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BAG 13.11.2013 - 10 AZB 27/13
BAG 13.11.2013 - 10 AZB 27/13 - Kostenerstattung für weiteren Prozessbevollmächtigten
Normen
§ 91 Abs 1 S 1 ZPO, § 394 Abs 1 ZPO
Vorinstanz
vorgehend ArbG Berlin, 13. Mai 2013, Az: 58 Ca 5659/11, Beschluss
vorgehend ArbG Berlin, 6. Juni 2013, Az: 58 Ca 5659/11, Beschluss
vorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 22. Juli 2013, Az: 17 Ta (Kost) 6061/13, Beschluss
Tenor
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1. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Juli 2013 - 17 Ta (Kost) 6061/13 - teilweise aufgehoben.
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2. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. Mai 2013 - 58 Ca 5659/11 - teilweise abgeändert:
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Die nach dem rechtskräftigen Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg - 2 Sa 793/12 - vom 6. Dezember 2012 von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten zweiter Instanz werden auf 3.194,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 15. Januar 2013 festgesetzt.
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3. Die weiter gehenden Rechtsmittel des Klägers werden zurückgewiesen.
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4. Die Beklagte hat die Kosten des Kostenfestsetzungsverfahrens zu tragen.
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5. Der Streitwert wird auf 1.317,33 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Der Kläger begehrt Festsetzung der Kosten einer weiteren Prozessbevollmächtigten, die ihn in zwei Terminen zur Beweisaufnahme vor dem Landesarbeitsgericht wegen der Vernehmung seiner eigentlichen Prozessbevollmächtigten als Zeugin vertreten hat.
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Die Parteien haben über eine außerordentliche Kündigung wegen einer angeblichen Äußerung des Klägers in einem zwischen den Parteien geführten Vorprozess gestritten. Das Landesarbeitsgericht hat über die behauptete Äußerung Beweis erhoben ua. durch Vernehmung des Justiziars und des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, der beteiligten Richter des Vorprozesses sowie der Prozessbevollmächtigten des Klägers. Im ersten Termin zur Beweisaufnahme am 25. Oktober 2012 wurden die später zu vernehmenden Zeugen gebeten, vor dem Sitzungssaal zu warten. In Abwesenheit der eigentlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers wurden zunächst die von der Beklagten benannten Zeugen, sodann gegenbeweislich die vom Kläger benannten Richter des Vorverfahrens und anschließend die Prozessbevollmächtigte des Klägers vernommen. Im Fortsetzungstermin am 6. Dezember 2012, zu dem der Kläger wiederum mit beiden Prozessbevollmächtigten erschien, wurde abschließend ein weiterer vom Kläger benannter Gegenzeuge vernommen. Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die behaupteten Äußerungen nicht bewiesen seien.
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Der Kläger hat Kostenfestsetzung beantragt und die gesetzlichen Gebühren und Auslagen seiner weiteren Prozessbevollmächtigten in den zwei Beweisterminen in Ansatz gebracht. Die Rechtspflegerin hat deren Kosten nicht festgesetzt, das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde macht der Kläger geltend, das Landesarbeitsgericht habe § 91 ZPO fehlerhaft angewendet. Die Beauftragung einer weiteren Prozessbevollmächtigten für die Durchführung der Beweisaufnahme sei erforderlich gewesen, weil er davon habe ausgehen müssen, dass seine eigentliche Prozessbevollmächtigte bei der Vernehmung der anderen Zeugen nicht anwesend sein würde.
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II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist weitgehend begründet. Die Hinzuziehung einer weiteren Prozessbevollmächtigten für den Beweistermin am 25. Oktober 2012 war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig (§ 91 Abs. 1 ZPO), nicht aber die Vertretung in dem weiteren Beweistermin am 6. Dezember 2012; die durch diesen Termin ausgelösten Kosten der weiteren Prozessbevollmächtigten sind nicht erstattungsfähig.
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1. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendig waren. Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten, nach § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Kosten mehrerer Rechtsanwälte jedoch nur insoweit, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste.
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2. Regelmäßig beschränkt sich die Ersatzpflicht der unterlegenen Partei auf diejenigen Kosten, die für einen einzigen am Sitz des Prozessgerichts wohnhaften Rechtsanwalt aufzuwenden sind. Dies beruht auf der Überlegung, dass von einem Rechtsanwalt verlangt werden kann, dass er den Rechtsstreit alleine führt (Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 91 Rn. 141). Die Kosten eines weiteren Rechtsanwalts sind nur erstattungsfähig, soweit - auch nur vorübergehend - in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten muss. Maßgeblich ist, ob die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts im konkreten Einzelfall für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist.
