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BAG 19.05.2011 - 6 AZR 736/09
BAG 19.05.2011 - 6 AZR 736/09 - Insolvenzanfechtung nach Befriedigung durch Zwangsvollstreckung - Entreicherung - verschärfte Haftung
Normen
§ 131 Abs 1 Nr 1 InsO, § 140 Abs 1 InsO, § 141 InsO, § 143 Abs 1 S 1 InsO, § 143 Abs 1 S 2 InsO, § 819 Abs 1 BGB, § 818 Abs 3 BGB
Vorinstanz
vorgehend ArbG München, 1. Oktober 2008, Az: 7 Ca 6781/08, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht München, 18. September 2009, Az: 7 Sa 1032/08, Urteil
nachgehend BVerfG, 15. Januar 2014, Az: 2 BvR 1781/11, Beschluss
Tenor
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1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 18. September 2009 - 7 Sa 1032/08 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung einer Abfindung aufgrund einer Insolvenzanfechtung.
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Die Klägerin ist die Insolvenzverwalterin in dem mit Beschluss des Amtsgerichts München am 19. Oktober 2007 (- 1507 IN 821/07 -) über das Vermögen des Herbert S (Schuldner) eröffneten Insolvenzverfahren. Dem Eröffnungsbeschluss liegt ein am 5. März 2007 beim Amtsgericht München eingegangener Antrag der AOK vom 28. Februar 2007 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugrunde. Der Beklagte war Arbeitnehmer des Schuldners. Nachdem dieser das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, schloss er mit dem Beklagten am 10. Mai 2006 vor dem Arbeitsgericht München (- 5 Ca 18123/05 -) einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2005 endete. In diesem Vergleich verpflichtete sich der Schuldner, an den Beklagten eine Abfindung iHv. 2.800,00 Euro in fünf Raten iHv. jeweils 500,00 Euro und einer Rate iHv. 300,00 Euro zu zahlen, wobei die erste Rate am 1. Juni 2006 fällig war und die nachfolgenden Raten jeweils am Ersten der nachfolgenden Kalendermonate fällig wurden. Da der Schuldner die Raten nicht termingerecht zahlte, betrieb der Beklagte die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 10. Mai 2006. Die vom Beklagten beauftragte Gerichtsvollzieherin erhielt vom Schuldner am 7. März 2007 81,37 Euro und am 14. Mai 2007 3.072,36 Euro. Beide Beträge leitete sie an den Beklagten weiter. Die Klägerin erklärte mit einem Schreiben vom 26. Oktober 2007 gegenüber dem Beklagten die Anfechtung wegen dieser im Wege der Zwangsvollstreckung erlangten Beträge und forderte ihn ohne Erfolg zur Rückzahlung des Gesamtbetrags iHv. 3.153,73 Euro auf.
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Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte habe der Insolvenzmasse die von der Gerichtsvollzieherin an ihn abgeführten zwei Beträge iHv. 81,37 Euro und 3.072,36 Euro zurückzugewähren. Der Beklagte habe diese Beträge im Wege der Zwangsvollstreckung nach dem Eröffnungsantrag aus dem Vermögen des Schuldners zur Erfüllung seines Abfindungsanspruchs aus dem Vergleich vom 10. Mai 2006 erlangt. Die Voraussetzungen einer anfechtbaren, inkongruenten Deckungshandlung im Sinne des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO seien damit erfüllt. Eine Entreicherung des Beklagten liege nicht vor.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.153,73 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO liege nicht vor. Er habe von dem Insolvenzeröffnungsantrag der AOK keine Kenntnis gehabt, als er wegen seiner berechtigten Forderung die Zwangsvollstreckung betrieben habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (17. Juni 1997 - 9 AZR 753/95 -) sei die Erfüllung einer Geldschuld nicht schon dann als inkongruente Deckung anzusehen, wenn der Schuldner unter dem Druck der Zwangsvollstreckung geleistet habe. Im Schrifttum werde die Frage unterschiedlich beantwortet. Die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die den das Zwangsvollstreckungsrecht beherrschenden Prioritätsgrundsatz zugunsten des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Gläubiger im Interesse der Stärkung der Masse zurücktreten lasse, überzeuge nicht. Ein Fall der Inkongruenz dürfe nur anhand der vom Gesetzgeber vorgegebenen Kriterien festgestellt werden und dabei der klare Wortlaut des § 131 Abs. 1 InsO nicht übergangen werden. Es sei abwegig anzunehmen, er hätte die Abfindung nicht im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO beanspruchen können. Wenn nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO der Grund für die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung darin liege, dass der Empfänger einer Leistung, die er in Kenntnis des Eröffnungsantrags oder in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erhält, nicht schutzwürdig sein soll, so könne nicht über eine wortlautmissachtende Auslegung der Inkongruenzmerkmale in § 131 Abs. 1 InsO ein weiterer Inkongruenzfall des „bloßen Argwohns bezüglich der Vermögensverhältnisse“ des Schuldners begründet werden. Es sei nicht ersichtlich, dass der Schutzmechanismus des § 130 Abs. 1 InsO nicht ausreiche, um Schmälerungen der Masse durch kongruente aber argwohnbehaftete Rechtshandlungen zu vermeiden. Im Übrigen habe er aus den erlangten Geldbeträgen die im Zusammenhang mit dem Kündigungsrechtsstreit und der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 10. Mai 2006 entstandenen Anwaltskosten beglichen und mit dem Restbetrag seinen Lebensunterhalt bestritten, sodass er nicht mehr bereichert sei.
