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EuGH 07.03.2013 - C-275/11
EuGH 07.03.2013 - C-275/11 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer) - 7. März 2013 ( *1) - „Steuerrecht — Mehrwertsteuer — Richtlinie 77/388/EWG — Steuerfreiheit für die Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalgesellschaften — Umfang“
Leitsatz
In der Rechtssache C-275/11
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 5. Mai 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juni 2011, in dem Verfahren
GfBk Gesellschaft für Börsenkommunikation mbH
gegen
Finanzamt Bayreuth
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter A. Borg Barthet, J.-J. Kasel und M. Safjan (Berichterstatter) sowie der Richterin M. Berger,
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der GfBk Gesellschaft für Börsenkommunikation mbH, vertreten durch E. Schulz,
der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,
der griechischen Regierung, vertreten durch I. Pouli und K. Boskovits als Bevollmächtigte,
der luxemburgischen Regierung, vertreten durch C. Schiltz als Bevollmächtigten,
der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Soulay und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. November 2012
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der GfBk Gesellschaft für Börsenkommunikation mbH (im Folgenden: GfBk) und dem Finanzamt Bayreuth wegen dessen Weigerung, die von der GfBk gegenüber einer Kapitalanlagegesellschaft (im Folgenden: KAG) erbrachten Beratungsleistungen von der Mehrwertsteuer zu befreien.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Art. 13 Teil B Buchst. d der Sechsten Richtlinie lautet wie folgt:
„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
…
die folgenden Umsätze:
…
die Umsätze – einschließlich der Vermittlung – im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der [Einziehung] von Forderungen;
…
die Umsätze – einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung – die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen …;
die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“.
In Art. 1 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 375, S. 3) sind diese Organismen wie folgt definiert:
„(2) Vorbehaltlich des Artikels 2 sind im Sinne dieser Richtlinie als OGAW diejenigen Organismen anzusehen,
deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapieren anzulegen, und
deren Anteile auf Verlangen der Anteilinhaber unmittelbar oder mittelbar zu Lasten des Vermögens dieser Organismen zurückgenommen oder ausgezahlt werden. Diesen Rücknahmen oder Auszahlungen gleichgestellt sind Handlungen, mit denen ein OGAW sicherstellen will, dass der Kurs seiner Anteile nicht erheblich von deren Nettoinventarwert abweicht.
(3) Diese Organismen können nach einzelstaatlichem Recht die Vertragsform (von einer Verwaltungsgesellschaft verwaltete Investmentfonds), die Form des Trust (‚unit trust‘) oder die Satzungsform (Investmentgesellschaft) haben.
…“
Gemäß Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie „[bedarf der] OGAW … zur Ausübung seiner Geschäftstätigkeit der Zulassung durch die Stellen des Mitgliedstaats, in dem der OGAW ansässig ist“.
Nach Art. 6 dieser Richtlinie „[muss sich d]ie Tätigkeit der Verwaltungsgesellschaft … auf die Verwaltung von Investmentfonds und Investmentgesellschaften beschränken“.
Die Richtlinie 85/611 wurde durch die Richtlinie 2001/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 (ABl. L 41, S. 20) zwecks Festlegung von Bestimmungen für Verwaltungsgesellschaften und vereinfachte Prospekte und durch die Richtlinie 2001/108/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 (ABl. L 41, S. 35) hinsichtlich der Anlagen der OGAW geändert.
Nach Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 85/611 in der durch die Richtlinie 2001/107 geänderten Fassung „[schließt d]ie Tätigkeit der Verwaltung von Investmentfonds und Investmentgesellschaften … für die Zwecke dieser Richtlinie die Aufgaben ein, die in Anhang II in nicht erschöpfender Weise genannt sind“.
