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BFH 27.09.2017 - XI R 9/16
BFH 27.09.2017 - XI R 9/16 - Haftungsbescheid; Einwendungsausschluss des Geschäftsführers einer GmbH bei unterlassenem Widerspruch gegen die Forderungsanmeldung des FA
Normen
§ 166 AO, § 174 InsO, § 175 InsO, § 176 InsO, § 178 InsO, § 184 Abs 2 S 1 InsO vom 13.04.2007, § 201 Abs 1 InsO, § 201 Abs 2 S 1 InsO, § 184 S 2 InsO vom 05.10.1994, § 69 AO, § 34 AO, § 124 Abs 2 AO, Art 19 Abs 4 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 191 AO
Vorinstanz
vorgehend FG München, 10. März 2016, Az: 14 K 2710/13, Urteil
Leitsatz
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Wird eine Steuerforderung gegenüber einer GmbH widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt, ist der Geschäftsführer der GmbH im Verfahren wegen Haftung gemäß § 166 AO mit Einwendungen gegen die Höhe der Steuerforderung ausgeschlossen, wenn er der Forderungsanmeldung hätte widersprechen können, dies aber nicht getan hat .
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 10. März 2016 14 K 2710/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war seit Gründung der X GmbH (GmbH) im Jahr 2000 deren Geschäftsführerin.
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Die GmbH gab für die Jahre 2003 bis 2005 weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch Umsatzsteuer-Jahreserklärungen oder Körperschaftsteuererklärungen ab. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte deshalb die Umsatzsteuer, die Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen (§ 162 der Abgabenordnung --AO--) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) fest. Hiergegen legte die GmbH, vertreten durch ihren Steuerberater, den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, Einsprüche ein.
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Am 31. März 2006 beantragte das FA (und am 12. Oktober 2006 die GmbH) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH. Mit Beschluss vom ... November 2006 ... eröffnete das Amtsgericht Z (AG Z) das Insolvenzverfahren. In dem Beschluss ist der Prüfungstermin genannt.
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Im Laufe des Insolvenzverfahrens reichte der Insolvenzverwalter im November 2007 Steuererklärungen der GmbH ein. Das FA berechnete die Steuer jeweils neu, wich teilweise von den Erklärungen ab und meldete die Umsatzsteuer, die Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag für die Jahre 2003 bis 2005 sowie Säumniszuschläge, Zinsen und Verspätungszuschläge zur Insolvenztabelle an. Anfangs bestritt der Insolvenzverwalter die Forderungen. Mit Schreiben vom 2. Juli 2008 erklärte der Insolvenzverwalter, er sei bereit, für Zwecke der Forderungsanmeldung die Hinzuschätzung in Höhe von ... Mio. € bei den Erlösen und damit eine Körperschaftsteuerschuld von ca. ... € und eine Umsatzsteuerschuld von ca. ... € zu akzeptieren. Einer Forderungsanmeldung auf Grundlage vorstehender Zahlen werde er, der Insolvenzverwalter, nicht widersprechen. Ein Zugeständnis von Umsätzen sei damit nicht verbunden. Die Anmeldungen wurden anschließend vom FA dementsprechend ermäßigt und in diesem Umfang am 24. September 2008 festgestellt (§§ 174, 175, 178 der Insolvenzordnung --InsO--).
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Auch die GmbH widersprach den Forderungen nicht. Die Klägerin war während des Insolvenzverfahrens weiterhin Geschäftsführerin der GmbH.
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Das AG Z hob das Insolvenzverfahren nach Vollzug der Schlussverteilung am 1. April 2009 auf. Die GmbH wurde wegen Vermögenslosigkeit am 4. Juni 2009 von Amts wegen gelöscht.
