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BAG 30.03.2023 - 2 AZR 309/22
BAG 30.03.2023 - 2 AZR 309/22 - Wartezeitkündigung - Maßregelungsverbot
Normen
§ 134 BGB, § 138 Abs 1 BGB, § 242 BGB, § 612a BGB, Art 2 Abs 1 GG, Art 2 Abs 2 GG, Art 1 Abs 1 GG, Art 30 EUGrdRCh
Vorinstanz
vorgehend ArbG Ludwigshafen, 18. November 2021, Az: 8 Ca 1008/21, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 7. Juli 2022, Az: 5 Sa 461/21, Urteil
Leitsatz
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Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften Medizinischen Fachangestellten zum Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Juli 2022 - 5 Sa 461/21 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung in der Wartezeit.
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Die Klägerin arbeitete seit dem 1. Februar 2021 als Medizinische Fachangestellte bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, und wurde in der Patientenversorgung eingesetzt. Die Klägerin war nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft und nahm entsprechende Impfangebote der Beklagten nicht wahr. Von 3.100 Arbeitnehmern waren nach Angaben der Beklagten 250 bis Mitte November 2021 nicht gegen die von dem Virus verursachte Krankheit Covid-19 geimpft.
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Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit einem der Klägerin nach ihren Angaben am 24. Juli 2021 zugegangenen Schreiben vom 22. Juli 2021 ordentlich zum 31. August 2021. Zuvor hatte die Beklagte dem bei ihr gebildeten Betriebsausschuss mit Schreiben vom 28. Juni 2021 ua. mitgeteilt:
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„Da das Klinikum seine Beschäftigten, insbesondere aber auch seine Patientinnen und Patienten so gut wie nur möglich davor schützen möchte, dass diese im Klinikum mit Covid 19 angesteckt werden, wird von der Klinikleitung grundsätzlich erwartet, dass das Personal - insbesondere soweit es zu Patientinnen und Patienten unmittelbaren Kontakt hat wie hier - vom Angebot der Impfung gegen Covid 19 Gebrauch macht.
Im Rahmen einer Interessenabwägung zwischen den Rechten der Beschäftigten und dem Interesse des Klinikums an einem soweit wie überhaupt möglichen Gesundheitsschutz hat sich das Klinikum entschieden, dem Gesundheitsschutz Vorrang einzuräumen und das Arbeitsverhältnis mit Frau D während der Zeit eines nicht bestehenden Kündigungsschutzes durch Kündigung zu beenden.“
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Die Klägerin hat mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage geltend gemacht, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Ihr Arbeitsverhältnis sei gekündigt worden, weil sie sich nicht gegen das Coronavirus habe impfen lassen. Hierzu sei sie zum Zeitpunkt der Kündigung weder gesetzlich noch arbeitsvertraglich verpflichtet gewesen. Die Beklagte verhalte sich zudem widersprüchlich, wenn sie andere nicht geimpfte Arbeitnehmer weiterbeschäftige. Die Kündigung erweise sich auch unter verfassungs-, unions- und völkerrechtlichen Gesichtspunkten als unwirksam. Das Infektionsrisiko der Patienten und der übrigen Beschäftigten hätte durch andere Maßnahmen minimiert werden können.
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Die Klägerin hat erstinstanzlich - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - sinngemäß beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22. Juli 2021 nicht beendet worden ist.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
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Das Arbeitsgericht hat der gegen die Kündigung gerichteten Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin insoweit die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Kündigung vom 22. Juli 2021 nicht wegen Verstoßes gegen §§ 612a iVm. 134 BGB oder §§ 242, 138 Abs. 1 BGB nichtig. Auf weitere Unwirksamkeitsgründe hat sich die Klägerin nicht berufen. Dies hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt. Der Senat hatte wegen der nicht erfüllten Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG insbesondere nicht die soziale Rechtfertigung der Kündigung iSv. § 1 KSchG zu prüfen.
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I. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die von der Beklagten erklärte Kündigung sei nicht gemäß §§ 612a iVm. 134 BGB nichtig, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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1. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Das Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob ein Recht ausgeübt wird oder nicht. Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB liegt vor, wenn die zulässige Rechtsausübung des Arbeitnehmers der tragende Beweggrund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme ist. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet. Handelt der Arbeitgeber aufgrund eines Motivbündels, so ist auf das wesentliche Motiv abzustellen. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann eine Maßnahme iSv. § 612a BGB sein (vgl. BAG 18. November 2021 - 2 AZR 229/21 - Rn. 28 mwN).
