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BAG 23.07.2019 - 9 AZR 372/18
BAG 23.07.2019 - 9 AZR 372/18 - Tarifliche Altersfreizeit - Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter
Normen
§ 4 Abs 1 S 1 TzBfG, § 4 Abs 1 S 2 TzBfG, § 134 BGB, § 1 TVG, Art 9 Abs 3 GG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Hamburg, 10. Oktober 2017, Az: 21 Ca 181/17, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg, 3. April 2018, Az: 4 Sa 127/17, Urteil
Tenor
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1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 3. April 2018 - 4 Sa 127/17 - aufgehoben.
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2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. Oktober 2017 - 21 Ca 181/17 - wird zur Klarstellung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin für zwei Stunden je Woche von der Arbeitspflicht freizustellen.
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3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin wöchentlich eine bezahlte tarifliche Altersfreizeit von zwei Stunden zu gewähren.
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Die am 2. August 1959 geborene Klägerin ist bei der Beklagten mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie e. V. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie geschlossene Manteltarifvertrag vom 24. Juni 1992 in der Fassung vom 17. Mai 2017 (nunmehr 20. September 2018; im Folgenden MTV) Anwendung:
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Der MTV regelt ua.:
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„§ 2
Regelmäßige Arbeitszeit
I.
Dauer und Verteilung der Arbeitszeit
1.
Die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit an Werktagen beträgt ausschließlich der Pausen 37,5 Stunden. …
3.
Für einzelne Arbeitnehmergruppen oder mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien für größere Betriebsteile oder ganze Betriebe kann im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit eine bis zu zweieinhalb Stunden längere oder kürzere regelmäßige Arbeitszeit festgelegt werden. Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine der vereinbarten Arbeitszeit entsprechende Bezahlung.
…
§ 2a
Altersfreizeiten
1.
Arbeitnehmer, die das 57. Lebensjahr vollendet haben, erhalten eine zweieinhalbstündige Altersfreizeit je Woche.
Soweit für Arbeitnehmer aufgrund einer Regelung nach § 2 I Ziffer 3 oder einer Einzelvereinbarung oder aufgrund von Kurzarbeit eine um bis zu zweieinhalb Stunden kürzere wöchentliche Arbeitszeit als die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gilt, vermindert sich die Altersfreizeit entsprechend. Liegt die Arbeitszeit um zweieinhalb Stunden oder mehr unter der tariflichen Arbeitszeit, entfällt die Altersfreizeit.
2.
Die Lage der Altersfreizeiten kann zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unter Beachtung des § 76 Absatz 6 BetrVG vereinbart werden. Vorrangig sollen Altersfreizeiten am Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag gewährt werden.
Ist aus Gründen des Arbeitsablaufs eine Zusammenfassung der Altersfreizeiten zu freien Tagen erforderlich, können sich die Betriebsparteien hierauf einigen.
Einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht, so fallen die Altersfreizeiten auf den Mittwochnachmittag.
…
5.
Für die Arbeitszeit, die infolge einer Altersfreizeit ausfällt, wird das Entgelt fortgezahlt, das der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er gearbeitet hätte, einschließlich der Schichtzulagen, jedoch ohne Erschwerniszulagen und ohne die Zuschläge nach § 4 I.
6.
Die Altersfreizeit entfällt, wenn der Arbeitnehmer am gleichen Tag aus einem anderen Grund, insbesondere wegen Urlaub, Krankheit, Feiertag oder Freistellung von der Arbeit nicht arbeitet. Macht der Arbeitnehmer von einer Altersfreizeit keinen Gebrauch, so ist eine Nachgewährung ausgeschlossen.
