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BFH 22.07.2010 - V R 4/09
BFH 22.07.2010 - V R 4/09 - (Anwendung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auf buchführungspflichtige Unternehmer - Anwendung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auf freiwillig Buchführende - Grundsätze der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit - Rechtsformneutralität - Typisierungsrecht des Gesetzgebers - Diskriminierungsverbot - Niederlassungsfreiheit)
Normen
§ 20 Abs 1 S 1 Nr 3 UStG 1999, Art 10 EWGRL 388/77, § 20 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 1999, Art 9 GG, Art 12 GG, Art 12 EG, Art 43 EG
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 23. April 2008, Az: 5 K 1105/05 U, Urteil
nachgehend BVerfG, 20. März 2013, Az: 1 BvR 3063/10, Nichtannahmebeschluss
Leitsatz
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Eine Steuerberatungs-GmbH mit buchführungspflichtigen Umsätzen ist nicht zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG berechtigt .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH (GmbH). Sie beantragte am 19. Januar 2004, ab dem Veranlagungszeitraum Januar 2004 ihre Umsätze gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) zu versteuern. Mit Schreiben vom 26. Januar 2004 lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Antrag ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass eine Steuerberatungs-GmbH nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten nicht berechtigt sei. Dies verstoße im Hinblick auf das Kriterium der Bilanzierungspflicht nicht gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Es liege hinsichtlich der sich für den Leistungsempfänger ergebenden Steuerbelastung auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtsformneutralität vor. Es bestehe auch keine Ungleichbehandlung zu Steuerberatungsleistungen ausländischer Unternehmer. Da § 20 UStG keinen faktischen Zwang ausübe, steuerberatende Tätigkeiten in einer bestimmten Rechtsform auszuüben, liege kein Verstoß gegen die negative Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 GG vor. Im Übrigen bestehe für § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG eine ausreichende Rechtsgrundlage im Gemeinschaftsrecht.
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Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2009, 885 veröffentlicht.
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Hiergegen wendet sich die Revision der Klägerin, die sie auf Verletzung materiellen Rechts stützt. Sie werde durch die Versagung der Ist-Besteuerung im Wettbewerb mit ausländischen Unternehmern, die gegenüber im Inland ansässigen Personen Steuerberatungsleistungen erbringen, benachteiligt. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und die Gebote der Rechtsformneutralität, der Wettbewerbsneutralität, der Verhältnismäßigkeit und der Folgerichtigkeit. Weiter liege ein Verstoß gegen Art. 12 und 43 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) in der konsolidierten Fassung des Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002 Nr. C 325, S. 33 ff.) vor. Verstoßen werde auch gegen Art. 9 und Art. 12 GG. Sie nimmt dabei auch auf ein von Prof. Dr. H erstelltes und im Verfahren vor dem FG eingereichtes Privatgutachten Bezug.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des FG, die ablehnende Verfügung des FA vom 26. Januar 2004 und die Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2005 aufzuheben und das FA zu verpflichten, der Klägerin die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten zu gestatten,
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hilfsweise, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen vorzulegen:
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"1. Ist es mit Art. 10 der EG-Richtlinie (Art. 66 MwStSystRL) vereinbar, wenn der nationale Gesetzgeber die sog. Istbesteuerung für bestimmte Gruppen von Umsätzen vorsieht, diese Begünstigung aber für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen einschränkt.
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2. Kann ein Mitgliedstaat gemäß Art. 10 der 6. EG-Richtlinie (Art. 66 MwStSystRL) eine Regelung vorsehen, die Steuerberatern und Steuerberatersozietäten, die freiwillig ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln und deshalb ihre Umsätze in ihrer Buchführung nach dem Soll erfassen, die Besteuerung ihrer Umsätze bei Vereinnahmung der Preise (nach dem Ist) ermöglicht, während Steuerberatungsgesellschaften mit gleichartigen Umsätzen wegen der in der Rechtsform begründeten Buchführungspflicht zwingend die Umsätze nach Maßgabe des Zeitpunkts der Dienstleistungen versteuern müssen."
