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BAG 16.05.2012 - 4 AZR 245/10
BAG 16.05.2012 - 4 AZR 245/10 - Anforderungen an eine Berufungsbegründung
Normen
§ 64 Abs 6 ArbGG, § 520 Abs 3 S 2 Nr 2 ZPO, § 520 Abs 3 S 2 Nr 4 ZPO
Vorinstanz
vorgehend ArbG Mönchengladbach, 9. Juli 2009, Az: 3 Ca 406/09, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 12. Januar 2010, Az: 17 Sa 848/09, Urteil
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2010 - 17 Sa 848/09 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten in der Revision noch über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
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Der Kläger ist seit dem 1. August 1983 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin, dem Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt M e.V. als Diplom-Sozialpädagoge beschäftigt. In dem am 14. Juni 1983 geschlossen Arbeitsvertrag heißt es ua.:
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„Im übrigen gelten ergänzend die Vorschriften des jeweils geltenden Bundesmanteltarifvertrages der Arbeiterwohlfahrt.“
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Der Kläger ist in der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche tätig. Die Beklagte vergütet ihn nach der VergGr. IVb Teil I Abschnitt B Unterabschn. 1 Sozial- und Erziehungsdienst des Tarifvertrages über die Tätigkeitsmerkmale zum Bundesmanteltarifvertrag (BMT-AW II) für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (TV-TM). Mit Schreiben vom 9. Oktober 2008 machte der Kläger eine Höhergruppierung nach der VergGr. IVa TV-TM erfolglos geltend.
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Mit seiner Klage verlangt der Kläger in der Sache und soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung die Feststellung, dass er nach der VergGr. III TV-TM, hilfsweise nach der VergGr. IVa TV-TM zu vergüten sei. Er müsse die Arbeit von verschiedenen Stellen koordinieren, ua. die Einbeziehung des Jugendamtes, der Justizbehörden, weiterer Hilfeträger, Schulen, Kindergärten, Ärzten und Psychologen. Weiterhin bereite er Beratungen, Therapien und Hilfeplanungen vor und führe sie durch, „insbesondere die Diagnostik, Beratung, pädagogische und therapeutische Behandlungsangebote bei individuellen und familiären Problemen von Kindern und Jugendlichen sowie bei jungen Volljährigen …, insbesondere bei Erziehungsproblemen, Entwicklungsauffälligkeiten, psychosomatischen Problemen, Verhaltensauffälligkeiten, Vernachlässigung, Gewalt und Misshandlungen, sexuellen Missbrauch, Schwierigkeiten bei der Verselbstständigung, Beziehungsproblemen zwischen Eltern und Kindern“. Es handele sich dabei um ein „besonders schwieriges Klientel“.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab April 2008 in die Vergütungsgruppe III des BMT-AW II, hilfsweise in Vergütungsgruppe IVa BMT-AW II einzugruppieren.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Weder habe der Kläger eine Spezialausbildung abgeschlossen, noch sei es Inhalt seiner Tätigkeit, mindestens 20 Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Jugendleiter zu koordinieren. Die Beratung von Klienten mit zugespitzten Problemlagen und Krisensituationen sei seine originäre Aufgabe als Sozialpädagoge. Aus dem Vorbringen ergebe sich weder, welche Tätigkeit er im Einzelnen ausübe, noch weshalb sie sich durch besondere Bedeutung und Schwierigkeit heraushebe.
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Das Arbeitsgericht hat - soweit für die Revision von Bedeutung - die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts war mangels einer den Anforderungen von § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG entsprechenden Berufungsbegründung unzulässig. Sie wäre deshalb vom Landesarbeitsgericht zu verwerfen gewesen.
