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BAG 09.02.2022 - 5 AZR 347/21
BAG 09.02.2022 - 5 AZR 347/21 - Annahmeverzugsvergütung - Klageerweiterung in der Berufungsinstanz - - nicht protokollierte Anträge
Normen
§ 308 Abs 1 S 1 ZPO, § 313 Abs 2 S 1 ZPO, § 160 Abs 3 Nr 2 ZPO, § 615 S 1 BGB
Vorinstanz
vorgehend ArbG München, 21. August 2017, Az: 29 Ca 3664/15, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht München, 1. Oktober 2020, Az: 3 Sa 54/18, Urteil
Tenor
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1. Das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts München vom 1. Oktober 2020 - 3 Sa 54/18 - wird im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016 (zweitinstanzliche Zahlungsanträge zu 16. bis 27. ohne die Verzugspauschale) abgewiesen hat.
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2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Belang - über Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016.
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Der Kläger ist Rechtsanwalt und war als solcher bei der Beklagten, einer bundesweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, in deren M Niederlassung seit dem 15. November 2012 in der „Service Line Tax im Grade eines Consultant“ beschäftigt. Seine monatliche Bruttovergütung betrug zuletzt 3.540,00 Euro. Mit Schreiben vom 10. März 2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstzulässigen Termin, der nach ihrer Auffassung der 30. Juni 2015 war. Dagegen hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben, die das Arbeitsgericht München mit Endurteil vom 21. August 2017 (- 29 Ca 3664/15 -) abwies. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht München mit rechtskräftigem Teilurteil vom 22. August 2019 (- 3 Sa 54/18 -) das erstinstanzliche Urteil abgeändert und festgestellt, dass weder die fristlose noch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 10. März 2015 das Arbeitsverhältnis aufgelöst haben. Außerdem hat es den Antrag der Beklagten auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG zurückgewiesen.
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Im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens hat der Kläger mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2019 die Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016 erweitert und für die zwölf Monate des Streitzeitraums jeweils das zuletzt bezogene Gehalt von 3.540,00 Euro brutto unter Abzug des erhaltenen Arbeitslosengeldes angesetzt. Er hat gemeint, die Beklagte sei im Streitzeitraum aufgrund der unwirksamen Kündigungen im Annahmeverzug gewesen. Neben dem erhaltenen Arbeitslosengeld habe er im Dezember 2016 1.295,49 Euro aus selbständiger Arbeit verdient, weil er eine Klage in eigener Sache beim Finanzgericht gewonnen habe. Dieser Verdienst sei jedoch nicht anzurechnen, weil er ihn auch bei einer Beschäftigung bei der Beklagten erzielt hätte, die Klage habe er hauptsächlich am Wochenende geschrieben.
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Nach dem Tatbestand des Berufungsurteils hat der Kläger - soweit für die Revision von Belang - sinngemäß beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 42.480,00 Euro brutto abzüglich 11.547,80 Euro erhaltenes Arbeitslosengeld nebst Zinsen nach bestimmter zeitlicher und betragsmäßiger Staffelung zu zahlen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageerweiterung, in die sie nicht einwillige, sei unzulässig und im Übrigen auch unbegründet. Der Kläger müsse sich anderweitigen Verdienst aus selbständiger Tätigkeit als Rechtsanwalt und möglicherweise böswillig unterlassenen Verdienst anrechnen lassen.
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Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf Annahmeverzugsvergütung für das Jahr 2016 mit Schlussurteil vom 1. Oktober 2020 abgewiesen und angenommen, es handele sich insoweit um eine in der Berufungsinstanz unzulässige Klageerweiterung. Vergütungsansprüche für den Zeitraum März bis Dezember 2015 sowie die Jahre 2017 bis 2019 sind nach Aktenlage im Januar 2020 in einem gesonderten Verfahren beim Arbeitsgericht anhängig gemacht worden.
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Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016 gerichtetes Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht beantragt.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist begründet und führt zur Teilaufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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I. Das Berufungsurteil unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil das Landesarbeitsgericht hinsichtlich des in die Revisionsinstanz gelangten Streitgegenstands „Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016“ gegen den Antragsgrundsatz des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen hat.
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1. Im zivilprozessualen Verfahren darf das Gericht nur über von den Parteien gestellte Anträge entscheiden, lediglich in den in § 308a ZPO genannten Mietsachen ist eine Entscheidung ohne Antrag statthaft. Eine Verletzung des Antragsgrundsatzes liegt ua. dann vor, wenn einer Partei etwas zugesprochen wird, ohne dies beantragt zu haben, oder das Gericht der klagenden Partei einen Anspruch abspricht, den diese nicht erhoben hat (BAG 22. Juli 2021 - 2 AZR 6/21 - Rn. 42; 25. August 2015 - 1 AZR 754/13 - Rn. 20 mwN, BAGE 152, 240). Ein Verstoß der Vorinstanzen gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (st. Rspr., vgl. nur BAG 25. März 2021 - 6 AZR 41/20 - Rn. 15; 18. September 2019 - 5 AZR 240/18 - Rn. 11 mwN, BAGE 168, 25).