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2. Der klagende Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 612a BGB und damit auch für den Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Maßnahme und zulässiger Rechtsausübung. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, der auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitgebers und einer vorangegangenen zulässigen Ausübung von Rechten hindeutet. Der Arbeitgeber muss sich nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag erklären. Sind entscheidungserhebliche Behauptungen des Arbeitnehmers streitig, sind grundsätzlich die von ihm angebotenen Beweise zu erheben. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung oder Nichtüberzeugung des Berufungsgerichts von der Kausalität zwischen der zulässigen Rechtsausübung und der benachteiligenden Maßnahme kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 18. November 2021 - 2 AZR 229/21 - Rn. 29 mwN; ebenso zur Würdigung der vom Landesarbeitsgericht gewonnenen Überzeugung einer Kausalität zwischen einem nach § 1 AGG verpönten Merkmal und einem Nachteil BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29, BAGE 152, 134).
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3. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Kündigung der Beklagten nicht wegen der Weigerung der Klägerin, sich einer Impfung gegen das Coronavirus zu unterziehen, erklärt worden ist. Die Revision zeigt diesbezüglich weder einen Rechtsfehler auf noch wäre er im Übrigen zu erkennen.
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a) Nach den von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 559 Abs. 2 ZPO) Feststellungen des Berufungsgerichts war nicht die Geltendmachung von Rechten durch die Klägerin - nämlich die („bloße“) Ablehnung einer Impfung gegen das Coronavirus, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung für Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich noch nicht gemäß § 20a IfSG verpflichtend war - das wesentliche Motiv für die Kündigung, sondern der von der Beklagten beabsichtigte bestmögliche Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion. Für diesen Beweggrund spricht insbesondere das an den Betriebsausschuss gerichtete Schreiben der Beklagten vom 28. Juni 2021. Damit fehlt es an der für § 612a BGB erforderlichen Kausalität zwischen ausgeübtem Recht und benachteiligender Maßnahme.
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b) Es ist weder ersichtlich noch von der Revision aufgezeigt, dass die Beklagte die Kündigung vom 22. Juli 2021 aus anderen Beweggründen und insbesondere als „Racheakt“ für eine zulässige Rechtsausübung der Klägerin erklärt hat. Für eine solche Annahme ergeben sich auch aus den umfangreichen Ausführungen der Revision zu dem mit einer Impfung verbundenen Eingriff in ihre körperliche Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) keine Anhaltspunkte (vgl. zur Unzulässigkeit des „Austauschs“ des Kündigungsmotivs BAG 23. April 2009 - 6 AZR 189/08 - Rn. 12, BAGE 130, 347). Ebenso wird das vom Landesarbeitsgericht festgestellte Kündigungsmotiv der Beklagten - der beabsichtigte optimale Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion - nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit einer Covid-19-Schutzimpfung in Abrede stellt. Gänzlich ohne Fallbezug sind schließlich ihre Ausführungen in der Revisionsbegründung zum Inhalt des Direktionsrechts der Beklagten (§ 106 GewO). Anders als die Klägerin möglicherweise meint, kommt es für die Wirksamkeit einer Kündigung in der Wartezeit nicht darauf an, ob sie gegen ihr obliegende Pflichten verstoßen hat oder sie aus Gründen, die in ihrer Person liegen, nicht für die vereinbarte Tätigkeit geeignet wäre (vgl. APS/Preis 6. Aufl. Grundlagen J. Rn. 56).
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c) Das Landesarbeitsgericht musste das Kündigungsmotiv der Beklagten auch nicht deshalb in Zweifel ziehen, weil diese eine Vielzahl nicht gegen SARS-CoV-2 geimpfter Arbeitnehmer weiterbeschäftigte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts konnten deren Arbeitsverhältnisse - anders als das der Klägerin - nicht durch eine Kündigung in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG, sondern allenfalls nach Maßgabe der weiteren, hier nicht zu erörternden Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 KSchG beendet werden.