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Nach Anhörung der Klägerin (Schreiben vom 20. August 2008) erließ das FA am 2. Dezember 2008 einen an sie gerichteten Haftungsbescheid in Höhe von ... €. Alle im Haftungsbescheid aufgeführten Steuern und steuerliche Nebenleistungen seien im Insolvenzverfahren ohne Widerspruch zur Insolvenztabelle festgestellt worden. Die Klägerin werde gemäß § 69 AO in Haftung genommen. Zahlungen der GmbH seien aufgrund des Insolvenzverfahrens nicht mehr zu erwarten.
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Auf den Einspruch der Klägerin verringerte das FA mit Einspruchsentscheidung vom 14. August 2013 den Haftungsbetrag geringfügig auf ... €. Es berücksichtigte Zinsen und Säumniszuschläge nicht mehr bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern nur noch bis zur Stellung des Insolvenzantrags (31. März 2006). Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück.
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Mit der Klage wandte sich die Klägerin gegen die im Haftungsbescheid angesetzte Höhe der Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer der GmbH.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, die Einwendungen der Klägerin gegen die Höhe der Steuer und der steuerlichen Nebenleistungen blieben gemäß § 166 AO erfolglos. Die Klägerin könne sich im Haftungsverfahren nicht darauf berufen, dass die Steuerschulden nicht in der vom FA geltend gemachten Höhe bestünden, weil sie insoweit an die in der Insolvenztabelle widerspruchslos festgestellten Forderungen des FA nach § 166 AO gebunden sei.
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Auch die weiteren Haftungsvoraussetzungen lägen vor. Die Haftungsquote betrage 100 %. Ermessensfehler lägen nicht vor.
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Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1931 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 166 AO. Sie macht im Wesentlichen geltend, ihr sei es nicht möglich gewesen, im Rahmen des Insolvenzverfahrens gegen ergangene Bescheide Rechtsbehelfe einzulegen, weil keine Bescheide erlassen worden, sondern lediglich Mitteilungen an den Insolvenzverwalter versandt worden seien. Die von dem Steuerberater der GmbH eingelegten Einsprüche gegen die vor dem Insolvenzverfahren ergangenen Bescheide seien nicht zurückgenommen worden. Der fehlende Widerspruch gegen die angemeldeten Forderungen könne nicht als ihr Einverständnis herangezogen werden, da sie damals die Grundlage für die Höhe der Steuerschuld noch nicht gekannt habe; hiervon habe sie erst im Laufe des Einspruchsverfahrens gegen den Haftungsbescheid erfahren.
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Im Übrigen sei die Anmeldung zur Insolvenztabelle nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht als unanfechtbare Steuerfestsetzung anzusehen, weil sie nicht der Regelung über die Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden (§§ 172 ff. AO), sondern den Regelungen über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte (§ 130 AO) unterliege. Der Widerspruch erfordere nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ein Feststellungsinteresse, dessen Voraussetzungen nur die Gesellschafter der GmbH schaffen könnten (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--). Es sei mit Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes unvereinbar, den Rechtsschutz des Geschäftsführers der GmbH vom Willen der Gesellschafter der GmbH abhängig zu machen. Außerdem könne der Geschäftsführer durch den Widerspruch zur Insolvenztabelle nicht die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung sachlich prüfen lassen.
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Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben sowie den Haftungsbescheid vom 2. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. August 2013 dahingehend abzuändern, dass die Haftungssumme auf ... € herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Es verteidigt die angefochtene Vorentscheidung.
Entscheidungsgründe
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II.
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1. Die Zuständigkeit des erkennenden Senats für das vorliegende Verfahren ergibt sich aus Teil A XI. Senat Nr. 1 i.V.m. I.4. der Ergänzenden Regelungen des Geschäftsverteilungsplans (GVPL) des BFH. Die Zuständigkeit des VII. Senats des BFH gemäß Teil A VII. Senat Nr. 5 Buchst. b GVPL für Haftungssachen ist nicht begründet, da die Höhe der Steuer streitig ist.