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2. Das Landesarbeitsgericht hat in dem angefochtenen Schlussurteil über den Streitgegenstand „Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016“ entschieden, ohne dass der Kläger seine mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2019 klageerweiternd anhängig gemachten Zahlungsanträge in der Berufungsverhandlung gestellt hat.
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a) Zwar soll der Kläger die schriftsätzlich angekündigten Zahlungsanträge nach dem Tatbestand des Berufungsurteils auch tatsächlich gestellt haben. Dies folgt aus § 313 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wonach im Tatbestand des Urteils die gestellten Anträge dargestellt werden sollen.
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b) Die gemäß § 297 ZPO in der mündlichen Verhandlung zu stellenden Sachanträge der Parteien sind indes auch als wesentliche Förmlichkeit im Protokoll festzustellen, § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Unterbleibt dies, fehlt nach §§ 165, 308 ZPO die Befugnis des Gerichts zur Sachentscheidung (vgl. nur Zöller/Greger ZPO 34. Aufl. § 297 Rn. 4; Musielak/Voit/Huber ZPO 18. Aufl. § 297 Rn. 4).
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c) Im Protokoll über die letzte Berufungsverhandlung am 17. September 2020 heißt es dazu: „Der Kläger nimmt Bezug auf die in der Verhandlung vom 18.07.2019 gestellten Anträge (Bl. 1527 d. A.) in der Fassung des Schriftsatzes vom 11.10.2019 (Bl. 1626 d. A.) mit der Erweiterung, dass es statt ‚Oktober 2019‘ ‚17.09.2020‘ heißen muss.“ Dagegen ergibt sich aus dem Protokoll nicht, dass der Kläger auch die Anträge aus der auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016 gerichteten Klageerweiterung im Schriftsatz vom 8. Dezember 2019 gestellt hätte.
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d) Damit widersprechen sich zum Streitgegenstand „Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016“ die Feststellungen im Protokoll der Berufungsverhandlung und im Tatbestand des angefochtenen Schlussurteils. In einem solchen Fall gilt das Protokoll (vgl. BGH 24. Juli 2018 - VI ZR 294/17 - Rn. 11; 12. Mai 2015 - VI ZR 102/14 - Rn. 48; Zöller/Feskorn ZPO 34. Aufl. § 314 Rn. 8; Musielak/Voit/Musielak ZPO 18. Aufl. § 314 Rn. 3, 7 und Musielak/Voit/Ball aaO § 559 Rn. 19; Anders/Gehle/Hunke ZPO 80. Aufl. § 314 Rn. 7 - jeweils mwN). Denn der Beweis der Beachtung von wesentlichen Förmlichkeiten - wie derjenigen der gestellten Anträge (§ 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) - kann nur durch das Sitzungsprotokoll erbracht werden, § 165 Satz 1 ZPO (vgl., zur wesentlichen Förmlichkeit der Verkündung des Urteils, BAG 14. Oktober 2020 - 5 AZR 712/19 - Rn. 10).
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e) Deshalb muss der Senat davon ausgehen, dass das Landesarbeitsgericht über einen Streitgegenstand entschieden hat, den der Kläger zwar mit seiner Klageerweiterung vom 8. Dezember 2019 anhängig gemacht, den er jedoch in der - nach dem zeitlichen Verlauf allein in Betracht kommenden letzten - Berufungsverhandlung (noch) nicht zur Entscheidung gestellt hat. Dabei gibt es keine Anhaltspunkte dafür, der Kläger habe an der Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs nicht mehr festhalten wollen, auch wäre eine entsprechende Klagerücknahme entgegen § 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO nicht protokolliert. Vielmehr belegen sowohl das Berufungsurteil als insbesondere auch die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, dass dieser sehr wohl eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch zu diesem Streitgegenstand wollte. Die unterlassene Protokollierung dürfte somit ein Versehen des Berufungsgerichts sein, das möglicherweise nach seinem Teilurteil in dem umfangreichen Berufungsverfahren - ebenso wie der Kläger - nicht mehr ausreichend im Blick hatte, welcher der zahlreichen Anträge wann und in welchem Schriftsatz angekündigt worden war. Wegen der vom Landesarbeitsgericht verletzten Pflicht, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO), und dem Gebot eines fairen Verfahrens muss dem Kläger in einem fortgesetzten Berufungsverfahren die Möglichkeit eröffnet werden, die Anträge aus der Klageerweiterung auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016 entsprechend den Erfordernissen aus § 160 Abs. 3 Nr. 2, § 297 ZPO zu stellen (vgl. BAG 12. Oktober 2021 - 9 AZR 133/21 - Rn. 24; generell zum verfassungsrechtlichen Gebot eines fairen Verfahrens BVerfG 30. Mai 2012 - 1 BvR 509/11 - Rn. 8; BAG 14. September 2020 - 5 AZB 23/20 - Rn. 27, BAGE 172, 186) und eine Entscheidung über seine Anträge ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO zu erreichen.
