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BFH 16.02.2012 - IV B 57/11
BFH 16.02.2012 - IV B 57/11 - (Fremdwährungsverbindlichkeiten als Wirtschaftsgut i.S. des § 5a Abs. 4 EStG)
Normen
§ 4 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 5 Abs 1 EStG 1997, § 5a Abs 4 S 1 EStG 1997, § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 34c Abs 4 EStG
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 22. Februar 2011, Az: 8 K 35/08, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Betriebsvermögen i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 1 EStG besteht nicht nur aus positiven, sondern auch aus negativen Wirtschaftsgütern; dementsprechend sind auch Schulden bzw. Verbindlichkeiten Wirtschaftsgüter im ertragssteuerlichen Sinne .
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2. NV: Wirtschaftsgut i.S. des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG können auch Fremdwährungsverbindlichkeiten sein .
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3. NV: Auch Verbindlichkeiten können i.S. des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen; dies gilt jedenfalls für Schulden, die zur Finanzierung des Schiffs aufgenommen werden .
Gründe
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Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist jedenfalls unbegründet. Auch der nach Ablauf der (verlängerten) Frist zur Begründung der Beschwerde eingegangene Schriftsatz der neuen Bevollmächtigten der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) rechtfertigt keine andere Entscheidung.
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1. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.
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a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechts-entwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 21. April 2010 IV B 32/09, BFH/NV 2010, 1469, m.w.N.). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder wenn sie bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 27. Januar 2004 IV B 135/01, BFH/NV 2004, 783, und vom 29. September 2011 IV B 56/10, juris).
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b) Die Beschwerdebegründung zeigt keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf.
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aa) Die Klägerin wendet sich gegen die Auffassung des Finanzgerichts (FG), dass beim Übergang zur Tonnagebesteuerung auch Fremdwährungsverbindlichkeiten in Höhe der Differenz zwischen ihrem Buchwert und ihrem Teilwert in den nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung i.V.m. § 5a Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gesondert und einheitlich festzustellenden Unterschiedsbetrag einzubeziehen seien. Nach § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG ist zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das der erstmaligen Anwendung des Abs. 1 der Vorschrift (Gewinnermittlung nach der Tonnage) vorangeht, für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert in ein besonderes Verzeichnis aufzunehmen. In Gestalt des Unterschiedsbetrags werden die bei Übergang vom Betriebsvermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) zur Tonnagebesteuerung vorhandenen stillen Reserven eines Wirtschaftsguts offen gelegt (näher hierzu z.B. BFH-Urteil vom 19. Juli 2011 IV R 42/10, BFHE 234, 226, BStBl II 2011, 878). Die Klägerin macht geltend, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob auch Fremdwährungsverbindlichkeiten als Wirtschaftsgut i.S. des § 5a Abs. 4 EStG anzusehen sind.
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bb) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist indes geklärt, dass auch Verbindlichkeiten (Schulden) als Wirtschaftsgut im ertragsteuerlichen Sinne anzusehen sind.
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Für Betriebsvermögen i.S. der §§ 4 Abs. 1 Satz 1 und 5 Abs. 1 EStG geht der Große Senat des BFH davon aus, dass dieses nicht nur aus positiven, sondern auch aus negativen Wirtschaftsgütern besteht (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 7. August 2000 GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632, ausführlich auch zum Begriff des Wirtschaftsguts). Dementsprechend sieht der BFH in ständiger Rechtsprechung Schulden bzw. Verbindlichkeiten als negative Wirtschaftsgüter an (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23. März 1998 II R 14/95, BFH/NV 1998, 1334; vom 17. April 2007 IX R 44/05, BFH/NV 2007, 1834; vom 6. Mai 2010 IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261). Auch in dem von der Klägerin angesprochenen Verfahren VIII R 58/07 ist der BFH in seinem Urteil vom 30. November 2010 VIII R 58/07 (BFHE 232, 337, BStBl II 2011, 491) davon ausgegangen, dass eine Darlehensschuld --dort eine Verbindlichkeit in Fremdwährung-- als Wirtschaftsgut in Betracht kommt.
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Die Klägerin trägt keine Gesichtspunkte vor, nach denen für die Auslegung des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG von einem anderen Begriff des Wirtschaftsguts auszugehen wäre. Dagegen spricht vielmehr u.a. der bereits genannte, auch vom FG seiner angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Zweck der Vorschrift, in dem Unterschiedsbetrag alle stillen Reserven, die bei Übergang zur sog. Tonnagebesteuerung vorhanden sind, zu erfassen.