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2. Der erkennende Senat ist gemäß II.2.a bb der Ergänzenden Regelungen des GVPL für den gesamten Streitfall zuständig, weil über die im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob Einwendungen der Klägerin gemäß § 166 AO ausgeschlossen sind, nur einheitlich entschieden werden kann und die Umsatzsteuer den höchsten Streitwert hat; die Zuständigkeit erstreckt sich gemäß III.2. der Ergänzenden Regelungen des GVPL auch auf die die Steuern betreffenden Säumniszuschläge, Zinsen und Verspätungszuschläge.
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III.
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Die Revision ist unbegründet; sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin aufgrund von § 166 AO gehindert ist, Einwendungen gegen die Höhe der Steuer und steuerlichen Nebenleistungen, für die sie haftet, zu erheben.
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1. Zu Recht gehen beide Beteiligte mit dem FG davon aus, dass das FA die Klägerin durch Haftungsbescheid in Haftung nehmen durfte.
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a) Nach § 191 Abs. 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet.
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b) Nach § 69 i.V.m. § 34 AO haften die Geschäftsführer einer GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.
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c) Als Geschäftsführerin der GmbH war die Klägerin deren gesetzliche Vertreterin (vgl. § 35 Abs. 1 GmbHG) und hat als solche ihre gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AO bestehende Pflicht, rechtzeitig Steuererklärungen abzugeben (§ 149 AO, § 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) und die fälligen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO, § 18 Abs. 4 Satz 2 UStG) zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO), verletzt. Diese objektive Pflichtwidrigkeit indiziert den gegenüber der Klägerin zu erhebenden Schuldvorwurf (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11. November 2008 VII R 19/08, BFHE 223, 303, BStBl II 2009, 342; vom 22. April 2015 XI R 43/11, BFHE 249, 315, BStBl II 2015, 755, Rz 20; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 AO Rz 29; Nacke, Haftung für Steuerschulden, 4. Aufl. 2017, Rz 2.133); dies wird mit der Revision auch nicht mehr in Abrede gestellt.
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2. Das FG hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle gegen sich gelten lassen muss; sie ist aufgrund von § 166 AO gehindert, Einwendungen gegen die Höhe der zur Insolvenztabelle festgestellten Steuern zu erheben, die dem Haftungsbescheid zugrunde liegen.
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a) Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies nach § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
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b) Soweit § 166 AO eingreift, soll das Haftungsverfahren von Fragen der materiellen Richtigkeit der Steuerfestsetzungen befreit werden; die Vorschrift soll in dem in von § 166 AO erfassten Umfang verhindern, dass im Haftungsverfahren das Besteuerungsverfahren nochmals aufgerollt und dadurch das Haftungsverfahren unnötig verzögert wird, wenn der Haftungsschuldner als Vertreter des Steuerpflichtigen bereits zur Anfechtung der Steuerfestsetzung befugt war oder diese bereits erfolglos angefochten hat (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs vom 17. Januar 1939 I 345/38, RStBl 1939, 325; BFH-Urteile vom 28. Juli 1966 V 64/64, BFHE 86, 636, BStBl III 1966, 610, Rz 14, zu § 119 der Reichsabgabenordnung; vom 6. April 2016 I R 19/14, BFH/NV 2016, 1491, Rz 15). Der Gesetzgeber verlangt von den in § 166 AO genannten Personengruppen, dass sie von einer ihnen eingeräumten uneingeschränkten Rechtsmittelbefugnis Gebrauch machen, wenn sie dies beabsichtigen, und selbst dafür sorgen, wie sie diese Rechtsmittelbefugnis sicherstellen wollen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 86, 636, BStBl III 1966, 610, Rz 14; vom 16. Mai 2017 VII R 25/16, BFHE 257, 515, BStBl II 2017, 934).