In diesem Anhang II werden als „Aufgaben, die in die gemeinsame Portfolioverwaltung einbezogen sind“, genannt:
Anlageverwaltung
Administrative Tätigkeiten:
gesetzlich vorgeschriebene und im Rahmen der Fondsverwaltung vorgeschriebene Rechnungslegungsdienstleistungen
Kundenanfragen
Bewertung und Preisfestsetzung (einschließlich Steuererklärungen)
Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften
Führung des Anteilinhaberregisters
Gewinnausschüttung
Ausgabe und Rücknahme von Anteilen
Kontraktabrechnungen (einschließlich Versand der Zertifikate)
Führung von Aufzeichnungen
Vertrieb“.
Nach Art. 5g Abs. 1 der Richtlinie 85/611 in der durch die Richtlinie 2001/107 geänderten Fassung können die Mitgliedstaaten „den Verwaltungsgesellschaften [gestatten], eine oder mehrere ihrer Aufgaben zum Zwecke einer effizienteren Geschäftsführung an Dritte zu übertragen, die diese Aufgaben für sie wahrnehmen“, sofern dieser Auftrag die in Art. 5g Abs. 1 Buchst. a bis i dieser Richtlinie genannten Voraussetzungen erfüllt.
Zu diesen Voraussetzungen gehört die in Buchst. c dieser Bestimmung genannte Voraussetzung, dass, „wenn die Übertragung die Anlageverwaltung betrifft, … der Auftrag nur Unternehmen erteilt werden [darf], die für die Zwecke der Vermögensverwaltung zugelassen oder eingetragen sind und einer Aufsicht unterliegen; die Übertragung muss mit den von der Verwaltungsgesellschaft regelmäßig festgelegten Vorgaben für die Verteilung der Anlagen in Einklang stehen“.
Deutsches Recht
Nach § 4 Nr. 8 Buchst. h des Umsatzsteuergesetzes vom 26. November 1979 in der in den im Ausgangsverfahren fraglichen Jahren 1999 bis 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: UStG) ist „die Verwaltung von Sondervermögen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften“ (im Folgenden: KAGG) steuerfrei.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Die GfBk ist ein Unternehmen, das die Verbreitung von Börseninformationen und Börsenempfehlungen, die Beratung bei der Anlage von Finanzinstrumenten und den Vertrieb von Kapitalanlagen zum Gegenstand hat.
Im Dezember 1999 schloss die GfBk mit der KAG, die einen Publikumsfonds als Sondervermögen nach dem KAGG verwaltete, einen Vertrag. Die GfBk verpflichtete sich darin, die KAG „bei der Verwaltung des Fondsvermögens zu beraten“ und ihr „unter ständiger Beobachtung des Fondsvermögens Empfehlungen für den Kauf und den Verkauf von Vermögensgegenständen [zu] erteilen“. Sie verpflichtete sich außerdem, „den Grundsatz der Risikomischung, die gesetzlichen Anlagebeschränkungen … sowie die … Anlagebedingungen … zu berücksichtigen“.
Aus der Akte ergibt sich, dass die Parteien vereinbart hatten, dass die Vergütung der GfBk für ihre Beratung auf der Grundlage eines vom monatlichen Durchschnittswert des Sondervermögens berechneten Prozentsatzes erfolgen sollte.
Im Rahmen dieses Vertrags übermittelte die GfBk in den Jahren 1999 bis 2002 Empfehlungen zum An- und Verkauf von Wertpapieren per Telefon, Telefax oder E-Mail an die im Ausgangsverfahren in Rede stehende KAG. Die KAG stellte diese Empfehlungen in ihr Order-System ein und setzte sie, nachdem sie überprüft hatte, dass diese gegen keine gesetzlichen für das Sondervermögen bestehenden Anlagegrenzen verstießen, oft innerhalb weniger Minuten nach deren Erhalt um. Auch wenn die genannte KAG keine eigene Auswahl bei der Verwaltung des Anlagevermögens traf, so verblieb ihr doch die Letztentscheidung und Letztverantwortung. Die GfBk erhielt Rückmeldungen zur Ausführung ihrer Empfehlungen sowie tägliche Aufstellungen über die Zusammensetzung des von ihr beratenen Investmentvermögens.
