehmer - Geschäftsveräußerung im Ganzen
Normen
§ 1 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG 1999, § 1 Abs 1a UStG 1999, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 613a BGB, § 96 Abs 1 S 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 1. Juni 2011, Az: 6 K 3223/06, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Es ist geklärt, dass Zahlungen der öffentlichen Hand Entgelt für eine steuerbare Leistung sein können, wenn der Zahlungsempfänger im Auftrag des Geldgebers eine Aufgabe aus dessen Kompetenzbereich übernimmt und die Zahlung damit zusammenhängt .
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2. NV: Ferner hat der BFH im Anschluss an den EuGH entschieden, dass die Besteuerung das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraussetzt und der Leistungsempfänger einen Vorteil haben muss, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt .
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3. NV: Ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert besteht, ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls zu bestimmen, das der tatrichterlichen Würdigung durch das FG unterliegt .
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4. NV: Zu den Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) verpflichtete sich im Jahr 2003 (Streitjahr) gegenüber der Stadt X Reinigungs-, Essensausgabe- sowie Abwaschleistungen in insgesamt 16 Kindertagesstätten zu erbringen. Gleichzeitig schloss sie mit der Stadt X einen Personalüberleitungsvertrag, wonach die städtischen Reinigungskräfte, die bisher diese Aufgaben erfüllt hatten, gemäß § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) von der Klägerin übernommen wurden. Die Stadt X zahlte der Klägerin für die Reinigungs-, Essensausgabe- und Abwaschleistungen ein festgelegtes Entgelt zuzüglich Umsatzsteuer.
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Ferner entrichtete die Stadt X für die Personalübernahme durch die Klägerin einen "Zuschlag pro Monat nur während Überleitung", der 88.098,69 € monatlich betrug und für die Dauer eines Jahres den Unterschied zwischen den bislang von der Stadt X gezahlten Löhnen und den von der Klägerin üblicherweise kalkulierten Lohnkosten ausgleichen sollte. Der für das Streitjahr eingereichten Umsatzsteuererklärung, in der die gezahlten Zuschläge nicht erfasst sind, stimmte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zunächst zu.
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Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung erhöhte das FA die Umsatzsteuerfestsetzung u.a. mit dem Hinweis, die von der Stadt X für die Übernahme des Personals bezahlten Zuschläge seien in die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weil (auch) insoweit ein steuerpflichtiger Leistungsaustausch vorliege. Der Einspruch der Klägerin blieb im Streitpunkt ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
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Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde beruft sich die Klägerin auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und das Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist --ihre Zulässigkeit unterstellt-- jedenfalls unbegründet.
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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
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a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Dies ist nur der Fall, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Juni 2010 XI B 88/09, BFH/NV 2010, 1875, m.w.N.). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen oder der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1875, m.w.N.).
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b) Die im Vordergrund des Rechtsstreits stehende Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen von einer Stadt entrichtete Zahlungen für die Personalübernahme durch einen anderen Unternehmer in die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
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aa) In Fällen, in denen ein anderer Unternehmer die Erfüllung der Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts übernimmt und im Zusammenhang damit Geldzahlungen erhält, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet. Zahlungen der öffentlichen Hand können Entgelt für eine steuerbare Leistung sein, wenn der Zahlungsempfänger im Auftrag des Geldgebers eine Aufgabe aus dessen Kompetenzbereich übernimmt und die Zahlung damit zusammenhängt. Kein Entgelt liegt vor, wenn die Zahlung lediglich der Förderung des Zahlungsempfängers im allgemeinen Interesse dienen soll und nicht der Gegenwert für eine steuerbare Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber sein soll (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 20/05, BFHE 219, 403, BStBl II 2009, 483, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 28. Dezember 2010 XI B 109/09, BFH/NV 2011, 858).
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Ebenso ist geklärt, dass die Besteuerung das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraussetzt und der Leistungs-empfänger einen Vorteil haben muss, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union --EuGH-- vom 18. Dezember 1997 C-384/95 --Landboden--, Slg. 1997, I-7387, Umsatzsteuer-Rundschau 1998, 102; BFH-Urteil vom 18. Januar 2005 V R 17/02, BFH/NV 2005, 1394).