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3. Dies gilt auch, wenn der Prozessbevollmächtigte einer Partei dadurch zeitweilig verhindert ist, dass er als Zeuge in dem Rechtsstreit vernommen wird. Grundsätzlich kann der Prozessbevollmächtigte unter Fortdauer dieser Funktion als Zeuge vernommen werden (BGH 8. Mai 2007 - VI ZB 80/06 - Rn. 16; 10. Mai 1994 - VI ZR 306/93 -; Zöller/Greger ZPO § 373 Rn. 5; OLG Hamm 7. September 1976 - 23 W 598/76 -). Die Beauftragung eines weiteren Rechtsanwalts für eine Beweisaufnahme ist nur notwendig iSv. § 91 ZPO, wenn dies besondere Umstände des Einzelfalls gebieten. Soll nur der Prozessbevollmächtigte als Zeuge vernommen werden, gibt es regelmäßig keinen Grund, für die Beweisaufnahme einen weiteren Bevollmächtigten zu bestellen. Anders kann es sein, wenn im Rahmen einer umfangreichen Beweiserhebung die Vernehmung des Prozessbevollmächtigten (gegenbeweislich) beantragt ist und dieser nach § 394 Abs. 1 ZPO an der Vernehmung der vorigen Zeugen nicht teilnehmen kann. Eine Partei ist nicht verpflichtet, sich auf ihr unmittelbares Fragerecht nach § 397 Abs. 2 ZPO beschränken zu lassen; sie ist auch nicht verpflichtet, auf einen Beschluss des Prozessgerichts hinzuwirken, abweichend von § 394 Abs. 1 ZPO dem später zu vernehmenden Prozessbevollmächtigten die Anwesenheit zu gestatten. Unabhängig davon, dass ein solcher Beschluss des Prozessgerichts nicht vorhersehbar ist, muss eine Partei nicht das Risiko eingehen, dass die Aussage des Prozessbevollmächtigten in ihrer Würdigung dadurch beeinträchtigt werden kann, dass er an der Vernehmung der vorigen Zeugen teilgenommen hat. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Prozessbevollmächtigte als solcher einen Anspruch auf ständige Anwesenheit während des Verhandlungstermins hat, der der Regelung des § 394 Abs. 1 ZPO vorgeht. Es kann zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung jedenfalls geboten sein, für eine konkrete Beweissituation einen weiteren Prozessbevollmächtigten hinzuzuziehen und das Fragerecht durch diesen sachgerecht ausüben zu lassen.
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4. Das Landesarbeitsgericht hat die Bevollmächtigung einer weiteren Rechtsanwältin nicht für notwendig iSv. § 91 Abs. 1 ZPO erachtet. Die Würdigung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs durch das Landesarbeitsgericht ist vom Rechtsbeschwerdegericht nach den gemäß § 576 Abs. 3 ZPO auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren geltenden revisionsrechtlichen Grundsätzen nur eingeschränkt überprüfbar (BAG 8. Mai 2003 - 2 AZB 56/02 - zu II 2 b bb (2) der Gründe). Eine Rechtsverletzung bei der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs liegt nur dann vor, wenn der Rechtsbegriff selbst verkannt worden ist, bei der Unterordnung des festgestellten Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind, bei der gebotenen Interessenabwägung nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden oder das Ergebnis in sich widersprüchlich ist (BAG 8. Mai 2003 - 2 AZB 56/02 - aaO).
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5. Diesem Maßstab hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht stand. Es hat verkannt, dass zur Herbeiführung einer unbefangenen eigenen Aussage ein gegenbeweislich als Zeuge benannter Prozessbevollmächtigter regelmäßig nicht an der Vernehmung der von der beweispflichtigen Partei benannten Zeugen teilnehmen soll (§ 394 Abs. 1 ZPO) und die betroffene Partei ein berechtigtes Interesse haben kann, zur Geltendmachung der prozessualen Rechte und zur sachgerechten Ausübung des Fragerechts sachkundig im Termin vertreten zu sein, wenn sie die Regelung des § 394 Abs. 1 ZPO respektiert. Dies kann die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts erfordern (grundlegend bereits RG 10. November 1899 - VII 121/99 - JW 1899, 815 Nr. 11).
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6. Von einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht (§ 577 Abs. 4 ZPO) war abzusehen, da die Sache entscheidungsreif ist (§ 577 Abs. 5 ZPO).
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a) Es war nach § 91 ZPO notwendig, zum Beweistermin am 25. Oktober 2012 eine weitere Prozessbevollmächtigte hinzuzuziehen. Das Prozessgericht war gehalten, zunächst die Zeugen der beweisführenden Beklagten und erst anschließend die gegenbeweislich vom Kläger benannten Zeugen einschließlich seiner Prozessbevollmächtigten zu vernehmen. Selbst wenn es dem Prozessgericht möglich war, von der nach § 394 ZPO gebotenen Einzelvernehmung in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen abzuweichen, musste sich der Kläger hierauf nicht einlassen, er war auch nicht gehalten, einen entsprechenden Beschluss des Prozessgerichts herbeizuführen. Er konnte zur Herbeiführung einer unbefangenen Aussage seiner Prozessbevollmächtigten eine weitere Prozessbevollmächtigte für die Durchführung der Beweisaufnahme und zur sachgerechten Ausübung des Fragerechts hinzuziehen.
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b) Dies gilt nicht für den weiteren Beweistermin am 6. Dezember 2012. In diesem Termin konnte die eigentliche Prozessbevollmächtigte den Kläger wieder vollumfänglich vertreten und das Fragerecht ausüben. Der Hinzuziehung einer weiteren Prozessbevollmächtigten bedurfte es nicht, sodass die insoweit zusätzlich entstandenen Fahrt- und Reisekosten nicht erstattungsfähig sind.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Satz 1 ZPO, die Streitwertentscheidung aus § 63 Abs. 2 GKG.
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