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BFH 19.07.2010 - I B 10/10
BFH 19.07.2010 - I B 10/10 - Progressionsvorbehalt bei steuerfreien Auslandseinkünften ist mit EU-Recht vereinbar
Normen
§ 32b Abs 1 Nr 3 EStG 1997, Art 49 EG, § 32b Abs 1 Nr 3 EStG 2002, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG München, 4. Dezember 2009, Az: 1 K 1847/08, Urteil
Leitsatz
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NV: Es ist nicht klärungsbedürftig, dass der in § 32b Abs 1 Nr. 3 EStG angeordnete Progressionsvorbehalt für den Fall des Bezugs abkommensrechtlich steuerbefreiter Auslandseinkünfte mit der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist.
Tatbestand
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I. Die Beteiligten streiten über die Anwendung des Progressionsvorbehalts gemäß § 32b des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997/2002).
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Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Rechtsnachfolger des verstorbenen X. Die Klägerin zu 1. war in den Streitjahren (1999 bis 2002) die Ehefrau des X und wurde mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
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X erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die er sowohl im Inland als auch in Österreich ausübte. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) bezog bei der Veranlagung der Eheleute die in Österreich erzielten Einkünfte des X nicht in die Bemessungsgrundlage der Steuer ein, berücksichtigte sie aber bei der Berechnung des anzuwendenden Steuersatzes. Die u.a. deshalb erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) München abgewiesen, ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen.
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Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
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Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Der Streitfall hat nicht die von den Klägern geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision gegen ein Urteil des FG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine solche ist gegeben, wenn im konkreten Fall eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im Interesse der Allgemeinheit der Klärung bedarf. Daran fehlt es u.a., wenn die Antwort auf die betreffende Rechtsfrage aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgeleitet werden kann (BFH-Beschlüsse vom 21. April 2008 IV B 105/07, BFH/NV 2008, 1470; vom 16. September 2008 X B 158/07, BFH/NV 2008, 2024; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N.). Diese Situation liegt im Streitfall vor.
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a) Die Handhabung seitens des FA beruht auf § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997/2002. Danach ist der in § 32b Abs. 2 EStG 1997/2002 beschriebene besondere Steuersatz anzuwenden, wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Einkünfte erzielt, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind. Dasselbe gilt im Hinblick auf bestimmte ausländische Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben (§ 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG 1997/2002).
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b) Zu der letztgenannten Regelung hat der beschließende Senat entschieden, dass die Berücksichtigung des dort angeordneten "Progressionsvorbehalts" nicht gegen die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 39 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften --EG-- sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, ABlEG 1997 Nr. C 340, 1; heute: Art. 45 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV-- i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01) verstößt (Senatsurteil vom 15. Mai 2002 I R 40/01, BFHE 199, 224, BStBl II 2002, 660). Er hat dabei für maßgeblich erachtet, dass die Anwendung des besonderen Steuersatzes nicht zu einer steuerlichen Benachteiligung des Beziehers ausländischer Einkünfte führt. Vielmehr bewirkt sie im Gegenteil, dass im Ausland erzielte Einkünfte einerseits und vergleichbare inländische Einkünfte andererseits gleich behandelt werden (ebenso Senatsurteil vom 19. November 2003 I R 19/03, BFHE 204, 155, BStBl II 2004, 549). Es bedarf keiner Klärung, dass diese Überlegung nicht nur im Hinblick auf § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG 1997/2002, sondern gleichermaßen in Bezug auf § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997/2002 durchgreift; auch die Kläger haben nicht aufgezeigt, inwieweit in beiden Zusammenhängen aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht unterschiedliche Maßstäbe anzulegen sein könnten. Ebenso ist nicht klärungsbedürftig, dass die genannten Überlegungen nicht nur im Hinblick auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, sondern ebenso im Bereich der --im Streitfall als Maßstab in Betracht kommenden-- gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG; heute: Art. 56 AEUV) Geltung beanspruchen. Angesichts dessen kommt der in der Beschwerdebegründung bezeichneten Frage keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu.
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c) Zu einer abweichenden Beurteilung führt nicht der Hinweis der Kläger, dass im Streitfall die gesamten in Deutschland und in Österreich erhobenen Steuern höher seien als diejenigen, die für vergleichbare ausschließlich im Inland erzielte Einkünfte des X angefallen wären. Denn wie das FG zu Recht ausgeführt hat, kann es für die Frage nach der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit des Progressionsvorbehalts nur darauf ankommen, ob dieser im Rahmen der inländischen Besteuerung zu einer unterschiedlichen Belastung inländischer und ausländischer Einkünfte führt. Selbst wenn im Streitfall das Hinzutreten der österreichischen Steuer dazu führen sollte, dass die steuerliche Gesamtbelastung höher ist als diejenige bei vergleichbaren nur im Inland erzielten Einkünften, könnten daraus gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid nicht abgeleitet werden.
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