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BFH 17.02.2011 - V R 28/10
BFH 17.02.2011 - V R 28/10 - Innergemeinschaftliche Lieferung: Anforderungen an Versendungsbeleg - Bedeutung der Person des Abnehmers - Ausschluss der Steuerbefreiung bei Verschleierung der Identität des Abnehmers - Angabe des Bestimmungsorts im Beförderungsfall - Zuordnung der steuerbefreiten Lieferung bei innergemeinschaftlichem Reihengeschäft - Vertrauensschutz
Normen
§ 3 Abs 1 UStG 1999, § 4 Nr 1 Buchst b UStG 1999, § 6a Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 1999, § 17a Abs 4 S 1 UStDV 1999, § 10 Abs 1 Nr 2 UStDV 1999, § 41 AO, Art 28c Teil A Buchst a UAbs 1 EWGRL 388/77, Abschn 6a.4 Abs 3 S 5 UStAE
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 20. Mai 2010, Az: 12 K 247/06, Urteil
Leitsatz
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Ein CMR-Frachtbrief ist auch dann als Versendungsbeleg i.S. von § 17a Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV anzuerkennen, wenn er nicht vom Auftraggeber des Frachtführers unterzeichnet ist (entgegen BMF-Schreiben vom 5. Mai 2010, BStBl I 2010, 508 Rdnr. 36 und entgegen Abschn. 6a.4 Abs. 3 Satz 5 UStAE).
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) handelt mit neuwertigen Personenfahrzeugen und führte in den Streitjahren 2001 und 2002 innergemeinschaftliche Lieferungen nach Italien aus. Abnehmer waren die italienischen Firmen RR, RY und ET, bei denen es sich jeweils um Kapitalgesellschaften italienischen Rechts handelte. RR und RY wurden bei den Vertragsschlüssen mit dem Kläger von S vertreten, die im Inland in P wohnte und der sie jeweils Generalvollmacht erteilt hatten. S überwies den Kaufpreis jeweils über inländische Bankkonten, die sie für zwei der Firmen eingerichtet hatte.
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Mit Schreiben vom 10. November 2003 an das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und vom 6. Februar 2004 an das zuständige Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung teilte die italienische Staatsanwaltschaft mit, dass RR, RY und ET bei innergemeinschaftlichen Erwerben von Fahrzeugen die Erwerbsteuer hinterzogen hätten. Die Geschäfte der drei Firmen seien von S und D geführt worden. Die Firmen hätten ihre Tätigkeit jedenfalls nicht an ihrem jeweiligen Sitz in Italien ausgeübt. Die Verkäufer hätten von der Steuerhinterziehung zugunsten der drei Firmen gewusst. Die von RR, RY und ET erworbenen Fahrzeuge seien von diesen an andere Abnehmer verkauft worden und direkt aus Deutschland zu diesen Abnehmern verbracht worden.
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Gegen den Kläger wurde ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Im Anschluss an den Steuerfahndungsbericht vom 11. August 2005 ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen zu versagen sei und änderte gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) die bestehenden Umsatzsteuerbescheide für beide Streitjahre durch die Bescheide vom 11. Oktober 2005. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erfolgte eine nochmalige Änderung für beide Streitjahre durch die Bescheide vom 31. Juli 2006. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
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Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der Klage überwiegend statt. In der mündlichen Verhandlung sagte das FA zu, die Bescheide für beide Streitjahre in zwei Einzelpunkten zu ändern. Das FG stützte die Klagestattgabe darauf, es sei nicht zweifelhaft, dass RR, RY und ET Vertragspartner und Abnehmer der Lieferungen seien. Ein Erwerb für das Unternehmen des jeweiligen Abnehmers ergebe sich aus den dem Kläger nach § 18e des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) erteilten Bestätigungen. Der Kläger habe auch den Buchnachweis geführt. Alle Fahrzeuge seien tatsächlich nach Italien verbracht worden.
