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BFH 05.10.2010 - IX S 7/10
BFH 05.10.2010 - IX S 7/10 - Anhörungsrüge: Sitzungsprotokoll, Inhalt und Beweiskraft - Verspätetes Vorbringen unbeachtlich
Normen
Art 103 Abs 1 GG, § 96 Abs 2 FGO, § 133a Abs 2 S 1 FGO, § 133a Abs 2 S 5 FGO, § 133a Abs 4 S 2 FGO, § 133a Abs 4 S 3 FGO, § 160 Abs 1 ZPO, § 160 Abs 2 ZPO, § 160 Abs 3 ZPO, § 160 Abs 4 ZPO, § 164 ZPO, § 165 S 1 ZPO, § 165 S 2 ZPO, § 295 ZPO
Vorinstanz
vorgehend BFH, 19. Mai 2010, Az: IX B 198/09, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Ein Sitzungsprotokoll muss über die in § 160 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO ausdrücklich aufgeführten Punkte hinaus alle wesentlichen Vorgänge der Verhandlung enthalten. Dazu zählen u.a. Prozessanträge wie ein Beweisantrag oder prozessleitende Verfügungen wie eine vom FG gesetzte Erklärungs-, Nachreichungs- oder Schriftsatzfrist .
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2. NV: Schweigt das Protokoll zu vom Kläger behaupteten Verfahrensverstößen, liefert es den Beweis dafür, dann ein bestimmter Antrag vom Kläger nicht gestellt wurde oder ein bestimmter Vorgang (z.B. eine Rüge) nicht stattgefunden hat und ein diesbezüglicher Verfahrensmangel im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr geltend gemacht werden kann .
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3. NV: Nach Ablauf der Rügefrist des § 133a Abs. 2 Satz 1 FGO und damit verspätet vorgebrachtes Vorbringen ist, soweit es nicht nur erläuternder, ergänzender oder vervollständigender Natur ist, unbeachtlich .
Gründe
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Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Sätze 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es bleibt dahingestellt, ob die geltend gemachte Gehörsverletzung hinreichend i.S. von § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO dargelegt wurde (vgl. dazu Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. März 2009 VI S 2/09, BFH/NV 2009, 1131; vom 8. April 2010 IX S 22/09, BFH/NV 2010, 1299).
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1. Der Anspruch des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) wurde im Beschwerdeverfahren nicht verletzt.
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Ein Sitzungsprotokoll (zu dessen Beweiskraft: § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--) muss über die in § 160 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO ausdrücklich aufgeführten Punkte hinaus alle wesentlichen Vorgänge der Verhandlung enthalten (§ 160 Abs. 2, § 165 Satz 1 ZPO). Dazu zählen u.a. Prozessanträge wie ein Beweisantrag (BFH-Beschluss vom 25. April 2001 I B 137-138/00, BFH/NV 2001, 1565; Schallmoser in Hübschmann/ Hepp/Spitaler --HHSp--, § 94 FGO Rz 19) oder prozessleitende Verfügungen wie eine vom Gericht gesetzte Erklärungs-, Nachreichungs- oder Schriftsatzfrist (Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, Zivilprozessordnung, 68. Aufl., § 160 Rz 7; Musielak/Stadler, ZPO, § 160 Rz 3; Schallmoser in HHSp, § 94 FGO Rz 19). Schweigt das Protokoll zu vom Kläger behaupteten Verfahrensverstößen, liefert es den Beweis dafür, dass ein bestimmter Antrag vom Kläger nicht gestellt wurde oder ein bestimmter Vorgang (z.B. eine Rüge) nicht stattgefunden hat (vgl. Schallmoser in HHSp, § 94 FGO Rz 19) und ein diesbezüglicher Verfahrensmangel im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr geltend gemacht werden kann.
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Ausweislich des hier maßgebenden Protokolls wurde "die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten eingehend erörtert", die von den Beteiligten gestellten Sachanträge wurden --"vorgelesen und genehmigt"-- protokolliert. Indes wurde weder ein Beweisantrag zur Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin noch ein solcher zur Vorlage von (weiteren) Kontoauszügen noch ein Beschluss zur Gewährung einer die Kontoauszüge betreffenden Schriftsatzfrist ins Protokoll aufgenommen. Auch wurde nicht vorgetragen, dass die Protokollierung einer diesbezüglichen Rüge des Klägers wegen Nicht-Protokollierung und auch die "kategorische" Ablehnung der (vermeintlich) beantragten Beweiserhebung bzw. weiteren Sachaufklärung vom Kläger verlangt worden ist oder weshalb solche Rügen in der mündlichen Verhandlung nicht möglich waren (vgl. BFH-Beschluss vom 4. September 2009 IX B 81/09, BFH/NV 2010, 50). Zudem wurde --im Falle der Weigerung des Finanzgerichts (FG), die Protokollierung vorzunehmen-- ein Antrag auf Protokollberichtigung (vgl. § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4, § 164 ZPO) weder gestellt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. September 2003 XI B 167/01, BFH/NV 2004, 212, unter 3.; vom 6. April 2006 XI S 21/05, BFH/NV 2006, 1330) noch der Nachweis der Fälschung des Protokolls (vgl. § 94 FGO i.V.m. § 165 Satz 2 ZPO) geführt.
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Gleichwohl hat der --in der mündlichen Verhandlung vor dem FG rechtskundig vertretene-- Kläger rügelos zur Sache verhandelt und damit sein Rügerecht verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO). Daher konnte und durfte (mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen) die (vermeintliche) Nichtberücksichtigung von Beweismitteln im Beschwerdeverfahren nicht überprüft werden; es ist zudem Sache des FG als Tatsacheninstanz, vorgelegte Kontoauszüge sachlich zu prüfen, nicht die des BFH im Beschwerdeverfahren.
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Im Übrigen sind die nach Ablauf der Rügefrist des § 133a Abs. 2 Satz 1 FGO und damit verspätet vorgebrachten Ausführungen im Schriftsatz vom 14. September 2010, soweit sie nicht nur erläuternder, ergänzender oder vervollständigender Natur sind, unbeachtlich (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juli 2009 X S 53/08, Zeitschrift für Steuern & Recht 2009, R 911, unter II.2.).
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2. Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes).
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3. Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 133a Abs. 4 Satz 3 FGO).
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