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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BSG 08.08.2019 - B 3 KR 18/18 R
BSG 08.08.2019 - B 3 KR 18/18 R - Krankenversicherung - Krankengeld - Ruhen - Meldung der Arbeitsunfähigkeit - Vorliegen eines Ausnahmefalls
Normen
§ 44 Abs 1 S 1 SGB 5 vom 16.07.2015, § 46 S 1 Nr 2 SGB 5 vom 16.07.2015, § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 vom 16.07.2015
Vorinstanz
vorgehend SG Dortmund, 19. Oktober 2017, Az: S 49 KR 1421/16, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 5. Juli 2018, Az: L 5 KR 771/17, Urteil
Tenor
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Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Juli 2018 und des Sozialgerichts Dortmund vom 19. Oktober 2017 aufgehoben.
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Die Beklagte wird unter Änderung ihres Bescheides vom 21. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2016 verurteilt, dem Kläger Krankengeld auch für die Zeit vom 7. bis 15. März 2016 zu gewähren.
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Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in allen Rechtszügen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld (Krg).
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Der im Jahr 1955 geborene, bei der beklagten Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See krankenversicherte Kläger, der seit 1994 von dem in der vertragsärztlichen Versorgung tätigen Arzt für Allgemeinmedizin H. hausärztlich behandelt wird, war ab 10.8.2015 in seinem Beschäftigungsverhältnis arbeitsunfähig krank und bezog ab 3.9.2015 Krg. Der Arztpraxis waren von einer Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) - ebenso zumindest von einer Innungskrankenkasse, nicht aber von der Beklagten selbst - für die Versendung von Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen (AU-Bescheinigungen) an die Krankenkasse (KK) Freiumschläge zur Verfügung gestellt worden. Die AOK-Freiumschläge mit dem Adressfeld-Aufdruck "AOK, Beleglesung, A." verwendete die Arztpraxis auch für die Versendung der für die Beklagte bestimmten Ausfertigungen der AU-Bescheinigungen für deren Versicherte; diese Bescheinigungen wurden dann von der AOK an die Beklagte weitergeleitet. Diese Verfahrensweise, über die die Arztpraxis ihren Angaben zufolge die Versicherten der AOK, der IKK und auch der Beklagten anlässlich jeder AU informierte, wurde über mehrere Jahre hinweg gehandhabt.
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Dem seit 2013 wiederholt erkrankten Kläger übersandte die Beklagte nach einer AU-Erstfeststellung vom 10.8.2015 ein Merkblatt mit den wichtigsten Informationen zum Krg mit der Bitte, die weitere AU auf der Bescheinigung für die Krg-Zahlung vom behandelnden Arzt bestätigen zu lassen und bei ihr wieder im Original einzureichen (Schreiben vom 18.9.2015). Der Arzt stellte die AU (mit Ausnahme der Zeit einer stationären Behandlung) auch im weiteren Krankheitsverlauf fest. Die für die KK vorgesehenen Durchschläge der AU-Bescheinigungen enthielten im Jahr 2015 den Hinweis "Bei verspäteter Vorlage droht Krankengeldverlust". Die für Versicherte bestimmte Ausfertigung einer am 22.2.2016 ausgestellten Bescheinigung mit der AU-Feststellung bis 6.3.2016 übersandte der Kläger in Kopie per E-Mail an die Beklagte. Diese Bescheinigung enthielt den Aufdruck:
"Hinweise für Versicherte zum Krankengeld
Achten Sie bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit auf einen lückenlosen Nachweis. Hierfür stellen Sie sich bitte spätestens an dem Werktag, der auf den letzten Tag der aktuellen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung folgt, bei Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin vor. Bei der verspäteten Vorlage der Bescheinigung bei der Krankenkasse oder lückenhaftem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit droht Krankengeldverlust. Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse."
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Am 7.3.2016 bescheinigte der Arzt H. die bis 20.3.2016 bestehende AU des Klägers und seine Praxis versandte die für die Beklagte bestimmte Ausfertigung in der oben geschilderten Weise in einem Freiumschlag der AOK; der Kläger erhielt dieses Exemplar - wie üblich - nicht vom Arzt ausgehändigt. Nach Eingang der AU-Bescheinigung bei der Beklagten erst am 16.3.2016 bewilligte sie dem Kläger Krg vom 1.3. bis 6.3.2016 sowie vom 16.3. bis 20.3.2016. Zugleich stellte sie für die Zeit vom 7.3. bis 15.3.2016 das Ruhen des Anspruchs auf Krg fest, da die Attestierung der AU insoweit erst außerhalb der Wochenfrist des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V am 16.3.2016 angezeigt worden sei (Bescheid vom 21.3.2016; Widerspruchsbescheid vom 18.7.2016).
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Das SG hat die gegen die ausgesprochene Ruhenswirkung erhobene Klage abgewiesen, da die AU für den offenen Zeitraum nicht zeitgerecht gemeldet worden sei und der Kläger auf eine rechtzeitige Meldung an die Beklagte nicht habe vertrauen dürfen (Urteil vom 19.10.2017).
