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BFH 23.05.2012 - II R 21/10
BFH 23.05.2012 - II R 21/10 - Grunderwerbsteuerbefreiung bei Anteilsvereinigung aufgrund gemischter Schenkung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft - Vermeidung einer Doppelbelastung mit Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer - Bemessungsgrundlage - Personenbezogene Steuerbefreiung
Normen
§ 1 Abs 3 Nr 1 GrEStG 1997 vom 24.03.1999, § 3 Nr 2 S 1 GrEStG 1997 vom 19.12.2000, § 3 Nr 6 S 1 GrEStG 1997 vom 19.12.2000, § 8 Abs 2 S 1 Nr 3 GrEStG 1997 vom 20.12.2007, § 1 Abs 1 Nr 2 ErbStG 1997, § 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, § 1589 S 1 BGB, § 1 Abs 3 Nr 3 GrEStG 1997 vom 24.03.1999, § 1 Abs 3 Nr 4 GrEStG 1997 vom 24.03.1999, § 138 BewG 1991 vom 13.12.2006
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 17. Februar 2010, Az: 5 K 3962/08, Urteil
Leitsatz
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1. Die Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist insoweit nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht (Änderung der Rechtsprechung) .
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2. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG scheidet für die nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbare Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft aus .
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3. Soweit die zu einer Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG führende Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft im Rahmen einer gemischten Schenkung erfolgt, sind für den entgeltlichen Teil des Erwerbs gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer die festgestellten Grundbesitzwerte anzusetzen, soweit sie auf den entgeltlichen Teil des Erwerbs entfallen .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt im Jahr 1997 von seinem Vater (V) unentgeltlich einen Teilgeschäftsanteil in Höhe von 41 % des Stammkapitals an der grundbesitzenden GmbH. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18. Juni 2008 übertrug V im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen verbliebenen Geschäftsanteil von 59 % mit einem Nennbetrag von 1.298.000 DM (663.656,86 €) auf den Kläger. Dieser verpflichtete sich, an V auf dessen Lebenszeit als dauernde Last monatlich einen Betrag in Höhe von 4.000 € zu zahlen. Weitere Gegenleistungen hatte der Kläger nicht zu erbringen.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte wegen der Vereinigung aller Anteile an der GmbH in der Hand des Klägers mit Bescheid vom 11. September 2008 Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in Höhe von 15.855 € fest. Bemessungsgrundlage waren jeweils geschätzte Bedarfswerte für den Grundbesitz der GmbH.
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Der Einspruch, mit dem der Kläger für die Übertragung des Geschäftsanteils die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG begehrte, blieb ohne Erfolg.
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Im Laufe des Klageverfahrens erließ das FA am 9. Februar 2009 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid, in dem es die Grunderwerbsteuer unter Zugrundelegung der festgestellten Grundbesitzwerte auf 19.112 € erhöhte. Die Klage, die sich wegen des für die Anteilsübertragung gezahlten Entgelts und des Verwandtschaftsverhältnisses zusätzlich auf die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG richtete, wurde abgewiesen. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1151 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 3 Nr. 2 GrEStG. Diese Vorschrift sei auch auf Anteilsvereinigungen i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG anwendbar. Sie bezwecke, die doppelte Belastung mit Grunderwerbsteuer und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden. Unbeachtlich sei, dass sich die zur Anteilsvereinigung führende Anteilsübertragung in einem anderen Verhältnis vollziehe als der fiktive Grundstückserwerb. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe bereits im Urteil vom 12. Oktober 2006 II R 79/05 (BFHE 215, 286, BStBl II 2007, 409) entschieden, dass der nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Gesellschafterwechsel bei einer schenkweisen Übertragung der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerbefreit sei.
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Während des Revisionsverfahrens hat das FA mit Bescheid vom 19. September 2011 die Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für vorläufig hinsichtlich der Frage erklärt, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte i.S. des § 138 des Bewertungsgesetzes (BewG) als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist.
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Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung, die Grunderwerbsteuerbescheide vom 11. September 2008, vom 9. Februar 2009 und vom 19. September 2011 sowie die Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 2008 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Schriftsatz vom 22. Februar 2012 den Beitritt zum Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung. Da während des Revisionsverfahrens ein Änderungsbescheid ergangen ist, ist das Urteil des FG gegenstandslos geworden (BFH-Urteil vom 17. Januar 2008 VI R 44/07, BFHE 220, 269, BStBl II 2011, 21).
