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BSG 03.09.2020 - B 14 AS 55/19 R
BSG 03.09.2020 - B 14 AS 55/19 R - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Hilfebedürftigkeit - Zusammenleben mit Verwandten in Haushaltsgemeinschaft - Vermutung von Unterstützungsleistungen - Einkommens- und Vermögensberücksichtigung - sozialgerichtliches Verfahren - Einbeziehung neuer Verwaltungsakte nach Klageerhebung
Normen
§ 9 Abs 5 SGB 2, § 9 Abs 1 SGB 2, § 9 Abs 2 S 2 SGB 2, § 11 Abs 1 SGB 2, § 12 Abs 1 SGB 2, § 96 Abs 1 SGG, § 45 Abs 1 SGB 10, § 45 Abs 2 S 3 SGB 10, § 50 Abs 1 S 1 SGB 10, § 50 Abs 3 S 1 SGB 10, § 50 Abs 3 S 2 SGB 10
Vorinstanz
vorgehend SG Duisburg, 10. Januar 2017, Az: S 6 AS 2498/13, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 14. November 2018, Az: L 12 AS 238/17, Urteil
Leitsatz
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1. Bei den in einer Haushaltsgemeinschaft vermuteten Unterstützungsleistungen handelt es sich (stets) um Einnahmen des - ansonsten - hilfebedürftigen Angehörigen.
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2. Eine wechselseitige Vermögensberücksichtigung findet in einer Haushaltsgemeinschaft nicht statt.
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3. Im Streit um die Höhe der zu bewilligenden Leistungen wird ein nach Klageerhebung ergehender Aufhebungs- und Erstattungsbescheid kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. November 2018 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Streitig sind die vollständige Rücknahme der Leistungsbewilligungen für den Zeitraum 2.4. bis 30.9.2013 sowie die Festsetzung einer entsprechenden Erstattungsforderung durch das beklagte Jobcenter gegenüber der Klägerin.
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Die Klägerin lebte zusammen mit ihrem Ehemann und zwei gemeinsamen Kindern. Ihr Ehemann stellte im Januar 2013 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Dabei verneinte er Fragen danach, ob Wertpapiere oder Bausparverträge bei den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft vorhanden seien. Er verstarb Ende März/Anfang April 2013; das genaue Todesdatum ist nicht bekannt. Der Beklagte bewilligte Leistungen ua für die Monate April bis September 2013, ohne in diesem Zeitraum Vermögen zu berücksichtigen (zuletzt mit Bescheiden vom 23.4.2013; Widerspruchsbescheid vom 10.6.2013).
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Während des zunächst auf höhere Leistungen gerichteten Klageverfahrens vor dem SG hat der Beklagte durch einen Datenabgleich von einem im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum vorhandenen Bausparvermögen der Tochter in Höhe von 5293,45 Euro sowie weiterem Vermögen der Klägerin erfahren. Nach dem Inhalt des Datenabgleichs unterhielt die Klägerin zudem ein Aktiendepot, von dem streitig ist, ob es dem Vermögen ihres Vaters zuzurechnen ist. Nach erfolgter Anhörung hat der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum 2.4. bis 30.9.2013 vollständig zurückgenommen und verlangt von der Klägerin eine Erstattung in Höhe von 3814,83 Euro (Bescheid vom 14.5.2014). Das SG hat die auf höhere Leistungen und auf Aufhebung des Bescheids vom 14.5.2014 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 10.1.2017). Das LSG hat die zuletzt allein gegen die Rücknahme und Festsetzung der Erstattungsforderung gerichtete Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 14.11.2018). Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.5.2014 sei nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig gewesen. Es könne offenbleiben, ob die Klägerin selbst über Vermögen, insbesondere in Form von Aktienvermögen, verfügt habe. Denn das Vermögen der Tochter übersteige die Freibeträge und sei der Klägerin über die Vermutungsregelung nach § 9 Abs 5 SGB II zuzurechnen. Die Klägerin habe mit ihrer Tochter in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt. Die Erbringung von Unterhaltsleistungen könne erwartet werden. Soweit das Bausparguthaben nicht geschützt sei, könne aus ihm der Bedarf der Tochter und der Klägerin gedeckt werden. Tatsachen, die geeignet seien, Zweifel an der Richtigkeit der Vermutung zu begründen, seien von der Klägerin nicht dargetan und auch sonst aus den Akten nicht ersichtlich. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil sie sich die wissentlich falschen Angaben ihres verstorbenen Ehemannes zurechnen lassen müsse.