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Das LSG hat die (zugelassene) Berufung des Klägers zurückgewiesen: Die für die Zeit vom 7.3. bis 15.3.2016 bestimmte AU-Bescheinigung sei verspätet bei der Beklagten eingegangen. Eine Wiedereinsetzung in die Wochenfrist des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V scheide aus. Auch die Voraussetzungen für eine Nachsichtgewährung wegen Versäumung der Meldefrist (Hinweis auf BSGE 52, 254 = SozR 2200 § 216 Nr 5) lägen nicht vor, da der Kläger nicht alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare unternommen habe, um seinen Anspruch auf Krg zu sichern. Auch wenn er darauf vertraut habe, dass sich der Arzt um die Versendung der AU-Bescheinigungen kümmern werde und es in der Vergangenheit nicht zu Verspätungen gekommen sei, habe sich der Kläger bei der letztlich ihm obliegenden Aufgabe eines Erfüllungsgehilfen bedient; dessen Verschulden treffe ihn ebenso wie eine Verzögerung bei der postalischen Beförderung. Aufgrund der Hinweise der Beklagten in ihrem Schreiben vom 18.9.2015, in einem Merkblatt sowie auf der unmittelbar zuvor erhaltenen AU-Bescheinigung vom 22.2.2016 habe er sich bei der Beklagten wenigstens nach seinen Obliegenheiten erkundigen müssen und nicht darauf vertrauen dürfen, dass alles gut gehen werde. Bei genauerer Nachfrage hätte er von der Versendung der AU-Bescheinigung in den letztlich falsch adressierten Umschlägen und der "Weiterleitungspraxis" über die AOK erfahren und erkennen können, dass bei dieser Verfahrensweise das Einhalten der Wochenfrist ungewiss sei. Dies hätte den Kläger dazu veranlassen müssen, die AU-Bescheinigungen selbst an die Beklagte zu senden. Eine ihn hindernde (Fehl-)Entscheidung der Beklagten, seinen Krg-Anspruch zu wahren, liege ebenfalls nicht vor; denn die Beklagte selbst habe dem Arzt keine Freiumschläge überlassen, und ihr sei die "Weiterleitungspraxis" über die AOK nicht bekannt gewesen (Urteil vom 5.7.2018).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V: Der 3. Senat des BSG habe bereits in seinem Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R - angedeutet, dass dem Versicherten im Verhältnis zur KK eine fehlende oder verspätete AU-Meldung möglicherweise nicht zum Nachteil gereichen dürfe, wenn - wie hier - ein Vertragsarzt die Obliegenheit des Versicherten zur Meldung der AU an die KK übernommen habe. Eine solche Sachlage sei gegeben. Der behandelnde Vertragsarzt sei im Rahmen des zwischen ihm (dem Kläger) und dem Arzt bestehenden Behandlungsvertrags wirksam die Verpflichtung eingegangen, die Übermittlung der AU-Bescheinigung an die Beklagte zu übernehmen. Die Beklagte habe diese Handhabung des behandelnden Arztes jedenfalls geduldet. Sie habe nämlich in der Vergangenheit die Übermittlung durch eine andere KK oder die vorherige Weiterleitung an diesen durch den Arzt nicht beanstandet, obwohl sie insoweit habe Einfluss nehmen können. Da die Handhabung von der Beklagten über viele Jahre hinweg anstandslos praktiziert worden sei, liege der verspäteten Übermittlung der AU-Bescheinigung letztlich eine der KK zuzurechnende Fehlentscheidung des Vertragsarztes zugrunde. Insoweit sei das Verlangen der Krg-Gewährung auch für die streitige Zeit mit Blick auf den auch im Sozialrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gerechtfertigt; denn die Beklagte nehme zu Lasten eines betroffenen Versicherten nun treuwidrig eine formale Rechtsposition für sich in Anspruch.
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Juli 2018 und des Sozialgerichts Dortmund vom 19. Oktober 2017 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2016 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm (dem Kläger) Krankengeld auch für die Zeit vom 7. März bis 15. März 2016 zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist begründet.
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Die klageabweisenden Urteile des LSG und des SG waren aufzuheben, und die Beklagte war unter Änderung ihrer angefochtenen Bescheide zu verurteilen, dem Kläger Krg auch für die Zeit vom 7.3. bis 15.3.2016 zu gewähren. Die Anspruchsvoraussetzungen nach § 44 und § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V (hier anzuwenden in der vom 23.7.2015 bis 10.5.2019 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der GKV <Art 1 Nr 13 und Nr 15, Art 20 Abs 1 GKV-VSG vom 16.7.2015, BGBl I 1211>) sind insoweit erfüllt (dazu im Folgenden 1.). Die Kenntniserlangung der Beklagten von der auch ab 7.3.2016 fortbestehenden AU des Klägers erst am 16.3.2016 führt nicht zum Ruhen des Krg-Anspruchs nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V (hierzu 2.).
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1. Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn - was hier allein einschlägig ist - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Da Krg-Zahlungen grundsätzlich als abschnittsweise Leistungsbewilligung anzusehen sind (vgl zuletzt BSG Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R - juris RdNr 12, SozR 4-2500 § 49 Nr 8, auch zur Veröffentlichung in BSGE 126 vorgesehen), ist der Einzelanspruch mangels abweichender Übergangsregelungen jeweils anhand des in diesem Zeitraum aktuell geltenden Rechts zu prüfen. Der insoweit maßgebende Bewilligungsabschnitt begann im Falle des Klägers mit dem 7.3.2016 und ist mithin nach dem ab dem 23.7.2015 geltenden Recht zu prüfen.
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Nach den Feststellungen des LSG war der bei der Beklagten gemäß § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V als Beschäftigter mit Anspruch auf Krg pflichtversicherte Kläger gemäß ärztlicher Feststellung - von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen - seit 10.8.2015 arbeitsunfähig krank und bezog vom 3.9.2015 an Krg. Der behandelnde Arzt stellte dann am 7.3.2016 die AU des Klägers auch für die Zeit bis 20.3.2016 fest. Der Kläger erfüllte demnach in der streitigen Zeit grundsätzlich die Voraussetzungen von § 44 Abs 1 Nr 1 und § 46 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V.