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II. Für die Fortsetzung des Berufungsverfahrens beschränkt sich der Senat auf folgende Hinweise:
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1. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts, bei der Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016 handele es sich um eine in der Berufungsinstanz unzulässige Klageerweiterung, weil die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorlägen, kann die Klage nicht abgewiesen werden.
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a) Mit der Klageerweiterung vom 8. Dezember 2019 hat der Kläger einen neuen Streitgegenstand in das Berufungsverfahren eingeführt. Es handelt sich somit um eine nachträgliche objektive Klagehäufung, auf die § 263 ZPO entsprechend anwendbar ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 16, BAGE 119, 238). Über die Zulässigkeit der Klageänderung in der Berufungsinstanz ist nach dem Maßstab des § 533 ZPO zu entscheiden (BAG 14. Juni 2017 - 10 AZR 308/15 - Rn. 38; 14. Dezember 2017 - 2 AZR 86/17 - Rn. 18, BAGE 161, 198).
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b) Eine Einwilligung der Beklagten iSd. § 533 Nr. 1 ZPO liegt nicht vor, sie hat vielmehr der Einführung eines neuen Streitgegenstands in das Berufungsverfahren ausdrücklich widersprochen. Doch dürfte die nachträgliche objektive Klagehäufung sachdienlich iSd. § 533 Nr. 1 ZPO sein.
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aa) Maßgeblich für die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Sachdienlichkeit ist der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit, für den es entscheidend darauf ankommt, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung zu einer sachgemäßen und endgültigen Beilegung des Streits zwischen den Parteien führt, der den Gegenstand des anhängigen Verfahrens bildet und einem anderenfalls zu erwartenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt (BAG 14. Juni 2017 - 10 AZR 308/15 - Rn. 39; ErfK/Koch 22. Aufl. ArbGG § 67 Rn. 7 mwN). Deshalb kommt es für die Beurteilung der Sachdienlichkeit nicht entscheidend darauf an, ob neuer Tatsachenvortrag erforderlich ist. Der Sachdienlichkeit einer Klageänderung stünde nicht einmal entgegen, dass im Fall ihrer Zulassung Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde. Die Sachdienlichkeit kann unter diesem Blickpunkt im Allgemeinen nur dann verneint werden, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann. Besteht zwischen mehreren Streitgegenständen ein innerer rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang, so ist es regelmäßig sachdienlich, diese Streitgegenstände auch in einem Verfahren zu erledigen (BAG 13. April 2016 - 4 AZR 13/13 - Rn. 87 mwN).
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bb) Davon ausgehend wird eine Klageerweiterung auf Vergütung wegen Annahmeverzugs im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer Kündigung in der Regel sachdienlich sein, weil sie auf den gleichen Lebenssachverhalt - vom Kläger für unwirksam gehaltene Arbeitgeberkündigung - zurückzuführen ist (zutr. GMP/Schleusener 9. Aufl. § 64 Rn. 91). Weist das Landesarbeitsgericht die Kündigungsschutzklage ab, entfällt damit auch die Grundlage für einen Annahmeverzug des Arbeitgebers und ist die Klage auf Annahmeverzugsvergütung ohne Weiteres abweisungsreif. Stellt das Landesarbeitsgericht hingegen den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses fest - im Streitfall durch das Teilurteil vom 22. August 2019 sogar rechtskräftig -, steht damit für das Berufungsgericht regelmäßig zugleich fest, dass sich der Arbeitgeber nach Ablauf der Kündigungsfrist im Annahmeverzug befunden hat.
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c) Des Weiteren muss nach § 533 Nr. 2 ZPO die in der nachträglichen objektiven Klagehäufung liegende Klageänderung in der Berufungsinstanz auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat, die also entweder vom Arbeitsgericht festgestellt (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder als neue Tatsachen berücksichtigungsfähig (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) sind. Dabei richtet sich letzteres entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO. Diese Norm findet nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten keine Anwendung (BAG 21. Mai 2019 - 2 AZR 574/18 - Rn. 13 mwN, BAGE 167, 14).