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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 9 Abs 5 und § 12 SGB II. Sie habe das Vermögen der Tochter nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts nicht für den eigenen Unterhalt verwerten dürfen. Im Übrigen sei eine Verwertung nicht erfolgt.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. November 2018 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10. Januar 2017 zu ändern sowie den Bescheid des Beklagten vom 14. Mai 2014 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hatte und der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid deshalb rechtswidrig ist.
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid vom 14.5.2014. Streitbefangen ist der Zeitraum 2.4. bis 30.9.2013, weil die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG nur die Aufhebung des diesen Zeitraum regelnden Bescheids vom 14.5.2014 beantragt hat. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Var 1 SGG).
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2. Prozessuale Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Der nach Klageerhebung ergangene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.5.2014 ist kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil er die ursprünglich streitgegenständlichen Bescheide vom 23.4.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.6.2013 ersetzt hat (§ 96 SGG). Eine ggf unzutreffend erfolgte Einbeziehung eines Verwaltungsakts nach § 96 SGG ist im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen (BSG vom 9.12.2003 - B 2 U 54/02 R - BSGE 91, 287 RdNr 6 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1 RdNr 17; Estelmann in Zeihe/Hauck, SGG, § 96 RdNr 5a, Stand März 2019).
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a) Nach § 96 Abs 1 SGG (idF des SGG/ArbGGÄndG vom 26.3.2008, BGBl I 444) wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Die Vorschrift verfolgt die Ziele, eine schnelle, erschöpfende Entscheidung über das gesamte Streitverhältnis in einem Verfahren zu ermöglichen, divergierende Entscheidungen zu vermeiden und den Kläger vor Rechtsnachteilen zu schützen, die ihm daraus erwachsen, dass er im Vertrauen auf den eingelegten Rechtsbehelf bezüglich weiterer Verwaltungsakte rechtliche Schritte unterlässt (BT-Drucks 16/7716 S 18 f; zum Gesetzeszweck BSG vom 7.11.2017 - B 1 KR 24/17 R - BSGE 124, 251 = SozR 4-2500 § 13 Nr 39, RdNr 12). Durch die im Jahr 2008 erfolgte Neuregelung ("nur dann") trat der Gesetzgeber einer extensiven Auslegung entgegen. Neue Verwaltungsakte sollen nicht schon deswegen in das Verfahren einbezogen werden, weil der neue Verwaltungsakt mit dem anhängigen Streitgegenstand in irgendeinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang steht (BT-Drucks 16/7716 S 18 f).
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Voraussetzung für die Anwendung des § 96 Abs 1 SGG ist danach eine zumindest teilweise Identität der Regelungsgegenstände beider Verwaltungsakte, die ähnlich wie der Streitgegenstand durch einen Vergleich beider Verfügungssätze sowie des zugrunde liegenden Sachverhaltes zu ermitteln sind; ein bloßer Sachzusammenhang genügt nicht (vgl nur BSG vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 11 mwN).
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b) Danach hat der Bescheid vom 14.5.2014, soweit er die (vollständige) Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung von Leistungen verfügt hat, diese Bewilligungsentscheidungen ersetzt. Ein Bescheid, der eine angegriffene Leistungsbewilligung aufhebt, ersetzt diese iS des § 96 Abs 1 SGG und wird deshalb Gegenstand des Klageverfahrens (vgl nur BSG vom 17.12.2015 - B 8 SO 14/14 R - RdNr 11; Klein in jurisPK-SGG, 2017, § 96 RdNr 30; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 96 RdNr 5). Die Bewilligungsentscheidung enthält nicht nur die Regelung, dass der Beklagte zur Zahlung verpflichtet ist. Vielmehr enthält jede endgültige Bewilligung (in Abgrenzung zur vorläufigen Entscheidung nunmehr nach § 41a SGB II) zugleich die Regelung, dass der Leistungsempfänger die erhaltenen Zahlungen auch behalten darf. In diesem Sinne bildet die Bewilligungsentscheidung den von der materiellen Rechtslage unabhängigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistung (vgl nur Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl 2018, § 35 RdNr 42; zur Abgrenzung gegenüber einer vorläufigen Entscheidung bereits BSG vom 17.10.1990 - 11 RAr 3/88 - SozR 3-1300 § 45 Nr 5 S 24 f), der durch die Aufhebung als genau gegenläufige Regelung beseitigt wird.
