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BVerfG 17.05.2011 - 2 BvR 942/11
BVerfG 17.05.2011 - 2 BvR 942/11 - Nichtannahmebeschluss: Aussetzung des Strafrests einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung - Anforderungen an Prognoseentscheidung bei krankheitsbedingt reduzierter Lebenserwartung des betroffenen Strafgefangenen - kein Nachschieben neuer Umstände im Rahmen von Gegenvorstellung oder Anhörungsrüge - hier: keine Verletzung von Grundrechten <Art 2 Abs 2 S 1 GG, Art 1 Abs 1 GG>
Normen
Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 2 S 1 GG, Art 2 Abs 2 S 2 GG, § 57a Abs 1 S 1 StGB, § 57 Abs 1 S 1 StGB, § 33a StPO
Vorinstanz
vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 29. April 2011, Az: 1 Ws 34/11, Beschluss
vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 18. April 2011, Az: 1 Ws 34/11, Beschluss
vorgehend LG Hamburg, 1. März 2011, Az: 613 StVK 657/10, Beschluss
Gründe
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I.
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Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 7. Mai 1990 wegen eines im Lebensalter von 40 Jahren begangenen Mordes unter Einbeziehung eines Urteils, in welchem der Beschwerdeführer zuvor wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Diebstahl in zwei Fällen und unerlaubten Führens einer halbautomatischen Selbstladewaffe zu Einzelfreiheitsstrafen von neun Monaten, zwei und drei Jahren sowie einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden war, zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Eine besondere Schwere der Schuld wurde nicht festgestellt.
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Im Zuge der Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe entwich der Beschwerdeführer am 28. Juni 1992 aus der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel und beging anschließend vier Fälle des Diebstahls sowie einen Verstoß gegen das Waffengesetz durch den unerlaubten Besitz einer funktionsfähigen abgesägten Pump Action-Flinte. Dafür wurde er mit Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 11. März 1997 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
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Mit Beschluss vom 1. März 2000 bestimmte das Oberlandesgericht Karlsruhe die Vollstreckungsdauer für die Verurteilung des Landgerichts Nürnberg-Fürth aufgrund festgestellter besonderer Schwere der Schuld im Sinne der §§ 57, 57a StGB auf 18 Jahre. Bis zum Ablauf des 17. Oktober 2004 verbüßte der Beschwerdeführer diese Mindestzeit. Es schloss sich die Verbüßung der zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten an. Seit dem 17. Oktober 2006 verbüßt der Beschwerdeführer wieder die lebenslange Freiheitsstrafe.
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Durch Beschluss vom 3. Juli 2006 lehnte das Landgericht Berlin eine Strafaussetzung zur Bewährung ab, weil ein im April 2006 eingeholtes Gutachten dem Beschwerdeführer eine weitgehend unbehandelte dissoziale Persönlichkeitsstörung bescheinigt hatte und eine bedingte Entlassung auch unter Berücksichtigung einer vom Beschwerdeführer durchgeführten externen Psychotherapie nicht vertretbar erschien.
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Im Anschluss traf der Beschwerdeführer, wie bereits auch zuvor im Oktober 1994, Vorbereitungen zu Fluchtunternehmungen. So wurde er am 7. November 2006 im Besitz zweier Nachschlüssel sowie zweier selbstgebauter Feilen und einer Taschenlampe und am 10. Juli 2007 im Besitz eines abgebrochenen Löffels sowie zweier Stücke Schleifpapier angetroffen. Aufgrund dessen lehnte das Landgericht zuletzt am 4. Oktober 2007 eine bedingte Entlassung aus der Strafvollstreckung ab.