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2. Entgegen der Ansicht der Beklagten ruhte der Krg-Anspruch vom 7.3. bis 15.3.2016 nach den dafür maßgebenden rechtlichen Grundsätzen (dazu im Folgenden a) nicht wegen verspäteter Meldung der AU nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V. Denn ausgehend von den vom Senat revisionsrechtlich zu würdigenden, vom LSG getroffenen Tatsachenfeststellungen, die die Beklagte nicht mit Revisionsrügen angegriffen hat und an die der Senat deshalb gebunden ist (vgl § 163 SGG), liegen besondere Umstände vor, die dazu führen, dass nicht dem Kläger, sondern der Beklagten das Verstreichen der einwöchigen Meldefrist zuzurechnen ist (dazu b). Auf die Frage, ob das Ergebnis (auch) - vom LSG geprüft, jedoch verneint - aus dem Institut der "Nachsichtgewährung" hergeleitet werden kann, oder ob Versicherten in Fällen der vorliegenden Art wegen Versäumung der Meldefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre, kommt es demgegenüber nicht entscheidungserheblich an (dazu c).
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a) Nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krg, "solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt". Dies führt im Ausgangspunkt dazu, dass den Versicherten hinsichtlich der die begehrten Krg-Leistungen auslösenden AU eine grundsätzlich strikt zu handhabende Meldeobliegenheit gegenüber der KK trifft.
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aa) Wie der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R (juris RdNr 17 ff mwN, SozR 4-2500 § 49 Nr 8, auch zur Veröffentlichung in BSGE 126 vorgesehen) unter Anknüpfung an frühere Rechtsprechung ausgeführt hat, ist die AU-Meldung an die KK eine Tatsachenmitteilung, die nicht an die Einhaltung einer bestimmte Form gebunden ist und die den Versicherten als Obliegenheit trifft. Der Versicherte muss seine AU nicht persönlich mitteilen, sondern kann die Mitteilung auch durch einen Vertreter an die KK übermitteln. Es reicht grundsätzlich aus, wenn der KK die ärztliche Feststellung der AU bekanntgegeben wird und die Bekanntgabe dem Versicherten zuzurechnen ist (vgl bereits BSG SozR 2200 § 216 Nr 8 S 23). Die AU muss der KK vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krg angezeigt werden, dh auch dann, wenn die AU seit Beginn ununterbrochen bestanden hat und wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen AU-Feststellung über die Weitergewährung von Krg neu zu befinden ist (vgl zB BSGE 85, 271, 275 f = SozR 3-2500 § 49 Nr 4 S 15; zuletzt BSG Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R - juris RdNr 19, aaO).
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bb) Die danach erforderliche AU-Meldung bezweckt, der KK die zeitnahe Nachprüfung der Anspruchsvoraussetzungen zu ermöglichen. Die Ruhensvorschrift des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V soll die KKn zum einen davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Krg-Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen, um beim Krg Missbrauch und praktische Schwierigkeiten zu vermeiden, zu denen die nachträgliche Behauptung der AU und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen können (vgl nur BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1, RdNr 16 mwN; BSGE 118, 52 = SozR 4-2500 § 192 Nr 7, RdNr 26). Überdies sollen die KKn die Möglichkeit erhalten, die AU zeitnah durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung bzw - hier - durch den Sozialmedizinischen Dienst der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (§ 283 SGB V) überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Die Wochenfrist, innerhalb derer die Meldung der AU gegenüber der KK zu erfolgen hat, ist danach eine Ausschlussfrist (vgl bereits BSGE 52, 254, 257 = SozR 2200 § 216 Nr 5 S 10; zuletzt BSG Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R - juris RdNr 18 mwN, SozR 4-2500 § 49 Nr 8, auch zur Veröffentlichung in BSGE 126 vorgesehen). Daran hält der Senat fest, unbeschadet der Frage, ob diese Rechtsprechung mit Blick auf zum 11.5.2019 eingetretene Gesetzesänderungen in § 46 SGB V und § 49 SGB V (vgl Art 1 Nr 22 und 24 des Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung - Terminservice - und Versorgungsgesetz - <TSVG> vom 6.5.2019, BGBl I 646) künftig noch zugrunde zu legen sein wird. Denn jedenfalls kommt bei der vorliegend zu beurteilenden Sachlage noch das zuvor geltende Recht zur Anwendung, und es greift - wie im Folgenden unter b) auszuführen ist - eine die strikte Anwendung der Meldefrist des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V verdrängende und zu einem durchsetzbaren Krg-Anspruch des Klägers führende Ausnahme ein.
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cc) Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist die Meldung der AU eine Obliegenheit des Versicherten, deren Folgen bei unterbliebener oder nicht rechtzeitiger Meldung grundsätzlich von diesem selbst zu tragen sind. Händigt der Vertragsarzt einem beschäftigten Versicherten daher die zur Vorlage bei der KK bestimmte Ausfertigung der AU-Bescheinigung aus, so kann der Versicherte regelmäßig nicht darauf vertrauen, ihm werde damit seine eigene Obliegenheit abgenommen, der KK die AU zur Vermeidung des Ruhens des Krg-Anspruchs zeitgerecht mitzuteilen. Gegenteiliges ist insbesondere nicht aus den Regelungen zur vom Arbeitgeber geschuldeten Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) herzuleiten, weil die Voraussetzungen für einen - vorliegend allein streitigen - Krg-Anspruch des Versicherten gegen seine KK allein im SGB V geregelt sind (hier namentlich in § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V), nicht aber in den Bestimmungen des dem Arbeitsrecht zugehörigen EntgFG (vgl BSG Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R - Leitsätze und juris RdNr 24 ff, aaO).