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Für die Lieferungen an RR und RY, bei denen Versendungen mit CMR-Frachtbriefen erfolgt seien, liege der Belegnachweis vor. Entgegen der Verwaltungsauffassung komme es hierfür nicht auf eine Unterzeichnung der Frachtbriefe durch den Absender an.
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Der Nachweis des Bestimmungsorts ergebe sich darüber hinaus aus den in den Rechnungen ausgewiesenen Anschriften der RR, RY und ET. Für den Kläger hätten bei Beachtung kaufmännischer Sorgfalt auch keine Verdachtsmomente bestanden. Es habe sich um Lieferungen im Rahmen normaler Handelsgeschäfte gehandelt. Der Kläger habe nicht an einer Vermeidung der Erwerbsbesteuerung durch seine Abnehmer mitgewirkt. In den Beförderungsfällen hätten Versicherungen vorgelegen, die Fahrzeuge nach Italien zu befördern. Soweit in einzelnen Fällen Name und Anschrift des Abholers nicht ausreichend vermerkt oder nicht lesbar sei, stehe dies der Steuerfreiheit nicht entgegen. Steuerfrei sei auch eine Ausfuhrlieferung an PA nach San Marino.
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Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2010, 1537 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Die CMR-Frachtbriefe seien nicht als Versendungsbelege anzuerkennen. Zwar komme es nicht auf die Bestätigung des Warenerhalts in Feld 24 durch den Empfänger an. Frachtführer und Absender müssten aber den Frachtbrief wie im Formular vorgesehen unterschreiben. Erst aufgrund der Unterschrift des Frachtführers komme dem Frachtbrief Beweiswirkung zu. Soweit in den CMR-Frachtbriefen der inländische Ort P oder nur Italien als Bestimmungsort genannt werde, reiche dies nicht aus. Der Rechnungsanschrift könne dann keine Bedeutung beigemessen werden. Es fehlten auch Angaben zu den Fahrzeugidentifikationsnummern und den Ausfertigungsdaten. In den Abholfällen lägen keine Belegangaben vor. Das FG habe insoweit unter Missachtung der Beweislastverteilung entschieden, dass die Fahrzeuge nach Italien gelangt seien. Bei den Lieferungen an ET seien die Fahrzeuge von dem im Inland ansässigen G abgeholt worden, ohne dass hinreichende Belegangaben zu dessen Namen und Anschrift vorgelegen hätten. Der nachträglichen Verbringungsbestätigung, die mit unbekannter Unterschrift versehen sei, komme keine Beweiswirkung zu. Soweit das FG allgemein davon ausgegangen sei, dass die Lieferungen aufgrund der objektiven Beweislage steuerfrei seien, sei nicht erkennbar, auf welche Umstände sich das FG dabei stütze. Soweit die Belegnachweise mangelhaft seien, komme entgegen dem FG-Urteil auch kein Vertrauensschutz in Betracht.
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Das FA beantragt,
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das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als das FG Lieferungen in Höhe von 38.567,28 € in 2001 und in Höhe von 288.240 € in 2002 als steuerfrei anerkannt hat und diese als steuerpflichtige Umsätze anzusetzen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision als unbegründet abzuweisen.
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Er sei seinen Nachweispflichten nachgekommen. Dass italienische Ermittlungsbehörden im Nachhinein die aufgezeichneten Abnehmer als wirtschaftlich nicht existent bezeichneten, reiche zur Versagung der Steuerfreiheit nicht aus. RR und RY seien zivilrechtlich seine Vertragspartner gewesen. Sie seien wirksam durch S aufgrund ihrer Generalvollmacht verpflichtet worden. Er habe sich hinsichtlich der CMR-Frachtbriefe entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch als Versender ansehen dürfen. Er habe auch qualifizierte Bestätigungsabfragen hinsichtlich der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern seiner Abnehmer vorgenommen. Die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit seien auch objektiv erfüllt. Wie den Ermittlungen der italienischen Staatsanwaltschaft zu entnehmen sei, seien die Fahrzeuge nicht direkt zu den Abnehmern RR, RY und ET, sondern im Rahmen von Reihengeschäften zu deren Abnehmern gelangt. Dies zeige, dass RR, RY und ET die Fahrzeuge zuvor innergemeinschaftlich erworben hätten. Welche Anforderungen an den Objektivnachweis der Steuerfreiheit zu stellen seien, obliege der tatrichterlichen Würdigung. Das FA wende sich nur gegen die Beweiswürdigung des FG.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist im Umfang des Revisionsantrags begründet. Das Urteil des FG ist im beantragten Umfang aufzuheben und die Sache ist insoweit an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen vorliegen.