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c) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die widerspruchslose Feststellung einer Steuerforderung im Insolvenzverfahren als unanfechtbare Steuerfestsetzung i.S. des § 166 AO anzusehen ist (gl.A. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2014 3 K 1283/12, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2015, 489, Rz 35 und 38 ff.; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. September 2015 9 K 9271/10, DStRE 2016, 750, Rz 47; FG Köln, Urteil vom 18. Januar 2017 10 K 3671/14, EFG 2017, 625, Rz 34 ff.; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 166 AO Rz 4b; Krumm, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2012, 329, 337 ff.; ders. in Tipke/Kruse, a.a.O., § 166 AO Rz 12 und 17; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl., § 166 Rz 10; Nacke, a.a.O., Rz 9.71; ebenso bei nicht eingelegtem Einspruch BFH-Urteil in BFHE 257, 515, BStBl II 2017, 934, Rz 20; a.A. Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 21. Mai 2007 2 B 4958/06, juris, Rz 19; FG Köln, Beschluss vom 24. November 2014 13 V 2905/14, juris, Rz 44; Kahlert, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2016, 409; ders., Entscheidungen für Wirtschaftsrecht 2017, 555; Oellerich in Beermann/Gosch, AO § 166 Rz 19, 36; Stadie in Rau/Dürrwächter, Anhang 1 – Haftung für Umsatzsteuer, Rz 270; Hermes/Schmitt, Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht 2017, 85 f.).
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aa) Im Bereich des Steuerrechts wirkt die widerspruchslose Eintragung in die Insolvenztabelle wie die bestandskräftige Festsetzung der Forderung (vgl. BFH-Urteil vom 16. April 2013 VII R 44/12, BFHE 241, 291, BStBl II 2013, 778, Rz 21, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 22. Juni 2011 VII S 1/11, BFH/NV 2011, 2014, Rz 24). Die Feststellung der Forderung in der Insolvenztabelle stellt das insolvenzrechtliche Äquivalent zur Steuerfestsetzung durch Verwaltungsakt dar (BFH-Urteil vom 19. August 2008 VII R 36/07, BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 241, 291, BStBl II 2013, 778). Die unwidersprochene Feststellung tritt auch für die Berechnung der Haftungsschuld an die Stelle der --von der GmbH mit dem Einspruch angefochtenen-- Steuerbescheide, die dadurch i.S. des § 124 Abs. 2 AO auf andere Weise erledigt sind (vgl. BFH-Urteile in BFHE 241, 291, BStBl II 2013, 778, Rz 21; vom 21. November 2013 V R 21/12, BFHE 244, 70, BStBl II 2016, 74, Rz 18 ff., 23 und 34, m.w.N.).
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bb) Eine Forderung gilt nach § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin (§ 176 InsO) oder im schriftlichen Verfahren (§ 177 InsO) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist; ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen (§ 178 Abs. 1 Satz 2 InsO). Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Insolvenztabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat; auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen (§ 178 Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO).
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cc) Die widerspruchslose Eintragung in die Insolvenztabelle wirkt gemäß § 178 Abs. 3 InsO für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil zwar (nur) gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.
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dd) Die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle hat aber Rechtswirkungen nicht nur gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern, sondern auch gegenüber der GmbH als Insolvenzschuldnerin.
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Denn die Insolvenzgläubiger können gemäß § 201 Abs. 1 InsO nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen. Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, können aus der Eintragung in die Insolvenztabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben (§ 201 Abs. 2 Satz 1 InsO). Der Tabelleneintrag hat die Wirkung eines vollstreckbaren Titels (Pehl in Braun, Insolvenzordnung, 7. Aufl., § 201 Rz 9).
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Dem Insolvenzschuldner stehen deshalb im Insolvenzverfahren Rechte zu. Er darf am Prüfungstermin (§ 176 InsO) teilnehmen und die Forderungen bestreiten (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl., § 176 Rz 17, 20 f.). Der Prüfungstermin dient dem Insolvenzverwalter, den Insolvenzgläubigern sowie dem Schuldner dazu, ihre Vorbehalte gegen eine Forderung kundzutun und dokumentieren zu lassen (MünchKommInsO/Riedel, 3. Aufl., § 176 Rz 3). Dem Schuldner ist außerdem zur Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. MünchKommInsO/Schumacher, a.a.O., § 186 Rz 1) ggf. nach § 186 InsO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil die Säumnisfolge, dass die Feststellung wie eine rechtskräftige Verurteilung wirkt, eine ungerechtfertigte Härte wäre, wenn der Schuldner durch unabwendbare Ereignisse am Erscheinen gehindert worden ist (Gerhardt in Jaeger, Insolvenzordnung, § 186 Rz 2).