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Die Klägerin erfülle nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung nicht die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, wie das FG zutreffend entschieden habe.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin ihre Umsätze nicht gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nach vereinnahmten Entgelten besteuern kann. Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne dieser Vorschrift liegen nicht vor, wenn der Unternehmer hinsichtlich dieser Umsätze buchführungspflichtig ist. Dies trifft auf die Klägerin als GmbH zu.
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1. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG kann das FA auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer,
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"1. dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 125.000 Euro betragen hat, oder
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2. der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 der Abgabenordnung befreit ist, oder
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3. soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ausführt,
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die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1), sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet."
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Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit:
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"1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe."
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Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG entsteht bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG) die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind und nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind.
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Gemeinschaftsrechtliche Grundlage für § 20 UStG und § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b UStG ist Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG).
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Nach Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG treten der Steuertatbestand und der Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung des Gegenstandes oder die Dienstleistung bewirkt wird. Nach Unterabs. 3 können abweichend hiervon "die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Steueranspruch für bestimmte Umsätze oder für Gruppen von Steuerpflichtigen zu den folgenden Zeitpunkten entsteht:
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- entweder spätestens bei der Ausstellung der Rechnung ...
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- oder spätestens bei der Vereinnahmung des Preises
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- oder im Falle der Nichtausstellung oder verspäteten Ausstellung der Rechnung ..., binnen einer bestimmten Frist nach dem Zeitpunkt des Eintretens des Steuertatbestands".
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2. Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG unterschritt oder wegen einer Befreiung nach § 148 der Abgabenordnung (AO) die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG vorlagen.
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3. Wie das FG zu Recht entschieden hat, kann eine juristische Person mit buchführungspflichtigen Umsätzen die Steuerberechnung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nicht beanspruchen.
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a) § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG setzt "Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG" voraus. Nach ihrem Wortlaut ist die Vorschrift nur auf Unternehmer anzuwenden, die mit den aus ihren Umsätzen erzielten Einkünften der Steuerpflicht nach § 1 EStG unterliegen. Eine körperschaftsteuerpflichtige Person (§ 1 des Körperschaftsteuergesetzes) wie die Klägerin gehört nicht hierzu. Bei der Auslegung der Vorschrift ist jedoch insbesondere der Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten. Dieser verbietet es, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze bewirken, allein wegen deren Rechtsform bei der Mehrwertsteuererhebung unterschiedlich behandelt werden (z.B. EuGH-Urteile vom 10. September 2002 C-141/00, Kügler, Slg. 2002, I-6833, und vom 6. November 2003 C-45/01, Dornier, Slg. 2003, I-12911; BFH-Urteile vom 18. März 2004 V R 53/00, BFHE 204, 503, BStBl II 2004, 677; vom 26. September 2007 V R 54/05, BFHE 219, 241, BStBl II 2008, 262; vom 13. Juli 2006 V R 40/04, BFHE 213, 436, BStBl II 2006, 938). Die Verweisung auf Umsätze aus einer Tätigkeit "i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG" ist nach der Rechtsprechung zu § 4 Nr. 14 UStG daher lediglich als Umschreibung der Umsätze ihrer Art nach zu verstehen.
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b) Aus der Entstehungsgeschichte sowie dem Zusammenhang der in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG genannten Alternativen ergibt sich, dass § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG mit der Verweisung auf "Umsätze i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG" lediglich die Art der Umsätze bezeichnet und im Übrigen nicht an die Rechtsform, in der diese getätigt werden, sondern an die Buchführungspflicht knüpft.