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I. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessfortsetzungsvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung (BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - Rn. 17, NZA 2010, 1446). Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., vgl. zB BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - aaO; 17. Januar 2007 - 7 AZR 20/06 - Rn. 10 mwN, BAGE 121, 18). Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Begründung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, hat das Revisionsgericht eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sie verworfen wird. Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist hierbei ohne Bedeutung (BAG 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09 - Rn. 12 mwN, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 45; 29. November 2001 - 4 AZR 729/00 - zu I 1 der Gründe, EzA ZPO § 519 Nr. 13).
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II. Mit der Berufungsbegründungsschrift ist die erstinstanzliche Entscheidung nicht ausreichend iSv. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG angegriffen worden. Es fehlt an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils.
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1. Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (st. Rspr., s. nur BAG 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09 - Rn. 14 mwN, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 45).
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2. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung des Klägers gegen das wohl begründete Urteil des Arbeitsgerichts nicht.
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a) Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe nicht substantiiert dargetan, dass er die Tätigkeitsbeispiele der beantragten Vergütungsgruppe nach deren Protokollnotiz Nr. 13 TV-TM erfülle. Er habe weder in nachprüfbarer Weise vorgetragen, dass für die Tätigkeit eine zusätzlich abgeschlossene Spezialausbildung benötigt werde oder er mindestens 20 Sozialarbeiter, Sozialpädagogen oder Jugendleiter zu koordinieren habe. Weiterhin lasse sein Vortrag nicht erkennen, inwiefern sich seine Tätigkeit beträchtlich und gewichtig aus den schwierigen Tätigkeiten iSd. VergGr. IVb TV-TM heraushebe, weshalb der nach der Rechtsprechung erforderliche wertende Vergleich nicht möglich sei. Der Umstand allein, dass der Kläger mit unterschiedlichen Problemgruppen umzugehen habe, lasse seine Tätigkeit zwar als schwierig iSd. des Tätigkeitsmerkmales der VergGr. IVb TV-TM erscheinen, nicht aber als besonders schwierig, wie es das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IVa TV-TM voraussetze. Ob und inwiefern für welche konkrete Tätigkeit eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung aus den schwierigen Tätigkeiten vorliegt, könne anhand des Vorbringens des Klägers nicht festgestellt werden. Er habe weder vorgetragen noch erläutert, ob und inwiefern sich die Bedeutung oder die Größe seines Aufgabengebietes sowie die Tragweite für den innerdienstlichen Bereich oder für die Allgemeinheit deutlich aus den schwierigen Tätigkeiten eines Sozialpädagogen herausheben. Nach seinem Vorbringen sei auch nicht erkennbar, dass seine Tätigkeit bedeutungsvoller sei als die anderer Diplom-Sozialpädagogen.
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b) Der Kläger wendet in seiner Berufungsbegründung lediglich pauschal ein, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe er in seinen erstinstanzlichen Schriftsätzen „ersichtlich umfassend vorgetragen“. Der Berufungsbegründung ist eine argumentative Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts nicht zu entnehmen. Stattdessen enthält sie fast ausschließlich Vortrag von bereits erstinstanzlich vorgebrachten Tatsachen. Soweit der Kläger hinsichtlich seiner Beratungs- und Betreuungstätigkeit „vertiefend vorträgt“, handelt es sich um eine, zum Teil stichwortartige, mit Unterpunkten versehene Wiederholung seiner erstinstanzlichen Darstellung, in welchen Problembereichen er tätig wird. Gleiches trifft auf die angeführten Planungsaufgaben zu.
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Bei diesem Vortrag handelt es sich auch ebenso wenig wie bei dem pauschalen Hinweis auf eine in der Anlage beigefügte elfseitige Broschüre „Erziehungsberatung - Stellungnahme der Arbeiterwohlfahrt“ des Bundesverbandes der AWO um neue Tatsachen, die eine Zulässigkeit der Berufung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO begründen könnten (dazu BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 15 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62). Nach dem klägerischen Vortrag bleibt schon gänzlich offen, welche neuen Angriffsmittel sich aus dem Inhalt der Broschüre ergeben sollen.
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III. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
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Winter
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