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BAG 26.04.2017 - 5 AZR 754/16 (F)
BAG 26.04.2017 - 5 AZR 754/16 (F)
Vorinstanz
vorgehend ArbG Nürnberg, 29. August 2013, Az: 16 Ca 1132/12, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Nürnberg, 7. März 2014, Az: 6 Sa 529/13, Urteil
nachgehend BVerfG, 13. September 2021, Az: 2 BvR 2293/17, Beschluss
Tenor
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1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 7. März 2014 - 6 Sa 529/13 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob die Vergütung der Klägerin durch griechische Gesetze gekürzt worden ist.
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Die beklagte Republik Griechenland betreibt in N eine nach bayerischem Schulrecht als Ersatzschule genehmigte private Grund- und Teilhauptschule. An dieser ist die Klägerin als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Formulararbeitsvertrag vom 29. September 1998, in dem es auszugsweise heißt:
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„§ 1
…
Das Arbeitsverhältnis lehnt sich an den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und an die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und Sonderregelungen an.
…
§ 4
…
Die volle Vergütung steht der Verwaltungsangestellten bei einer tariflichen Arbeitszeit von 38 Stunden und 30 Minuten wöchentlich (Stand: September 1998) zu. Verg.Gr. nach BAT: VIII.“
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Am 8. April 2008 schlossen die Parteien eine „Nachtragsvereinbarung“, die lautet:
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„Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag vom 29.09.1998 vereinbart, dass sich ihr Arbeitsverhältnis an den Bundes-Angestelltentarif (BAT) anlehnen soll.
Angesichts der Novellierung des Tarifrechts für den öffentlichen Dienst vereinbaren die Parteien hiermit deklaratorisch, dass sich ihr Arbeitsverhältnis ab dem 01.11.2006 an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) anlehnen soll.“
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Die monatliche Vergütung der Klägerin betrug bis April 2011 2.391,07 Euro brutto. Abrechnungen des gezahlten Arbeitsentgelts nach § 108 GewO erteilte ihr die Beklagte nicht.
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Die Republik Griechenland erließ aufgrund der mit der Europäischen Union (EU), der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfond (IWF) getroffenen Vereinbarungen ua. das Gesetz Nr. 3833/2010 über dringende Maßnahmen zur Bewältigung der Krise der Staatsfinanzen, das in den hier wiedergegebenen Teilen zum 1. Januar 2010 in Kraft gesetzt wurde (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 40 vom 15. März 2010). Nach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des Normtextes enthält es ua. folgende Regelungen:
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„Artikel 1
Kürzung der Bezüge im weiteren öffentlichen Sektor
…
§ 2
Die Zulagen jeder Art, die Entschädigungen und Entgelte im allgemeinen, sowie alles mit jeder anderen Bezeichnung Bestimmte und alles in welcher auch immer allgemeinen oder besonderen Bestimmung Vorgesehene für die Amtsträger und Angestellten der öffentlichen Hand, der juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der kommunalen Gebietskörperschaften, der ständigen Mitglieder der Streitkräfte und der griechischen Polizei sowie auch der Feuerwehr und der Hafenpolizei werden um einen Anteil von zwölf vom Hundert (12%) gekürzt.
Die Zulagen der Paragraphen A3 der Art. 30 und 33 des Gesetzes 3205/2003 (Regierungsblatt 297 Teil A) in der geltenden Fassung, werden um einen Anteil von zwanzig vom Hundert (20%) gekürzt und die Zulagen für Weihnachten, Ostern und Urlaub werden um einen Anteil von dreißig vom Hundert (30%) gekürzt.
Die Bestimmungen des vorliegenden Paragraphen werden auch auf das Personal angewendet, welches sich in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis mit der öffentlichen Hand, den juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der kommunalen Gebietskörperschaften, den Streitkräften, der griechischen Polizei, der Feuerwehr und der Hafenpolizei befindet und haben Vorrang vor jeder allgemeinen oder besonderen Bestimmung oder Klausel oder Bedingung eines Tarifvertrags, eines Schiedsspruchs oder eines Arbeitsvertrags oder einer (sonstigen) Vereinbarung.
…
§ 4
Bei dem Personal mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis des § 2, auf welches die Bestimmungen des Gesetzes 3205/2003 nicht anzuwenden sind, sind von der in § 2 vorgesehenen Kürzung die Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen, sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen. Wenn an das vorgenannte Personal keine Zulagen, Entschädigungen oder Entgelte im Sinn des ersten Absatzes des § 2 des vorliegenden (Artikels) geleistet werden, sind die Bezüge jeder Art um sieben vom Hundert (7%) zu kürzen.“
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Darüber hinaus erließ die Republik Griechenland das Gesetz Nr. 3845/2010 über Maßnahmen für die Anwendung des Stützungsmechanismus für die griechische Wirtschaft von Seiten der Mitgliedsländer der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds, das in den hier wiedergegebenen Teilen zum 1. Juni 2010 in Kraft gesetzt wurde (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 65 vom 6. Mai 2010). Nach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des Normtextes heißt es in diesem ua.:
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„Dritter Artikel
Maßnahmen für die Kürzung der öffentlichen Ausgaben
…
§ 3
Bei dem Personal mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis des § 2 des Artikels 1 des Gesetzes 3833/2010, auf welches die Bestimmungen des Gesetzes 3205/2003 nicht anzuwenden sind, sind von der in § 1 vorgesehenen Kürzung die Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen, sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen. Wenn an das vorgenannte Personal keine Zulagen, Entschädigungen oder Entgelte im Sinn des § 1 geleistet werden, sind die Bezüge jeder Art um drei vom Hundert (3%) zu kürzen. Die ordentlichen Bezüge, die Zulagen, Entschädigungen und Entgelte im allgemeinen, sowie alles mit jeder anderen Bezeichnung Bestimmte und alles in welcher auch immer allgemeinen oder besonderen Bestimmung oder Klausel oder Bedingungen eines Tarifvertrags, eines Schiedsspruchs oder eines Arbeitsvertrags oder einer (sonstigen) Vereinbarung vorgesehene für ausnahmslos alle Arbeitstätigen bei Rechtsträgern des ersten Absatzes des § 5 des Art. 1 des Gesetzes 3833/2010 in der geltenden Fassung, werden um einen Anteil von drei vom Hundert (3%) gekürzt.