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c) Neben der Aufhebung ändert auch der Erstattungsverwaltungsakt, der hier entsprechend der Soll-Regelung des § 50 Abs 3 Satz 2 SGB X mit der Aufhebungsentscheidung verbunden worden ist, die Entscheidung über die Bewilligung ab. Dies hat das BSG bislang nur im Hinblick auf die Einbeziehung neuer Verwaltungsakte im Widerspruchsverfahren (§ 86 SGG) entschieden (ausführlich BSG vom 28.8.2018 - B 8 SO 31/16 R - SozR 4-1500 § 86 Nr 4 RdNr 15; kritisch hierzu Senger jurisPK-SGG, § 86 RdNr 23.1, Stand 25.4.2019). Es gilt aber auch dann, wenn der Erstattungsbescheid erst im Laufe des Klageverfahrens gegen die Bewilligung ergeht und damit der Anwendungsbereich des § 96 SGG eröffnet ist. Ob § 96 SGG auch dann Anwendung findet, wenn allein die Aufhebungsentscheidung angefochten ist und im Laufe dieses Klageverfahrens der Erstattungsbescheid ergeht, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich (hiergegen Bienert, NZS 2011, 732, 734).
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Dass im Streit über die Bewilligung neben der Aufhebung auch die Erstattungsfestsetzung in das Klageverfahren einbezogen wird, folgt insbesondere aus dem Sinn und Zweck des § 96 SGG, über das gesamte Streitverhältnis in einem Verfahren zu entscheiden und divergierende Entscheidungen zu vermeiden. Hiermit stünde es im Widerspruch, wenn kraft Gesetzes allein der Aufhebungsbescheid, nicht aber der Erstattungsbescheid in das Klageverfahren einbezogen wäre. Dem gesetzgeberischen Ziel, den Lebenssachverhalt einheitlich zu regeln, liefe dies zuwider. Daran ändert der Umstand, dass die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Erstattungsverwaltungsakts in einzelnen Fällen eine eigenständige Prüfung erfordert, die über Akzessorietätserwägungen hinausgeht, nichts. Sollte eine Einbeziehung in das gerichtliche Verfahren verneint werden, würde sich zudem die Frage nach dem Erlass der Erstattungsforderung aus Gründen der sachlichen Unbilligkeit stellen (vgl § 44 SGB II; hierzu BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 15/17 R - BSGE 125, 301 = SozR 4-4200 § 40 Nr 14, RdNr 29), sollte der Aufhebungsbescheid später als rechtswidrig aufgehoben werden. Jedenfalls erscheint es schwer vorstellbar, dass die Behörde in einem solchen Fall unter Berufung auf seine Bestandskraft einen Erstattungsverwaltungsakt vollzieht, der materiell-rechtlich von dem Aufhebungsverwaltungsakt abhängig ist und dessen Wirksamkeit voraussetzt (vgl § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X).
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Der Wortlaut des § 96 SGG steht der vorliegenden Auslegung nicht entgegen. Der hier streitgegenständliche Aufhebungs- und Erstattungsbescheid hat die ursprünglich streitgegenständlichen Bewilligungsentscheidungen insgesamt ersetzt. Einer entsprechenden Anwendung der Norm bedarf es nicht (gegen eine analoge Anwendung bei fehlender Teilidentität zuletzt BSG vom 24.6.2020 - B 4 AS 7/20 R - RdNr 20, vorgesehen für SozR 4). Zwischen der Bewilligungsentscheidung einer- und der Entscheidung über die Aufhebung und Erstattung andererseits besteht Regelungsidentität iS des § 96 SGG; dies geht über einen bloßen Sachzusammenhang hinaus.