Im Umsatzsteuerverfahren beantragte die GfBk, ihre gegenüber der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden KAG erbrachten Beratungsleistungen als ausgelagerte Leistungen der Verwaltung von Sondervermögen von der Mehrwertsteuer zu befreien. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab, da es der Ansicht war, dass die von der GfBk erbrachten Dienstleistungen nicht unter die „Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie fielen und eine solche Befreiung somit nicht gerechtfertigt sei.
Die GfBk focht die ihr gegenüber ergangenen Entscheidungen auf dem Rechtsweg an. Im Rahmen ihrer beim Bundesfinanzhof eingelegten Revision beschloss dieser, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Zur Auslegung der „Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie: Ist die Leistung eines außenstehenden Verwalters eines Sondervermögens nur dann hinreichend spezifisch und damit mehrwertsteuerfrei, wenn
er eine Verwaltungs- und nicht nur eine Beratungstätigkeit ausübt oder wenn
sich die Leistung ihrer Art nach aufgrund einer für die Steuerfreiheit nach dieser Bestimmung charakteristischen Besonderheit von anderen Leistungen unterscheidet oder wenn
er aufgrund einer Aufgabenübertragung nach Art. 5g der geänderten Richtlinie 85/611/EWG tätig ist?
Zur Vorlagefrage
Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob und unter welchen Bedingungen von einem Dritten gegenüber einer KAG erbrachte Beratungsleistungen für Wertpapieranlagen für die Zwecke der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung unter den Begriff „Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ fallen.
Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass von einem außenstehenden Verwalter erbrachte Verwaltungsdienstleistungen grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie fallen, da die Verwaltung der Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften im Sinne dieser Bestimmung durch die Art der erbrachten Dienstleistungen und nicht durch den Erbringer oder Empfänger der Leistung definiert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2006, Abbey National, C-169/04, Slg. 2006, I-4027, Randnrn. 66 bis 69).
Allerdings können die von einem außenstehenden Verwalter erbrachten Verwaltungsdienstleistungen nur dann als im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie „von der Steuer befreite Umsätze“ qualifiziert werden, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften spezifisch und wesentlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Abbey National, Randnrn. 70 bis 72).
Was sodann die für die Tätigkeit von Organismen für gemeinsame Anlagen spezifischen Umsätze betrifft, ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 85/611, dass die Umsätze der OGAW darin bestehen, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung in Wertpapieren anzulegen. Mit den von den Zeichnenden beim Kauf von Anteilen eingezahlten Geldern bilden und verwalten die OGAW für deren Rechnung und gegen Entgelt Portefeuilles, die sich aus Wertpapieren zusammensetzen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Oktober 2004, BBL, C-8/03 Slg. 2004, I-10157, Randnr. 42, Abbey National, Randnr. 61, und vom 19. Juli 2012, Deutsche Bank, C-44/11, Randnr. 32). Neben den Aufgaben der Portefeuilleverwaltung stellen die administrativen Aufgaben der Organismen für gemeinsame Anlagen selbst, wie sie in Anhang II der durch die Richtlinie 2001/107 geänderten Fassung der Richtlinie 85/611 unter der Überschrift „Administrative Tätigkeiten“ aufgeführt sind, spezifische Aufgaben der Organismen für gemeinsame Anlagen dar (vgl. Urteil Abbey National, Randnr. 64).
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass für die Feststellung, ob von einem Dritten gegenüber einer KAG erbrachte Beratungsleistungen für Wertpapieranlagen für die Zwecke der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung unter den Begriff „Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ fallen, entsprechend den Ausführungen des Generalanwalts in den Nrn. 27 und 31 seiner Schlussanträge zu bestimmen ist, ob die von einem Dritten erbrachte Beratungsdienstleistung für Wertpapieranlagen eine enge Verbindung zu der einer KAG eigenen Tätigkeit aufweist, die bewirkt, dass sie die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Verwaltung eines Sondervermögens durch Kapitalanlagegesellschaften erfüllt.
