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BSG 17.02.2020 - B 4 AS 11/20 B
BSG 17.02.2020 - B 4 AS 11/20 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenz - keine ausreichende Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des abweichenden Rechtssatzes - Arbeitslosengeld II - Mehrbedarf für Alleinerziehende - geschiedene mit dem gemeinsamen Kind zusammenlebende Elternteile - Betreuungsumfang
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 21 Abs 3 SGB 2
Vorinstanz
vorgehend SG Konstanz, 23. Januar 2019, Az: S 5 AS 81/17, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 6. Mai 2019, Az: L 2 AS 836/19, Beschluss
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 6. Mai 2019 wird als unzulässig verworfen.
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Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt B. aus S. beizuordnen, wird abgelehnt.
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Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe einer Divergenz und eines Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, nicht in der gebotenen Weise bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
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Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.2.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 160 RdNr 119).
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Die Beschwerdebegründung der Klägerin, die in der Sache Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende nach § 21 Abs 3 SGB II begehrt, wird diesen Darlegungsanforderungen nicht gerecht. Die Klägerin macht geltend, die Entscheidung des LSG beruhe auf folgendem, mit rechtlichen Aussagen des BSG im Widerspruch stehenden Rechtssatz:
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"Bei getrennten oder geschiedenen Eheleuten, die mit gemeinsamen Kindern in einer Wohnung leben, scheidet ein Anspruch auf den Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II stets und ungeachtet dessen aus, ob der eine Elternteil überwiegend oder weit überwiegend für die Pflege und Erziehung der Kinder sorgt."
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Zuvor ist allerdings ausgeführt, das LSG habe seine Entscheidung damit begründet, dass der Kindesvater in einem den Mehrbedarf für Alleinerziehende ausschließenden Umfang an der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Sohnes mitgewirkt habe. Die Begründung stützt sich also auf eine Würdigung des Einzelfalls durch das LSG unter Berücksichtigung des Umfangs der Mitwirkung des Kindesvaters. Ausgehend von dieser Würdigung der tatsächlichen Umstände ist schon nicht schlüssig aufgezeigt, dass der dem LSG zugeschriebene Rechtssatz, "stets" und ungeachtet besonderer Umstände scheide der Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende aus, tatsächlich tragende Grundlage für die Entscheidung war. Ob im Lichte der Entscheidungsbegründung der angeführte Rechtssatz des LSG überhaupt im Widerspruch zu den genannten Rechtssätzen des BSG steht, erscheint zwar ebenfalls zweifelhaft, weil nicht deutlich wird, ob den Entscheidungen vergleichbare Fallkonstellationen zugrunde lagen. Dies kann aber dahinstehen.
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Auch ein Verfahrensmangel ist nicht hinreichend bezeichnet. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; s bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung der Entscheidung besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36).
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Die Beschwerdebegründung der Klägerin wird auch diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Sie rügt zunächst eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil das LSG durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG entschieden habe, obwohl die Berufung nicht eindeutig aussichtslos gewesen sei, und zudem nach dem Schriftsatz vom 17.4.2019 eine erneute Anhörung erforderlich gewesen wäre. Gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das LSG, außer in den Fällen des § 105 Abs 2 Satz 1 SGG, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Ermessensentscheidung des Berufungsgerichts ist vom Revisionsgericht nur darauf zu prüfen, ob das Berufungsgericht von seinem Ermessen fehlerhaften Gebrauch gemacht, insbesondere ob es der Beurteilung sachfremde Erwägungen oder eine grobe Fehleinschätzung zugrunde gelegt hat (vgl nur Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 160 RdNr 176 mwN, Stand 2.12.2019). Solche Umstände macht die Beschwerde nicht geltend. Mangels Darlegung des konkreten Inhalts des Schriftsatzes vom 17.4.2019 lässt sich der Beschwerdebegründung auch nicht entnehmen, ob Gründe für eine erneute Anhörung zur Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG vorgelegen haben könnten.
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Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG rügt, bezieht sie sich zwar auf einen konkreten Beweisantrag, macht aber nicht hinreichend deutlich - was erforderlich gewesen wäre (vgl zu diesen Anforderungen nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 18a und § 160a RdNr 16e) - zu welchem Ergebnis die unterbliebene Beweisaufnahme geführt hätte. Deshalb ist auch nicht nachvollziehbar, warum das LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.
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Weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO), ist der Klägerin auch keine PKH zu bewilligen. Damit entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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