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1. Innergemeinschaftliche Lieferungen sind gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei. Die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung setzt gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet.
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Darüber hinaus bestehen bei Lieferungen an Unternehmer oder juristische Personen weitere, in der Person des Erwerbers zu erfüllende Voraussetzungen. Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b, Nr. 3 UStG muss es sich beim Abnehmer der Lieferung entweder um einen Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat, oder um eine juristische Person handeln, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat; der Erwerb des Gegenstands der Lieferung muss in allen Fällen beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegen.
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Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung beruht auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach "befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Mißbrauch festlegen: a) die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/ die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt".
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2. Aufgrund der personenbezogenen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b, Nr. 3 UStG setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass der Unternehmer nachweist, wer Abnehmer seiner Lieferung ist.
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a) Der Person des Abnehmers und seiner Identität kommt für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung entscheidende Bedeutung zu, da innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb "ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang" (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos, Slg. 2007, I-7797 Rdnrn. 23 f.) und dabei Teil eines "innergemeinschaftlichen Umsatzes" sind (EuGH-Urteil Teleos in Slg. 2007, I-7797 Rdnrn. 37 und 41), der bezweckt, die "Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt" (EuGH-Urteile Teleos in Slg. 2007, I-7797 Rdnr. 36; vom 27. September 2009 C-146/05, Collée, Slg. 2007, I-7861 Rdnr. 22; vom 27. September 2009 C-184/05, Twoh International, Slg. 2007, I-7897 Rdnr. 22; vom 22. April 2010 C-536/08, C-539/08, X und Facet Trading, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2010, 418 Rdnr. 30, und vom 7. Dezember 2010 C-285/09, R, UR 2011, 15 Rdnr. 37). Diese Verlagerung erfolgt auf denjenigen, der den innergemeinschaftlichen Erwerb bewirkt, und damit auf den Abnehmer der Lieferung als sog. Erwerber (Art. 21 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG in der Fassung der Richtlinie 2000/65/EG des Rates vom 17. Oktober 2000 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bezüglich der Bestimmung des Mehrwertsteuerschuldners; § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Somit setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers ("Erwerbers") dieser Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel, Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern, dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist, nicht erreicht werden kann (Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a UStG Rz 82; Wäger in Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 110 UStG Rz 7 und 18).
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b) Abnehmer (Leistungsempfänger) bei Lieferungen i.S. von § 3 Abs. 1 UStG und damit Erwerber bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ist derjenige, dem der liefernde Unternehmer die Verfügungsmacht über den Gegenstand verschafft. Maßgeblich ist, wer nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. September 2009 XI R 14/08, BFHE 227, 218, BStBl II 2010, 243, unter II.2.a; vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876, unter II.2.a aa, und vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, unter II.2.b). Abnehmer (Erwerber) ist somit derjenige, der nach dem der Lieferung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis die Verfügungsmacht erhalten soll. Ob diese Person auch auf eigene Rechnung tätig ist, spielt keine Rolle. Handelt z.B. ein Strohmann oder Treuhänder im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, ist daher er, nicht aber sein Auftraggeber Abnehmer (BFH-Urteil in BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876, unter II.2.a cc und dd).
