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BSG 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R
BSG 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - Gesetzliche Unfallversicherung - Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2109 - arbeitstechnische Voraussetzung - berufliche Einwirkung - unbestimmte Rechtsbegriffe: Auslegung anhand der Gesetzesmaterialien und des Merkblatts BK 2109 - langjähriges und regelmäßiges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter mit außergewöhnlicher Zwangshaltung der HWS - nicht erforderlich: tägliche Mindestbelastungszeit bzw Mindesttagesdosis pro Arbeitsschicht - keine starre Untergrenze der Belastungsdauer: zehn Berufsjahre - bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule - Zimmerer
Normen
Anl 1 Nr 2109 BKV, § 9 Abs 1 S 1 SGB 7
Vorinstanz
vorgehend SG Gießen, 6. Juli 2007, Az: S 1 U 168/05, Urteil
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 20. September 2011, Az: L 3 U 218/07, Urteil
Leitsatz
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Das regelmäßige Tragen schwerer Lasten auf der Schulter im Sinn der BK 2109 setzt voraus, dass die entsprechende Last in der ganz überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten getragen wurde, ohne dass eine Mindesttragezeit pro Arbeitsschicht zu fordern ist. Das Tragen schwerer Lasten muss mit einer nach vorn und seitwärts erzwungenen Haltung der Halswirbelsäule einhergehen.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. September 2011 wird zurückgewiesen.
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Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr 2109 der Anlage (seit 1.7.2009 Anlage 1) zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und die Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
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Der Kläger arbeitete von März 1960 bis Oktober 2003 als Zimmerer bei der Firma S. Holzbau GmbH in G. Seit 1998 befand er sich wegen schmerzhafter Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule in ambulanter orthopädischer Behandlung. Der Rentenversicherungsträger bescheinigte ihm im April 2003 eine chronisch-degenerative Hals- und Lendenwirbelsäulenerkrankung.
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Im Mai 2004 zeigte der Kläger der Beklagten an, dass er seit Jahren unter erheblichen Einschränkungen des Bewegungsapparates leide, und beantragte, seine Erkrankung als BK anzuerkennen. Mit Bescheid vom 2.2.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aufgrund einer BK nach Nr 2108 der Anlage zur BKV (BK 2108) sowie nach Nr 2109 der Anlage zur BKV (BK 2109) ab, weil die Voraussetzungen dieser BKen nicht gegeben seien. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27.4.2005).
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Mit der zum SG Gießen erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Das SG hat den Rechtsstreit wegen Feststellung einer BK 2109 von dem Verfahren wegen Feststellung einer BK 2108 abgetrennt und das Verfahren betreffend die BK 2108 zum Ruhen gebracht. Nach arbeitstechnischen und medizinischen Ermittlungen hat das SG mit Urteil vom 6.7.2007 die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, bei dem Kläger eine BK 2109 anzuerkennen und ihm wegen der Folgen der BK Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH zu zahlen. Der Kläger sei im Rahmen der versicherten Beschäftigung als Zimmerer schädigenden Einwirkungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) ausgesetzt gewesen. Die Betätigung als Zimmerer habe in besonderer Weise auf die HWS eingewirkt. Der Kläger leide unter Bandscheibenschäden im Bereich der HWS. Diese seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch das Tragen schwerer Lasten auf der Schulter in einer Vielzahl von Arbeitsschichten verursacht worden. Die dadurch verursachte MdE betrage 20 vH. Die Beklagte habe dem Kläger eine entsprechende Rente zu zahlen.