Wird auf Verlangen des Arbeitgebers eine Altersfreizeit aus dringenden betrieblichen Gründen nicht am vorgesehenen Tag gegeben, so ist sie innerhalb von drei Monaten nachzugewähren.“
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Seit Vollendung ihres 57. Lebensjahres verlangt die Klägerin von der Beklagten die Gewährung von Altersfreizeit nach § 2a MTV. Die Beklagte lehnt dies unter Berufung auf § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV ab.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe trotz ihrer Teilzeittätigkeit ein Anspruch auf Altersfreizeit zu. § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV verletze das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG und sei deshalb unwirksam. Sie könne im Wege einer „Anpassung nach oben“ die Gewährung von Altersfreizeit in einem ihrer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit entsprechenden Umfang verlangen.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie für zwei Stunden je Woche von der Arbeitspflicht freizustellen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Differenzierung zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften in § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV sei sachlich gerechtfertigt. Art. 9 Abs. 3 GG räume den Tarifvertragsparteien das Recht ein, den Zweck einer tariflichen Leistung zu bestimmen und im Rahmen dieser Zweckbestimmung die zu regelnden Sachverhalte umfassend selbst zu ermitteln und zu bewerten. Die Altersfreizeit trage dem erhöhten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer Rechnung und diene deren Entlastung. Die Festlegung des Schwellenwerts von 35 Wochenarbeitsstunden in § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV sei von der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien umfasst. Sie beruhe auf der Annahme, dass die Belastung älterer Arbeitnehmer, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bereits auf 35 Stunden und weniger herabgesetzt sei, in einem Umfang reduziert sei, der den Ausschluss von der Gewährung der Altersfreizeit rechtfertige.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war daher aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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A. Der von der Klägerin im Revisionsverfahren konkretisierte, bereits in den Vorinstanzen als Feststellungsantrag auszulegende Klageantrag ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Die Klägerin hat ein besonderes Interesse an der begehrten Feststellung, weil die Beklagte den von ihr behaupteten Anspruch auf tarifliche Altersfreizeit bestreitet (vgl. BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 321/16 - Rn. 19). Die Entscheidung über den Feststellungsantrag ist geeignet, weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen den Parteien über die Frage auszuschließen, ob und in welchem Umfang die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin tarifliche Altersfreizeit nach § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV zu gewähren (vgl. BAG 13. Dezember 2016 - 9 AZR 574/15 - Rn. 20; 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 16, BAGE 154, 337 ).
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B. Die Klage ist entgegen der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts begründet. Die Beklagte ist nach § 2a Ziffer 1 und Ziffer 5 MTV iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verpflichtet, die Klägerin seit der Vollendung ihres 57. Lebensjahres zwei Stunden je Woche von der Arbeitspflicht unter Fortzahlung des Entgelts freizustellen. § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV, wonach die Altersfreizeit entfällt, wenn die Arbeitszeit um zweieinhalb Stunden oder mehr unter der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit liegt, ist wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nach § 134 BGB nichtig. Der Klägerin ist daher bezahlte Altersfreizeit in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die aus § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV folgende Schlechterstellung der Klägerin im Verhältnis zu vollzeitbeschäftigten Mitarbeitern sei durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Die Verringerung der Arbeitszeit nach § 2a Ziffer 1 Abs. 1 MTV solle das altersbedingte Absinken des Leistungsvermögens kompensieren und dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer Rechnung tragen. Die Tarifvertragsparteien hätten im Rahmen der ihnen zustehenden Einschätzungsprärogative einen auf den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit abstellenden Schwellenwert für die Teilhabe an der Gewährung von Altersfreizeit festgelegen können.
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II. Diese Begründung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
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1. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings im Ausgangspunkt zutreffend erkannt, dass ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung der tariflichen Altersfreizeit nicht unmittelbar nach § 2a Ziffer 1 MTV besteht. Die Klägerin hat zwar das 57. Lebensjahr vollendet und damit die in § 2a Ziffer 1 Abs. 1 MTV geregelten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Sie ist jedoch nach § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 MTV von der tariflichen Leistung ausgeschlossen, weil ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mit 30 Stunden um mehr als zweieinhalb Stunden unterhalb der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden liegt.