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Die AU-Meldung an die KK ist entsprechend § 130 Abs 1 und 3 BGB erst dann erfolgt, wenn sie der KK zugegangen ist (so bereits BSGE 29, 271, 272 = SozR Nr 8 zu § 216 RVO). Bei verspäteter Meldung ist die Gewährung von Krg daher selbst dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R - juris RdNr 19 mwN, aaO). Das BSG hat wiederholt betont, dass das Ruhen des Krg-Anspruchs auch dann greift, wenn den Versicherten kein Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft. Auch eine vom Versicherten rechtzeitig zur Post gegebene, aber auf dem Postweg verloren gegangene AU-Bescheinigung kann den Eintritt der Ruhenswirkung daher selbst dann nicht verhindern, wenn die Meldung unverzüglich nachgeholt wird (vgl BSG, ebenda, juris RdNr 19 f mwN).
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b) In dem im Falle des Klägers für den Senat maßgebenden Sachverhalt liegen allerdings besondere Umstände vor, die es ausnahmsweise gebieten, ihm das Verstreichen der einwöchigen Meldefrist des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V nicht anzulasten.
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aa) Trotz des unter a) aufgezeigten rechtlichen Ausgangspunkts bestehen schon nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung - ohne dabei zwischen Fehlern bei der Anwendung des § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V und des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V zu differenzieren - durchsetzbare Krg-Ansprüche des Versicherten gleichwohl in Sonderfällen dann, wenn die ärztliche Feststellung oder die rechtzeitige Meldung der AU durch Umstände verhindert oder verzögert worden ist, die dem Verantwortungsbereich der KKn zuzurechnen sind und nicht demjenigen des Versicherten (vgl nur: BSGE 111, 9 = SozR 4-2500 § 192 Nr 5, RdNr 23 <Fristversäumung wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit des Versicherten>; BSGE 52, 254, 258 ff und LS 2 = SozR 2200 § 216 Nr 5 <verspäteter Zugang der AU-Meldung infolge von seitens der KK selbst zu vertretender Organisationsmängel>; BSGE 111, 9 = SozR 4-2500 § 192 Nr 5, RdNr 23; BSGE 118, 52 = SozR 4-2500 § 192 Nr 7, RdNr 24 mwN <irrtümliche Verneinung der AU aufgrund medizinischer Fehlbeurteilung>; BSGE 85, 271, 277 f = SozR 3-2500 § 49 Nr 4 <Verneinung der AU aufgrund eines herangezogenen fehlerhaften Maßstabs für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit>).
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Der erkennende 3. Senat des BSG hat diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 11.5.2017 fortentwickelt und entschieden, dass unter engen Voraussetzungen nicht nur medizinische, sondern auch nichtmedizinische Fehleinschätzungen von Ärzten einen Ausnahmefall begründen können (BSGE 123, 134 = SozR 4-2500 § 46 Nr 8, RdNr 25 ff): Hat ein Versicherter demnach entsprechend den gesetzlichen Vorgaben innerhalb des zeitlichen Rahmens einer zuvor attestierten AU einen Vertragsarzt zu dem Zweck aufgesucht, für die Weitergewährung von Krg eine ärztliche AU-Folgebescheinigung zu erlangen und hat dazu ein Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden, unterbleibt aber gleichwohl die begehrte Erteilung einer solchen Bescheinigung, kann es nicht entscheidend darauf ankommen, aus welchen Gründen der Vertragsarzt dem Versicherten die erbetene Bescheinigung zu Unrecht nicht erteilt hat (BSG aaO RdNr 26).
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Für die Anerkennung einer solchen Ausnahme ist wesentlich, dass der Versicherte die ihm vom Gesetz übertragene Obliegenheit, für eine zeitgerechte ärztliche Feststellung der geltend gemachten AU Sorge zu tragen, im Kern erfüllt hat: Er hat dazu den Arzt aufzusuchen und diesem seine Beschwerden vorzutragen. Unterbleibt die ärztliche AU-Feststellung dann dennoch aus Gründen, die dem Verantwortungsbereich des Vertrags- bzw Knappschaftsarztes zuzuordnen sind, darf sich das nicht zum Nachteil des Versicherten auswirken, wenn dieser seinerseits alles in seiner Macht Stehende getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber durch eine von der KK zu vertretende bzw dieser zuzurechnende Fehlentscheidung gehindert wurde (BSGE 123, 134 = SozR 4-2500 § 46 Nr 8, RdNr 23 mwN). Die Mitwirkungsobliegenheit des Versicherten an der Feststellung der AU ist nämlich auf das ihm jeweils Zumutbare beschränkt (vgl § 65 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB I). Deshalb reicht auch im Falle einer aus nichtmedizinischen Gründen zu Unrecht nicht erteilten AU-Bescheinigung eine nachgeholte ärztliche Feststellung zur Wahrung des Krg-Anspruchs aus, wenn ein Versicherter entsprechend den gesetzlichen Vorgaben innerhalb des zeitlichen Rahmens einer zuvor attestierten AU einen Vertragsarzt aufgesucht und ein Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden hat, um die für die Weitergewährung von Krg erforderliche AU-Folgebescheinigung zu erlangen, und wenn die damit verbundene begehrte Erteilung einer solchen Bescheinigung aber dennoch unterblieben ist (BSG Urteil vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R - BSGE 123, 134 = SozR 4-2500 § 46 Nr 8, RdNr 26, 34).