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Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung zum Hessischen LSG eingelegt. Das LSG hat nach Durchführung weiterer Ermittlungen das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2109 seien nicht erfüllt. Zur Begründung seines Urteils vom 20.9.2011 hat es ausgeführt, während seiner Tätigkeit als Zimmerer sei der Kläger nicht den erforderlichen beruflichen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die zur Anerkennung einer BK 2109 führen könnten. Der BK-Tatbestand erfordere anhand der Materialien und des vom BMAS herausgegebenen Merkblatts zur ärztlichen Begutachtung der BK eine berufliche Exposition im Rahmen einer mindestens zehnjährigen Tätigkeit mit dem Tragen von Lastgewichten von 50 kg und mehr auf der Schulter. Die Lasten müssten in einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten getragen worden sein. Diese Voraussetzung sei nur gegeben, wenn pro Arbeitsschicht mindestens eine Stunde lang Lasten von 50 kg und mehr auf der Schulter getragen worden seien. Das Tragen der Lasten müsse zugleich mit einer nach vorn und seitwärts erzwungenen Zwangshaltung des Kopfes einhergehen. Diese Voraussetzungen beruhten auf den bei Aufnahme der BK 2109 in die BKV vorliegenden epidemiologischen Studien, nach denen neben der Schwere der Last auch eine nach vorne und seitwärts erzwungene Kopfbeugehaltung erforderlich sei. Da eine Zwangshaltung im Rahmen der Tätigkeit des Klägers nur für wenige Bewegungsabläufe beim Aufnehmen, Ablegen und Weiterreichen von Lasten auf der Schulter und mit einem ganz untergeordneten Anteil der Arbeitszeit bestanden habe, liege eine BK 2109 nicht vor.
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Der Kläger hat die vom BSG zugelassene Revision eingelegt und vorgetragen, das Urteil des LSG beruhe auf einer unzutreffenden Auslegung und Anwendung des § 9 Abs 1 SGB VII iVm Nr 2109 der Anlage 1 zur BKV. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2109 verneint. Insoweit habe es angenommen, für das Tragen von Lasten auf der Schulter sei eine gleichzeitig nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfhaltung (Zwangshaltung) erforderlich. Diese Anforderung lasse sich dem Wortlaut des BK-Tatbestands nicht entnehmen. Auch soweit das LSG annehme, dass ein HWS-belastend tätiger Versicherter mindestens eine Stunde (netto) pro Arbeitsschicht Lasten von 50 kg und mehr auf der Schulter getragen haben müsse, lasse sich diese Anforderung weder dem Wortlaut des BK-Tatbestands noch dem Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK 2109 entnehmen.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 6. Juli 2007 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Feststellung einer BK 2109, weil er nicht, wie dort vorausgesetzt, regelmäßig schwere Lasten unter Zwangshaltung des Kopfes getragen hat (1.). Deshalb steht ihm auch kein Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente nach § 56 SGB VII zu (2.). Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch (3.).
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1. Ein Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr 2109 der Anlage 1 zur BKV besteht nicht.
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a) Nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog Listen-BK) und die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4, RdNr 16 mwN; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14, RdNr 9 mwN; zuletzt BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - NZS 2012, 151; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3).
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In der Anlage 1 zur BKV ist durch die 2. ÄndVO vom 18.12.1992 (BGBl I 2343) unter Nr 2109 folgende BK eingefügt worden und dort aktuell noch wie folgt bezeichnet: "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können."
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Wie das LSG zutreffend aufgezeigt hat, definiert der Tatbestand der BK 2109 die Tatbestandsmerkmale der erforderlichen beruflichen Einwirkungen nicht anhand exakter numerischer Einwirkungsgrößen. Er verwendet stattdessen unbestimmte Rechtsbegriffe wie "langjährig" oder "schwer" (vgl zu dem insoweit vergleichbaren Problem bei BK 2108 schon: BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 287). Der Senat hat allerdings klargestellt, dass der Umstand, dass Rechtsbegriffe in einer BK-Definition auslegungsbedürftig und -fähig sind, nicht das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot verletzt (so schon zur BK 2108: BSG vom 23.3.1999 - B 2 U 12/98 R - BSGE 84, 30 = SozR 3-2200 § 551 Nr 12; BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 287). Vielmehr ist es Aufgabe der Versicherungsträger und Gerichte unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien (vgl zu den Motiven bei der Aufnahme der BK 2109 in die BKV die amtliche Begründung: BR-Drucks 773/92, S 9) sowie anhand der Vorgaben des vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Merkblatts für die ärztliche Untersuchung zur BK 2109 (BArbBl 3/1993, S 53 - im Folgenden: Merkblatt BK 2109), die für diese BK vorausgesetzten beruflichen Einwirkungen näher zu konkretisieren. Solchen Merkblättern kommt zwar keine rechtliche Verbindlichkeit zu (BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 6/04 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 5), sie sind allerdings als Interpretationshilfe und zur Wiedergabe des bei seiner Herausgabe aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands heranzuziehen (BSG vom 18.8.2004 - B 8 KN 1/03 U R - BSGE 93, 149, 154 = SozR 4-5670 Anl 1 Nr 2402 Nr 1 mwN).