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Bei dem Vergleich der den einzelnen Verwaltungsakten zugrunde liegenden Verfügungssätze ist zu beachten, dass die Rückforderung im Hinblick auf ihre verfügenden Anteile differenzierter geregelt ist als die Bewilligung, weil die Aufhebungsentscheidung einen Verwaltungsakt darstellt und der Erstattungsbetrag durch einen (weiteren) schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen ist (§ 50 Abs 3 Satz 1 SGB X), während sich an den Bewilligungsverwaltungsakt unmittelbar die Auszahlung als Realakt anschließt. Dieses gesetzliche Regelungskonzept dient Gründen der Rechtssicherheit (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - BT-Drucks 8/2034 S 36). Die Frage, ob und inwieweit das sozialrechtliche Leistungsverhältnis rückabgewickelt wird, richtet sich aus Sicht des Betroffenen nicht allein anhand der Aufhebung der Bewilligung, die den Rechtsgrund für die Leistung beseitigt. Abschließend beantwortet wird sie erst mit der Festsetzung der zu erstattenden Leistung, die ihrerseits Leistungsbescheid für eine ggf einzuleitende Verwaltungsvollstreckung ist (vgl hierzu BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 12/17 R - BSGE 125, 137 = SozR 4-4200 § 44c Nr 1, RdNr 15; BSG vom 14.5.2020 - B 14 AS 28/19 R - vorgesehen für BSGE und SozR).
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3. Rechtsgrundlage des Rücknahmebescheids ist § 40 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Nr 3 SGB II in der im Rücknahmezeitpunkt geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.2011 (BGBl I 850; zur Maßgeblichkeit des im Zeitpunkt der Aufhebung geltenden Rechts vgl zuletzt BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 15/17 R - BSGE 125, 301 = SozR 4-4200 § 40 Nr 14, RdNr 10) iVm § 45 SGB X und § 330 Abs 2 SGB III. Danach ist eine rechtswidrige begünstigende Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II auch nach Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sie auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Rechtsgrundlage der Erstattungsverfügung ist für die Leistungen für Regelbedarfe und Unterkunfts- und Heizkosten § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X. Die Erstattung der Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung erfolgt nach § 40 Abs 2 Nr 5 SGB II iVm § 335 Abs 1 und Abs 5 SGB III.
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4. In formeller Hinsicht ist der Bescheid vom 14.5.2014 nicht zu beanstanden. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die Klägerin im Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß angehört worden ist (§ 24 SGB X ).
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5. Ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Rücknahme der Alg II-Bewilligungen wegen Rechtswidrigkeit im Zeitpunkt ihres Erlasses aufgrund fehlender Hilfebedürftigkeit der Klägerin vorlagen, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden.
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Rechtsgrundlage für die Bewilligung von Alg II an die Klägerin ist § 19 iVm §§ 7, 9, 11, 20 ff SGB II; zuletzt in der Fassung des SGB II zum 1.8.2013 durch das Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013 (BGBl I 1167; zur Maßgeblichkeit des zum damaligen Zeitpunkt geltenden Rechts in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungszeiträume - Geltungszeitraumprinzip - vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 15 mwN). Maßgebend für die Hilfebedürftigkeit der Klägerin - die nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die (weiteren) Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II und keinen Ausschlusstatbestand erfüllte - war danach § 9 Abs 1 SGB II, wonach hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
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Ob die Klägerin ihren Lebensunterhalt in dem streitgegenständlichen Zeitraum durch zu berücksichtigendes Vermögen sichern konnte, kann nicht abschließend entschieden werden. Inwieweit sie selbst über Vermögen verfügte, hat das LSG im Hinblick auf das Aktienvermögen ausdrücklich offengelassen. Vermögen ihrer Tochter kann bei der Klägerin schon deshalb nicht gemäß § 9 Abs 2 SGB II und die insoweit geltenden Regelungen über die Vermögensanrechnung in einer Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden, weil die gesetzliche Vorschrift eine Berücksichtigung des Kindesvermögens bei seinen Eltern innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nicht zulässt. Insoweit kommt es auf die Frage, ob die Tochter Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist, nicht an.
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6. Entgegen der Ansicht des LSG entfiel eine Hilfebedürftigkeit der Klägerin nicht deshalb, weil gemäß § 9 Abs 5 SGB II vermutet werden konnte, dass sie Leistungen von ihrer Tochter erhielt. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Eintritt der gesetzlichen Vermutung vorliegend erfüllt sind (a). Nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt ist die Vermutung jedenfalls widerlegt (b). § 9 Abs 5 SGB II bestimmt: "Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann."