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bb) Der Senat entwickelt diese zu den beschriebenen Ausnahmen ergangene Rechtsprechung fort. Die Erwägungen, die zu dem Fall herangezogen wurden, dass es im beschriebenen Sinne trotz eines rechtzeitigen Arzt-Patienten-Kontakts nicht zu einer ärztlichen Feststellung der AU kam, müssen nämlich erst recht gelten, wenn die AU - wie im Falle des Klägers - durch den Arzt sogar positiv festgestellt wurde, aber aufgrund von besonderen Umständen lediglich keine Aushändigung bzw Überlassung der für die KK bestimmten AU-Bescheinigung an den Versicherten erfolgte. Solche Umstände sind hier anzunehmen, weil Arzt und Versicherter übereinstimmend davon ausgingen und berechtigterweise davon ausgehen durften, dass der Arzt bzw seine Praxis die fristgerechte Übersendung der AU-Bescheinigung an die KK übernahm. Der Fall einer vom Arzt sogar erstellten, dem Versicherten aber nicht zur Weiterleitung an die KK ausgehändigten AU-Bescheinigung steht damit in seinen Rechtswirkungen einer zu Unrecht gar nicht erst bzw nicht zeitgerecht erstellten AU-Bescheinigung gleich (ähnlich bereits BSG 1. Senat> SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 17).
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Für die beschriebene Gleichstellung spricht, dass dem Versicherten in beiden Fällen der übliche Weg, die Mitteilung des (Fort-)Bestehens der AU mittels Übersendung bzw Übergabe der AU-Bescheinigung an die KK, faktisch abgeschnitten wird, und zwar mitinitiiert durch die KK selbst: Das ist gleichermaßen der Fall, wenn eine ärztliche AU-Feststellung trotz erfolgten Arzt-Patienten-Kontakts (zu Unrecht) überhaupt unterbleibt, und auch dann, wenn die für die KK bestimmte Ausfertigung der Bescheinigung über die (positiv festgestellte) AU dem Versicherten nicht ausgehändigt wird und auch nicht auf andere Weise in seine Verfügungsgewalt gelangt. Ein Versicherter darf durch den Kontakt mit einem Vertrags-/Knappschaftsarzt in diesem Zusammenhang in der Regel den Eindruck gewinnen, dass er (der Versicherte) zur Wahrung seines Krg-Anspruchs bis auf Weiteres nichts zusätzlich unternehmen muss. Das drängt sich gerade dann auf, wenn - wie hier das LSG aufgrund der Angaben der Praxis in tatsächlicher Hinsicht unterstellt hat - jedem betroffenen Patienten und auch dem Kläger anlässlich jeder AU-Feststellung erklärt wurde, dass der Arzt die für die KK bestimmte Ausfertigung der AU-Bescheinigung zur KK schicken werde, dass der Kläger eben darauf vertraut hat, und dass diese Verfahrensweise über viele Jahre so gehandhabt wurde, ohne dass es diesbezüglich zu Verspätungen oder Beanstandungen gekommen war. Die Handlungsmöglichkeiten eines Versicherten sind vor diesem Hintergrund bei unterlassener Übergabe der AU-Bescheinigung (wie im Fall des Klägers) verglichen mit einer vom Arzt gänzlich abgelehnten Feststellung der AU letztlich sogar noch stärker eingeschränkt; denn der Versicherte darf dann berechtigterweise den Eindruck gewinnen, er selbst habe bereits alles seinerseits Notwendige zur Aufrechterhaltung des Krg-Anspruchs getan. Anlass für einen solchen Versicherten, sich dennoch nochmals bei einer Geschäftsstelle der KK rückzuversichern, ob die AU-Bescheinigung dort auch tatsächlich rechtzeitig einging (zB durch telefonische Nachfrage zu den üblichen Geschäftszeiten oder Aufsuchen der Geschäftsstelle), bestand nicht. Gegen die Gleichbehandlung beider Fälle spricht deshalb auch nicht entscheidend der Umstand, dass Versicherte die AU-Meldung an ihre KK auch formlos vornehmen können und daher nicht zwingend auf die Aushändigung der AU-Bescheinigung durch den Arzt angewiesen sind.
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cc) Die von der Beklagten gegen diese Sichtweise vorgebrachten Einwände sowie dagegen sprechende andere rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte greifen nicht durch.
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(1) Zwar entspricht es dem gesetzlichen Regelfall, dass die nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V für einen durchsetzbaren Krg-Anspruch erforderliche AU-Meldung bei der KK in der Weise erfolgt, dass ein Vertragsarzt dem Versicherten die für die KK bestimmte Ausfertigung der AU-Bescheinigung aushändigt und der Versicherte diese Bescheinigung dann der KK zuleitet (vgl erneut Senatsurteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R - SozR 4-2500 § 49 Nr 8, auch zur Veröffentlichung in BSGE 126 vorgesehen). Wird dem Versicherten die AU-Bescheinigung ausgehändigt, ist er nämlich regelmäßig selbst dazu in der Lage, das Risiko der Postlaufzeit einzuschätzen und stattdessen ggf andere Kommunikationswege zu nutzen. Dies rechtfertigt die grundsätzliche Zuordnung des Übermittlungsrisikos zur Sphäre des Versicherten, wenn die von ihm übersandte AU-Bescheinigung auf dem Postweg verloren geht oder verspätet zugeht (vgl hierzu erneut bereits BSGE 29, 271 = SozR Nr 8 zu § 216 RVO). Etwas anderes muss aber gelten, wenn der Versicherte - wie hier der Kläger - gar nicht erst dazu veranlasst wird, Erwägungen zur Art und Weise einer eigenen Übermittlung und den damit verbundenen Risiken anzustellen.
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(2) Der Einwand der Beklagten, das SGB V biete keine Grundlage dafür, das Verhalten der Arztpraxis der KK zuzurechnen, führt zu keinem anderen Ergebnis.