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II. Die Kündigung der Beklagten vom 22. Juli 2021 ist weder aus anderen als den von § 612a BGB erfassten Gründen nach § 138 Abs. 1 BGB noch wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, nichtig.
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1. Für die Bestimmung des Inhalts und der Grenzen eines Kündigungsschutzes außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes sind die grundrechtlichen Schutzpflichten und ihre Bedeutung zu berücksichtigen.
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a) Das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes ist durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt. Das Grundrecht gewährt zwar keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Disposition. Insofern obliegt dem Staat aber eine aus dem Grundrecht folgende Schutzpflicht, der die geltenden Kündigungsschutzvorschriften Rechnung tragen. Wo dessen Bestimmungen indes nicht greifen, sind die Arbeitnehmer durch die zivilrechtlichen Generalklauseln (§ 138 Abs. 1, § 242 BGB) vor einer sitten- oder treuwidrigen Kündigung des Arbeitgebers geschützt. Im Rahmen dieser Generalklauseln ist auch der objektive Gehalt der Grundrechte zu beachten (BVerfG 21. Juni 2006 - 1 BvR 1659/04 - zu III 1 a aa der Gründe; BAG 5. Dezember 2019 - 2 AZR 107/19 - Rn. 13).
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b) Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Der durch die Generalklauseln vermittelte Schutz darf allerdings auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht dazu führen, dass außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes dem Arbeitgeber praktisch die dem Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden. Dies gilt nicht nur im Kleinbetrieb, sondern auch für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der Wartezeit gemäß § 1 Abs. 1 KSchG (vgl. BVerfG 21. Juni 2006 - 1 BvR 1659/04 - zu III 1 a bb (1) der Gründe). Das Vertrauen des Arbeitnehmers in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ist in diesem Zeitraum dadurch beschränkt, dass dieser hier mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne den Nachweis von Gründen rechnen muss. Umgekehrt hat der Arbeitgeber bei der Einstellung eines Arbeitnehmers regelmäßig ein berechtigtes Interesse daran, prüfen zu können, ob der neue Mitarbeiter seinen Vorstellungen entspricht. Diese Grundsätze gelten auch bei einer Einstellung im öffentlichen Dienst (vgl. BVerfG 21. Juni 2006 - 1 BvR 1659/04 - zu III 1 a bb (2) der Gründe).
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2. Die Kündigung ist nicht aus anderen als den von § 612a BGB erfassten Gründen nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.
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a) Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig iSv. § 138 Abs. 1 BGB, wenn es nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht. Verstößt das Rechtsgeschäft - wie eine an sich neutrale Kündigung (BAG 5. Dezember 2019 - 2 AZR 107/19 - Rn. 11; 21. März 1980 - 7 AZR 314/78 - zu II 3 der Gründe) - nicht bereits seinem Inhalt nach gegen die grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung, muss ein persönliches Verhalten des Handelnden hinzukommen, welches diesem zum Vorwurf gemacht werden kann. Hierfür genügt es im Allgemeinen nicht, dass vertragliche Pflichten verletzt werden. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln oder der zutage tretenden Gesinnung ergeben kann (BGH 16. Juli 2019 - II ZR 426/17 - Rn. 24). Der Willkürvorwurf scheidet aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt (BAG 5. Dezember 2019 - 2 AZR 107/19 - Rn. 17; 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - zu B III 1 b der Gründe). Eine Kündigung, die einen legitimen Zweck verfolgt, ist nicht willkürlich.
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b) Die Kündigung der Beklagten genügt diesen Anforderungen. Das von ihr mit der Kündigung verfolgte Motiv, einen möglichst umfassenden Gesundheitsschutz für Patienten und die Belegschaftsangehörigen durch die Beschäftigung von gegen das Coronavirus geimpften Arbeitnehmern zu erreichen (vgl. Rn. 13), verfolgt einen legitimen Zweck (vgl. zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht BVerfG 27. April 2022 - 1 BvR 2649/21 - Rn. 153, BVerfGE 161, 299). Anhaltspunkte für das Vorliegen von Tatsachen, aus denen eine besondere Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten folgen könnte, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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3. Die Unwirksamkeit der Kündigung folgt auch nicht aus § 242 BGB. Die Beklagte hat sich nicht rechtsmissbräuchlich selbstwidersprüchlich verhalten (zu den Anforderungen vgl. BAG 23. Januar 2018 - 3 AZR 448/16 - Rn. 38, BAGE 161, 335), indem sie anderen, nicht geimpften Beschäftigten nicht gekündigt hat, da diese die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG absolviert hatten und mit der Klägerin nicht vergleichbar sind. Ferner liegt auch unter Berücksichtigung des objektiven Gehalts der Grundrechte (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 392/08 - Rn. 37 mwN) kein Verstoß gegen die zivilrechtliche Generalklausel vor.