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aa) Sowohl unter der Geltung der Reichsabgabenordnung (RAO) als auch der AO waren und sind für steuerliche Zwecke buchführungspflichtig alle Unternehmer, die bereits aufgrund anderer Vorschriften buchführungspflichtig sind (§ 160 RAO und § 140 AO). Zusätzlich waren nach § 161 Abs. 1 RAO alle Unternehmer buchführungspflichtig, die die Umsatzgrenze von 250.000 DM oder die darüber hinaus zu beachtenden Betriebsvermögens- oder Gewinngrenzen überschritten. Die Umsatzgrenze von 250.000 DM entsprach der damaligen Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG. Anders als § 161 Abs. 1 RAO sind allerdings nach § 141 AO nicht mehr alle Unternehmer bei Überschreiten der dort bezeichneten Grenzen buchführungspflichtig, sondern nur noch Unternehmer mit gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Einkünften.
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Unabhängig von der Buchführungspflicht konnten (und können auch jetzt) alle Unternehmer unabhängig von ihrer Rechtsform die Ist-Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG beanspruchen, wenn ihr Umsatz die dort bezeichnete Grenze nicht überschreitet.
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bb) § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. erlaubte --ebenso wie nunmehr § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung-- Unternehmern auch bei Überschreiten der Umsatzgrenze die Ist-Besteuerung, wenn sie von der Buchführungspflicht nach § 161 Abs. 2 RAO (jetzt § 148 AO) --also der allein steuerrechtlichen Buchführungspflicht-- befreit waren. Unternehmer, die allein aufgrund der steuerrechtlichen Buchführungspflicht in § 161 Abs. 1 RAO Bücher führen mussten, die aber von dieser Verpflichtung befreit waren, sollten nicht allein für Zwecke der Umsatzsteuer Bücher führen müssen. Dies galt nach der damaligen Auffassung der Finanzverwaltung u.a. für die Umsätze aus einer Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 EStG.
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(1) Abschn. 142 Abs. 1 Nr. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien 1967 (EStR) enthielt für die Angehörigen der freien Berufe i.S. des § 18 Abs. 1 EStG eine allgemeine Verwaltungsregelung, wonach diese auch bei Überschreiten der in § 161 Abs. 1 RAO genannten Umsatzgrenze nach § 161 Abs. 2 RAO von der Buchführungspflicht befreit waren und den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln konnten. In Übereinstimmung mit dieser einkommensteuerrechtlichen Beurteilung ging die Finanzverwaltung bei Angehörigen der freien Berufe i.S. des § 18 Abs. 1 EStG, die aufgrund der steuerrechtlichen Regelung in § 161 Abs. 1 RAO buchführungspflichtig waren, stets vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. aus (vgl. hierzu Flückiger in Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, § 20 Rz 18) und ermöglichte deshalb für Umsätze als Angehöriger eines freien Berufs nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG in der bis zur Einführung der AO geltenden Fassung die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten.
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(2) Ob die Verwaltungsregelung in Abschn. 142 Abs. 1 Nr. 3 EStR mit der gesetzlichen Vorgabe in § 161 Abs. 2 RAO vereinbar war, die nach der Rechtsprechung nur eine Befreiung aufgrund besonderer Härten zuließ, die sich z.B. aus dem Überschreiten der Umsatzgrenze durch außergewöhnliche und einmalige Geschäftsvorfälle ergeben konnten (BFH-Urteil vom 17. September 1987 IV R 31/87, BFHE 151, 64, BStBl II 1988, 20, unter II.2.), ist für den Streitfall nicht entscheidungserheblich.
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(3) Die damalige Verwaltungspraxis hatte für Unternehmer, die mit ihren Umsätzen bereits aufgrund anderer Vorschriften buchführungspflichtig waren (§ 160 RAO) keine Bedeutung, da sich die Erleichterungen nach § 161 Abs. 2 RAO nur auf die steuerrechtlichen Buchführungspflichten nach § 161 Abs. 1 RAO bezogen.