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2. Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung der tariflichen Altersfreizeit folgt jedoch entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts aus § 2a Ziffer 1 MTV iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.
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a) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Das in § 4 Abs. 1 TzBfG geregelte Diskriminierungsverbot steht gemäß § 22 Abs. 1 TzBfG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien (vgl. für die st. Rspr. BAG 19. Dezember 2018 - 10 AZR 231/18 - Rn. 47 mwN).
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b) § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV benachteiligt in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer wegen ihrer Teilzeittätigkeit gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TzBfG ohne sachlichen Grund.
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aa) Teilzeitbeschäftigte werden wegen der Teilzeitarbeit ungleich behandelt, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium darstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen anknüpft (vgl. BAG 23. März 2017 - 6 AZR 161/16 - Rn. 46, BAGE 158, 360; 19. Januar 2016 - 9 AZR 564/14 - Rn. 15).
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bb) § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV sieht eine an die Dauer der Arbeitszeit anknüpfende Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten vor.
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(1) Nach § 2a Ziffer 1 Abs. 1 MTV haben in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer, deren wöchentliche Arbeitszeit nach § 2 I Ziffer 1 MTV 37,5 Stunden beträgt, Anspruch auf eine zweieinhalbstündige Altersfreizeit je Woche, wenn sie das 57. Lebensjahr vollendet haben. § 2a Ziffer 1 MTV begründet nicht nur einen Freistellungsanspruch, sondern als finanziellen Aspekt des Anspruchs auf Altersfreizeit auch einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts gemäß § 2a Ziffer 5 MTV. Der Tarifvertrag verlangt, dass die Zeit der Freistellung von der Arbeitspflicht „bezahlt“ sein muss.
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(2) § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV schließt Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit um zweieinhalb Stunden oder mehr unter der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit liegt, von der Gewährung der bezahlten tariflichen Altersfreizeit aus. Diesen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern wird entgegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG eine teilbare geldwerte Leistung nicht in dem Umfang gewährt, der dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Infolgedessen wird die nach § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV ausgeschlossene Gruppe teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei gleicher Arbeitsleistung schlechter vergütet als in Vollzeit tätige Arbeitnehmer. Die Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit nach § 2a Ziffer 1 Abs. 1 MTV unter Fortzahlung des Entgelts nach Maßgabe von § 2a Ziffer 5 MTV führt bei den Begünstigten zu einer Erhöhung des Arbeitsentgelts pro Arbeitsstunde. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, denen nach § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV eine anteilmäßige Ermäßigung der Arbeitszeit vorenthalten wird, obwohl sie das 57. Lebensjahr vollendet haben, erhalten eine geringere Vergütung pro geleisteter Stunde, weil ihr Monatsentgelt nicht entsprechend angehoben wird. Die Tarifregelung lässt es zB zu, dass ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nach Vollendung seines 57. Lebensjahres als Folge der Gewährung von Altersfreizeit ohne Einkommenseinbuße statt 37,5 Stunden nur noch 35 Stunden wöchentlich arbeiten muss, während ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, der arbeitsvertraglich in demselben Stundenumfang zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, nur Anspruch auf das vereinbarte Entgelt für 35 Wochenarbeitsstunden hat.
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cc) Die in § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV vorgesehene Beschränkung des Anspruchs auf bezahlte Altersfreizeit auf Arbeitnehmer, deren wöchentliche Arbeitszeit mehr als 35 Stunden beträgt, verstößt entgegen der rechtsfehlerhaften Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch unter Berücksichtigung des den Tarifvertragsparteien zustehenden Gestaltungsspielraums gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.