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Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben.
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I. Der Beklagte hat gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO 3.153,73 Euro zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Er hat die Beträge iHv. 81,37 Euro und iHv. 3.072,36 Euro durch anfechtbare Handlungen im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erlangt. Die insolvenzrechtliche Anfechtung erfordert keine Gestaltungserklärung, sondern liegt in der gerichtlichen Geltendmachung der Rechtsfolge aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO. Gemäß § 141 InsO ist die Anfechtung auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass den Zahlungen des Schuldners mit dem gerichtlichen Vergleich vom 10. Mai 2006 ein vollstreckbarer Titel (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) zugrunde lag.
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1. Die im Wege der Zwangsvollstreckung vom Beklagten beigetriebenen Beträge iHv. 81,37 Euro und iHv. 3.072,36 Euro stellen inkongruente Deckungen im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar. Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Eine solche Rechtshandlung konnte von der Klägerin ohne weitere Voraussetzungen angefochten werden. Es kommt weder darauf an, ob der Schuldner zum Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung zahlungsunfähig oder überschuldet war, noch darauf, ob der Beklagte hiervon Kenntnis hatte oder nicht (vgl. BAG 19. November 2003 - 10 AZR 110/03 - BAGE 108, 367, 372). Deshalb hilft dem Beklagten auch seine Einwendung nicht weiter, er sei zum Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung bezüglich der Vermögensverhältnisse des Schuldners nicht argwöhnisch gewesen und habe keine Kenntnis von dem Eröffnungsantrag der AOK gehabt.
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2. Eine Rechtshandlung gilt nach § 140 Abs. 1 InsO als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Dies war bei der Zahlung von 81,37 Euro am 7. März 2007 und bei der Zahlung von 3.072,36 Euro am 14. Mai 2007 der Fall. Beide Zahlungen des Schuldners an die Gerichtsvollzieherin erfolgten damit nach dem am 5. März 2007 beim Amtsgericht München eingegangenen Antrag der AOK vom 28. Februar 2007 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
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3. Der Beklagte hatte beide Zahlungen gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht „in der Art“ zu beanspruchen.