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cc) Ausgangspunkt für die Einführung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG war diese bisherige Verwaltungsregelung zur generellen Befreiung der Angehörigen der freien Berufe i.S. des § 18 Abs. 1 EStG von der steuerrechtlichen Buchführungspflicht und die damit zusammenhängende Möglichkeit der Ist-Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F.
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(1) Nach der amtlichen Gesetzesbegründung sollte § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG sicher stellen, dass "den Angehörigen der freien Berufe, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als 250.000 Deutsche Mark betragen hat, auch künftig die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gestattet werden kann. Die Ergänzung war erforderlich, da § 141 AO --im Gegensatz zu § 161 RAO-- die Angehörigen der freien Berufe nicht mehr zur Buchführung verpflichtet und somit auch § 148 AO, der die Bewilligung von Erleichterungen vorsieht, für Angehörige der freien Berufe nicht mehr gilt" (BTDrucks 7/5458 S. 13).
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(2) § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG bezweckt danach, den aufgrund der Neuregelung in § 141 AO nicht mehr der steuerrechtlichen Buchführungspflicht unterliegenden Umsätzen der Angehörigen der freien Berufe, die zuvor mit diesen Umsätzen aufgrund einer Befreiung von der steuerrechtlichen Buchführungspflicht nicht buchführungspflichtig waren, die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten weiterhin zu ermöglichen, auch wenn sie die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG überschreiten.
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(3) § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG erfasst daher Umsätze, für die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift eine Befreiung von der steuerrechtlichen Buchführungspflicht bestand, nicht aber Umsätze, die aufgrund anderer als steuerrechtlicher Vorschriften einer Buchführungspflicht unterlagen. Dementsprechend ist § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nicht anwendbar, wenn der Unternehmer (auch) in Bezug auf die in der Vorschrift genannten Umsätze buchführungspflichtig ist, wie im Streitfall die Klägerin als GmbH nach § 13 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 238 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (Einschränkung des Senatsurteils vom 22. Juli 1999 V R 51/98, BFHE 189, 211, BStBl II 1999, 630, wonach eine juristische Person allgemein nicht zur Steuerberechnung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG berechtigt ist).
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(4) Im Hinblick auf diesen Normzweck, --die Vermeidung zusätzlicher Aufzeichnungen-- solchen Unternehmern, die aufgrund der steuerrechtlichen Regelungen keine Bücher führen müssen, die Ist-Besteuerung zu ermöglichen, wäre es nicht zu rechtfertigen, allein auf die Buchführungspflicht abzustellen und unberücksichtigt zu lassen, ob der Unternehmer für die § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG unterliegenden Umsätze auf freiwilliger Grundlage Bücher führt. Daher kommt eine Ist-Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auch bei Fehlen einer Buchführungspflicht nicht in Betracht, wenn der Unternehmer für die in dieser Vorschrift genannten Umsätze freiwillig Bücher führt.
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4. Die Auslegung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG verstößt --entgegen der Auffassung der Klägerin-- weder gegen die Bestimmungen der Richtlinie 77/388/EWG noch gegen allgemeine Rechtsgrundsätze oder höherrangiges Recht.
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a) § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG überschreitet nicht die Grenzen der Ermächtigung in Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG.
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aa) Nach Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG sind die Mitgliedstaaten ermächtigt, den Steueranspruch "für bestimmte Umsätze oder für Gruppen von Steuerpflichtigen" erst mit der Vereinnahmung des Preises entstehen zu lassen.
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bb) Bei § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG handelt es sich um eine Vorschrift, die für bestimmte Umsätze, nicht aber auch für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen gilt. Die Vorschrift setzt eine bestimmte Umsatztätigkeit (Umsätze, die einkommensteuerrechtlich zu Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit führen) voraus und bezieht sich dabei auf eine bestimmte Gruppenzugehörigkeit (Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs) nur dazu, um die Art der von ihr erfassten Umsätze zu definieren.
