Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Anlage I Ziff. 2 § 3 MVV-RL
Anlage I Ziff. 2 § 3 MVV-RL, Therapieziele im Sinne des § 27 SGB V, Indikationsstellung und Therapiekonzept
(1) Ziele der substitutionsgestützten Behandlung sind:
- - Sicherstellung des Überlebens,
- - Stabilisierung und Besserung des Gesundheitszustandes,
- - Unterstützung der Behandlung somatischer und psychischer Begleiterkrankungen,
- - Reduktion riskanter Applikationsformen von Opioiden,
- - Reduktion des Konsums unerlaubt erworbener oder erlangter Opioide,
- - Reduktion des Gebrauchs weiterer Suchtmittel,
- - Abstinenz von unerlaubt erworbenen und erlangten Opioiden,
- - Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit bedingten Risiken für Mutter und Kind während einer Schwangerschaft sowie während und nach der Geburt,
- - Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität.
(2) Mittelbar können über das Erreichen der in Absatz 1 festgelegten, gesundheitsbezogenen Therapieziele im Sinne des § 27 SGB V auch die gesellschaftspolitischen Ziele Reduktion der Straffälligkeit und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und am Arbeitsleben erreicht werden, die nicht Bestandteil der Krankenbehandlung nach § 27 SGB V sind.
(3) Ob und in welchem Zeitrahmen diese Ziele auch jeweils einzeln erreicht werden können, hängt wesentlich von der individuellen Situation der oder des Opioidabhängigen ab. Die aufgeführten Ziele sind nicht konsekutiv zu verstehen. Nach Erreichung und Stabilisierung von Therapiezielen soll die Patientin oder der Patient auf weitere, realistischerweise erreichbare Therapieziele angesprochen, für diese motiviert und es sollen unterstützende Begleitmaßnahmen vereinbart werden.
(4) Gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 BtMVV soll im Rahmen der ärztlichen Therapie eine Opioidabstinenz angestrebt werden. Im Zuge von zielorientierten motivierenden Gesprächen soll dementsprechend eine Opioidabstinenz thematisiert und die Ergebnisse der Gespräche dokumentiert werden.
(5) Voraussetzung für die Einleitung und Fortführung einer substitutionsgestützten Behandlung ist eine Opioidabhängigkeit, die Folge eines Missbrauchs von erlaubt erworbenen oder von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden ist. Eine Opioidabhängigkeit, die als unerwünschte Nebenwirkung rechtmäßig verschriebener und erworbener Opioide auftritt, ohne dass ein Missbrauch vorliegt, ist keine Indikation für eine Substitution entsprechend dieser Richtlinie. Für die Feststellung einer Opioidabhängigkeit ist die Internationale Klassifikation psychischer Störungen (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme; 10. Revision, German Modification [ICD-10-GM]) maßgeblich.
(6) Neben der Abklärung des Vorliegens einer Opioidabhängigkeit umfasst die Indikationsstellung für eine Substitutionsbehandlung die Berücksichtigung vorliegender Kontraindikationen sowie die jeweils individuelle Situation. Hierbei sind unter Berücksichtigung der Motivationslage der Patientin oder des Patienten der Nutzen einer Substitutionsbehandlung gegenüber einer abstinenzorientierten Suchttherapie und den Gefahren eines unkontrollierten Drogenkonsums abzuwägen. Besondere Sorgfalt bei der Indikationsstellung ist bei Jugendlichen und Heranwachsenden sowie bei erst kürzer als einem Jahr abhängigen Patientinnen oder Patienten geboten und in der Behandlungsdokumentation zu begründen. Eine psychosoziale Betreuung sollte bei dieser Zielgruppe regelhaft mit einbezogen werden. In begründeten Fällen kann eine Substitutionsbehandlung auch bei derzeit nicht konsumierenden opioidabhängigen Patientinnen oder Patienten mit hohem Rückfall- und Mortalitätsrisiko — z. B. Personen nach Haftentlassung — eingeleitet werden. Während und nach der Schwangerschaft opioidabhängiger Patientinnen ist die Substitutionstherapie die Behandlung der Wahl.