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ee) Bleibt eine angemeldete Forderung im Prüfungstermin (§ 176 InsO) unbestritten, ist ein vom Insolvenzschuldner eingeleitetes Einspruchsverfahren durch die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle in der Hauptsache erledigt (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 2013 XI R 22/11, BFHE 244, 209, BStBl II 2014, 332, Rz 27; BFH-Beschlüsse vom 10. November 2010 IV B 11/09, BFH/NV 2011, 649, Rz 4; vom 10. November 2010 IV B 18/09, BFH/NV 2011, 650, Rz 4; vom 14. Mai 2013 X B 134/12, BFHE 240, 534, BStBl II 2013, 585, Rz 20; vom 23. September 2015 V B 159/14, BFH/NV 2016, 60, Rz 12; BGH-Urteil vom 30. Januar 1961 II ZR 98/59, Neue Juristische Wochenschrift 1961, 1066; MünchKommInsO/Schumacher, a.a.O., § 178 Rz 89; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 87 Rz 4; Zöller/ Greger, ZPO, 31. Aufl., § 240 Rz 13a). Für die Befriedigung des Steueranspruchs ist die Feststellung in der Insolvenztabelle maßgebend, so dass sich die Fortsetzung eines bei Verfahrenseröffnung anhängigen Steuerrechtsstreits erübrigt (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 1965 VI 13/64 S, BFHE 82, 678, BStBl III 1965, 491, Rz 14). Dies gilt wegen § 201 Abs. 2 InsO auch gegenüber dem Insolvenzschuldner. Die Feststellung zur Insolvenztabelle, die als Steuerfestsetzung wirkt, ist dadurch unanfechtbar i.S. des § 166 AO; sie ist mit einem förmlichen Rechtsbehelf (Einspruch, Klage, Nichtzulassungsbeschwerde, Revision) nicht mehr anfechtbar (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 249, 315, BStBl II 2015, 755, Rz 25).
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ff) Widerspricht hingegen der Insolvenzschuldner der Forderungsanmeldung des FA (§ 174 InsO) gemäß § 178, § 184 InsO, musste nach der im Streitfall maßgeblichen Rechtslage gemäß § 184 Satz 2 InsO a.F. (vgl. Art. 103c Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung) das FA das unterbrochene Einspruchsverfahren gegenüber dem Insolvenzschuldner aufnehmen, um dessen Widerspruch zu beseitigen (vgl. BFH-Urteile vom 7. März 2006 VII R 11/05, BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573; vom 13. November 2007 VII R 61/06, BFHE 220, 289, BStBl II 2008, 790; Loose, AO-Steuerberater 2007, 101, 102; ebenso zu § 184 Abs. 2 InsO n.F. BFH-Beschluss vom 15. März 2013 VII B 49/12, BFH/NV 2013, 1451, Rz 7; BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 47/13, BFH/NV 2016, 428, Rz 31; Leipold, Deutsche Steuer-Zeitung 2012, 103, 112). Im laufenden Einspruchsverfahren des Insolvenzschuldners wird dann die materielle Rechtmäßigkeit der angemeldeten Steuerforderungen geklärt und der Insolvenzschuldner kann seine Einwendungen vorbringen.