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b) Die unbestimmten Rechtsbegriffe des BK-Tatbestands der BK 2109 sind so zu verstehen, dass eine versicherte Person zur Erfüllung der Voraussetzungen des Tatbestands der BK 2109 den nachfolgend aufgezeigten beruflichen Einwirkungen ausgesetzt gewesen sein muss (vgl zu dem insoweit vergleichbaren Problem bei BK 2108 auch BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 287). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist der Tatbestand der BK 2109 nicht erfüllt (zur Bestimmung des Ausmaßes der beruflichen Einwirkungen bei der BK 2108 vgl auch BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 16 f):
1.
Das Tragen von schweren Lasten auf der Schulter setzt Lastgewichte von 50 kg und mehr voraus (Merkblatt BK 2109, Abschnitt IV Abs 2; Bayerisches LSG vom 13.11.2007 - L 3 U 287/06; Sächsisches LSG vom 30.9.2009 - L 6 U 32/09; LSG Berlin-Brandenburg vom 18.4.2013 - L 3 U 209/10; Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand II/2001, M 2109 Anm 2; Schur/Koch in Lauterbach, UV, Stand 01/2006, § 9 SGB VII Anh IV, 2109 erg Erl Anm 5.b> mwN; aA "40 kg genügen" Becker in Becker et. al., Gesetzliche Unfallversicherung - Kommentar, § 9 - 288 zu BK Nr 2109 Anm 1).
2.
Die Lasten müssen langjährig getragen worden sein. Langjährig bedeutet, dass zehn Berufsjahre als die im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit zu fordern ist (so wörtlich das Merkblatt 2109, Abschnitt IV Abs 3). Danach muss die belastende Tätigkeit über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren ausgeübt worden sein (zum Merkmal langjährig auch: Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anh zu K § 9 Anl zu BKV BK-Nr 2108 - 2110 RdNr 7 mwN; aA "mindestens 10 Jahre" Ricke in Kasseler Kommentar, Stand 10/2011, § 9 SGB VII RdNr 42). Insoweit umschreibt das Merkmal "langjährig" in der Norm nur eine aus Erfahrungswissen gewonnene Dauer der Belastung, die mit "etwa zehn Jahren" angenommen wird (Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand II/2001, M 2109 Anm 2 iVm M 2108 Anm 2.2.2; "in der Regel 10 Jahre" LSG Bremen vom 13.2.1997 - L 2 U 67/96 - HVBG-Info 1997, 1683). Es handelt sich nicht um eine starre Untergrenze. Geringe Unterschreitungen dieses Wertes schließen die Anwendung des BK-Tatbestands daher nicht von vornherein aus; dies gilt besonders in den Fällen, in denen Versicherte Lasten mit noch höherem Gewicht bewegt haben (ähnlich zur BK 2108 schon BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23, 27 f = SozR 4-2700 § 9 Nr 1; BSG vom 22.6.2004 - B 2 U 22/03 R - Juris RdNr 25; Schur/Koch in Lauterbach, UV, Stand 01/2006, § 9 Anh IV, 2108 erg Erl Anm 6.a> mwN). Wird allerdings eine Belastungsdauer von acht Jahren nicht erreicht, ist die BK 2109 ausgeschlossen (keine konkrete Untergrenze nannte der Senat bisher zur BK 2108, ließ aber sieben Jahre und neun Monate als möglicherweise ausreichende Belastung genügen: BSG vom 22.6.2004 - B 2 U 22/03 R - Juris RdNr 25; Becker, SGb 2001, 488, 492, der sieben Jahre als Untergrenze vorschlägt). Bei Belastungen mit einer Dauer von weniger als zehn Jahren ist aber die haftungsbegründende Kausalität sorgfältig zu prüfen.