Hierzu ist festzustellen, dass Leistungen, die in der Abgabe von Empfehlungen zum An- und Verkauf von Vermögenswerten gegenüber einer KAG bestehen, eine enge Verbindung zu der spezifischen Tätigkeit einer KAG aufweisen, die, wie in Randnr. 22 des vorliegenden Urteils ausgeführt, darin besteht, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung in Wertpapieren anzulegen.
Der Umstand, dass Beratungs- und Informationsleistungen nicht in Anhang II der Richtlinie 85/611 in der durch die Richtlinie 2001/107 geänderten Fassung aufgeführt sind, steht ihrer Einbeziehung in die Kategorie der spezifischen Dienstleistungen, die zur Tätigkeit der „Verwaltung“ eines Sondervermögens durch eine Kapitalanlagegesellschaft im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie gehören, nicht entgegen, da es in Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 85/611 in der durch die Richtlinie 2001/107 geänderten Fassung selbst heißt, dass die betreffenden Aufgaben in diesem Anhang „in nicht erschöpfender Weise“ genannt sind.
Auch der Umstand, dass die von einem Dritten erbrachten Beratungs- und Informationsleistungen keine Änderung der rechtlichen oder finanziellen Lage des Fonds bewirken, schließt nicht aus, dass diese Leistungen unter den Begriff der „Verwaltung“ eines Sondervermögens durch eine Kapitalanlagegesellschaft im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie fallen.
In den Randnrn. 26, 63 und 64 des Urteils Abbey National hat der Gerichtshof nämlich entschieden, dass nicht nur die Verwaltung von Anlagen, die die Auswahl und die Veräußerung der Vermögensgegenstände einschließt, die Gegenstand dieser Verwaltung sind, sondern auch Verwaltungs- und Buchführungsleistungen, wie die Ermittlung des Betrags der Einkünfte und des Preises der Anteile oder Aktien an dem Fonds, die Bewertung des Vermögens, die Buchführung, die Vorbereitung der Erklärungen über die Verteilung der Einkünfte, die Lieferung von Angaben und Unterlagen für die regelmäßig zu veröffentlichenden Abschlüsse und die Steuererklärungen, Statistiken und Mehrwertsteuererklärungen sowie die Vorbereitung der Voraussagen über die Erträge unter den Begriff der „Verwaltung“ eines Sondervermögens durch eine Kapitalanlagegesellschaft fallen. Es ist somit unerheblich, ob es wie im Ausgangsverfahren Sache der fraglichen KAG war, die von der GfBk abgegebenen Empfehlungen zum An- und Verkauf von Vermögenswerten nach Überprüfung ihrer Vereinbarkeit mit den Anlagegrenzen umzusetzen.
Außerdem schließt Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie seinem Wortlaut nach nicht grundsätzlich aus, dass die Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften sich in verschiedene Dienstleistungen aufteilen lässt, die dann unter den Begriff „Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ im Sinne dieser Bestimmung fallen und in den Genuss der dort vorgesehenen Befreiung gelangen können, auch wenn sie von einem außenstehenden Verwalter erbracht werden (Urteil Abbey National, Randnr. 67), sofern jede dieser Dienstleistungen die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Verwaltung eines Sondervermögens durch Kapitalanlagegesellschaften erfüllt. Wie in Randnr. 24 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist dies bei von einem Dritten gegenüber einer KAG abgegebenen Empfehlungen zum An- und Verkauf von Vermögenswerten der Fall.
Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Einbeziehung von Beratungs- und Informationsleistungen in die Kategorie der spezifischen Dienstleistungen, die zur Tätigkeit der „Verwaltung“ eines Sondervermögens durch eine Kapitalanlagegesellschaft im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie gehören, nicht deswegen, weil Beratungsdienstleistungen, die gegenüber natürlichen oder juristischen Personen erbracht werden, die ihr Geld unmittelbar in Wertpapieren anlegen, der Mehrwertsteuer unterliegen, gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstößt.