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Zwar trifft es zu, dass es für eine Leistungspflicht der Beklagten der Existenz von Normen oder Grundsätzen bedarf, die eine Zurechnung des Verhaltens der Arztpraxis auf die KK ermöglichen (vgl dazu BSGE 123, 134 = SozR 4-2500 § 46 Nr 8, RdNr 29 ff in Bezug auf die Mitverantwortung der KKn für missverständlich bzw unzureichend abgefasste Bestimmungen in den AU-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses). Eine hinreichende Grundlage für die Zuweisung des Übermittlungsrisikos an die Beklagte ist vorliegend jedoch ebenfalls anzunehmen.
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Wie der Senat auch in seinem Urteil vom 8.8.2019 - B 3 KR 6/18 R (zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) ausgeführt hat, ist es gerechtfertigt, als Zurechnungsgrundlage Rechtsgedanken heranzuziehen, die in ähnlicher Weise für die einen Geschäftsherrn treffende Verantwortlichkeit für die Vornahme von Rechtshandlungen Dritter nach den Grundsätzen über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht anerkannt sind: Danach hat derjenige gegenüber seinem Vertragspartner für das Handeln eines Dritten einzustehen, der es wissentlich initiiert bzw geschehen lässt, dass der Vertragspartner den berechtigten Eindruck gewinnt, der Dritte trete berechtigterweise für ihn (den Geschäftsherrn) auf. Dem vergleichbar hat es hier die beklagte KK als Leistungsträger initiiert, dass der klagende Versicherte als Leistungsberechtigter und "Gegenüber" des Arztes den berechtigten Eindruck gewinnen musste, der Hausarzt trete berechtigterweise für die beklagte KK als Übermittler der AU-Bescheinigung auf. Nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht ist der Vertragspartner schutzbedürftig, wenn er das Handeln des Dritten dahin versteht und nach Treu und Glauben verstehen darf, dass dieser zu seinem Handeln berechtigt ist. Darüber hinausgehend ist - nach den Rechtsgedanken zur Anscheinsvollmacht - der Vertragspartner sogar dann schutzbedürftig, wenn der Vertretene das Handeln eines "Scheinvertreters" zwar nicht einmal kennt, es bei pflichtgemäßer Sorgfalt aber hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Vertragspartner nach den Umständen annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des (Schein-)Vertreters (vgl allgemein zur Duldungs- und Anscheinsvollmacht - exemplarisch - Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Aufl 2019, § 172 RdNr 8, 11; Mansel in Jauernig, BGB, 17. Aufl 2018, § 167 RdNr 8, 9 - jeweils mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr des BGH).
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Hier zeigt sich die Parallelität der Vertrauensgrundlage: Der Versicherte ist - wie der Vertragspartner bei einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht - jedenfalls dann schutzwürdig, wenn er das Handeln des Arztes dahin verstehen durfte, dass dieser mindestens kraft Duldung und Billigung berechtigt ist, für die beklagte KK in der erfolgten Weise zu handeln. In diesem Sinne verstanden handelt es sich in der vorliegenden Konstellation auch um einen Fall, in dem die KK bei verspätetem Zugang der AU-Meldung bei ihr jedenfalls aufgrund von Organisationsmängeln für Fehler bzw eine nicht in ihrem Sinne geübte, aber in der Vergangenheit zumindest hingenommene und nicht konkret beanstandete Praxis bei den Ärzten auch selbst einzustehen hat (vgl zum Ausgangspunkt bereits BSGE 52, 254, 258 ff und LS 2 = SozR 2200 § 216 Nr 5). Durch das von der KK hingenommene Verhalten von Arztpraxen, die für die KK bestimmte Ausfertigung der AU-Bescheinigung nicht an die Versicherten zu überreichen, sondern die für die KK bestimmte Ausfertigung der Bescheinigung selbst an die KK abzusenden, wurde Ärzten wie Versicherten der Eindruck vermittelt, der Versicherte selbst müsse insoweit nichts weiter zur Wahrung seines Krg-Anspruchs unternehmen. Ermöglicht eine KK aber auf diese Weise durch die Überlassung von Freiumschlägen an einen Vertragsarzt dem Versicherten erst gar nicht, die maßgebende Ausfertigung der AU-Bescheinigung an die KK zu übersenden, trägt sie insoweit auch selbst das Übermittlungsrisiko. Denn sie hat mit dieser Vorgehensweise immerhin die wesentliche Ursache dafür gesetzt, dass die betroffenen Ärzte die Übersendung der AU-Bescheinigung für die von ihnen behandelten Versicherten übernehmen und diese Versicherten auch entsprechend informieren.