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gg) Das --für eine Feststellung nach § 184 InsO a.F. erforderliche-- Feststellungsinteresse des FA liegt --entgegen der Auffassung der Klägerin (ebenso wohl Kahlert, NWB 2016, 409, 413)-- vor (vgl. BFH-Urteil in BFHE 220, 289, BStBl II 2008, 790, unter II.2.c, Rz 16). Die von Kahlert und der Klägerin zitierte Rechtsprechung des BGH zu (dem im Streitfall noch nicht einschlägigen) § 184 Abs. 2 Satz 1 InsO n.F. betont im Übrigen auch zum neuen Recht, dass das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann, solange nicht feststeht, dass eine Vollstreckung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich ist. Besteht Unsicherheit darüber, ob eine Vollstreckung nach § 201 Abs. 2 InsO möglich sein wird, ist das Rechtsschutzbedürfnis auch nach neuem Recht zu bejahen (vgl. BGH-Urteil vom 11. Juli 2013 IX ZR 286/12, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht --ZInsO-- 2013, 1734, Rz 11). Solche Unsicherheit bestand innerhalb der Monatsfrist des § 184 Abs. 2 Satz 1 InsO n.F.
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hh) Ausgehend davon ist die Klägerin nunmehr im Haftungsverfahren gehindert, Einwendungen gegen die Höhe der seinerzeit angemeldeten und widerspruchslos festgestellten Forderungen zu erheben.
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Sie hatte durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Befugnis, für die GmbH zu handeln, nicht verloren (vgl. BGH-Urteil vom 26. Januar 2006 IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260, Rz 6 f.; Uhlenbruck, GmbH-Rundschau 2005, 817 ff., 829, unter IX.2.). Als gesetzliche Vertreterin der GmbH (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) hat sie der Anmeldung nicht namens der GmbH widersprochen und damit das FA nicht gezwungen, das Einspruchsverfahren gegenüber der GmbH als widersprechender Insolvenzschuldnerin aufzunehmen; dadurch hat sie es zugelassen, dass sich der Einspruch der GmbH in der Hauptsache erledigte. Die Forderung wurde widerspruchslos in die Insolvenztabelle eingetragen und darum i.S. des § 166 AO unanfechtbar festgesetzt. Die materielle Rechtmäßigkeit der Steuerforderungen wurde aufgrund des unterlassenen Widerspruchs namens der GmbH nicht im zuvor laufenden Einspruchsverfahren der GmbH geklärt. Dass --wie die Klägerin geltend macht-- ein Widerspruch im eigenen Namen nicht möglich war bzw. keinen Erfolg versprochen hätte, ist unerheblich.
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Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf ihre Unkenntnis hinsichtlich der Höhe der Steuerschulden der GmbH berufen, weil sie bereits im August 2008 --und damit vor der Feststellung der Forderungen am 24. September 2008-- vom FA im Haftungsverfahren angehört worden war.
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d) Der Einwand der Klägerin, dass die Forderungsanmeldung nicht den Änderungsvorschriften der §§ 172 ff. AO unterliege, führt zu keiner anderen Beurteilung.
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Dass eine widerspruchslose Eintragung zur Insolvenztabelle gemäß § 130 AO ganz oder teilweise zurückgenommen werden kann --und nicht den für die Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden geltenden Vorschriften (§§ 172 ff. AO) unterliegt-- (vgl. BFH-Urteile vom 24. November 2011 V R 13/11, BFHE 235, 137, BStBl II 2012, 298, Rz 41 ff.; vom 24. November 2011 V R 20/10, BFH/NV 2012, 711, Rz 9; vom 6. Dezember 2012 V R 1/12, BFH/NV 2013, 906, Rz 10; a.A. für den Insolvenzplan BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 I R 39/13, BFHE 247, 300, BStBl II 2015, 577) hat für die hier zu entscheidende Frage des Anwendungsbereichs von § 166 AO keine Bedeutung.
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e) Da die Klägerin die Möglichkeit hatte, mit ihren Einwendungen gegen ihre Haftung vor Gericht gehört zu werden, ist ihre Haftung verfassungsgemäß (vgl. dazu Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. November 1996 2 BvR 1157/93, BStBl II 1997, 415, Rz 28, m.w.N.; Krumm, StuW 2012, 329, 331 ff., 333).
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3. Sonstige Rechtsfehler der angefochtenen Vorentscheidung oder des Haftungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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