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Die Vorentscheidung kann auch aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Bestand haben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Die Anteilsvereinigung ist entgegen der Auffassung des FG nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, soweit die Anteile an der GmbH dem Kläger freigebig zugewendet wurden. Soweit der am 18. Juni 2008 übertragene Anteil an der GmbH von 59 % wegen der vereinbarten dauernden Last entgeltlich übertragen wurde, hat das FG zutreffend entschieden, dass eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG nicht zu gewähren ist; die Anteilsvereinigung ist insoweit grunderwerbsteuerpflichtig. Das FG hat jedoch --aus seiner Sicht zu Recht-- noch keine Feststellungen zu dem Verkehrswert des am 18. Juni 2008 übertragenen Geschäftsanteils von 59 % und zu dem Verkehrswert der Gegenleistung getroffen, so dass nicht beurteilt werden kann, inwieweit dieser Geschäftsanteil entgeltlich übertragen wurde und in welcher Höhe die Bemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG anzusetzen ist.
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1. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerb-steuer u.a. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden. Die Steuerbarkeit wird nur durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Dabei ist der Vorgang, der zum Erwerb dieses Anteils führt, zwar das die Steuer auslösende Moment; Gegenstand der Steuer ist jedoch nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 2. April 2008 II R 53/06, BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544, m.w.N.).
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Im Streitfall ist der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Der Kläger, der bereits Inhaber eines GmbH-Geschäftsanteils von 41 % war, hat aufgrund des notariell beurkundeten Vertrags vom 18. Juni 2008 einen Anspruch auf Übertragung des weiteren GmbH-Geschäftsanteils von 59 % erworben. Nach der Übertragung war der Kläger alleiniger Anteilseigner der GmbH. Der damit verbundene (fiktive) Erwerb der Grundstücke der GmbH durch den Kläger ist steuerbar.
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2. Die Anteilsvereinigung ist insoweit nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, als der Kläger die Anteile an der GmbH aufgrund einer freigebigen Zuwendung von V erhalten hat.
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a) Nach § 3 Nr. 2 GrEStG sind Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) von der Besteuerung ausgenommen. Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist auch auf eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG anzuwenden, die auf einer schenkweisen Übertragung von Gesellschaftsanteilen beruht. In einem solchen Fall liegt zwar keine Grundstücksschenkung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor. Denn der Schenkungsteuer unterliegt nicht der durch die schenkweise Anteilsübertragung ausgelöste fiktive Grundstückserwerb, sondern die freigebige Zuwendung der Gesellschaftsanteile. Grunderwerbsteuerrechtlich ist jedoch der fiktive Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke durch den Anteilserwerber steuerbar. Dieser fiktive Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke beruht ebenso wie der Erwerb der Gesellschaftsanteile auf einer Schenkung.
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b) Der in § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG verwendete Begriff "Grund-stücksschenkungen unter Lebenden" ist nicht so zu verstehen, dass die Vorschrift nur isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken erfasst (vgl. BFH-Urteile vom 13. September 2006 II R 37/05, BFHE 215, 282, BStBl II 2007, 59; in BFHE 215, 286, BStBl II 2007, 409). Die Vorschrift hat den Zweck, die doppelte Belastung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden. Im Hinblick auf diesen Gesetzeszweck hat der BFH den rechtstechnischen Anknüpfungspunkten, die für die Erbschaftsteuer und die Schenkungsteuer unterschiedlich sind, bei einem nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbaren Gesellschafterwechsel durch schenkweise Übertragung der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft keine Bedeutung zugemessen und die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG insoweit gewährt, als die Änderung im Gesellschafterbestand auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 286, BStBl II 2007, 409, m.w.N.). Führt eine schenkweise Anteilsübertragung zur Auflösung einer grundbesitzenden Personengesellschaft, weil ein Gesellschafter die Anteile der anderen Gesellschafter zu Alleineigentum erwirbt, ist der dabei erfolgende Übergang von Grundstücken aus dem Gesellschaftsvermögen in das Alleineigentum des Gesellschafters ebenfalls nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerbefreit (BFH-Urteil in BFHE 215, 282, BStBl II 2007, 59).