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d) Die Abweisung der vom Kläger in der Berufungsinstanz vorgenommenen Klageerweiterung auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016 wäre deshalb rechtsfehlerfrei nur in Betracht gekommen, wenn für die Entscheidung über diesen Streitgegenstand Vorbringen erforderlich gewesen wäre, das unter den Voraussetzungen des § 67 Abs. 4 ArbGG nicht hätte berücksichtigt werden können (vgl. Schwab/Weth/Schwab 6. Aufl. ArbGG § 67 Rn. 10; ErfK/Koch 22. Aufl. ArbGG § 67 Rn. 7; GMP/Schleusener 9. Aufl. § 67 Rn. 30; GK-ArbGG/Vossen Stand Januar 2022 § 67 Rn. 33, 78; Düwell/Lipke/Maul-Sartori 5. Aufl. § 67 Rn. 52). Davon kann indes nicht ausgegangen werden (zur Überprüfung einer Zurückweisung in der Revisionsinstanz sh. ErfK/Koch aaO Rn. 8 mwN). Denn die für die Begründung der Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016 erforderlichen Tatsachen bezüglich des vom Kläger angesetzten Gehalts und des von ihm bezogenen Arbeitslosengeldes sind festgestellt oder unstreitig. Hinsichtlich der zwischen den Parteien streitigen Frage der Anrechnung anderweitigen Verdienstes hätte das Landesarbeitsgericht durch eine nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO gebotene materielle Prozessleitung die Sache zur Entscheidungsreife führen können, ohne dass es zu einer Verzögerung des Rechtsstreits gekommen wäre, zumal zwischen der Erhebung der Klageerweiterung und der Fortsetzung der Berufungsverhandlung gut neun Monate lagen.
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2. Der Kläger hat für das Jahr 2016 Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat den Kläger im Streitzeitraum nicht beschäftigt und befand sich aufgrund ihrer unwirksamen Arbeitgeberkündigung im Annahmeverzug (§§ 293 ff. BGB), ohne dass ein Angebot der Arbeitsleistung erforderlich gewesen wäre (vgl. BAG 21. Oktober 2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 19 mwN, BAGE 153, 85).
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3. Die Höhe der - zuletzt vor der Kündigung geschuldeten - monatlichen Vergütung und die Höhe des vom Kläger im Annahmeverzugszeitraum bezogenen Arbeitslosengeldes, das wegen des Anspruchsübergangs nach § 115 Abs. 1 SGB X den Annahmeverzugsanspruch - wie insoweit § 11 Nr. 3 KSchG lediglich klarstellt (vgl. BAG 8. September 2021 - 5 AZR 205/21 - Rn. 19 mwN) - mindert, stehen zwischen den Parteien außer Streit.
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4. Im fortgesetzten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht - ggf. nach ergänzendem Parteivortrag (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO) - klären müssen, ob sich der Kläger anderweitigen Verdienst aus selbständiger Tätigkeit als Rechtsanwalt oder böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienst anrechnen lassen muss.
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a) Anderweitiger Verdienst ist nach § 11 Nr. 1 KSchG auf den Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs dann und insoweit anzurechnen, als der anderweitige Verdienst kausal durch das Freiwerden von der bisherigen Arbeitspflicht ermöglicht wurde (BAG 24. Februar 2016 - 5 AZR 425/15 - Rn. 16, BAGE 154, 192). Dabei ist grundsätzlich eine Gesamtberechnung vorzunehmen, den dafür zugrunde zu legenden Zeitraum bestimmen allerdings die Parteien mit ihren Anträgen und Einwendungen (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 29, BAGE 141, 340). Maßgeblich ist danach nur ein vom Kläger im Jahr 2016 erzielter anderweitiger Verdienst, weil Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Jahre 2015 sowie 2017 bis 2019 in einem gesonderten Klageverfahren anhängig gemacht worden ist. Auszugehen ist deshalb vom Vorbringen des Klägers, er habe im Jahr 2016 nur Einkünfte aus einem von ihm als Rechtsanwalt geführten und gewonnenen finanzgerichtlichen Verfahren gehabt. Sollte es sich dabei - was die Beklagte bislang nicht in Abrede gestellt hat - um ein Verfahren in eigener Sache handeln, dürfte eine Anrechnung dieser nicht gewerblichen Tätigkeit nach § 11 Nr. 1 KSchG nicht in Betracht kommen, zumal die Beklagte - bislang - nicht substantiiert eingewendet hat, dem Kläger wäre arbeitsvertraglich eine solche Anwaltstätigkeit in eigener Sache untersagt.
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b) Für die Anrechnung böswillig unterlassenen Verdienstes bestehen - nach Aktenlage - bislang keine ausreichenden Anhaltspunkte (vgl. zur Anrechnung nach § 11 Nr. 2 KSchG zuletzt BAG 8. September 2021 - 5 AZR 205/21 - Rn. 12 ff. mwN und zu dem von der Beklagten in der Revisionserwiderung angesprochenen Auskunftsanspruch BAG 27. Mai 2020 - 5 AZR 387/19 - BAGE 170, 327).
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III. Im fortgesetzten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
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