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a) Der Gläubiger hat eine Befriedigung nicht nur dann nicht „in der Art“ zu beanspruchen, wenn er anstelle der Leistung, die er zu fordern hat, in der kritischen Zeit eine andere, nicht geschuldete Leistung erhält. Nicht „in der Art“ im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu beanspruchen hat der Gläubiger auch eine während dieser Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung (BAG 31. August 2010 - 3 ABR 139/09 - Rn. 16, ZIP 2011, 629; Kreft in HK-InsO 5. Aufl. § 131 Rn. 9 mwN; FK-InsO/Dauernheim 6. Aufl. § 131 Rn. 26). Seit der Entscheidung vom 9. September 1997 hat der Bundesgerichtshof darüber hinaus in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass eine inkongruente Deckung im Sinne des Anfechtungsrechts auch dann schon vorliegt, wenn der Schuldner in der gesetzlichen Krise zur Vermeidung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung geleistet hat (9. September 1997 - IX ZR 14/97 - BGHZ 136, 309; 11. April 2002 - IX ZR 211/01 - ZInsO 2002, 581; 15. Mai 2003 - IX ZR 194/02 - ZInsO 2003, 611; 23. März 2006 - IX ZR 116/03 - BGHZ 167, 11). Im Anschluss an Henckel (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 30 Rn. 232) hat der Bundesgerichtshof in einem solchen Fall die Inkongruenz aus der zeitlichen Vorziehung des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und der damit verbundenen Zurückdrängung des Prioritätsprinzips sowie aus der Erwägung hergeleitet, dass nach Eintritt der Krise und der damit verbundenen materiellen Insolvenz eine Ungleichbehandlung nicht mehr durch den Einsatz staatlicher Zwangsmittel insolvenzfest erzwungen werden soll (vgl. 23. März 2006 - IX ZR 116/03 - aaO; Kreft in HK-InsO 5. Aufl. § 131 Rn. 17; MünchKomm-InsO/Kirchof 2. Aufl. § 131 Rn. 26). In der Entscheidung vom 20. Januar 2011 (- IX ZR 8/10 - ZIP 2011, 385) hat der Bundesgerichtshof in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, die Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung könne auch dann als inkongruente Deckung anfechtbar sein, wenn der Gläubiger unter Ankündigung der Zwangsvollstreckung zur umgehenden Leistung auffordere, ohne eine letzte konkrete Frist zu setzen. Wenn es aber für die Annahme einer inkongruenten Deckung im Sinne des Anfechtungsrechts der InsO ausreicht, dass der Schuldner in der Krise zur Vermeidung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung geleistet hat (BGH 17. Juni 2010 - IX ZR 134/09 - ZInsO 2010, 1324; 15. Mai 2003 - IX ZR 194/02 - aaO; 20. November 2001 - IX ZR 159/00 - ZIP 2002, 228; 11. April 2002 - IX ZR 211/01 - ZInsO 2002, 581), liegt eine inkongruente Deckung im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erst recht vor, wenn ein Gläubiger nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Wege der Zwangsvollstreckung aus dem Vermögen des Schuldners Befriedigung erlangt.
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b) Diese Auffassung verdient den Vorzug gegenüber der Ansicht des Beklagten, Rechtshandlungen, denen ein fälliger Anspruch des Anfechtungsgegners zugrunde liege, für den die Rechtsordnung das Instrumentarium der Einzelzwangsvollstreckung zur Verfügung stelle, seien kongruent, auch wenn sie während der kritischen Zeit erfolgten und auf hoheitlichem Zwang beruhten (so auch Paulus/Allgayer ZInsO 2001, 241). Allerdings trifft es zu, dass der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. Februar 1969 (- VIII ZR 41/67 - MDR 1970, 41) im Urteil vom 17. Juni 1997 (- 9 AZR 753/95 - AP KO § 106 Nr. 1 = EzA KO § 106 Nr. 1) angenommen hat, die Erfüllung einer Geldschuld sei nicht schon deshalb als inkongruente Deckung anzusehen, weil der Gemeinschuldner möglicherweise unter dem Druck einer vom Gläubiger eingeleiteten oder angedrohten Zwangsvollstreckung gehandelt habe. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist jedoch zum Anfechtungsrecht des Konkursverwalters nach § 30 Nr. 2 KO ergangen und ist schon deshalb für die Auslegung von § 131 InsO nicht unmittelbar einschlägig (vgl. BGH 11. April 2002 - IX ZR 211/01 - ZInsO 2002, 581). Davon ist auch der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Beschluss vom 31. August 2010 ausgegangen (- 3 ABR 139/09 - Rn. 24, ZIP 2011, 629). Er hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgeführt, das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip werde durch das System der insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln eingeschränkt, wenn für die Gesamtheit der Gläubiger nicht mehr die Aussicht bestehe, aus dem Vermögen des Schuldners volle Deckung zu erhalten. In solchen Fällen trete die Befugnis des Gläubigers, sich mit Hilfe hoheitlicher Zwangsmaßnahmen eine rechtsbeständige Sicherung oder Befriedigung der eigenen fälligen Forderungen zu verschaffen, hinter dem Schutz der Gläubigergesamtheit zurück.
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4. Entgegen der Rüge des Beklagten ist die Rechtsprechung, wonach die in der kritischen Zeit durch (Drohung mit) Zwangsvollstreckung erlangte Erfüllung auch dann eine inkongruente Deckung im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO darstellt, wenn der Gläubiger keine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder vom Eröffnungsantrag hatte, durch den Gesetzgeber legitimiert.