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a) Die Beklagte, die als gemeinnützige GmbH in kommunaler Trägerschaft ein Krankenhaus betreibt, ist allerdings selbst nicht grundrechtsfähig (vgl. BVerfG 25. Oktober 2018 - 1 BvR 1689/16 - Rn. 2), so dass nicht im Wege praktischer Konkordanz kollidierende Grundrechtspositionen der Parteien in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so zu begrenzen sind, dass sie möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. BVerfG 11. April 2018 - 1 BvR 3080/09 - Rn. 32, BVerfGE 148, 267; 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - zu B I 3 a der Gründe, BVerfGE 97, 169). Doch ist der von der Beklagten bezweckte Schutz hochwertiger Rechtsgüter Dritter - das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der Patienten und der anderen Belegschaftsangehörigen (vgl. BVerfG 21. Juli 2022 - 1 BvR 469/20 ua. - Rn. 131, 146) - bei der Abwägung mit der Grundrechtsposition der Klägerin zu berücksichtigen.
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b) Die Beklagte hat den sich aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden Grundrechtsschutz der Klägerin auf Beibehaltung ihres Arbeitsplatzes sowie auf körperliche Selbstbestimmung bzw. Unversehrtheit nicht unberücksichtigt gelassen.
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aa) Es lag in der freien Entscheidung der Klägerin, ob sie von den Impfangeboten der Beklagten Gebrauch macht oder sich an anderer Stelle einer Impfung gegen das Coronavirus unterzieht. Allerdings hat die Beklagte diejenigen Arbeitnehmer, die wegen der Nichterfüllung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG die Voraussetzungen für den allgemeinen Kündigungsschutz nicht erfüllt hatten, wegen ihres geringen Bestandsschutzes de facto vor die Wahl gestellt, entweder ihre bisherige Tätigkeit aufzugeben oder aber in die Beeinträchtigung ihrer durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten körperlichen Integrität einzuwilligen (BVerfG 27. April 2022 - 1 BvR 2649/21 - Rn. 209, BVerfGE 161, 299). Da es indes nicht um eine mit Zwang durchsetzbare Impfpflicht, sondern nur um den Nachteil der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in der Wartezeit gemäß § 1 Abs. 1 KSchG geht, ist das Gewicht eines grundrechtlichen Eingriffs abgemildert (vgl. BVerfG 21. Juli 2022 - 1 BvR 469/20 ua. - Rn. 145).
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bb) Dem stehen die ebenso durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Interessen der auf medizinische Leistungen angewiesenen Patienten der Beklagten gegenüber, die entweder nicht oder allenfalls eingeschränkt in der Lage waren, ihr Infektionsrisiko durch eine Impfung selbst zu reduzieren. Sie waren - worauf das Bundesverfassungsgericht in seiner ebenfalls zur seinerzeit vorherrschenden „Delta-Variante“ von SARS-CoV-2 ergangenen Entscheidung vom 27. April 2022 betreffend eine epidemische Lage von nationaler Tragweite iSv. § 5 IfSG zu Recht abgestellt hat - in ungleich größerem Ausmaß als andere Personen darauf angewiesen, dass Übertragungsketten frühzeitig unterbrochen werden. Die Inanspruchnahme der Leistungen eines Krankenhauses steht ganz überwiegend nicht zur freien Disposition dieser Personen, sondern betrifft typischerweise ihre essentiellen Grundbedürfnisse. Dementsprechend können sich die dort behandelten Menschen nicht ohne Weiteres von solchen Einrichtungen und Unternehmen und den dort Tätigen fernhalten, um dadurch ihr Risiko zu senken, sich mit dem Coronavirus zu infizieren (BVerfG 27. April 2022 - 1 BvR 2649/21 - Rn. 218, BVerfGE 161, 299). Die Beklagte durfte - wie nachfolgend der Gesetzgeber des § 20a IfSG - davon ausgehen, dass eine Impfung gegen das Coronavirus bei Personen, die im medizinischen Bereich eines Krankenhauses tätig sind, zum bestmöglichen Schutz des Lebens und der Gesundheit vulnerabler Menschen beitragen kann (BVerfG 27. April 2022 - 1 BvR 2649/21 - Rn. 171 ff., aaO).