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(1) § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG regelt kein absolutes Benachteiligungsverbot. Die Vorschrift konkretisiert das allgemeine Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG für den Bereich des Arbeitsentgelts oder einer anderen teilbaren geldwerten Leistung. § 4 Abs. 1 TzBfG verbietet eine Abweichung vom Pro-rata-temporis-Grundsatz zum Nachteil Teilzeitbeschäftigter, wenn dafür kein sachlicher Grund besteht (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 161/16 - Rn. 50, BAGE 158, 360). Allein das unterschiedliche Arbeitspensum berechtigt allerdings nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitkräften. Die Rechtfertigungsgründe müssen anderer Art sein (BAG 22. Oktober 2008 - 10 AZR 842/07 - Rn. 21 mwN). Eine Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten kann sachlich gerechtfertigt sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt (BAG 23. März 2017 - 6 AZR 161/16 - Rn. 55 mwN, aaO). Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich am Zweck der Leistung zu orientieren.
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(2) Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich darin frei, den Zweck einer tariflichen Leistung zu bestimmen. Als selbständigen Grundrechtsträgern steht ihnen bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 564/17 - Rn. 28 f.). Die Regelungsbefugnisse der Tarifvertragsparteien finden ihre Grenzen in entgegenstehendem zwingenden Gesetzesrecht. Tarifliche Regelungen müssen mit höherrangigem Recht vereinbar sein. Verstößt eine Tarifnorm gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TzBfG, ist sie nichtig (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 181/09 - Rn. 35). Daraus folgt jedoch nicht, dass sich der grundrechtlich geschützte Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien bei der Prüfung, ob sachliche Gründe eine im Tarifvertrag vorgesehene unterschiedliche Behandlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG rechtfertigen, nicht auswirkt. Vielmehr bestimmen die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer Normsetzungskompetenz aus Art. 9 Abs. 3 GG nicht nur den Zweck einer tariflichen Leistung (BAG 19. Dezember 2018 - 10 AZR 231/18 - Rn. 34; 23. März 2017 - 6 AZR 161/16 - Rn. 55, BAGE 158, 360). Sie verfügen auch über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung sowie eine Einschätzungsprärogative bezüglich der Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen, die eine differenzierende Regelung sachlich rechtfertigen können. Die Tarifvertragsparteien sind dabei nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn sich die Regelung am gegebenen Sachverhalt orientiert, vertretbar erscheint und nicht gegen gesetzliche Regelungen verstößt (BAG 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 43, BAGE 162, 230; 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 32 mwN, BAGE 151, 235). Der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien darf allerdings nicht dazu führen, das Verbot der Diskriminierung in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer auszuhöhlen (vgl. zu § 7 Abs. 2 AGG BAG 9. Dezember 2015 - 4 AZR 684/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 153, 348).
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(3) Mit der Regelung in § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV haben die Tarifvertragsparteien ihre durch § 4 Abs. 1 TzBfG begrenzte Rechtsetzungsbefugnis überschritten.
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(a) Die Gewährung bezahlter Altersfreizeit nach § 2a Ziffer 1 Abs. 1 und Abs. 5 MTV dient, wie die Auslegung der Regelung ergibt (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. etwa BAG 19. Juni 2018 - 9 AZR 564/17 - Rn. 17; zur Zweckbestimmung vgl. BAG 19. Dezember 2018 - 10 AZR 231/18 - Rn. 34), der Entlastung älterer Arbeitnehmer durch eine Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit. Diesem Zweck folgend ist die Altersfreizeit nach § 2a Ziffer 2 MTV wöchentlich zu gewähren und eine Nachgewährung nach § 2a Ziffer 6 Abs. 1 Satz 2 MTV ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer von ihr keinen Gebrauch macht.