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a) Dies hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Beschluss vom 31. August 2010 eingehend begründet (- 3 ABR 139/09 - Rn. 22 f., ZIP 2011, 629). Er hat zunächst darauf hingewiesen, dass Art. 2 des Entwurfs eines „Gesetz(es) zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung“ (BT-Drucks. 16/886 S. 5) Vorschriften enthielt, die die Insolvenzanfechtung erschwert hätten, und dass die Ergänzung des § 131 Abs. 1 InsO durch einen weiteren Satz vorgesehen war, der ausschließen sollte, dass eine Rechtshandlung allein deshalb anfechtbar ist, weil der Gläubiger die Sicherung oder Befriedigung durch Zwangsvollstreckung erlangt hat. Der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat ausgeführt, der beabsichtigten Ergänzung hätten Zweifel an der von der Rechtsprechung vorgenommenen Auslegung der insolvenzrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegen, wonach eine in der „Krise“ durch Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung oder Befriedigung inkongruent sei (BT-Drucks. 16/886 S. 12). Daraus, dass die geplanten Änderungen des Rechts der Insolvenzanfechtung aufgrund einer bewussten Entscheidung im parlamentarischen Verfahren jedoch nicht Gesetz geworden sind, weil sie als mit dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung nicht vereinbar angesehen worden sind (vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, BT-Drucks. 16/3844 S. 11), hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts abgeleitet, dass die Rechtsprechung zur inkongruenten Deckung bei durch (Drohung mit) Zwangsvollstreckung erlangter Erfüllung durch das Gesetzgebungsverfahren, das mit einem Gesetzesbeschluss geendet habe, bestätigt worden ist und die Legitimation geschaffen hat, diese Rechtsprechung aufrechtzuerhalten. Argumente und Erwägungen, die diese Folgerung des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts in Frage stellen könnten, hat der Beklagte nicht dargetan. Sein Hinweis auf die Regelungen in § 130 InsO und den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist dazu unzureichend.
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b) Der das Insolvenzverfahren beherrschende Gleichbehandlungsgrundsatz verdrängt das Prioritätsprinzip der Einzelzwangsvollstreckung bereits in dem durch die §§ 130 bis 132 InsO besonders geschützten Zeitraum. Dieses Prinzip, das einen „Wettlauf der Gläubiger“ bedingt, führt nur so lange zu mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens im Einklang stehenden Ergebnissen, wie für die zurückgesetzten Gläubiger noch die Aussicht besteht, sich aus anderen Vermögensgegenständen des Schuldners zu befriedigen. Zwar wird der Gleichbehandlungsgrundsatz der Gläubiger in der Unternehmenskrise auch dann durchbrochen, wenn der Schuldner innerhalb der Dreimonatsfrist des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO oder nach dem Eröffnungsantrag freiwillig zahlt und der Gläubiger von der Zahlungsunfähigkeit oder dem Eröffnungsantrag weder Kenntnis hatte noch aus den Umständen auf eine solche schließen musste. In diesem Fall darf der Gläubiger die Leistung behalten, während andere Gläubiger mit ihren ebenfalls fälligen Forderungen leer ausgehen. Die gegenüber § 130 Abs. 1 InsO verschärfte Haftung nach § 131 Abs. 1 InsO rechtfertigt sich jedoch daraus, dass der Gläubiger, der staatliche Zwangsmaßnahmen in Anspruch nimmt oder androht, anders als der Gläubiger, der eine freiwillige Zahlung entgegennimmt, aktiv auf das zur Befriedigung aller Gläubiger unzureichende Vermögen des Schuldners zugreift und zugleich andere Gläubiger von einem solchen Zugriff ausschließt. In der Unternehmenskrise soll eine Ungleichbehandlung der Gläubiger nicht mehr durch den Einsatz von oder der Drohung mit staatlichen Machtmitteln erzwungen werden. Der Einsatz dieser Mittel nimmt der Leistung des Schuldners aus objektiver Sicht den Charakter der Freiwilligkeit. Muss der Gläubiger den Schuldner durch die Drohung mit der Zwangsvollstreckung zur Leistung zwingen, liegt der Verdacht nahe, dass der Schuldner nicht zahlungsfähig ist. Eine solche Leistung ist nicht insolvenzfest (vgl. BGH 7. Dezember 2006 - IX ZR 157/05 - Rn. 15, ZIP 2007, 136; 9. September 1997 - IX ZR 14/97 - BGHZ 136, 309, 313; Henckel in Jaeger InsO § 131 Rn. 50 - 53).