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Ohne Bedeutung für die Bestimmung des Leistungsempfängers sind sog. Scheingeschäfte (§ 41 Abs. 2 Satz 1 AO). Ein Scheingeschäft liegt insbesondere vor, wenn die Parteien eines Rechtsgeschäfts einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäftes nicht zwischen ihnen, sondern zwischen nur einer Vertragspartei und einem Dritten eintreten sollen (BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, unter II.1.b bb; BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c). Verdeckt das Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft, ist nach § 41 Abs. 2 Satz 2 AO das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgeblich.
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c) Der Unternehmer (Steuerpflichtige) hat die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung unter Berücksichtigung der von den Mitgliedstaaten nach dem Einleitungssatz in Art. 28c Teil A der Richtlinie 77/388/EWG festgelegten Bedingungen nachzuweisen (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15 Rdnrn. 43 und 46). Diese Bedingungen ergeben sich im nationalen Recht aus § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 --UStDV-- (BFH-Urteil vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.1.b). Hierzu gehören auch (zutreffende) Angaben zur Person des Erwerbers (Abnehmers) wie Name, Anschrift und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (§ 17c Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UStDV).
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Der Unternehmer kann grundsätzlich die innergemeinschaftliche Lieferung als steuerfrei erfassen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b). Kommt der Unternehmer demgegenüber den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b), es sei denn, der Verstoß gegen die Nachweispflichten (die formellen Anforderungen) verhinderte den sicheren Nachweis, dass die materiellen Anforderungen der Steuerfreiheit erfüllt werden (EuGH-Urteil Collée in Slg. 2007, I-7861, zweiter Leitsatz). In der Rechtssache Collée hatte der Unternehmer nicht aufgrund unzutreffender Angaben die Steuerfreiheit der Lieferung beansprucht, sondern, um eine Gebietsbeschränkung des Herstellers des verkauften Gegenstands zu vermeiden, eine steuerpflichtige Inlandslieferung erklärt und erst nach Aufdeckung des wahren Sachverhalts nunmehr die Steuerfreiheit der objektiv vorliegenden innergemeinschaftlichen Lieferung beansprucht. Dient der Verstoß gegen die Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV aber dazu, die Identität des Erwerbers zu verschleiern, um diesem im Bestimmungsmitgliedstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen, kann der Unternehmer die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung auch nicht aufgrund des objektiven Nachweises ihrer Voraussetzungen in Anspruch nehmen (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15, Leitsatz).
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3. Im Streitfall ist das Urteil des FG aufzuheben, da es § 17a Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 UStDV verletzt.
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a) Soweit im Streitfall Versendungen mit CMR-Frachtbriefen erfolgten, hat das FG zu Recht entschieden, dass diese nicht vom Absender unterschrieben sein müssen. Nicht beachtet hat das FG aber, dass derartige Frachtbriefe nur als Versendungsbeleg anzuerkennen sind, wenn sie die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV bezeichneten Angaben enthalten.
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Nach dem Senatsurteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.3. muss ein CMR-Frachtbrief nicht die dort in Feld 24 vorgesehene Empfängerbestätigung enthalten, um als Versendungsbeleg i.S. von § 17a Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 UStDV anerkannt zu werden. Der Senat hat dies insbesondere auf einen Vergleich mit den Angaben gestützt, die bei der Erstellung einer steuerrechtlichen Versandbestätigung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV zu machen sind (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.3.c aa). Dementsprechend sind CMR-Frachtbriefe umsatzsteuerrechtlich als Versendungsbeleg anzuerkennen, wenn sie die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV bezeichneten Angaben enthalten.
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Wie das FG zutreffend entschieden hat, setzt entgegen dem BMF-Schreiben vom 5. Mai 2010 (BStBl I 2010, 508 Rdnr. 36; ebenso Abschn. 6a.4 Abs. 3 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses) die Beurteilung als Versendungsbeleg i.S. des § 10 Abs. 1 UStDV nicht voraus, dass der Auftraggeber des Frachtführers (Versender) den Frachtbrief unterzeichnet. Verzichtet die UStDV auf eine derartige Unterzeichnung bei der steuerrechtlichen Bestätigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV, ist kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigt, die steuerrechtliche Anerkennung eines Frachtbriefs als Versendungsbeleg hiervon abhängig zu machen. Die Annahme des BMF, ohne Unterschrift des Auftraggebers des Frachtführers läge entgegen § 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV kein eindeutig und leicht nachprüfbarer Beleg vor, überzeugt nicht, da auch § 8 Abs. 1 Satz 2 UStDV auf eine eindeutige und leichte Nachprüfbarkeit abstellt, zugleich aber in § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV für die Versendung durch einen Spediteur auf eine Unterschrift durch den Auftraggeber des Spediteurs auf dem Versendungsbeleg verzichtet.