3.
Erforderlich ist eine Regelmäßigkeit des Tragens schwerer Lasten auf der Schulter, wobei das Tragen schwerer Lasten in der ganz überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten ausreicht, ohne dass eine genaue Zeitgrenze pro Arbeitsschicht genannt werden kann (vgl unter 1.d>). Wie bei der Belastungsdauer (Kriterium 2.) können geringere oder fehlende Einwirkungen in einer Arbeitsschicht durch stärkere oder länger dauernde Belastungen in anderen Schichten ausgeglichen werden. Insoweit lässt sich dem BK-Tatbestand, der Begründung des Verordnungsgebers und dem Merkblatt nur das Erfordernis eines regelmäßigen Tragens nicht aber eines arbeitstäglichen Tragens von schweren Lasten auf der Schulter entnehmen (zum Verzicht auf eine Mindesttagesdosis bei BK 2108 auch BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand 08/2012, Anh zu K § 9 Anl zu BKV BK-Nr 2108 - 2110 RdNr 11a).
4.
Das Tragen schwerer Lasten muss mit einer nach vorn und seitwärts erzwungenen Zwangshaltung einhergehen (vgl dazu unten 1.c>).
5.
Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein, wie sich dem BK-Tatbestand unmittelbar entnehmen lässt.
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c) Die soeben unter 1.b) als Nummer 4. bezeichnete Anforderung ergibt sich aus dem Willen des Verordnungsgebers, nur solche Gruppen von Versicherten in den BK-Tatbestand einbeziehen zu wollen, bei denen die außergewöhnliche Belastung der Wirbelsäule durch Heben und Tragen von Lasten mit einer nach vorn und seitwärts erzwungenen Kopfbeugehaltung und gleichzeitiger maximaler Anspannung der Nackenmuskulatur zu einer Hyperlordosierung und auch zu einer Verdrehung der HWS führte (vgl BR-Drucks 773/92, S 8 f). Dies wurde bei Schaffung des BK-Tatbestands zB für die Berufsgruppe der Fleischträger sowie für Träger von Säcken mit entsprechendem Gewicht angenommen. Diese Voraussetzung einer Zwangshaltung erschließt sich auch aus dem Merkblatt BK 2109 (BArbBl 3/1993, S 53), das in Abschnitt I als berufliche Gefahrenquelle "fortgesetztes Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, einhergehend mit einer statischen Belastung der cervikalen Bewegungssegmente und außergewöhnlicher Zwangshaltung der HWS" bezeichnet. An anderer Stelle (Abschnitt IV) ist ausgeführt, für den begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der BK sei neben dem Ausschluss anderer Krankheitsursachen der Nachweis einer langjährigen, außergewöhnlich intensiven mechanischen Belastung der HWS erforderlich.