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Nach dem erfolgreichen Abschluss einer seit Dezember 2009 durchgeführten Psychotherapie wurde dem Beschwerdeführer von dem ihm behandelnden Therapeuten die grundsätzliche Erlernung der für eine straffreie Lebensführung erforderlichen Verhaltensmechanismen bescheinigt. Aufgrund einer fortgeschrittenen Krebserkrankung, für welche das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf in einem Entlassungsbericht vom 6. Dezember 2010 angesichts des guten Allgemeinzustands des Beschwerdeführers eine statistische Lebenserwartung von durchschnittlich bis zu 33 Monaten prognostiziert hatte, beantragte der Beschwerdeführer erneut die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug.
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Mit Beschluss vom 1. März 2011 hat das Landgericht Hamburg den Antrag auf Aussetzung der weiteren Strafvollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung abgelehnt. Das Gericht hat in seiner Entscheidung die vorgenannte Entwicklung des Beschwerdeführers, insbesondere auch das Gutachten des Universitätsklinikums, zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt. Ebenso hat es zum Nachteil des Beschwerdeführers dessen kriminelle Vergangenheit, den negativen Verlauf der durch wiederholte Fluchtversuche geprägten Strafhaft, ein erneut eingeholtes Sachverständigengutachten vom 29. Oktober 2010 sowie die hierzu erfolgte mündliche Anhörung am 18. Februar 2011 berücksichtigt. Danach ist bei dem Beschwerdeführer unverändert eine dissoziale Persönlichkeitsstörung festzustellen, weshalb im Falle seiner Entlassung mit einer mäßig bis hohen Gefahr für die Begehung neuer Gewaltdelikte zu rechnen ist. Das Gericht hat sich zudem ausführlich mit dem einbezogenen Gutachten auseinandergesetzt. Die Möglichkeit einer Beeinflussung der Abwägung durch die Krebserkrankung hat das Gericht in Betracht gezogen, jedoch im Hinblick auf die vom Sachverständigen nicht feststellbare Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit als nicht ausschlaggebend bewertet. In einer Gesamtwürdigung hat es seinen ablehnenden Beschluss auf die Annahme einer mäßigen bis hohen Rückfallgefahr und die hieraus folgende Gefährdung der Allgemeinheit gestützt, die das Freiheitsbedürfnis auch mit Blick auf den weiteren Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe überwiege. Aufgrund der beträchtlichen kriminellen Neigungen und der Schwere der drohenden Rückfalltaten hat es unter ausdrücklicher Beschränkung auf den im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorgefundenen körperlichen Zustand des Beschwerdeführers dem Schutz der Allgemeinheit Vorrang eingeräumt.
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Hiergegen hat der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde mit der Begründung erhoben, dass sowohl die Gefahrenprognose des Sachverständigen als auch der mittlerweile anzutreffende Gesundheitszustand des Beschwerdeführers eine sofortige bedingte Strafentlassung rechtfertigen würden. Noch in seinem schriftlichen Gutachten habe der Sachverständige eine akute Rückfallgefahr ausgeschlossen, wenngleich dies unter dem Vorbehalt einer nicht erfolgten persönlichen Befragung des Beschwerdeführers gestanden habe. Erst in der mündlichen Anhörung habe er auf diesbezügliche Fragen des Gerichts die Rückfallgefahr bejaht. Im Zuge der Verhältnismäßigkeitsprüfung habe das Landgericht zudem nur den ehemals guten, mittlerweile aber deutlich verschlechterten, Gesundheitszustand und die vom Dezember 2010 prognostizierte durchschnittliche Lebenserwartung von bis zu 33 Monaten zugrunde gelegt, ohne jedoch zu berücksichtigen, dass seit der Entlassung aus dem Krankenhaus bereits weitere drei Monate vergangen waren.