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c) Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist auch dann zu gewähren, wenn Gegenstand einer freigebigen Zuwendung ein Anteil an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft ist und durch die Übertragung des Anteils der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt wird.
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aa) Der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, dass in diesem Fall grunderwerbsteuerrechtlich ein Grundstückserwerb von der Gesellschaft und schenkungsteuerrechtlich ein Erwerb des Gesellschaftsanteils von dem früheren Gesellschafter besteuert wird (vgl. Viskorf, Festschrift für Spiegelberger 2009, 518, 522; Teiche, Betriebs-Berater --BB-- 2008, 196, unter III.1.b; Sinewe, GmbH-Rundschau 2007, 558; Ruhwinkel, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2007, 1755; v. Proff zu Irnich, Der Betrieb 2007, 2616, unter VI.; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl., § 3 Rz 119 f.; a.A. koordinierter Ländererlass vom 18. Dezember 2009, DStR 2010, 114). Für die Anwendung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG auch auf Anteilsvereinigungen i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist maßgebend, dass nur ein Lebenssachverhalt --die freigebige Zuwendung eines Anteils an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft-- gegeben ist, der der Schenkungsteuer unterliegt. Die durch die schenkweise Zuwendung eines Anteils ausgelöste Anteilsvereinigung ist --zur Vermeidung der Doppelbelastung-- insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf dieser freigebigen Zuwendung beruht.
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bb) Entsprechendes gilt für die vorhergehenden Anteilserwerbe desjenigen, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen. Beruhen diese Erwerbe auf einer freigebigen Zuwendung, unterliegen sie --unabhängig von ihrer grunderwerbsteuerrechtlichen Relevanz-- der Schenkungsteuer. Tritt durch den letzten Anteilserwerb eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ein, wird die Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand besteuert. Die früher erworbenen Anteile sind jedoch weiterhin damit behaftet, dass ihr Erwerb der Schenkungsteuer unterlag. Nach dem Gesetzeszweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist es deshalb gerechtfertigt, die durch den letzten Anteilserwerb ausgelöste Anteilsvereinigung auch insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf früheren freigebigen Zuwendungen von Anteilen beruht. Insoweit ist unbeachtlich, dass der Lebenssachverhalt --die freigebige Zuwendung eines Anteils einer Kapitalgesellschaft, die nicht zu einer Anteilsvereinigung führt-- grunderwerbsteuerrechtlich erst bedeutsam wird, wenn der Tatbestand der Anteilsvereinigung erfüllt ist. Der Umfang der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG für den fiktiven Grundstückserwerb bestimmt sich damit nicht nur nach dem zuletzt schenkweise übertragenen Anteil, der die Anteilsvereinigung auslöst, sondern danach, inwieweit die Anteile in der Hand des Erwerbers diesem insgesamt freigebig zugewendet wurden.
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Soweit in den BFH-Urteilen vom 31. März 1982 II R 92/81 (BFHE 135, 556, BStBl II 1982, 424) und vom 8. Juni 1988 II R 143/86 (BFHE 153, 428, BStBl II 1988, 785) zur Anwendung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG eine andere Rechtsauffassung vertreten wurde, wird daran nicht mehr festgehalten.
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d) Wird ein Anteil an einer grundbesitzenden GmbH nicht in vollem Umfange unentgeltlich, sondern im Wege einer gemischten Schenkung teilweise entgeltlich auf einen Erwerber übertragen, ist im Falle der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der (fiktive) Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke durch den Erwerber nur insoweit nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerbefreit, als der Anteil i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG freigebig zugewendet wurde.
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aa) Eine freigebige Zuwendung liegt auch vor, wenn einer hö-herwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrages enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige Leistungen aufteilen lässt (sog. gemischte Schenkung, vgl. BFH-Urteil vom 19. Dezember 2007 II R 22/06, BFH/NV 2008, 962, m.w.N.). Über eine --teilweise-- Unentgeltlichkeit und die Frage einer Bereicherung ist dabei nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 II R 60/99, BFHE 197, 260, BStBl II 2002, 165). Bei einer gemischten Schenkung unterliegt der Schenkungsteuer nur der (unselbständige) freigebige Teil der Zuwendung. Dieser Teil ist die Bereicherung i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG und bestimmt sich nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Bereicherung des Bedachten zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers (BFH-Urteil vom 8. Februar 2006 II R 38/04, BFHE 213, 102, BStBl II 2006, 475).