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Es entspricht auch der herrschenden Meinung in Schrifttum und Rechtsprechung, dass die BK 2109 wegen der Einwirkung des Gewichts in Achsrichtung auf die Wirbelsäule einerseits höhere Lastgewichte erfordert als die BK 2108, andererseits das bloße Tragen schwerer Lasten noch nicht zu den hier zu erfassenden Veränderungen der HWS führt. Vielmehr muss das Tragen schwerer Lasten mit einer Zwangshaltung der HWS einhergehen (vgl LSG Berlin-Brandenburg vom 19.1.2012 - L 2 U 134/11; Sächsisches LSG 30.9.2009 - L 6 U 32/09 - Juris RdNr 22; Hessisches LSG vom 12.2.2008 - L 3 U 20/05; LSG Baden-Württemberg vom 22.5.2003 - L 10 U 4524/01; LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.1.1997 - L 2 U 231/95 - NZS 1997, 578; aus der Literatur: Zeitschrift für die gesamte Hygiene und ihre Grenzgebiete, 17, 1971, 841; Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand II/2001, M 2109 Anm 2; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand 08/2012, Anh zu K § 9 Anl zu BKV BK-Nr 2108 - 2110 RdNr 13; Schönberger et. al., Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl 2010, 495; Schur/Koch in Lauterbach, UV, Stand 01/2006, § 9 SGB VII Anh IV, 2109 erg Erl Anm 5.b>; Becker in Becker et. al., Gesetzliche Unfallversicherung - Kommentar, § 9 - 288 zu BK Nr 2109 Anm 1; HVBG <Hrsg>, BK-Report 2/03, Wirbelsäulenerkrankungen, 32 f).
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d) Der vom LSG entwickelten Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des Tatbestands der BK 2109 ist nur insoweit nicht zu folgen, als das Merkmal einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit des Tragens (Kriterium 3 oben unter 1.b > ) schwerer Lasten nur erfüllt werden könne, wenn der Versicherte täglich pro Arbeitsschicht mindestens eine Stunde lang schwere Lasten im Sinne der BK 2109 in Zwangshaltung auf der Schulter getragen habe. Eine solche Mindestbelastungszeit pro Arbeitsschicht lässt sich weder den Materialien noch dem Merkblatt zur BK 2109 noch sonstigen Hinweisen zur Auslegung des Tatbestands der BK 2109 entnehmen.
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Der Senat verkennt dabei nicht, dass in der Literatur abweichend von der hier vertretenen Auffassung ein einschlägig belastender Anteil des Tragens schwerer Lasten von bis zu 30 vH der Arbeitszeit einer Schicht gefordert wird (vgl Grosser/Seide, Berufsbedingte Erkrankungen der Wirbelsäule in Trauma und Berufskrankheit, 2001, 143; Sächsisches LSG vom 30.9.2009 - L 6 U 32/09 - Juris RdNr 23). Andere Autoren wollen eine geringere Tragezeit pro Arbeitsschicht genügen lassen (Schäfer et. al., Zbl Arbeitsmed 2008, 82; auf die Anzahl von Hüben je Arbeitsschicht stellt ab: Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand II/2001, M 2109 Anm 2). Da aber in den Materialien und dem Merkblatt für die Bestimmung einer konkreten Einwirkungszeit pro Arbeitsschicht keinerlei Anhaltspunkte enthalten sind, ist die Anforderung einer täglichen Mindestarbeitszeit mit dem Tragen schwerer Lasten auf der Schulter nicht begründbar (so auch Schur/Koch in Lauterbach, UV, Stand 01/2006, § 9 SGB VII Anh IV, 2109 erg Erl Anm 5.b>).
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Erforderlich ist aber eine Regelmäßigkeit des Tragens schwerer Lasten auf der Schulter mit Zwangshaltung, wobei die Einwirkung in der ganz überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten stattfinden muss, auch wenn eine genaue Zeitgrenze pro Arbeitsschicht nicht hergeleitet werden kann.
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e) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass beim Kläger die Anforderungen an die berufliche Exposition iS der BK 2109 nicht erfüllt sind, weil es an der Voraussetzung des regelmäßigen Tragens schwerer Lasten in Zwangshaltung fehlt (Kriterien Nr 3 und 4 oben unter 1.b>).