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Mit Beschluss vom 18. April 2011 hat das Hanseatische Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Die Einwendungen gegen die Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens hat das Gericht als unerheblich zurückgewiesen. Neben der vom Landgericht zutreffend angenommenen mäßigen bis hohen Rückfallgefahr seien auch die zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogene Schwere der erwartbaren Rückfalltaten, die den Anlasstaten entsprächen, zu berücksichtigen. Soweit bei der bedingten Strafentlassung ein unvermeidbares Risiko in der Regel hinzunehmen sei, könne dies, wie das Landgericht mit Blick auf den ungünstigen Verlauf der Strafhaft zutreffend angenommen habe, hier selbst unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich noch nachgereichten ärztlichen Atteste über die Entdeckung von Metastasen und die damit verbundenen körperlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers nicht hingenommen werden. Es sei insbesondere nicht erkennbar, dass er körperlich nicht mehr zur Ergreifung und Benutzung einer Waffe in der Lage sei. Allein die im ärztlichen Attest selbst festgestellte noch nicht verwirklichte Knochenbruchgefahr könne eine bedingte Strafentlassung aufgrund nunmehr weggefallener Gefährlichkeit nicht begründen. In seiner eigenen Gesamtwürdigung hat das Oberlandesgericht auch den bestehenden sozialen Empfangsraum als einen die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers zumindest teilweise dämpfenden Umstand berücksichtigt. Mit der Beschränkung seiner Entscheidung auf die derzeitige gesundheitliche Verfassung des Beschwerdeführers hat es jedoch die bedingte Haftentlassung abgelehnt. Die Entscheidung schließt zudem mit folgendem ausdrücklichen Hinweis:
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"Es wird angesichts des Krankheitsbildes erforderlich, aber auch möglich sein, auf Verschlechterungen des gesundheitlichen Zustandes kurzfristig zu reagieren. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass dem Verurteilten jedwede Aussicht auf Wiedererlangung der Freiheit und Begleitung durch seine Ehefrau und weitere Familienangehörige in der finalen Phase seiner Erkrankung verschlossen wäre."
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Gegen den vorgenannten Beschluss des Oberlandesgerichts hat der Beschwerdeführer zeitgleich mit der Erhebung seiner Verfassungsbeschwerde Gegenvorstellung und Anhörungsrüge erhoben, zu deren Begründung er auf die in Abschrift beigelegte Verfassungsbeschwerde Bezug genommen hat. Ergänzend hat er ein ärztliches Attest des Anstaltsarztes der Justizvollzugsanstalt F. vom 20. April 2011 vorlegt, wonach die jetzt rasch fortschreitende Erkrankung mit einer deutlich begrenzten Lebenserwartung des Beschwerdeführers einhergehe. Ihm verbleibe nur noch eine Lebenszeit von einigen Monaten, weshalb aus ärztlicher Sicht um die sofortige Entlassung aus der Haft gebeten worden ist.
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Mit Beschluss vom 29. April 2011 hat das Hanseatische Oberlandesgericht die Gegenvorstellung als unzulässig und die Anhörungsrüge als unbegründet zurückgewiesen. Die vom Beschwerdeführer mittelbar mit der beigefügten Begründung der Verfassungsbeschwerde gerügten Umstände, insbesondere das erst auf den 20. April 2011, somit zwei Tage nach der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts, datierende ärztliche Attest über den aktuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers könnten keine anderslautende Entscheidung nach Maßgabe des bis zum 18. April 2011 vorliegenden Akteninhalts rechtfertigen.
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II.
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Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG sowie aus Art. 103 Abs. 1 GG.
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Eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG sieht er darin, dass gerichtlicherseits die vom Sachverständigen festgestellte Rückfallgefahr überbewertet worden sei und das Oberlandesgericht trotz ausdrücklicher Anregung der ergänzenden Einholung von Stellungnahmen des Sachverständigen hiervon abgesehen habe. Die Verletzung seiner Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG sieht der Beschwerdeführer darin, dass ihm jede Möglichkeit, seine letzten Monate in Freiheit zu verbringen, aufgrund der fehlerhaften Beschlussfassung der Gerichte genommen sei. Schließlich sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG dadurch verletzt, dass die von den Gerichten berücksichtigten Gutachten anfänglich eine Lebenserwartung von durchschnittlich bis zu 33 Monaten, ausgehend vom Juni 2010, prognostiziert hätten, ohne dass die zwischenzeitlich bis zu den jeweiligen Beschlussfassungen nachgereichten gesundheitlichen Befunde insoweit Berücksichtigung gefunden hätten.
