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BAG 22.03.2017 - 5 AZR 666/15
BAG 22.03.2017 - 5 AZR 666/15 - Mindestlohn - Anrechnung einer Treueprämie
Normen
§ 611 Abs 1 BGB, § 362 Abs 1 BGB
Vorinstanz
vorgehend ArbG Leipzig, 13. Februar 2015, Az: 5 Ca 3542/14, Urteil
vorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht, 24. September 2015, Az: 8 Sa 154/15, Urteil
Tenor
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1. Die Revision der Klägerin gegen das Anerkenntnisurteil und Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 24. September 2015 - 8 Sa 154/15 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über die Erfüllung des entsenderechtlichen Mindestlohnanspruchs durch Zahlung einer Treueprämie.
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Die Klägerin ist bei der Beklagten, die einen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb für Geflügel betreibt, als Produktionshelferin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt der nach § 7 AEntG erlassenen, am 1. August 2014 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft, die bestimmt, dass die Rechtsnormen des Tarifvertrags zur Regelung der Mindestbedingungen für Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestbedingungen) vom 13. Januar 2014 auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer, die unter seinen Geltungsbereich fallen, Anwendung finden. Der TV Mindestbedingungen lautet auszugsweise:
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„§ 2
Mindestlöhne
1.
Das Mindestentgelt ist Entgelt im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Höhere Entgeltansprüche aufgrund anderer Tarifverträge, betrieblicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen bleiben unberührt.
2.
Die Mindestlöhne je Stunde betragen bundeseinheitlich je Stunde
ab 1. Juli 2014
7,75 Euro,
…
3.
Der Anspruch auf das Mindestentgelt wird spätestens zum 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den das Mindestentgelt zu zahlen ist.“
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Im August 2014 arbeitete die Klägerin 120 Stunden, im September 2014 144 Stunden, in der übrigen Zeit war sie arbeitsunfähig krank. Sie erhielt in diesen Monaten für geleistete Arbeit einen Bruttostundenlohn von 7,15 Euro, eine Schichtzulage von 0,10 Euro brutto und eine Treueprämie von 0,50 Euro brutto. Letztere beruht auf einem zum 31. Dezember 2009 gekündigten Haustarifvertrag mit der IG Bauen-Agrar-Umwelt und nachfolgender Gesamtzusagen.
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Die Klägerin hat für die Monate August und September 2014 Differenzvergütung unter Zugrundelegung einer Arbeitszeit von monatlich 160 Stunden verlangt. Die Beklagte habe den Anspruch auf den Mindestlohn nicht vollständig erfüllt, die Treueprämie sei nicht mindestlohnwirksam.
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Die Klägerin hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - sinngemäß beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 160,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. November 2014 zu zahlen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche für August und September 2014 weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Klage unbegründet ist.
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I. Die Klage ist unschlüssig, soweit die Klägerin restlichen Mindestlohn für August 2014 für mehr als 120 Stunden und für September 2014 für mehr als 144 Stunden fordert. Denn dieser ist nach § 2 Nr. 2 TV Mindestbedingungen „je Stunde“ festgelegt und damit für alle Stunden zu zahlen, während derer der Arbeitnehmer die gemäß § 611 Abs. 1 BGB geschuldete Arbeit erbringt (vgl. BAG 18. November 2015 - 5 AZR 761/13 - Rn. 17, BAGE 153, 248). Das bestätigt § 2 Nr. 1 TV Mindestbedingungen. § 5 Satz 1 Nr. 1 AEntG ermöglicht (nur) Regelungen über die Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden (vgl. BAG 18. November 2015 - 5 AZR 761/13 - Rn. 19, aaO). Es fehlt zudem jeder Anhaltspunkt dafür, dass der TV Mindestbedingungen Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall schaffen sollte.
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In der Berufungsinstanz ist unstreitig geworden, dass die Klägerin im August 2014 lediglich 120 Stunden und im September 2014 nur 144 Stunden gearbeitet hat. In der restlichen Zeit war sie arbeitsunfähig krank. Entgeltfortzahlung für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit im Streitzeitraum hat die Beklagte geleistet bzw. in der Berufungsinstanz anerkannt.
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II. Im Übrigen ist der Anspruch der Klägerin auf den Mindestlohn nach § 2 Nr. 2 TV Mindestbedingungen durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Beklagte hat im Streitzeitraum für geleistete Arbeit die geschuldeten 7,75 Euro brutto/Stunde gezahlt. Die Treueprämie ist mindestlohnwirksam.
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1. Ob und in welchem Umfang der Mindestlohnanspruch neben der Grundvergütung durch weitere Leistungen erfüllt wird, bestimmt sich danach, ob die vom Arbeitgeber erbrachten (Zusatz-)Leistungen die Normzwecke der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft und des TV Mindestbedingungen sichern (zur PflegeArbbV BAG 18. November 2015 - 5 AZR 761/13 - Rn. 21 ff., BAGE 153, 248; zur AbfallArbbV BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 37 ff., BAGE 148, 68). Entsprechend der Zielsetzung in § 1 AEntG sollen angemessene Mindestarbeitsbedingungen in Form von Mindestentgeltsätzen für geleistete Arbeit gemäß § 5 Satz 1 Nr. 1 AEntG (§ 2 Nr. 1 TV Mindestbedingungen) geschaffen und durchgesetzt sowie faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen gewährleistet werden.
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2. Gemessen daran ist die von der Beklagten im Streitzeitraum geleistete Treueprämie mindestlohnwirksam. Die Beklagte hat diese vorbehaltlos neben der Grundvergütung als Teil der Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt. Die Treueprämie in der von der Beklagten gewährten Weise erfüllt damit als eine im Synallagma stehende Geldleistung die Zwecke der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft und des TV Mindestbedingungen, die ihrerseits die Anrechnung von Prämien auf den Mindestlohn nicht ausschließen (zur PflegeArbbV BAG 18. November 2015 - 5 AZR 761/13 - Rn. 26, BAGE 153, 248).
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III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
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