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Dass der Sachverhalt im Falle des Klägers nicht völlig identisch ist wie in dem vom Senat ebenfalls aufgrund mündlicher Verhandlung am 8.8.2019 durch Urteil zum Aktenzeichen B 3 KR 6/18 R entschiedenen, auch die Beklagte selbst betreffenden Fall (aaO), führt - anders als vom LSG für die vorliegende Sachverhaltsgestaltung angenommen - zu keinem abweichenden Ausgang des Rechtsstreits: Während dort die Beklagte selbst dem Arzt Freiumschläge für die Übersendung der für die KK bestimmten Ausfertigungen der AU-Bescheinigungen überlassen und der die AU feststellende Arzt diese auch bestimmungsgemäß verwendet hatte, benutzte hier der behandelnde Arzt des Klägers dafür Freiumschläge einer anderen KK mit der darauf vorgedruckten und allein diese betreffenden Empfängeranschrift einer Belegsammelstelle. Beide Fallgestaltungen sind dennoch jedenfalls von der Konstellation her nicht derart unterschiedlich, als dass es sachlich gerechtfertigt wäre, sie in ihren rechtlichen Auswirkungen ungleich zu behandeln. Denn Hintergrund des Vorgehens des Arztes bzw seiner Praxis ist gleichermaßen, dass nach den Feststellungen des LSG bei den KKn - auch bei der Beklagten selbst - im hier betroffenen Zeitraum eine weit verbreitete Übung vorherrschte, Ärzten Freiumschläge für die Übersendung von AU-Bescheinigungen an die KK zu überlassen und auf diese Weise zu bewirken, dass Ärzte die für die KK bestimmte Ausfertigung den Versicherten verständlicherweise nicht mehr aushändigten; es verhielt sich vielmehr so, dass den Versicherten das Vorgehen quasi als von den KKn über die Freiumschlagsüberlassung mitgetragene "Serviceleistung" des Arztes vermittelt wurde. Auch die Beklagte selbst hat dies in anderen Fällen so praktiziert (vgl erneut Senatsurteil vom 8.8.2019 - B 3 KR 6/18 R). Die Beklagte hat zudem ausgehend von den Feststellungen des LSG die über Jahre hinweg vorgenommene Handhabung einer Übersendung der AU-Bescheinigungen unter Verwendung von Freiumschlägen der AOK im Verhältnis zum Kläger nicht in einer Weise beanstandet, dass angenommen werden müsste, dessen Vertrauen in die Rechtmäßigkeit des Vorgehens sei bereits im vorliegend relevanten Zeitraum zerstört gewesen. Aus der Überlassung von Freiumschlägen an Ärzte für die Übersendung der für die Beklagte bestimmten Ausfertigungen der AU-Bescheinigungen haben KKn für das Übermittlungsrisiko einzustehen, sodass auch der Beklagten die in diesem Zusammenhang auftretenden Fehler und Fehlleitungen als eigene zuzurechnen sind.
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(3) Das Vorbringen der Beklagten, sie selbst habe jedenfalls dem den Kläger behandelnden Arzt gar keine Freiumschläge für dessen Übersendung von AU-Bescheinigungen für ihre Versicherten zugeleitet und der Arzt habe ohne ihr Zutun für die Übersendung an eine Beleglesestelle der AOK vorgesehene Umschläge verwendet, ist nicht geeignet, die klageabweisenden Urteile der Vorinstanzen aufrechtzuerhalten. Abgesehen davon, dass - wie ausgeführt - das dargestellte Verfahren von der Beklagten selbst bei anderen eigenen Versicherten praktiziert wurde, finden sich auch in anderem Zusammenhang (vgl das Urteil in der Parallelsache B 3 KR 6/18 R vom 8.8.2019) deutliche Hinweise auf eine auch in anderen Bundesländern bzw Bezirken der Kassenärztlichen Vereinigungen im Verhältnis zu anderen KKn jahrelang geübte und weit verbreitete Praxis zur Weiterleitung von AU-Bescheinigungen durch Ärzte an die KKn. So wird zB in Publikationen (Zeitschrift "KV Praxis" <Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz>, Dezember 2018, "Die AU-Sammelstelle wird abgeschafft - Künftig müssen nun alle gesetzlich Versicherte in Rheinland-Pfalz die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei ihrer Kasse selbst einreichen">; s auch ähnlich im Internet zB www.ikk-suedwest.de/2016/06/neues-verfahren-bei-krankschreibungen-in-rheinland-pfalz/, sowie www.aerzteblatt.de/nachrichten/69308/AU-Bescheinigungen/Einige-Kassen-kuendigen-Teilnahme-an-Sammelstelle-der-KV-RLP, jeweils recherchiert am 1.2.2019) von einer jahrelang entsprechend geübten Verfahrensweise berichtet, die teilweise ab 1.1.2016 und generell (erst) ab 1.1.2019 geändert wurde.
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Der Vortrag der Beklagten im Revisionsverfahren, dass es zu keinem Zeitpunkt eine "Vereinbarung" zwischen ihr und Ärzten gegeben habe, nach der Ärzte den Versicherten die Übersendung der AU-Bescheinigungen abnehmen sollten, ist ausgehend von Feststellungen des LSG und nach den obigen Ausführungen zum Eingreifen der Erwägungen über eine Anscheinsbevollmächtigung rechtlich ohne Belang. Insoweit fällt ins Gewicht, dass die geschilderte Verfahrensweise der Verwendung von Freiumschlägen der AOK durch den Arzt des Klägers über viele Jahre hinweg ohne gezielte Beanstandung durch die Beklagte so gehandhabt und nicht beanstandet wurde. Ferner ist mit in Rechnung zu stellen, dass das eigene Verhalten der Beklagten in anderen Fällen typischerweise sowohl in der Ärzteschaft als auch unter Versicherten im Bekannten- und Arbeitskollegenkreis kommuniziert wird. Durch das von einer KK bewirkte Verhalten von Arztpraxen, die für die KK bestimmte Ausfertigung der AU-Bescheinigung nicht an die Versicherten zu überreichen, sondern diese Bescheinigung selbst an die KK abzusenden, wurde Ärzten wie Versicherten mangels Beanstandung der Eindruck vermittelt, der Versicherte selbst müsse insoweit nichts weiter zur Wahrung seines Krg-Anspruchs unternehmen. Ermöglicht eine KK auf diese Weise dem Versicherten erst gar nicht, die maßgebende Ausfertigung der AU-Bescheinigung an die KK zu übersenden und beanstandet sie das hier gezeigte Vorgehen der Weiterleitung der AU-Bescheinigung durch eine andere KK nicht gezielt und ausdrücklich, erweckt sie dadurch bei betroffenen Außenstehenden den Anschein, diese Übung in Bezug auf die Krg-Gewährung als unschädlich anzusehen. Dann trägt sie insoweit auch selbst das Übermittlungsrisiko bei Auftreten von Verzögerungen. Denn sie hat immerhin mit die wesentliche Ursache dafür gesetzt, dass die betroffenen Ärzte (überhaupt) die Übersendung der AU-Bescheinigung für die von ihnen behandelten Versicherten übernahmen und diese Versicherten auch entsprechend informierten.