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(b) § 2a Ziffer 1 Abs. 1 MTV geht von einer mit zunehmendem Alter sinkenden Belastbarkeit und infolgedessen von einem gesteigerten Erholungsbedürfnis der Arbeitnehmer aus, die das 57. Lebensjahr vollendet haben. Der Tarifvertrag bestimmt in Abhängigkeit von der geschuldeten Wochenarbeitszeit differenzierte Regelungen und legt damit für Arbeitnehmer, die das 57. Lebensjahr vollendet haben, unterschiedliche individuelle Belastungsgrenzen fest (vgl. hierzu BAG 19. Dezember 2018 - 10 AZR 231/18 - Rn. 50; 23. März 2017 - 6 AZR 161/16 - Rn. 51, 53, BAGE 158, 360). Nach § 2a Ziffer 1 Abs. 1 und Ziffer 5 MTV haben in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 37,5 Stunden beträgt, wenn sie das 57. Lebensjahr vollendet haben, Anspruch auf eine bezahlte zweieinhalbstündige Altersfreizeit je Woche. Die Arbeitszeit in Vollzeit beschäftigter Arbeitnehmer wird damit auf 35 Wochenarbeitsstunden reduziert. Für Teilzeitkräfte, die das 57. Lebensjahr vollendet haben, legt der Tarifvertrag, indem er deren Arbeitszeit nicht proportional zu ihrer individuellen Arbeitszeit absenkt, eine höhere individuelle Belastungsgrenze fest als für Vollzeitbeschäftigte und regelt dementsprechend einen geringeren Entlastungsbedarf. Dies folgt für Teilzeitbeschäftigte, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mehr als 35 Stunden beträgt, aus § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 1 MTV, indem diese Regelung die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit dieser Gruppe von Teilzeitbeschäftigten durch die Gewährung von Altersfreizeit nicht im gleichen Verhältnis wie bei Vollzeitkräften vorsieht, sondern beschränkt auf 35 Stunden. Bei Teilzeitkräften, deren regelmäßige Arbeitszeit 35 Stunden und weniger beträgt, folgt die höhere individuelle Belastungsgrenze aus § 2a Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 MTV, der sie von der Gewährung von Altersfreizeit vollständig ausschließt.
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(c) Diese von der konkreten Tätigkeit unabhängige, sich allein am Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit von älteren Arbeitnehmern orientierende Differenzierung bei der Gewährung vergüteter Altersfreizeit ist nicht durch Unterschiede im Tatsächlichen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, der die Annahme rechtfertigen könnte, bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden bestehe für alle Arbeitnehmer ab Vollendung des 57. Lebensjahres eine qualitative Belastung, die bei Teilzeitbeschäftigten derselben Altersgruppe nicht in einem Maß auftritt, der dem Umfang ihrer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit entspricht. Ebenso wenig existiert ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass die mit der Erbringung der Arbeitsleistung einhergehende Belastung erst dann ansteigt, wenn der Schwellenwert von 35 Wochenarbeitsstunden überschritten ist, und sich das gesteigerte Erholungsbedürfnis von Arbeitnehmern, die das 57. Lebensjahr vollendet haben, mit sinkender Zahl der zu leistenden Wochenarbeitsstunden nicht linear vermindert, sondern bei einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden und weniger vollständig entfällt. Der Zweck der tariflichen Altersfreizeit, älteren Arbeitnehmern zu ihrer Entlastung bezahlte Freistellung zu gewähren, rechtfertigt es deshalb nicht, gleichaltrige in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer, deren Wochenarbeitszeit eine bestimmte Stundenzahl unterschreitet, entgegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG von dieser geldwerten Leistung generell auszuschließen.
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c) Als Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist der Klägerin die ihr zu Unrecht vorenthaltene vergütete Altersfreizeit in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Zwar folgt aus § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nur, dass die diskriminierende Regelung nach § 134 BGB nichtig ist. Jedoch kann die Diskriminierung allein durch eine „Anpassung nach oben“ beseitigt werden (vgl. ausf. BAG 27. April 2017 - 6 AZR 119/16 - Rn. 44 ff., BAGE 159, 92; 15. November 2016 - 9 AZR 534/15 - Rn. 29 ff.). Bei einer vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin von 30 Stunden und einer regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit von wöchentlich 37,5 Stunden entspricht die der Klägerin zu gewährende Altersfreizeit wie beantragt zwei Stunden pro Woche.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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