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Der Kläger hat zwar nach den verstreuten, aber noch hinreichend klaren und nachvollziehbaren Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) in einer den Voraussetzungen der BK 2109 entsprechenden Dauer und Häufigkeit schwere Lasten (über 50 kg) auf der Schulter bewegt (vgl insoweit die Kriterien Nr 1 - 3 oben unter 1.b>).
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Das Tragen der Lasten ging aber nicht regelmäßig, sondern nur in ganz geringem zeitlichen Umfang mit einer außergewöhnlichen Belastung der HWS im Sinne einer Zwangshaltung des Kopfes einher. Das LSG hat insoweit, da Verfahrensrügen insoweit nicht erhoben worden sind, für den Senat bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass der Kläger nur mit einem sehr untergeordneten Anteil der Arbeitszeit als Zimmerer beim Tragen der schweren Lasten eine Zwangshaltung der HWS einnehmen musste. Dies war aber nicht regelmäßig, sondern allenfalls dann der Fall, wenn der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit Lasten (insbesondere Balken) aufnehmen, ablegen oder weiterreichen musste. An anderer Stelle des Urteils ist festgestellt, dass die Zwangshaltung des Kopfes beim Kläger in Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit des Zimmerers "äußerst kurzzeitig" war und keineswegs das Tätigkeitsbild prägte. Ausgehend von diesen Feststellungen (§ 163 SGG) war der Kläger den nach BK 2109 erforderlichen beruflichen Einwirkungen im Sinne eines regelmäßigen Tragens schwerer Lasten bei bestehender Zwangshaltung der HWS nicht in hinreichendem Maße ausgesetzt.
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Das LSG hat es deshalb im Ergebnis zu Recht abgelehnt, beim Kläger das Vorliegen einer BK 2109 anzuerkennen.
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2. Da der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung einer BK 2109 hat, kann die Beklagte auch nicht verurteilt werden, ihm wegen des Versicherungsfalls "BK 2109" Verletztenrente (§ 56 SGB VII) zu zahlen. Aufgrund der Trennung der Rechtsstreite hat der Senat im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nur zu entscheiden, ob infolge des Versicherungsfalls der BK 2109 ein Anspruch auf Rente besteht.
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3. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen nicht durch. Der Senat hat oben (unter 1.d>) im Einzelnen begründet, dass dem Tatbestand der BK 2109 nicht entnommen werden kann, dass der Versicherte täglich pro Arbeitsschicht mindestens eine Stunde lang schwere Lasten getragen haben muss. Da die vom LSG angesetzte Stundengrenze pro Arbeitsschicht mithin nicht maßgeblich ist, kommt es auf die gegen die Feststellungen des LSG zu diesem Punkt erhobene Verfahrensrüge nicht mehr an.
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Soweit der Kläger daneben eine Sachaufklärungsrüge wegen der Verneinung der medizinischen Voraussetzungen der BK 2109 erhoben hat, ist auch diese Rüge unbeachtlich, weil seine Ansprüche nicht erst an den medizinischen Voraussetzungen scheitern. Lediglich beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens ist (vgl hierzu zuletzt auch BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 - RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Die medizinische Aussage des LSG, dass für eine Anerkennung der BK 2109 oberhalb der Wirbelsegmente C 5/C 6 bis zu C 2/C 3 degenerative Veränderungen zu fordern sind, könnte sich allerdings auf Abschnitt II des Merkblatts BK 2109 stützen. Dort wird ausgeführt, die vor der Aufnahme der BK 2109 in die BKV erstellten epidemiologischen Studien hätten gezeigt, dass bei bestimmten Personengruppen wie zB Fleischträgern insbesondere oberhalb von C 5/C 6 bis zu C 2/C 3 degenerative Veränderungen beobachtet wurden, die bei der Allgemeinbevölkerung weniger häufig anzutreffen waren (vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.4.2006 - L 2 KN 32/03 U). Hierzu wurde weder geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich, dass dieses dem Merkblatt zugrunde liegende Erfahrungswissen inzwischen überholt sein könnte.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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