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Auch das Erfordernis, dass für die Umsätze keine Buchführungspflicht besteht und (für sie) auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, ändert nichts an der Umsatzbezogenheit der Regelung. Denn bei der Buchführungspflicht nach § 141 AO handelt es sich um eine betriebsbezogene, nicht aber um eine personenbezogene Verpflichtung (Drüen, in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 141 AO Rz 8), die sich, obwohl sie durch eine Person zu erfüllen ist, umsatzsteuerrechtlich auf bestimmte Umsätze bezieht. Es kommt daher im Bereich der Umsatzsteuer maßgeblich auf die in dem jeweiligen Betrieb ausgeführten Umsätze (vgl. § 141 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder auf sonstige betriebs-, nicht aber personenbezogene Merkmale an. Im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen buchführungspflichtigen und nicht buchführungspflichtigen Umsätzen ist es unerheblich, dass bestimmte Gesellschaften, wie z.B. eine GmbH, hinsichtlich ihrer Umsätze buchführungspflichtig sind.
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cc) Weiter hat nach der zu Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Rechtsprechung des EuGH der "Gemeinschaftsgesetzgeber ... den Mitgliedstaaten einen erheblichen Spielraum einräumen wollen" (EuGH-Urteil vom 26. Oktober 1995 C-144/94, Italittica S.P.A., Slg. 1995, I-3653, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1996, 100 Randnr. 15). Im Hinblick auf diesen Umsetzungsspielraum bestehen gegen die vorrangig umsatzbezogene Definition des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ebenso wie gegen die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG gemeinschaftsrechtlich keine Bedenken.
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b) Die nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG als Regelfall vorgesehene Besteuerung bei Leistungserbringung (Soll-Besteuerung) verstößt nicht gegen die sowohl im Recht der Europäischen Union als auch im nationalen Recht zu beachtenden allgemeinen Rechtsgrundsätze.
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aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH verlangt der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, dass eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt ist (EuGH-Urteil vom 10. April 2008 C-309/06, Marks & Spencer, Slg. 2008, I-2283 Randnr. 51). Verschiedene Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden, sind danach gleich zu behandeln, damit gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EGV jede Verzerrung des Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt vermieden wird (EuGH-Urteil vom 29. Oktober 2009 C-174/08, NCC, BFH/NV Beilage 2009, 2114 Randnr. 44).
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bb) Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen Maßnahmen nicht über das zur Erreichung ihres Zieles Erforderliche hinausgehen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 18. Dezember 1997 C-286/94, Molenheide u.a., Slg. 1997, I-7281 Randnr. 48). Im Hinblick hierauf ist zu berücksichtigen, dass der Unternehmer nach der Rechtsprechung des EuGH im Ergebnis letztlich als Steuereinnehmer für die Vereinnahmung einer vom Endverbraucher zu tragenden Verbrauchsteuer zuständig ist (EuGH-Urteil vom 21. Februar 2008 C-271/06, Netto Supermarkt, Slg. 2008, I-771, BFH/NV Beilage 2008, 199 Randnr. 21, m.w.N.).
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cc) Bei der Frage, ob gesetzliche Regelungen übergeordneten Rechtsprinzipien entsprechen, ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber typisieren darf.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Er darf auf dieser Grundlage grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Tatsächliche Besonderheiten (die durchaus bekannt sind) können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (vgl. z.B. Urteil des BVerfG vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, unter C.I.2.b bb).
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dd) Die durch Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG angeordnete Soll-Besteuerung verstößt nicht gegen diese Rechtsgrundsätze.
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Der Gemeinschaftsgesetzgeber und im Anschluss hieran auch der nationale Gesetzgeber sind ohne Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit berechtigt, die Besteuerung gegen Entgelt erbrachter Leistungen am Regelfall der Vereinnahmung des Entgelts im Anschluss an die Leistungserbringung zu orientieren.