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Seinen Antrag auf einstweilige Anordnung begründet der Beschwerdeführer damit, dass im Zuge der zu treffenden Folgenabwägung mittlerweile die von den Gerichten angenommene Rückfallgefahr praktisch ausgeschlossen sei und somit spätestens jetzt sein Freiheitsanspruch deutlich über die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit hinausgehe, wobei die Eilbedürftigkeit auf seiner geringen weiteren Lebenserwartung beruhe.
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III.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG sind nicht erfüllt. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt, da sie unbegründet ist.
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Die form- und fristgerechte Verfassungsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Die angegriffenen Entscheidungen lassen eine Verkennung der Bedeutung und Tragweite der gerügten Grundrechte auf der Grundlage der den Gerichten im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Entscheidung vorliegenden Kenntnisse, insbesondere auch über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, nicht erkennen.
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a) Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, die Pflicht des Staates, die Sicherheit seiner Bürger und deren Vertrauen in die Funktionstüchtigkeit der staatlichen Institutionen zu schützen, und die Gleichbehandlung aller in Strafverfahren rechtskräftig Verurteilten gebieten grundsätzlich die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs (vgl. BVerfGE 51, 324 343 f.>). Das bedeutet auch, dass rechtskräftig erkannte Freiheitsstrafen zu vollstrecken sind.
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b) Das Gebot, den staatlichen Strafanspruch durchzusetzen, findet seine Grenzen im Grundrecht des Verurteilten auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Bei Gesundheitsgefährdungen eines Strafgefangenen entsteht zwischen der Pflicht des Staates zur Durchsetzung des Strafanspruchs und dem Interesse des Verurteilten an der Wahrung seiner verfassungsmäßig verbürgten Rechte ein Spannungsverhältnis. Keiner dieser Belange genießt schlechthin den Vorrang. Ein Konflikt ist nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips, das bei der Beurteilung von Eingriffen in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Beachtung erfordert, durch Abwägung der widerstreitenden Interessen zu lösen. Führt diese Abwägung zu dem Ergebnis, dass die dem Eingriff entgegenstehenden Interessen des Verurteilten ersichtlich wesentlich schwerer wiegen als diejenigen Belange, deren Wahrung die Strafvollstreckung dienen soll, so verletzt der gleichwohl erfolgte Eingriff das Verhältnismäßigkeitsprinzip und damit das Grundrecht des Verurteilten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 51, 324 343 ff.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juni 2003 - 2 BvR 1007/03 -, NStZ-RR 2003, S. 345). Die Grenze ist jedenfalls erreicht, wenn angesichts des Gesundheitszustands des Verurteilten ernsthaft zu befürchten ist, dass er bei der weiteren Durchführung der Strafvollstreckung sein Leben einbüßen oder schwerwiegenden Schaden an seiner Gesundheit nehmen wird (vgl. BVerfGE 51, 324 345 ff.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juni 2003, a.a.O.).