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bb) Ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet und zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse zu bestimmen; dies ist in erster Linie eine Frage der tatrichterlichen Würdigung der Umstände des Einzelfalls, die dem FG als Tatsacheninstanz obliegt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11. Juli 2007 IX B 94/07, BFH/NV 2007, 2081; in BFH/NV 2011, 858).
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Eine nach Meinung der Klägerin fehlerhafte Würdigung dieser Umstände durch das FG vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zu rechtfertigen (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 858). Die Klägerin hat insoweit auch keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Rechtsfragen durch den BFH geboten erscheinen lassen.
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c) Auch die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen, die mit der vom FG im Streitfall abgelehnten Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. von § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im Zusammenhang stehen, sind nicht klärungsbedürftig.
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aa) Der BFH hat bereits geklärt, unter welchen Voraussetzungen eine Geschäftsveräußerung im Ganzen anzunehmen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 30. April 2009 V R 4/07, BFHE 226, 138, BStBl II 2009, 863) im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 27. November 2003 C-497/01 --Zita Modes-- (Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128) setzt die Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils voraus, der als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bildet, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Der Erwerber muss die Unternehmensfortführung beabsichtigen, so dass das übertragene Vermögen die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglichen muss. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist zu entscheiden, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln (BFH-Urteile vom 6. Mai 2010 V R 26/09, BFHE 230, 256, BStBl II 2010, 1114, und vom 28. Oktober 2010 V R 22/09, BFH/NV 2011, 854).
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bb) Die Klägerin führt insoweit zunächst aus, es sei zu klären, ob der Reinigungsdienst, die Essensausgabe sowie der Abwasch für die Kindertagesstätten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nebst Personal einen für sich lebensfähigen Organismus bilde, der einen selbständigen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen übertragbaren Teilbetrieb darstelle.
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Da das FG im Streitfall die Annahme eines Teilbetriebs unter den genannten Voraussetzungen ausdrücklich abgelehnt hat, wendet sich die Klägerin mit diesem Vorbringen im Kern gegen die ihres Erachtens unrichtige Anwendung materiellen Rechts im Einzelfall. Dies vermag die Zulassung der Revision aber nicht zu rechtfertigen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 858).
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cc) Soweit die Klägerin vorträgt, es sei grundsätzlich zu klären, ob "hinsichtlich der Übertragung von betriebsmittelarmen und dienstleistungsorientierten Betriebsteilen, bei denen es wesentlich auf die menschliche Arbeitskraft ankommt" bei der Anwendung von § 1 Abs. 1a UStG die arbeitsrechtlichen Grundsätze zum Betriebsübergang nach § 613a BGB gelten würden und ob der von der Stadt X geleistete Zuschuss ein "negativer" Kaufpreis sei, hat sie nicht berücksichtigt, dass das FG sein Urteil in diesem Zusammenhang kumulativ begründet hat, d.h. auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt hat. Insoweit muss hinsichtlich jeder Urteilsbegründung ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 FGO dargelegt werden und vorliegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 23. Dezember 2004 III B 14/04, BFH/NV 2005, 667; vom 21. Juli 2011 IX B 46/11, BFH/NV 2011, 1905). Dies ist im Streitfall jedoch nicht gegeben. Denn das FG hat eine Geschäftsveräußerung im Ganzen u.a. deshalb abgelehnt, weil nach der Prüfung der Umstände des Streitfalls schon kein übertragbarer Teilbetrieb vorhanden gewesen sei, wobei insoweit kein Zulassungsgrund vorliegt.
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2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.
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a) Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 9. Juni 2011 XI B 67/10, BFH/NV 2011, 1714, unter 3., m.w.N.). Des Weiteren ist auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und eine identische Rechtsfrage handele (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1714, unter 3., m.w.N.).
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b) Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Sie hat schon keine voneinander abweichenden Rechtssätze gegenübergestellt. Vielmehr beschränkt sie sich im Wesentlichen auf die Darstellung von Rechtsgrundsätzen des EuGH in seinem Urteil --Zita Modes-- in Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128, und beanstandet die Rechtsauffassung des FG, wonach in diesem Zusammenhang auch die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zum Betriebsübergang nach § 613a BGB heranzuziehen seien. Das FG habe ferner zu Unrecht auf die Anwendung der einschlägigen Richtlinienbestimmungen verzichtet. Mit diesem Vortrag wendet sich die Klägerin gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG, was die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt.
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