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(1) Wie die Klägerin zu Recht geltend macht, bestehen den Gleichbehandlungsgrundsatz berührende Unterschiede zwischen der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten und nach vereinnahmten Entgelten nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b UStG insoweit, als der nach vereinbarten Entgelten versteuernde Unternehmer die für den Steuertatbestand der entgeltlichen Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG entstehende Umsatzsteuer gegenüber dem Steuergläubiger vorfinanzieren muss, wenn er die Leistung vor der Entgeltvereinnahmung erbringt. Dem ist aber durch die Auslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) Rechnung zu tragen. "Uneinbringlich" ist eine Forderung, wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann (BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 V R 13/04, BFHE 214, 471, BStBl II 2007, 22, Leitsatz 1). Damit ließe sich die von der Klägerin behauptete Praxis der Finanzverwaltung, von einer Uneinbringlichkeit erst bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auszugehen, nicht vereinbaren. Dies reicht zur Gewährleistung der Besteuerungsgleichheit zwischen beiden Besteuerungsformen aus. Denn nach der Rechtsprechung ist eine Forderung bereits dann uneinbringlich i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltsforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann (BFH-Urteil in BFHE 214, 471, BStBl II 2007, 22).
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Im Rahmen der ihm zustehenden Typisierungsbefugnis brauchte der Gesetzgeber entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu berücksichtigen, inwieweit es dem Steuerpflichtigen nach den Gepflogenheiten einzelner Geschäftsbranchen möglich ist, durch Vereinbarung von An- oder Vorauszahlungen, die sich aus der Soll-Besteuerung ergebenden Liquiditätsnachteile auszugleichen oder zumindest abzumildern, oder ob er offene Forderungen sofort beitreiben kann oder im Interesse einer fortdauernden Geschäftsbeziehung verspätete Zahlungen dulden muss.
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(2) Die Anknüpfung an die Buchführungspflicht bzw. die freiwillige Buchführung als Kriterium für die Zulässigkeit der Erlaubnis zur Ist-Besteuerung für Unternehmer mit Umsätzen über der in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG genannten Höhe beruht auf sachlichen Gründen. Die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten setzt Aufzeichnungen über bereits erbrachte Leistungen und die sich aus diesen Leistungen ergebenden Forderungen voraus, während für die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten die Aufzeichnung über Einnahmezuflüsse ausreicht und eine weitergehende Buchführung nicht erfordert. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG dient dazu, im Umfang der dort bezeichneten Umsätze, die Führung gesonderter Aufzeichnungen allein für Umsatzsteuerzwecke zu vermeiden. Führt der Unternehmer nicht nur für die von ihm vereinnahmten Entgelte, sondern weitergehend auch hinsichtlich der von ihm ausgeführten Leistungen i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG Aufzeichnungen, liegen die für eine Soll-Besteuerung erforderlichen Angaben vor. Für eine Ist-Besteuerung bleibt dann kein Raum, unabhängig davon, ob diese Aufzeichnungen aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder freiwillig geführt werden.
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(3) Die Ausgestaltung des nationalen Rechts entspricht auch den Erfordernissen der Verhältnismäßigkeit. Entgegen der Auffassung von Stadie (Umsatzsteuer-Rundschau 2010, 241) beruht die Soll-Besteuerung nicht "ausschließlich auf willkürlichen, rein fiskalischen Erwägungen, die im diametralen Gegensatz zum Zweck der Steuer stehen". Die Ausgestaltung des Steuertatbestandes obliegt dem (Unions-)Gesetzgeber und die von ihm getroffene Belastungsentscheidung ist unter Berücksichtigung der ihm zustehenden Typisierungsbefugnis und der Geltung des Sollprinzips auch beim Vorsteuerabzug nicht zu beanstanden. Dass eine andere gesetzliche Ausgestaltung des Steuertatbestandes (allgemeine Ist- anstelle Soll-Besteuerung) möglich und rechtspolitisch unter Umständen auch vorzugswürdig sein konnte, ist für die Beurteilung durch die Rechtsprechung unerheblich.