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b) Gleichwohl sind die streitigen CMR-Frachtbriefe keine ausreichenden Versendungsbelege.
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So enthalten die vom FG in Bezug genommenen CMR-Frachtbriefe vom 12. September 2002 und vom 17. Januar 2002 (Bl. 40 und 41 der Beweismittelakte) entgegen § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e UStDV keine Angaben zum Auslieferungsort, während ein weiterer CMR-Frachtbrief entgegen § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStDV keine Angaben zum Ausstellungstag enthält und darüber hinaus als Auslieferungsort P im Inland angibt (CMR ohne Datum, Bl. 70 der Beweismittelakte).
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Soweit die Fahrzeuge durch Frachtführer mit CMR-Frachtbriefen versendet wurden, genügt somit nur der am 27. Februar 2002 ausgefertigte CMR-Frachtbrief (Bl. 39 der Beweismittelakte) den Anforderungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV. Er weist S als Absender, RY als Empfänger, den Ort S.L. in Italien sowie die beförderten Gegenstände als "7 Stück Mercedes A 170", weiter gekennzeichnet mit einer jeweils sechsstelligen Zahlenkombination, aus.
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c) Auch in den Beförderungsfällen bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit der Belegangaben, so dass entgegen dem FG-Urteil kein hinreichender Belegnachweis vorliegt. Zwar kann sich die gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV erforderliche Angabe des Bestimmungsorts nach dem Senatsurteil vom 7. Dezember 2006 V R 52/03 (BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.2.c) aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert wird. Letzteres erscheint aber im Hinblick auf das Vorliegen von Reihengeschäften, von dem die italienischen Behörden ausgehen, zweifelhaft.
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d) Liegen somit die Voraussetzungen des Belegnachweises nicht vor oder bestehen an den Belegangaben zumindest begründete Zweifel, ist nicht erkennbar, aufgrund welcher Feststellungen das FG davon ausgegangen ist, dass nach objektiver Beweislage zweifelsfrei feststehen soll, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen (s. oben II.2.). Ob sich dies für die einzelnen Lieferungen aus den allgemeinen Mitteilungen der italienischen Behörden ergibt, die sich pauschal auf "tausende von Kraftfahrzeugen" (Beweismittelakte Bl. 2) durch eine Vielzahl deutscher Lieferanten (Beweismittelakte Bl. 10 f.) beziehen, ist nicht erkennbar. Auch fehlen Feststellungen, aus denen sich ergibt, dass die Fahrzeuge in Italien --oder im Fall der Lieferung nach San Marino-- in San Marino zugelassen wurden.
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4. Die Sache ist nicht spruchreif. Im zweiten Rechtsgang wird Folgendes zu berücksichtigen sein:
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a) Gegen die Würdigung des FG, dass RR, RY und ET Abnehmer der Lieferungen waren, bestehen revisionsrechtlich jedenfalls keine Bedenken, soweit diese --was nach den Feststellungen des FG nicht eindeutig ist-- von S vertreten wurden.
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Im Streitfall waren nach den zwischen dem Kläger und S als bevollmächtigte Vertreter für RR und RY abgeschlossenen Verträgen, die den Lieferungen zugrunde lagen (s. oben II.2.b), RR und RY Abnehmer. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die zwischen dem Kläger und S als Vertreter abgeschlossenen Verträge Scheingeschäfte waren (§ 41 Abs. 2 AO), die andere Rechtsgeschäfte des Klägers mit den Kunden der RR und RY verdecken sollten. Dies scheitert bereits daran, dass dem Kläger diese Kunden nicht bekannt waren.