Anleger, die ihr Vermögen unmittelbar in Wertpapieren anlegen, unterliegen nämlich nicht der Mehrwertsteuer, und mit der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiung von Umsätzen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften wird u. a. bezweckt, Kleinanlegern die Anlage in Wertpapiere über Organismen für gemeinsame Anlagen durch den Wegfall der Mehrwertsteuerkosten zu erleichtern, um die Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems in Bezug auf die Wahl zwischen unmittelbarer Anlage in Wertpapiere und derjenigen zu gewährleisten, die durch Einschaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen erfolgt (vgl. Urteil Abbey National, Randnr. 62, und Urteil vom 28. Juni 2007, JP Morgan Fleming Claverhouse Investment Trust und The Association of Investment Trust Companies, C-363/05, Slg. 2007, I-5517, Randnr. 45).
Würden von Dritten erbrachte Anlageberatungsdienstleistungen der Mehrwertsteuer unterworfen, hätte dies außerdem zur Folge, dass KAGs, die über eigene Anlageberater verfügen, gegenüber KAGs, die sich an Dritte wenden, begünstigt würden. Aus dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität ergibt sich jedoch, dass die Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein müssen, das Organisationsmodell zu wählen, das ihnen, rein wirtschaftlich betrachtet, am besten zusagt, ohne Gefahr zu laufen, dass ihre Umsätze von der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiung ausgeschlossen werden (Urteil Abbey National, Randnr. 68).
Schließlich kann der Umstand, dass der außenstehende Verwalter nicht aufgrund einer Aufgabenübertragung nach Art. 5g der Richtlinie 85/611 in der durch die Richtlinie 2001/107 geänderten Fassung tätig ist, keinen Einfluss auf die Einbeziehung der von ihm erbrachten Beratungs- und Informationsleistungen in die Kategorie der spezifischen Dienstleistungen haben, die zur Tätigkeit der „Verwaltung“ eines Sondervermögens durch eine Kapitalanlagegesellschaft im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie gehören. Im Ausgangsverfahren wurden die Beratungsdienstleistungen zwar von der GfBk erbracht, obwohl die geltende Fassung der Richtlinie 85/611 es den Verwaltungsgesellschaften nicht gestattete, ihre Aufgaben zum Zwecke einer effizienteren Geschäftsführung an Dritte zu übertragen. Nach ständiger Rechtsprechung verbietet jedoch der Grundsatz der steuerlichen Neutralität bei der Erhebung der Mehrwertsteuer eine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Umsätzen (vgl. insbesondere Urteil vom 11. Juni 1998, Fischer, C-283/95, Slg. 1998, I-3369, Randnr. 21, und Beschluss vom 7. Juli 2010, Curia, C-381/09, Randnrn. 18, 21 und 23).
Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie in dem Sinne auszulegen ist, dass von einem Dritten gegenüber einer KAG als Verwalterin eines Sondervermögens erbrachte Beratungsdienstleistungen für Wertpapieranlagen für die Zwecke der in der genannten Bestimmung vorgesehenen Steuerbefreiung unter den Begriff „Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ fallen, selbst wenn der Dritte nicht aufgrund einer Aufgabenübertragung nach Art. 5g der Richtlinie 85/611 in der durch die Richtlinie 2001/107 geänderten Fassung tätig ist.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist in dem Sinne auszulegen, dass von einem Dritten gegenüber einer KAG als Verwalterin eines Sondervermögens erbrachte Beratungsdienstleistungen für Wertpapieranlagen für die Zwecke der in der genannten Bestimmung vorgesehenen Steuerbefreiung unter den Begriff „Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ fallen, selbst wenn der Dritte nicht aufgrund einer Aufgabenübertragung nach Art. 5g der Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) in der durch die Richtlinie 2001/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 geänderten Fassung tätig ist.
Unterschriften
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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