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c) Die auf der Ermächtigung in Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG beruhende Unterscheidung zwischen der Besteuerung nach vereinbarten und vereinnahmten Entgelten verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität oder gegen den hieraus abgeleiteten Grundsatz der Rechtsformneutralität.
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aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, müssen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 77/388/EWG die ihr zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätze, insbesondere den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, beachten (EuGH-Urteile vom 12. Januar 2006 C-246/04, Turn- und Sportunion Waldburg, Slg. 2006, I-589, und vom 28. Juni 2007 C-363/05, JP Morgan Fleming Claverhouse Investment Trust plc, Slg. 2007, I-5517; BFH-Urteile in BFHE 219, 241, BStBl II 2008, 262, unter II.1.b, und vom 16. April 2008 XI R 73/07, BFHE 221, 484, BStBl II 2009, 1024, unter II.2.). Dies gilt auch, wenn Mitgliedstaaten von Ermächtigungen Gebrauch machen, die ihnen die Richtlinie 77/388/EWG einräumt. Die Mitgliedstaaten dürfen dabei nach der Art der Umsätze oder nach Gruppen von Steuerpflichtigen unterscheiden, sofern sie die Ziele und die allgemeinen Grundsätze der Richtlinie 77/388/EWG, insbesondere den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachten (EuGH-Urteil Turn- und Sportunion Waldburg in Slg. 2006, I-589 Randnr. 35 zu Art. 13 Teil C der Richtlinie 77/388/EWG).
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bb) Aus dem Neutralitätsgrundsatz folgt insbesondere, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze ausführen, bei der "Erhebung" der Mehrwertsteuer (EuGH-Urteile Kügler in Slg. 2002, I-6833 Randnr. 30; vom 16. September 2004 C-382/02, Cimber Air, Slg. 2004, I-8379 Randnr. 24, betreffend Art. 15 der Richtlinie 77/388/EWG; vom 8. Dezember 2005 C-280/04, Jyske, Slg. 2005, I-10683 Randnr. 39, betreffend Art. 26a der Richtlinie 77/388/EWG, und JP Morgan Fleming Claverhouse Investment Trust plc in Slg. 2007, I-5517 Randnr. 46, betreffend Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG) und im Besteuerungsverfahren (EuGH-Urteil vom 17. Juli 2008 C-132/06, Kommission/ Italien, Slg. 2008, I-5457, BFH/NV Beilage 2008, 288 Randnr. 39) nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen. Für die Frage, ob Waren oder Dienstleistungen gleichartig sind, ist die Identität des Dienstleistungserbringers und die Rechtsform, in der er seine Tätigkeiten ausübt, nicht von Bedeutung (EuGH-Urteile Kügler in Slg. 2002, I-6833 Randnr. 30; vom 17. Februar 2005 C-453/02 und C-462/02, Linneweber und Akritidis, Slg. 2005, I-1131 Randnrn. 24 und 25, und Turn- und Sportunion Waldburg in Slg. 2006, I-589 Randnr. 34).
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cc) § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG verletzt mit der Beschränkung der Ist-Besteuerung auf die in dieser Vorschrift bezeichneten Umsätze, für die keine Verpflichtung zur Buchführung besteht und für die auch freiwillig keine Bücher geführt werden, weder den Neutralitätsgrundsatz noch den hieraus abgeleiteten Grundsatz der Rechtsformneutralität. Denn der nationale Gesetzgeber kann den Kreis der Normadressaten einer Vorschrift ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtsformneutralität nach dem Bestehen einer Buchführungsverpflichtung nach den §§ 140 ff. AO bestimmen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 484, BStBl II 2009, 1024, unter II.2.b bb zu § 24 UStG).