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c) Darüber hinaus verpflichtet Art. 1 Abs. 1 GG die Staatsgewalt dazu, in allen ihren Erscheinungsformen die Würde des Menschen zu achten und zu schützen (vgl. BVerfGE 45, 187 227>). Der Strafvollzug steht unter dem Gebot, schädlichen Auswirkungen für die körperliche und geistige Verfassung des Gefangenen im Rahmen des Möglichen entgegenzuwirken (vgl. BVerfGE 45, 187 238>; 64, 261 277>; 109, 133 150 f.>; 117, 71 91>) und die Gefangenen lebenstüchtig zu halten (vgl. BVerfGE 45, 187 238>; 117, 71 91>). Mit der Würde des Menschen wäre es unvereinbar, die vom Bundesverfassungsgericht geforderte konkrete und grundsätzlich auch realisierbare Chance, der Freiheit wieder teilhaftig zu werden (vgl. BVerfGE 45, 187 245>; 72, 105 113>; 117, 71 95>), auf einen von Siechtum und Todesnähe gekennzeichneten Lebensrest zu reduzieren (vgl. BVerfGE 72, 105 116 f.>). Je nach den Umständen des Einzelfalls kann dem Interesse des Gefangenen an der Erhaltung seiner Lebenstüchtigkeit ein Gewicht zukommen, welches das der Gründe für einen weiteren, ununterbrochenen Vollzug zu übertreffen vermag (vgl. BVerfGE 64, 261 277>).
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d) Von einer verfassungswidrigen Verkennung dieser Grundsätze durch die angegriffenen Entscheidungen kann nicht ausgegangen werden. Beide Gerichte haben hinsichtlich des derzeit 65-jährigen Beschwerdeführers zunächst die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass infolge seiner nur begrenzten Lebenserwartung eine bedingte Entlassung aus der weiteren Strafvollstreckung angezeigt erscheinen könnte. Das Oberlandesgericht hat zudem ausdrücklich auf die Möglichkeit einer gebotenen Neubewertung im Falle einer offenbar mittlerweile auch eingetretenen Gesundheitsverschlechterung hingewiesen.
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Nicht zu beanstanden ist dagegen, dass das Oberlandesgericht das erst zwei Tage nach Erlass der verfahrensabschließenden Entscheidung festgestellte Ausmaß der Gesundheitsverschlechterung nicht berücksichtigt hat. Insoweit kann auch keine durchgreifende Verletzung des Gebots effektiver Sachverhaltsaufklärung festgestellt werden, da seitens des Beschwerdeführers keine nachhaltigen Anhaltspunkte für eine notwendige weitere Aufklärung naheliegender und zwingend einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legender Umstände vorgebracht worden sind. Dies hat das Oberlandesgericht in seiner die Anhörungsrüge zurückweisenden Entscheidung zutreffend dargelegt.
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2. Soweit der Beschwerdeführer zur Begründung der behaupteten Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör ausführt, dass insbesondere das Oberlandesgericht trotz seines diesbezüglichen Vorbringens in der Beschwerdeschrift ohne Würdigung von einer seines Erachtens nach unzutreffend langen Lebenserwartung ausgegangen sei, trifft dies ausweislich der Begründung der Entscheidung über die sofortige Beschwerde, die insbesondere auch den Nachtrag zur Gesundheitsverfassung repliziert, ersichtlich nicht zu. Dass das Oberlandesgericht in der Entscheidung vom 18. April 2011 die erst mit Attest vom 20. April 2011 belegte Notwendigkeit von Schmerzmitteln nicht berücksichtigt hat, begründet entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ebenso wenig eine Gehörsverletzung wie im Falle der Entscheidung über Gegenvorstellung und Anhörungsrüge. Sinn und Zweck der Gehörsrüge nach § 33a StPO, mit deren Einführung das vorherige Bedürfnis für eine Gegenvorstellung als Möglichkeit der Selbstkorrektur der Gerichte beseitigt worden ist, ist gerade nicht das Nachschieben von erst nach Eintritt formeller Rechtskraft bekannt werdender Umstände. Vielmehr zielt die Gehörsrüge (nur) auf die Geltendmachung von bereits bei vorangegangener Entscheidungsfindung dem Gericht bekannten, gleichwohl aber übergangenen, Tatsachen und deren rechtsfehlerhafte Nichtberücksichtigung.