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a) Die Vermutung knüpft tatbestandlich an das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten (hierzu BSG vom 27.1.2009 - B 14 AS 6/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 6 RdNr 15 ff) an, ohne dass eine Bedarfsgemeinschaft zwischen den Angehörigen vorliegt (vgl zum Vorrang der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung nach § 9 Abs 2 SGB II BT-Drucks 15/1516 S 53; BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/11 R - RdNr 17). Darüber hinaus setzt der Eintritt der Rechtsvermutung voraus, dass die Unterstützung des Hilfebedürftigen nach dem Einkommen und Vermögen des Angehörigen erwartet werden kann (so bereits die Begründung zum Entwurf eines BSHG, BT-Drucks III/1799 S 40 zu der später in § 16 BSHG geregelten Vorläuferregelung des § 9 Abs 5 SGB II, BT-Drucks 15/1516 S 53). Diesem Tatbestandsmerkmal kommt eine Doppelfunktion zu (vgl Karl in jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 9 RdNr 160). Einerseits bestimmt es, wann die Annahme der Vermutung gerechtfertigt ist (vgl BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 14; in diesem Sinne auch Ziffer 9.23 der Fachlichen Hinweise der BA zu § 9, Stand 20.6.2014). Andererseits bestimmt es den Umfang der vermuteten Unterstützungsleistungen.
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Die gesetzliche Konzeption bringt es mit sich, dass der Anwendungsbereich der Rechtsvermutung beschränkt ist. Steht fest, dass ein Hilfebedürftiger Unterstützungsleistungen erhält, sind diese ggf als Einkommen iS des § 11 SGB II zu berücksichtigen (BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 20); einer Vermutungsregelung bedarf es nicht. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Steht fest, dass keine Unterstützung geleistet wurde, ist die Rechtsvermutung widerlegt. Nur wenn der Verbleib von Einkommen oder Vermögen unklar ist, hat § 9 Abs 5 SGB II eine rechtliche Bedeutung. Dann ist Raum für eine auf allgemeiner Lebenserfahrung gestützte Vermutung, wonach leistungsfähige Verwandte ihre hilfebedürftigen Angehörigen unterstützen, wenn "aus einem Topf" gewirtschaftet wird.
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Es bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs 5 SGB II erfüllt sind. Insbesondere erscheint zweifelhaft, ob vorliegend erwartet werden kann, dass die Klägerin aus dem Vermögen ihrer Tochter unterstützt wird. Hiergegen spricht zwar nicht schon, dass die Klägerin keinen Unterhaltsanspruch gegenüber ihrer minderjährigen Tochter hat, weil sich § 9 Abs 5 SGB II gerade von unterhaltsrechtlichen Maßstäben löst (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 22). Dies ändert aber nichts daran, dass familienrechtliche Bindungen gleichwohl zu beachten sind. Die gesetzliche Regelung "erwartet" nicht, was familienrechtlich nicht erlaubt ist. Deshalb sind im Hinblick auf die Frage, in welchem Umfang Unterstützungsleistungen erwartet werden können, die Grenzen der elterlichen Vermögenssorge (vgl § 1626 Abs 1 Satz 2 BGB) zu beachten. Diese ist fremdnützige Verwaltung mit dem grundsätzlichen Ziel der Bewahrung des Kindesvermögens zum Nutzen des Kindes, weshalb es familienrechtlich grundsätzlich als pflichtwidrig angesehen wird, wenn Eltern Geld des Kindes für eigene Zwecke gebrauchen (vgl nur Heilmann in Staudinger, BGB, 2016, § 1642 RdNr 7, 11 mwN; Schmid, NZFam 2015, 198, 199; vgl zu den Voraussetzungen für die Verwendung - lediglich - der Vermögenseinkünfte für den elterlichen Unterhalt auch § 1649 Abs 2 BGB). Inwieweit ua dies dem Eintritt der Rechtsvermutung hier entgegensteht, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, weil die Vermutung jedenfalls widerlegt ist.
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b) Auf der Grundlage der vom Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen fehlt es an einem Erhalten von Leistungen der Tochter auf Seiten der Klägerin.