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bb) Hat der Erwerber des Anteils an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft im Rahmen einer gemischten Schenkung Gegenleistungen zu erbringen, ist § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG nur auf den unentgeltlichen Teil des Erwerbs anwendbar (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 282, BStBl II 2007, 59). Der entgeltliche Teil des Erwerbs unterliegt der Grunderwerbsteuer, sofern nicht andere Befreiungsvorschriften eingreifen.
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e) Im Streitfall hat der Kläger von V Anteile an der GmbH im Jahr 1997 in Höhe von 41 % unentgeltlich und am 18. Juni 2008 in Höhe von 59 % mit einem Nennbetrag von 1.298.000 DM (663.656,86 €) gegen Zahlung einer dauernden Last von monatlich 4.000 € erhalten. Soweit die Übertragung der Anteile auf einer freigebigen Zuwendung beruht, ist auch der (fiktive) Grundstückserwerb des Klägers nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei. Eine Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift scheidet jedoch aus, soweit der Kläger für den am 18. Juni 2008 übertragenen Anteil in Höhe von 59 % eine Gegenleistung zu erbringen hat.
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3. Soweit im Streitfall der Anteil an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft entgeltlich erworben wurde, kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG nicht in Betracht.
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a) Nach § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen der Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind. Eine Verwandtschaft in gerader Linie besteht bei Personen, deren eine von der anderen abstammt (§ 1589 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--).
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§ 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG ist eine personenbezogene Steuerbe-freiung, weil sie auf das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber abstellt. Eine solche personenbezogene Steuerbefreiung ist auf die Vereinigung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht anwendbar (vgl. Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl, § 3 Rz 12; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 1 Rz 186; Meßbacher-Hönsch, a.a.O., § 3 Rz 51; Behrens in Festschrift für Schaumburg, S. 1125; a.A. Moench, BB 1982, 1607; Binz/Freudenberg/Sorg, DStR 1990, 751). Denn § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG besteuert einen fiktiven Grundstückserwerb von der Kapitalgesellschaft. Zwischen der Kapitalgesellschaft und demjenigen, der mindestens 95 % der Anteile an der Kapitalgesellschaft hält, kann ein Verwandtschaftsverhältnis nach § 1589 Satz 1 BGB nicht bestehen. Eine Transparenz der Kapitalgesellschaft widerspricht auch dem eindeutigen Regelungswillen des Gesetzgebers (BTDrucks 9/251, S. 18).
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b) Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG kann nicht deshalb gewährt werden, weil der fiktive Grundstückserwerb i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG auf eine Anteilsübertragung zwischen Verwandten in gerader Linie zurückzuführen ist. Anders als bei der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG, die eine Doppelbelastung eines Lebenssachverhalts mit Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer ausschließen soll, ergibt sich aus der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG kein sachlicher Grund dafür, die Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, die auf einer Anteilsübertragung zwischen Verwandten in gerader Linie beruht, wegen des fiktiven Grundstückserwerbs von der Kapitalgesellschaft abweichend vom Wortlaut des § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer zu befreien. Das Verwandtschaftsverhältnis, das für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG maßgeblich ist, liegt zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Erwerber nicht vor.
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c) Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil für Fälle des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG, in denen mindestens 95 % der Anteile einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft von einem Gesellschafter auf einen anderen übertragen werden, die Anwendbarkeit personenbezogener Befreiungsvorschriften bejaht wird (vgl. koordinierter Ländererlass vom 18. Dezember 2009, DStR 2010, 114; Pahlke/Franz, a.a.O., § 3 Rz 14; Hofmann, a.a.O, § 1 Rz 186; Meßbacher-Hönsch, a.a.O., § 3 Rz 55).