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a) Eine Verletzung des Gebots effektiver Sachaufklärung kann auch nicht darin ersehen werden, dass aufgrund einer mit der sofortigen Beschwerde vorgelegten, nicht jedoch zur hiesigen Akte gelangten ärztlichen Stellungnahme über die aktuelle gesundheitliche Verfassung eine weitere Untersuchung oder Anhörung des Sachverständigen geboten gewesen wäre, die vom Oberlandesgericht dann fehlerhaft unterlassen worden wäre. Die Stellungnahme hat, soweit dies mittelbar aus dem Vortrag des Beschwerdeführers und den gerichtlichen Entscheidungen ersichtlich wird, aus medizinischer Sicht zwar die sofortige Entlassung befürwortet. Dies kann jedoch weder für sich genommen noch in einer Gesamtwürdigung aller übrigen Umstände für die Fachgerichte eine bindende Entscheidung über die Fortdauer der Strafvollstreckung begründen. Auch im vorliegenden Fall oblag es allein den Vollstreckungsgerichten, unbeschadet aller sachkundigen Ausführungen zur Gesundheit und Gefährlichkeit des Beschwerdeführers, eine eigene Prognose zu treffen, die auch die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit zu berücksichtigen hatte.
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b) Wenn eine fortbestehende Gefährlichkeit des Verurteilten positiv festgestellt werden kann, ist der weitere Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe erforderlich, um die Allgemeinheit zu schützen. Die besonders hohe Wertschätzung des Lebens rechtfertigt darüber hinaus aber auch dann die weitere Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe, wenn nach Erfüllung des verfassungsrechtlichen Gebots einer zureichenden richterlichen Sachaufklärung keine günstige Gefährlichkeitsprognose gestellt werden kann. Es ist verfassungsrechtlich auch im Hinblick auf den Umstand, dass die verhängte lebenslange Freiheitsstrafe als die schuldangemessene Strafe ausgesprochen worden ist, nicht zu beanstanden, wenn die in diesen Fällen verbleibenden Zweifel an einer hinreichend günstigen Prognose zu Lasten des Verurteilten gehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. März 1998 - 2 BvR 77/97 -, NJW 1998, S. 2202; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. September 1991 - 2 BvR 1327/89 -, NJW 1992, S. 2344).
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c) Die formelle Bestandskraft der Entscheidungen von Landgericht und Oberlandesgericht stellt, wie von beiden Gerichten ausdrücklich angeführt, im Übrigen keine endgültige und irreversible Entscheidung über die Möglichkeit einer künftigen Strafaussetzung aufgrund veränderter, namentlich verschlechterter, gesundheitlicher Umstände dar. Selbst wenn eines der beiden Gerichte von der Möglichkeit der Festsetzung einer Sperrfrist gemäß § 57a Abs. 4 StGB, innerhalb derer weitere Anträge auf Strafaussetzung zur Bewährung unzulässig sind, Gebrauch gemacht hätte, wäre der Beschwerdeführer unter Berufung auf seinen aktuellen Gesundheitszustand aufgrund der deutlich geänderten Sachlage in jedem Fall antragsberechtigt (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 20. August 2003 - 2 Ws 258/03 -, NStZ-RR 2003, S. 381; OLG Hamm, Beschluss vom 27. April 1999 - 2 Ws 118/99 -, NStZ-RR 1999, S. 285). Aus den am 9. Mai 2011 nachgereichten Unterlagen ist überdies ersichtlich, dass das zwischenzeitlich erneut angerufene Landgericht Hamburg aufgrund der ihm vorgelegten Atteste vom 24. März 2011 und vom 20. April 2011 zur nochmaligen Prüfung der Möglichkeit einer bedingten Strafaussetzung eine sachverständige Stellungnahme zur Gefährlichkeit und Haftfähigkeit des Beschwerdeführers eingeholt hat. Eine Berücksichtigung dieser erst nach Abschluss des hier angegriffenen fachgerichtlichen Verfahrens gewonnenen Tatsachen kann jedoch weder im Rahmen der Hauptsache noch im Rahmen der einstweiligen Anordnung Berücksichtigung finden.
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3. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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