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cc) Danach ist es auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Klägerin nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte von der ihr zur Verfügung stehenden erleichterten Lösungsmöglichkeit während der Wartezeit Gebrauch macht und das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet. Ihre mit der Kündigung verfolgten Motive waren nicht sachfremd und ohne Bezug zum Arbeitsverhältnis. Die Kündigungsentscheidung berücksichtigt den sich aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden objektiven Gehalt der Grundrechte der Klägerin wie auch der Patienten ihres Krankenhauses. Die Beklagte durfte angesichts des in der Wartezeit nur eingeschränkt bestehenden Vertrauens der Klägerin in den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses den Schutzinteressen der Patienten den Vorzug geben und das Vertragsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung beenden. Insofern beruft sich die Klägerin ohne Erfolg darauf, dass es mildere Mittel gegeben habe, um die Infektion von Patienten oder anderen Beschäftigten zu vermeiden. Die Beklagte durfte sich davon leiten lassen, diesen Personengruppen einen „so gut wie nur möglichen“ Schutz zu gewährleisten.
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4. Es kann vorliegend dahinstehen, ob überhaupt ein Eingriff in das Grundrecht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) vorliegt (vgl. zu vom Arbeitgeber angeordneten PCR-Tests BAG 1. Juni 2022 - 5 AZR 28/22 - Rn. 48 ff.). Aus den tatbestandlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergibt sich bereits nicht, dass der Impfstatus der Klägerin gegen ihren Willen oder aufgrund einer unwirksamen Einwilligung rechtswidrig offenbart worden ist.
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5. Soweit sich die Klägerin auf einen Verstoß gegen Art. 30 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union beruft, verkennt sie, dass der Schutz vor ungerechtfertigten Entlassungen durch unionsrechtlich nicht vollständig determiniertes innerstaatliches Recht - wie vorliegend beispielsweise § 612a BGB und die §§ 138, 242 BGB - gewährleistet wird. Prüfungsmaßstab sind daher die zivilrechtlichen Generalklauseln und (mittelbar) die Grundrechte des Grundgesetzes (vgl. BVerfG 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 - [Recht auf Vergessen I] Rn. 43 ff., BVerfGE 152, 152).
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6. Die von der Klägerin angemahnte völkerrechtsfreundliche Auslegung (vgl. BVerfG 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 - [Recht auf Vergessen I] Rn. 62, BVerfGE 152, 152) - etwa mit Blick auf Art. 8, 14 EMRK - ist durch die vorstehenden Ausführungen zu § 612a BGB und die Berücksichtigung der sich aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden Grundrechtsposition gewährleistet. Soweit sich die Klägerin auf die Resolution 2361 (2021) der Parlamentarischen Versammlung (ehemals „Beratende Versammlung“) des Europarats vom 27. Januar 2021 beruft, lässt sie außer Betracht, dass Resolutionen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats nicht rechtsverbindlich sind, sondern nach Art. 22 Satz 2 der Satzung des Europarats vom 5. Mai 1949 (BGBl. 1950 I S. 263) bloßen Empfehlungscharakter haben. Auch die sich aus Art. 8 EMRK ergebenden Rechte der Klägerin auf Achtung ihrer Privatsphäre sind nicht verletzt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR 8. April 2021 - 47621/13 ua. - [Vavřič ka ua. gegen Tschechien]) ist selbst die Statuierung einer bußgeldbewehrten Impfpflicht betreffend neun verschiedene Krankheiten ua. nach dem Prüfungsmaßstab des Art. 8 EMRK („Achtung des Privatlebens“, worunter auch die körperliche Unversehrtheit gezählt wird) nicht zu beanstanden.
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III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
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Koch
Niemann
Schlünder
K. Schierle
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