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BFH 27.07.2010 - IX B 174/09
BFH 27.07.2010 - IX B 174/09 - Zur Wiedereinsetzung bei Einzelanweisung des Prozessbevollmächtigten - Beschwerdebegründungsfrist
Normen
§ 187 Abs 1 BGB, § 188 Abs 2 BGB, § 54 FGO, § 56 Abs 1 FGO, § 115 Abs 2 FGO, § 116 Abs 3 S 1 FGO, § 116 Abs 3 S 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 15 FGO, § 85 Abs 2 ZPO, § 222 Abs 1 ZPO, § 222 Abs 2 ZPO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 27. Mai 2009, Az: 7 K 7301/04 B, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Ein Angehöriger der rechts- und steuerberatenden Berufe darf sich grundsätzlich darauf verlassen, dass entsprechend ausgebildete und bisher zuverlässig arbeitende Büroangestellte eine konkrete Einzelanweisung (betr. Fristerfassung, Beschwerdebegründungsfrist), auch wenn sie nur mündlich erteilt wurde, befolgen und ordnungsgemäß ausführen. Er ist daher im Allgemeinen auch nicht verpflichtet sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern.
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2. NV: Der Prozessbevollmächtigte kann sich indes nicht auf mögliche Büroversehen seiner Angestellten exkulpierend berufen, wenn er anlässlich der dritten Bearbeitung des betreffenden Vorgangs bemerkt hat, dass dieser --trotz zweier vorangehender Einzelanweisungen-- nicht fristgemäß erfasst war.
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3. NV: Zudem obliegt dem Prozessbevollmächtigten bei Fertigung der Rechtsmittelschrift neben der Kontrolle der Frist zur Einlegung des jeweiligen Rechtsmittels (hier: Nichtzulassungsbeschwerde) eigenverantwortlich auch die Prüfung, ob die betreffende Begründungsfrist notiert ist.
Gründe
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Die Beschwerde ist unzulässig; denn sie ist nicht innerhalb der dafür bestimmten Frist begründet worden und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden.
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1. Nach § 116 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesfinanzhof (BFH) unter Darlegung der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO schriftlich zu begründen. Im Streitfall ist das angefochtene Urteil dem Prozessbevollmächtigten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am 24. August 2009 zugestellt worden; die Frist von zwei Monaten endete danach mit Ablauf des 26. Oktober 2009 (der 24. und 25. Oktober 2009 waren ein Sonnabend und ein Sonntag; vgl. § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung --ZPO-- und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Eine Beschwerdebegründung ist jedoch beim BFH erst am 24. November 2009 und damit verspätet eingegangen.
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2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist kommt im Streitfall nicht in Betracht. Das eigene Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist den Klägern zuzurechnen (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).
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Zwar ist die dargelegte Organisation des Fristenwesens (Erfassung und Kontrolle) im Büro des Prozessbevollmächtigten im Übrigen (s. aber nachstehend) nicht zu beanstanden. Auch darf sich ein Angehöriger der rechts- und steuerberatenden Berufe grundsätzlich darauf verlassen, dass entsprechend ausgebildete und bisher zuverlässig arbeitende Büroangestellte eine konkrete Einzelanweisung (betr. Fristerfassung), auch wenn sie nur mündlich erteilt wurde, befolgen und ordnungsgemäß ausführen. Er ist daher im Allgemeinen auch nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 62/03, BFHE 205, 9, BStBl II 2004, 564; BFH-Beschlüsse vom 25. November 2009 II B 94/09, BFH/NV 2010, 457; Beschlüsse des Bundesgerichtshofes --BGH-- vom 26. Januar 2009 II ZB 6/08, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2009, 647, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2009, 1083; vom 9. Dezember 2009 XII ZB 154/09, Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 2010, 400).
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Indes kann sich der Prozessbevollmächtigte im Streitfall nicht auf mögliche Büroversehen seiner ansonsten zuverlässigen Angestellten exkulpierend berufen. Denn spätestens, als der Prozessbevollmächtigte anlässlich der "Vorbereitung des Termins zur Akteneinsicht" am 7. September 2009 --zum dritten Mal-- bemerkt hatte, dass der Vorgang --trotz zweier vorangehender Einzelanweisungen-- nicht fristenmäßig erfasst war, hätte der Prozessbevollmächtigte von sich aus dafür Sorge tragen müssen, dass die angeordnete Fristenerfassung nunmehr auch tatsächlich durchgeführt wird, bzw. anlässlich der gegebenen dritten Einzelanweisung deren Durchführung kontrollieren müssen. Zudem hätte der Prozessbevollmächtigte bei Unterzeichnung der Beschwerdeschrift (vom 8. September 2009) eine weitere Gelegenheit gehabt, für die (bislang unterbliebene) Fristenerfassung dieses Vorgangs zu sorgen; denn ihm obliegt bei Fertigung der Rechtsmittelschrift neben der Kontrolle der Frist zur Einlegung des jeweiligen Rechtsmittels (hier: Beschwerde) eigenverantwortlich auch die Prüfung, ob die jeweilige Begründungsfrist notiert ist (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2008 I R 67/06, BFHE 221, 201, BFH/NV 2008, 1621 Rz 20; BGH-Beschluss vom 6. Februar 2007 VI ZB 41/06, MDR 2007, 747, NJW 2007, 1599 Rz 6). Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte nichts dazu vorgetragen, welche organisatorischen Maßnahmen dagegen getroffen wurden, dass eine solche nur mündlich erteilte Weisung in Vergessenheit gerät und die angeordnete Eintragung der Frist --sogar mehrfach, wie im Streitfall-- unterbleibt (vgl. BGH-Beschlüsse in DStR 2009, 647; vom 4. März 2008 VI ZB 69/05, MDR 2008, 654, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report 2008, 928; vom 2. April 2008 XII ZB 189/07, MDR 2008, 814, NJW 2008, 2589 Rz 13).
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