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d) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 12 EGV und den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EGV. Die Klägerin macht insoweit geltend, dass ausländische Steuerberatungskapitalgesellschaften aufgrund von § 49 Abs. 2 EStG --anders als inländische Steuerberatungskapitalgesellschaften-- Einkünfte nach § 18 EStG erzielten und daher zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten berechtigt seien. Wie aber oben unter II.3.b bb ausgeführt, gilt § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG für alle nicht buchführungspflichtigen und nicht buchführenden Unternehmen, die die in Nr. 3 genannten Umsätze erbringen, unabhängig von ihrer Rechtsform und auch unabhängig von ihrer Ansässigkeit.
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e) Weiter liegt auch kein Verstoß gegen Grundrechte des GG vor.
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aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist das Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) grundsätzlich nicht am Maßstab der Grundrechte des GG zu überprüfen, soweit nicht geltend gemacht wird, dass die europäische Rechtsentwicklung einschließlich der Rechtsprechung des EuGH unter den erforderlichen Grundrechtsschutz abgesunken ist. Gleiches gilt für den Fall der Umsetzung europäischer Richtlinien durch das nationale Recht. Zwar ist der nationale Gesetzgeber, wenn er über einen Spielraum bei der Umsetzung von sekundärem Unionsrecht verfügt, an die Vorgaben des GG gebunden; er unterliegt insoweit in vollem Umfang der verfassungsrechtlichen Überprüfung. Soweit aber die Normsetzung zwingend dem Unionsrecht folgt, ist sie ebenso wie das sekundäre Unionsrecht selbst nicht am Maßstab der deutschen Grundrechte zu prüfen, sondern unterliegt dem auf Unionsrechtsebene gewährleisteten Grundrechtsschutz (BVerfG-Beschluss vom 27. Juli 2004 1 BvR 1270/04, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2004, 1346, unter II.a aa).
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bb) Eine Prüfung des nationalen Rechts kommt nach diesen Grundsätzen nur insoweit in Betracht, als Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG einen Ermessensspielraum einräumt. Die Differenzierung bei der Steuerberechnung nach Maßgabe einer Buchführungspflicht und freiwillig geführter Bücher verletzt --entgegen der Auffassung der Klägerin-- nicht Art. 9 und 12 GG. Entscheidet sich die Klägerin für die Rechtsform einer GmbH, um die mit dieser Rechtsform verbundenen Vorteile wie z.B. Haftungsabschirmung in Anspruch zu nehmen, hat sie auch die damit verbundenen Nachteile wie z.B. den Zwang zur Buchführung und die dann hieraus ergebende Verpflichtung zur Besteuerung nach vereinbarten Entgelten zu beachten. Wettbewerbsnachteile gegenüber steuerberatenden Sozietäten in der Rechtsform einer GmbH, die freiwillig Bücher führen, bestehen entgegen der Auffassung der Klägerin aus den unter II.3.b genannten Gründen nicht.
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5. Für die von der Klägerin beantragte Vorlage an den EuGH bestand kein Anlass, da hinsichtlich der unionsrechtlichen Rechtslage keine Zweifel bestehen. Soweit die Klägerin im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens eine Klärung anstrebt, in welchem Verhältnis die beiden Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG zueinander stehen, kommt dem im Hinblick auf das den Mitgliedstaaten bei Ausübung dieser Vorschrift zustehende Ermessen, das die Bundesrepublik Deutschland in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG für eine umsatzbezogene Regelung ausgeübt hat (s. oben II.4.c), keine Bedeutung zu. Soweit es die Klägerin weiter für klärungsbedürftig hält, ob es unionsrechtlich zulässig sei, buchführungspflichtige Unternehmen von der Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten auszuschließen, dieses Recht aber freiwillig Bücher führenden Unternehmern zuzubilligen, ist diese Frage nicht entscheidungserheblich, da in beiden Fällen keine Möglichkeit zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten besteht (s. oben II.3.b cc (4)).
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