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cc) Die Beschwerdebegründung zeigt auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, soweit sie in Frage stellt, dass Verbindlichkeiten i.S. des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen können.
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(1) Unmittelbar dem Betrieb eines Handelsschiffs dienen als negative (passive) Wirtschaftsgüter jedenfalls Schulden, die zur Finanzierung des Handelsschiffs aufgenommen werden. Ein solcher Finanzierungszusammenhang begründet wirtschaftlich einen hinsichtlich des Betriebs des Handelsschiffs unmittelbar dienenden Charakter der Schuld. Entsprechend wird in der Literatur --soweit ersichtlich einhellig und im Einklang mit der Verwaltungsauffassung (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 12. Juni 2002 IV A 6 -S 2133a- 11/02, BStBl I 2002, 614, Rz 21, i.d.F. des BMF-Schreibens vom 31. Oktober 2008 IV C 6 -S 2133- a/07/10001, BStBl I 2008, 956)-- zum Teil ausdrücklich, jedenfalls aber sinngemäß davon ausgegangen, dass auch die Finanzierung des Schiffs unmittelbar dem Schiffsbetrieb dient (vgl. z.B. Blümich/Hofmeister, § 5a EStG Rz 80; Tonner in Bordewin/Brandt, § 5a EStG Rz 41; Voß in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5a EStG Rz 71 unter Fremdwährungsverbindlichkeiten; Gosch in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 5a Rz 12; Hennrichs/Kuntschik, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 5a Rz E 6; Dahm in Lademann, EStG, § 5a EStG Rz 98; Weiland in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 5a Rz 140; Schmidt/Seeger, EStG, 30. Aufl., § 5a Rz 17); die Klägerin setzt sich indes mit Literaturmeinungen nicht auseinander.
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(2) Auch soweit sich die Klägerin auf "§ 34c Abs. 4 EStG a.F." --sinngemäß in seiner vor 1974 gültigen Fassung-- beruft, legt sie keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar. Vor 1974 waren nach § 34c Abs. 4 EStG nur solche Einkünfte begünstigt, die unmittelbar aus Beförderungsleistungen eines deutschen Schiffs im internationalen Verkehr herrührten; deshalb minderten Zinsaufwendungen für Fremdmittel zum Erwerb eines neuen Schiffs die begünstigten Einkünfte nicht (näher dazu BFH-Urteil vom 24. November 1983 IV R 74/80, BFHE 139, 569, BStBl II 1984, 155, unter 2.b aa der Entscheidungsgründe, m.w.N.). Jene Rechtslage war indes der heutigen zu § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht vergleichbar. Erst nach Satz 3 der nachfolgend gültigen Neufassung des § 34c Abs. 4 EStG gehörten zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr auch die mit dem Betrieb und der Vercharterung von Handelsschiffen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Neben- und Hilfsgeschäfte. Für die ab 1974 gültige Rechtslage ist der erkennende Senat indes davon ausgegangen, dass Zinsaufwendungen für Anschaffungskredite zum Erwerb eines Seeschiffs nunmehr auch die tarifermäßigten Schifffahrtseinkünfte minderten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 139, 569, BStBl II 1984, 155). Dies setzt --worauf der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) zutreffend hingewiesen hat-- voraus, dass auch die Finanzierung eines Seeschiffs zu den mit dem Betrieb und der Vercharterung von Handelsschiffen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Neben- und Hilfsgeschäften gezählt wird. Deshalb lässt sich auch aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 34c Abs. 4 EStG a.F. nichts für eine Auslegung des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG im Sinne der Klägerin herleiten.
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dd) Soweit die Klägerin eine (vermeintlich) fehlerhafte Tatsachenwürdigung und Rechtsanwendung durch das FG rügt, kann vorliegend auch damit die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (z.B. BFH-Beschluss vom 30. Mai 2008 IX B 216/07, BFH/NV 2008, 1510).
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2. Aus den vorstehenden Gründen ist auch keine höchstrichterliche Entscheidung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) erforderlich.
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3. Von einer weiteren Begründung, insbesondere der Darstellung des Sachverhalts, wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.
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