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b) Sollten RR, RY und ET entsprechend der Mitteilung der italienischen Staatsanwaltschaft die Fahrzeuge an andere Abnehmer weiterverkauft haben, wird Folgendes zu berücksichtigen sein:
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Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und gelangt der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer, ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Kommt es bei zwei aufeinanderfolgenden Lieferungen desselben Gegenstands, die gegen Entgelt zwischen Steuerpflichtigen vorgenommen werden, die als solche handeln, zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Versendung oder Beförderung dieses Gegenstands, kann nach der Rechtsprechung des EuGH die Versendung oder Beförderung nur einer der beiden Lieferungen zugeordnet werden, die dann als einzige nach Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei ist (EuGH-Urteil vom 6. April 2006 C-245/04, EMAG Handel Eder, Slg. 2006, I-3227, UR 2006, 342, Leitsatz 1).
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Erklärt der Ersterwerber gegenüber dem ersten Lieferer, den Gegenstand der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat als den Liefermitgliedstaat zu befördern, handelt er weiter dabei unter seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und holt er den gelieferten Gegenstand beim ersten Lieferer mit einem LKW und Fahrer des Zweiterwerbers ab, ist die Beförderung der ersten Lieferung zuzuordnen, so dass der Erstlieferer die innergemeinschaftliche Lieferung ausführt (EuGH-Urteil vom 16. Dezember 2010 C-430/09, Euro Tyre Holding in UR 2011, 176 Rdnrn. 15 und 35). Weder die Beteiligung des Zweiterwerbers an der Beförderung noch die Beförderung zu einer anderen Adresse als der des Ersterwerbers führen zu einer Zuordnung der Beförderung zur zweiten Lieferung (EuGH-Urteil Euro Tyre Holding in UR 2011, 176 Rdnrn. 41 f.). Danach kann es sich im Streitfall bei den Lieferungen des Klägers auch dann um innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt haben, wenn die Fahrzeuge nicht zu seinen Abnehmern, die dann als Zwischenhändler anzusehen wären, sondern zu den Abnehmern der Zwischenhändler befördert oder versendet wurden.
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c) Soweit das FG im zweiten Rechtgang feststellen sollte, dass der Kläger den Beleg- und Buchnachweis zwar vollständig erbracht hat, wozu auch Angaben zur Identität und Anschrift des Abholers gehören (Senatsurteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, Leitsatz 1), die Beleg- und Buchangaben aber z.B. hinsichtlich des Bestimmungsorts der Lieferungen inhaltlich unzutreffend sind (s. oben II.3.b und c) und darüber hinaus auch das objektive Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG nicht feststellbar ist (s. oben II.2.c), kann die Lieferung gleichwohl nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei sein, wenn die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben nicht erkennen konnte. War z.B. für den Kläger auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennbar, dass Reihengeschäfte vorliegen und die gelieferten Fahrzeuge entgegen den Angaben seiner Abnehmer nicht zum Unternehmensort der Abnehmer befördert oder versendet werden sollten, kann Vertrauensschutz zu gewähren sein.
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Einer Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG stehen dann auch nicht die Grundsätze des EuGH-Urteils R in UR 2011, 15 entgegen. Zwar ist danach auch eine tatsächlich stattgefundene innergemeinschaftliche Lieferung steuerpflichtig, wenn der Lieferer "die Identität des wahren Erwerbers verschleiert hat, um diesem zu ermöglichen, die Mehrwertsteuer zu hinterziehen" (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15, Leitsatz). An einer derartigen Verschleierung fehlt es aber, wenn der Unternehmer bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns davon ausgehen durfte, dass seine Vertragspartner auch die "wirklichen" Abnehmer sind und für ihn das Vorliegen eines Reihengeschäfts nicht erkennbar ist (s. oben II.4.a).
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