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c) Für das Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung zur Inkongruenz bei im Wege der Zwangsvollstreckung erlangter Befriedigung spricht auch die Regelung in § 88 InsO. Diese Vorschrift ordnet ua. an, dass die Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam wird, wenn ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt. Dieser Wertung des Gesetzgebers entspricht es, auch bei der Frage, ob eine nach dem Eröffnungsantrag im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung des Gläubigers anfechtbar ist, das Prioritätsprinzip zugunsten des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gläubiger zurücktreten zu lassen.
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5. Der Einwand des Beklagten, er sei nicht mehr bereichert, geht fehl.
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a) Gemäß § 818 Abs. 3 BGB ist eine Verpflichtung zur Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten oder zum entsprechenden Wertersatz ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Das ist dann der Fall, wenn das Erlangte ersatzlos weggefallen ist und kein Überschuss mehr zwischen dem vorhandenen Vermögen und demjenigen Vermögen besteht, das auch ohne die ursprüngliche Bereicherung vorhanden wäre. § 818 Abs. 3 BGB dient dem Schutz des „gutgläubig“ Bereicherten, der das rechtsgrundlos Empfangene im Vertrauen auf das (Fort-)Bestehen des Rechtsgrundes verbraucht hat und der nicht über den Betrag einer wirklichen (noch bestehenden) Bereicherung hinaus zur Herausgabe oder zum Wertersatz verpflichtet werden soll (BAG 23. Mai 2001 - 5 AZR 374/99 - BAGE 98, 25, 28). Die Regelung in § 818 Abs. 3 BGB ermöglicht damit dem gutgläubigen Bereicherungsschuldner den nach einer der Anspruchsnormen des Bereicherungsrechts entstandenen Anspruch dadurch abzuwenden, dass er sich darauf beruft, nicht mehr bereichert zu sein (BAG 18. September 1986 - 6 AZR 517/83 - BAGE 53, 77).
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b) Daran gemessen hilft der Entreicherungseinwand des Beklagten ihm nicht weiter. Die Klägerin macht keinen nach den Anspruchsnormen des Bereicherungsrechts entstandenen Anspruch geltend, sondern einen gesetzlichen Rückzahlungsanspruch. Dieser bestimmt sich nicht nach den §§ 812 ff. BGB, sondern nach den Vorschriften der InsO.
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c) Unabhängig davon könnte sich der Beklagte auch deshalb nicht mit Erfolg auf Entreicherung berufen, weil er als Anfechtungsgegner nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO unmittelbar der verschärften Haftung des § 819 Abs. 1 BGB unterworfen war. § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO enthält eine Rechtsfolgenverweisung auf § 819 Abs. 1 BGB (BGH 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04 - BGHZ 171, 38; Kreft in HK-InsO 5. Aufl. § 143 Rn. 4). Der Anfechtungsgegner wird damit insoweit einem bösgläubigen Bereicherungsschuldner gleichgestellt. Mit dieser Anknüpfung ist der Rückzahlungsanspruch der Klägerin als rechtshängiger Anspruch zu behandeln.
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d) Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Tilgung von Schulden das Vermögen des Beklagten nicht verringert hat und deshalb keine Entreicherung vorliegt, soweit der Beklagte geltend macht, er habe mit den beigetriebenen Beträgen die im Zusammenhang mit dem Kündigungsrechtsstreit und der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 10. Mai 2006 entstandenen Anwaltskosten beglichen.
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e) Schließlich gilt für den Beklagten nicht deshalb eine privilegierte Haftung, weil er Arbeitnehmer des Schuldners war. Es trifft zwar zu, dass der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (27. Februar 2008 - 5 AZB 43/07 - BAGE 126, 117, 119) angenommen hat, der Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückzahlung geleisteter Arbeitsvergütung bestimme sich nach den Regelungen der InsO, die zwar für alle Rechtsverhältnisse des Schuldners gölten, aber eine Mehrzahl unbestimmter Rechtsbegriffe enthielten, deren Anwendung durch spezifisch arbeitsrechtliche Fragestellungen beeinflusst werde. Jedoch kann nach den vom Bundesarbeitsgericht zur Entreicherung des Arbeitnehmers bei einer Lohn- oder Gehaltsüberzahlung entwickelten Grundsätzen eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung nur dann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitnehmer „gutgläubig“ bereichert ist (BAG 23. Mai 2001 - 5 AZR 374/99 - BAGE 98, 25, 28; 18. September 1986 - 6 AZR 517/83 - BAGE 53, 77). Daran fehlt es aufgrund der von § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO angeordneten Gleichstellung des Anfechtungsgegners mit einem bösgläubigen Bereicherungsschuldner (vgl. BGH 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04 - BGHZ 171, 38).
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II. Der Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
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