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Bei den in einer Haushaltsgemeinschaft vermuteten Unterstützungsleistungen iS des § 9 Abs 5 SGB II handelt es sich (stets) um Einnahmen iS des § 11 SGB II des - ansonsten - hilfebedürftigen Angehörigen (vgl bereits BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 18 - dort allerdings zu Einkommen und nicht zu Vermögen des Verwandten; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 9 RdNr 475, Stand August 2016; Karl in jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 9 RdNr 162; Korte/Thie in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 9 RdNr 56; Mecke in Eicher/Luik, 4. Aufl 2017, § 9 RdNr 102; Peters in Estelmann, SGB II, § 9 RdNr 94, Stand März 2016). Das Vermögen der Tochter als solches kann nicht als Vermögen der Klägerin iS des § 12 SGB II berücksichtigt werden. Eine wechselseitige Vermögensberücksichtigung besteht nur innerhalb der Bedarfsgemeinschaft und ist im Verhältnis vom Kind zu seinen Eltern im Übrigen ausgeschlossen (vgl § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II). Unzutreffend hat deshalb das LSG das die Freibeträge übersteigende Vermögen der Tochter ohne Weiteres der Klägerin zugeordnet und lediglich festgestellt, Tatsachen, die die Vermutung widerlegten, seien nicht ersichtlich.
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Dem entspricht auch die Aussage des Senats in seinem Urteil vom 18.2.2010, dass es sich bei den Unterstützungsleistungen "in der Sache" um Einkommen iS von § 11 Abs 1 SGB II handelt (BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 16), weil hiermit nur die dem § 9 Abs 5 SGB II eigentümliche Konstruktion zusammengefasst wird, wonach auf Seiten des Angehörigen unter Umständen ein Einsatz von Vermögen (tatsächlich) erwartet wird und Folge des Eintritts der Rechtsvermutung ggf eine Berücksichtigung von Einkommen beim Hilfebedürftigen ist (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 9 RdNr 476, Stand August 2016).
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Dass es sich bei Leistungen nach § 9 Abs 5 SGB II um Einnahmen handelt, folgt aus dem Wortlaut, weil sich die Vermutung auf das Erhalten von (Unterhalts-)Leistungen bezieht, die Einkommen iS von § 11 Abs 1 SGB II sind. Hierfür spricht auch die Regelungsgeschichte. Nach § 16 BSHG als Vorläufervorschrift sollte öffentliche Hilfe erst geleistet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass Angehörige dem Hilfesuchenden den Lebensunterhalt nicht gewähren und sollte die Vermutungsregelung den Schluss zulassen, "ob und in welcher Höhe nach allgemeinen Lebenserfahrungen eine Unterhaltsleistung erwartet werden kann" (BT-Drucks III/1799 S 40).
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Hiermit korrespondiert, dass der leistungsfähige Angehörige nach § 9 Abs 5 SGB II nicht zu einem Vermögenseinsatz verpflichtet ist (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 9 RdNr 469, Stand August 2016; Karl in jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 9 RdNr 183; Korte/Thie in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 9 RdNr 63; Mecke in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 9 RdNr 102). Die Regelung vermutet eine Unterstützungsleistung und sie greift nicht, wenn es an dieser Unterstützung nachweisbar fehlt. Sie kann (naturgemäß) nicht den nicht hilfebedürftigen Angehörigen verpflichten, der an dem Sozialrechtsverhältnis nicht teilhat und deshalb den Bindungen des SGB II nicht unterliegt, sofern sich dieses nicht, wie etwa nach § 60 SGB II, Geltung für Dritte beimisst.
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Voraussetzung für eine Widerlegung der Vermutung ist, dass die Klägerin Tatsachen vorträgt, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit der Vermutung zu begründen (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 15; BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 16). In dem Fall ist von Amts wegen zu ermitteln und Unterstützungsleistungen werden dann nicht berücksichtigt, wenn nachgewiesen ist, dass sie trotz entsprechender Leistungsfähigkeit tatsächlich nicht erbracht werden (BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 16).
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Nach diesen Maßstäben ist aufgrund der den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nachgewiesen, dass die Leistungen tatsächlich nicht erbracht wurden. Der Kontostand des Bausparkontos war über die gesamte streitbefangene Zeit unverändert und der Bausparvertrag im Übrigen nicht gekündigt worden. Der Beklagte hat im Hinblick auf diese Feststellung keine zulässige Verfahrensrüge erhoben.
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7. Aufgrund der Feststellungen des LSG lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II für den streitbefangenen Zeitraum hatte, weil es insbesondere darauf ankommt, ob das Aktienvermögen dem Vermögen der Klägerin zuzuordnen ist. Dies hat das LSG im Hinblick auf ggf notwendige weitere Ermittlungen ausdrücklich dahinstehen lassen.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
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