(7) Bei einer schweren Opioidabhängigkeit kann eine substitutionsgestützte Behandlung mit Diamorphin indiziert sein. Für die Substitution mit Diamorphin gelten ergänzend folgende Voraussetzungen (§ 5a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 bis 4 BtMVV):
- - bei der Patientin oder dem Patienten liegt eine seit mindestens 5 Jahren bestehende Opioidabhängigkeit, verbunden mit schwerwiegenden somatischen und psychischen Störungen bei derzeit überwiegend intravenösem Konsum vor,
- - es liegt ein Nachweis über 2 erfolglos beendete Behandlungen der Opioidabhängigkeit vor, davon eine mindestens 6-monatige Behandlung gemäß § 5 BtMVV einschließlich psychosozialer Betreuungsmaßnahmen,
- - die Patientin oder der Patient hat das 23. Lebensjahr vollendet.
(8) Folgende ärztliche Maßnahmen sind bei Einleitung und soweit indiziert während einer Substitutionsbehandlung erforderlich:
- - eine ausführliche Anamnese (insbesondere Suchtanamnese und anamnestische Erfassung somatischer und psychischer Begleit- und Folgeerkrankungen) mit Erhebung relevanter Vorbefunde, insbesondere über bereits erfolgte Suchttherapien, sowie über parallellaufende Mitbehandlungen,
- - eine eingehende Untersuchung einschließlich qualitativer und ggf. quantitativer Substanzbestimmungen (Drogenscreening) unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit der Untersuchungen,
- - ggf. der Austausch mit Vorbehandlern (nach entsprechender Schweigepflichtsentbindung),
- - die Abklärung begleitender somatischer Erkrankungen, insbesondere kardialer, hepatologischer, pneumologischer und infektiöser Erkrankungen,
- - die Abklärung einer evtl. bestehenden Schwangerschaft,
- - die Abklärung der aktuellen Lebenssituation und ggf. vorliegender psychosozialer Belastungen unter Hinzuziehung der ggf. vorhandenen psychosozialen Betreuung.
(9) Das umfassende Therapiekonzept adressiert die unter § 3 genannten Therapieziele und beinhaltet:
- - die zeitliche und qualitative Festlegung der Therapieziele,
- - die Auswahl und die Dosierung des Substitutionsmittels,
- - die Ermittlung des Bedarfs der psychosozialen Betreuung und ggf. die Vermittlung in bedarfsgerechte psychosoziale Betreuungsmaßnahmen; eine psychosoziale Betreuung soll der Patientin oder dem Patienten regelhaft empfohlen werden,
- - die ggf. notwendigen psychiatrischen und/oder psychotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen,
- - die Bewertung des Therapieverlaufs anhand der mit der Patientin oder dem Patienten vereinbarten Therapieziele im Rahmen von Verlaufs- und Ergebniskontrollen einschließlich unangekündigter Beigebrauchskontrollen,
- - den Abschluss einer Behandlungsvereinbarung mit der Patientin oder dem Patienten.
(10) Die substituierende Ärztin oder der substituierende Arzt überprüft und dokumentiert gemäß § 6 die Entwicklung der Patientin oder des Patienten hinsichtlich der Ziele der Substitutionsbehandlung sowie der weiteren medizinischen Maßnahmen des vorgesehenen Therapiekonzeptes.
(11) Die Substitution mit Diamorphin ist nach jeweils spätestens 2 Jahren Behandlungsdauer daraufhin zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Behandlung noch gegeben sind und ob die Behandlung fortzusetzen ist. Die Überprüfung erfolgt durch Einholung einer Zweitmeinung durch eine Ärztin oder einen Arzt, die oder der die Qualifikation gemäß § 5 Absatz 3 in Verb. mit § 5a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 BtMVV besitzt und die oder der nicht der Einrichtung angehört. Ergibt diese Überprüfung, dass die Voraussetzungen für die Behandlung nicht mehr gegeben sind, ist die diamorphingestützte Behandlung zu beenden.
Kontakt zur AOK Nordost
AOK-Service-Telefon
Formulare
E-Mail-Service