Von der Kürzung des vorausgegangenen Absatzes sind ausgenommen die Zulagen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Laufbahn zusammenhängen sowie auch die an die Gesundheitsschädlichkeit oder Gefährlichkeit der Arbeit oder mit postgradualen Studienabschlüssen verbundenen.“
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Die Beklagte kürzte unter Berufung auf die vorgenannten Gesetze für die Zeit ab Mai 2011 die Vergütung der Klägerin einschließlich der Jahressonderzuwendungen.
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Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin mit der am 17. Februar 2012 eingereichten und mehrfach - zuletzt in der Berufungsinstanz - erweiterten Klage für den Zeitraum Mai 2011 bis Dezember 2013 die Differenz zwischen der arbeitsvertraglich vereinbarten und der tatsächlich gezahlten Vergütung verlangt. Sie hat gemeint, die griechischen Gesetze könnten den Inhalt ihres in Deutschland zu erfüllenden, deutschem Recht unterliegenden Arbeitsverhältnisses nicht ändern. Die Beklagte habe ihr für die geleisteten Zahlungen Abrechnungen nach § 108 GewO zu erteilen.
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Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,
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1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.194,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, ihr für den Zeitraum November 2010 bis Dezember 2013 Abrechnungen des Entgelts in Textform zu erteilen, die Angaben über den Abrechnungszeitraum und die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, insbesondere über Art und Höhe von Zuschlägen, Zulagen, sonstigen Vergütungen, Art und Höhe von Abzügen, Abschlagszahlungen und Vorschüssen enthalten;
3.
die Beklagte für den Fall, dass sie die Verpflichtung nach Ziff. 2 nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt, zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 50,00 Euro je nicht erteilter Abrechnung zu verurteilen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Klage sei unzulässig, weil sie wegen ihrer Staatenimmunität nicht vor deutschen Gerichten verklagt werden könne. Die Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 wirkten unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin ein und führten ohne jeden weiteren Umsetzungsakt zu einer Verminderung ihrer Vergütung. Zudem finde der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) auf das Arbeitsverhältnis sowie § 108 GewO auf ausländische Staaten keine Anwendung.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem bei ihm anhängigen Umfang im Wesentlichen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten im Wesentlichen zurückgewiesen und der Klageerweiterung stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Senat hat mit Beschluss vom 3. März 2015 das Revisionsverfahren bis zur Erledigung des Vorabentscheidungsersuchens durch den Gerichtshof der Europäischen Union im Rechtsstreit Republik Griechenland ./. Nikiforidis (Beschluss vom 25. Februar 2015 - 5 AZR 962/13 (A) - BAGE 151, 75) ausgesetzt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Die Klage ist zulässig und in dem in die Revisionsinstanz gelangten Umfang begründet. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.
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I. Die Klage ist zulässig.
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Die beklagte Republik Griechenland genießt in Bezug auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Staatenimmunität. Das hat der Senat in einem Parallelverfahren für Lehrkräfte, die an der Ersatzschule der Beklagten in N im Rahmen von Arbeitsverhältnissen beschäftigt werden, in seinem am heutigen Tag ergangenen Urteil (BAG 26. April 2017 - 5 AZR 962/13 - Rn. 15 ff.), auf dessen Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, entschieden.
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II. Die Klage ist begründet.
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1. Die griechischen Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 haben die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung der Klägerin nicht gekürzt. Auch insoweit wird zur Begründung auf die vorgenannte Senatsentscheidung verwiesen (BAG 26. April 2017 - 5 AZR 962/13 - Rn. 25 ff.). Dementsprechend steht der Klägerin die Differenz zwischen der vereinbarten und der von der Beklagten tatsächlich gezahlten Vergütung zu. Dabei hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, dass sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem TV-L in seiner jeweiligen Fassung bestimmt. Dass dem Berufungsgericht bei der Berechnung der Entgeltdifferenzen Fehler unterlaufen sind, wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. den Fälligkeitsregeln des § 24 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 TV-L.
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2. Die Klägerin hat für das gezahlte Arbeitsentgelt Anspruch auf Abrechnungen nach § 108 Abs. 1 GewO (vgl. BAG 26. April 2017 - 5 AZR 962/13 - Rn. 45 ff.).
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III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
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