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Die auf Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG beschränkte Anwendung des § 3 Nr. 6 GrEStG trägt den sachlichen Unterschieden zwischen einer Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG und einer Anteilsübertragung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG Rechnung (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544, zur Anwendung des § 5 GrEStG bei einer Anteilsvereinigung in der Person einer Gesamthand). § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG besteuern nicht den Erwerb der Anteile als solchen, sondern die durch ihn begründete eigenständige Zuordnung der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke und stellen den Übergang von mindestens 95 % der Anteile einem Grundstücksübergang gleich. Diesen Steuertatbeständen liegt ein (fingierter) Grundstückserwerb von dem die Anteile übertragenden Gesellschafter zugrunde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544). Allein wegen dieser grunderwerbsteuerrechtlichen Fiktion ist die Veräußerung von mindestens 95 % der bereits vereinigten Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft wie eine Veräußerung des Grundstücks selbst zu behandeln (vgl. BFH-Urteil in BFHE 220, 550, BStBl II 2009, 544). Die diese Fiktion begründenden tatbestandlichen Voraussetzungen sind in den Fällen der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) nicht gegeben.
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Dies gilt auch, wenn der Gesellschafter, der die Anteile in mehreren Teilakten auf den Erwerber übertragen hat, zu einem früheren Zeitpunkt zu 100 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen ist. Insoweit ist entscheidend, dass infolge der sukzessiven Anteilsübertragungen die Übertragung von weniger als 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft die Besteuerungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG erfüllt.
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4. Bei einer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Anteilsvereinigung sind die festgestellten Grundbesitzwerte (§ 138 Abs. 2 bis 4 BewG) Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG).
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a) Soweit Anteile gegen Entgelt übertragen wurden, ist § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG eine Sonderregelung zu § 8 Abs. 1 GrEStG, wonach sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung bemisst. Dies schließt es aus, in den Fällen des § 8 Abs. 2 GrEStG die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung zu bemessen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 282, BStBl II 2007, 59).
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b) Wird im Rahmen einer gemischten Schenkung ein Anteil an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft übertragen und dadurch der Tatbestand einer Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt, sind die festgestellten Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzen, soweit sie auf den entgeltlichen (steuerpflichtigen) Teil des Erwerbs entfallen. Für die Berechnung, inwieweit bei einer gemischten Schenkung eines Anteils ein entgeltlicher Erwerb vorliegt, ist das Verhältnis zwischen dem Verkehrswert des Anteils und dem Verkehrswert der hierfür übernommenen Gegenleistung des Erwerbers maßgebend.
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c) Im Hinblick darauf, dass die durch einen schenkweisen Anteilserwerb ausgelöste Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG insoweit steuerfrei ist, als schenkweise Anteilserwerbe vorliegen, und im Übrigen steuerpflichtig ist, muss ermittelt werden, inwieweit die Anteilsvereinigung insgesamt auf schenkweisen bzw. entgeltlichen Anteilserwerben beruht. Dazu ist hinsichtlich aller Anteilserwerbe zunächst festzustellen, inwieweit die Anteile in der Hand des Erwerbers mit den Werten zu den jeweiligen Stichtagen jeweils unentgeltlich bzw. entgeltlich erworben wurden, und zu berechnen, wie viel Prozent der Anteile insgesamt unentgeltlich erworben wurden. Soweit danach insgesamt ein unentgeltlicher Erwerb der Anteile gegeben ist, sind die darauf entfallenden festgestellten Grundbesitzwerte nicht anzusetzen. Soweit der Anteilsvereinigung insgesamt ein entgeltlicher Erwerb von Anteilen zugrunde liegt, sind die darauf entfallenden festgestellten Grundbesitzwerte Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.
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5. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat zwar festgestellt, dass der Kläger Anteile an der GmbH im Jahr 1997 in Höhe von 41 % unentgeltlich erhalten hat; in Höhe von 41 % ist deshalb die Anteilsvereinigung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen lässt sich aber nicht beurteilen, inwieweit der Kläger den zuletzt übertragenen Anteil in Höhe von 59 % entgeltlich bzw. unentgeltlich erworben hat und in welcher Höhe die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer anzusetzen ist. Das FG wird daher den Verkehrswert dieses Anteils und der vom Kläger übernommenen Verpflichtung zur Zahlung einer dauernden Last noch festzustellen haben. Soweit dieser Anteil unentgeltlich übertragen wurde, ist die Anteilsvereinigung ebenfalls steuerbefreit.
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