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Eine vertrauensausschließende Wirkung führte die Beklagte - anders als vom LSG angenommen - auch nicht dadurch herbei, dass sie dem Kläger im September 2015 ein Merkblatt mit Informationen zum Krg übersandte sowie darum bat, die weitere AU auf der Bescheinigung für die Krg-Zahlung vom behandelnden Arzt bestätigen zu lassen und wieder bei ihr im Original einzureichen. Diese Umstände haben nämlich keinen zweifelsfrei erkennbaren Bezug zu der vorliegend sich zentral stellenden Freiumschlags-Problematik. Das gilt auch für den im Jahr 2015 auf den für die KK vorgesehenen Durchschlägen der AU-Bescheinigungen enthaltenen Hinweis "Bei verspäteter … Vorlage droht Krankengeldverlust" sowie für die nur allgemeinen Hinweise zum Krg auf den AU-Bescheinigungs-Vordrucken. Diese Hinweise weisen keinen erkennbaren Fallbezug auf. Ihnen lässt sich vor allem nicht entnehmen, dass bei einer Übersendung durch den Arzt dieser nicht im Auftrag der KK handele und der Versicherte daher trotzdem noch selbst den rechtzeitigen Zugang gewährleisten müsse. Daraus, dass der Kläger der Beklagten eine am 22.2.2016 (bis 6.3.2016) festgestellte AU per E-Mail anzeigte, lässt sich ebenfalls nicht ableiten, dass dem Kläger bzw seinem behandelnden Arzt zwischenzeitlich eine Beanstandung des jahrelang praktizierten Verfahrens klar vor Augen geführt worden sein könnte. Es verbleibt nach wie vor der Umstand, dass der behandelnde Arzt dem Kläger die für die KK bestimmte Ausfertigung der AU-Bescheinigung nicht ausgehändigt hatte und der Kläger durch das von der Beklagten gezeigte Verhalten den Eindruck gewinnen durfte, es werde allem Anschein nach jedenfalls unbeanstandet hingenommen. Darüber, wie der Arzt die Übermittlung der AU-Meldung vornahm, insbesondere, ob er dabei Freiumschläge der KK des Versicherten nutzte oder Freiumschläge einer anderen KK, muss sich der Versicherte in der Regel keine Gedanken machen.
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(4) Die Beklagte kann im Revisionsverfahren im Übrigen nicht mit ihrem Vorbringen gehört werden, die Freiumschläge seien anderen Ärzten nur im Rahmen des EntgFG zur Verfügung gestellt worden, hätten aber nicht der Versendung "jeglicher" AU-Bescheinigungen gedient. Zum einen handelt es sich insoweit um revisionsrechtlich unzulässigen neuen Tatsachenvortrag der Beklagten (vgl § 162 SGG), zum anderen sind im Revisionsverfahren auch dann naheliegende Verfahrensmängel des LSG - insbesondere entscheidungserhebliche Verletzungen der Amtsermittlungspflicht oder des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch das LSG - nicht geltend gemacht worden (vgl aber § 163 SGG).
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(5) Im Falle des Klägers sind die Voraussetzungen für die Annahme eines Ausnahmefalles im og Sinne nach alledem erfüllt. Er begab sich bezogen auf den streitigen Zeitraum rechtzeitig am 7.3.2016 in die Praxis seines Hausarztes, wo dann auch seine AU für die Zeit bis 20.3.2016 festgestellt wurde. Da ihm die für die KK bestimmte AU-Bescheinigung nicht ausgehändigt wurde und er zudem die Information erhalten hatte, dass die Praxis die Übermittlung der AU-Bescheinigung an die KK übernehmen werde, hatte er zu diesem Zeitpunkt alles ihm Zumutbare getan, um seinen Krg-Anspruch zu wahren. Dass die Beklagte angesichts der gegebenen Sachlage erst am 16.3.2016 von der weiteren ärztlich festgestellten AU erfuhr, kann dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen.
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c) Für das gewonnene aufgezeigte Ergebnis kommt es nicht darauf an, ob zu Gunsten des Klägers auch die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten und (auch) die unter dem "Institut der Nachsichtgewährung" zusammengefassten Ausnahmefälle zur Anwendung kommen. Diese vom LSG zur Prüfung herangezogene Rechtsfigur, die maßgebend auf dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) fußt, hat das BSG vor Inkrafttreten des § 27 SGB X zum 1.1.1981 für Konstellationen unverschuldeter Fristversäumnisse herangezogen, um das damalige Fehlen einer gesetzlichen Wiedereinsetzungsregelung zu kompensieren (vgl nur BSG Urteil vom 28.10.1981 - 12 RK 67/79 - SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 49). Die Rechtsfigur hat aber durch Einführung des § 27 SGB X ihre eigenständige Bedeutung weitestgehend verloren. Insbesondere im Zusammenhang mit Ausnahmefällen bei der Versäumung von AU-Feststellungen und -Meldungen ist sie vom BSG seit seinem Urteil vom 28.10.1981 (3 RK 59/80 - BSGE 52, 254 = SozR 2200 § 216 Nr 5) - soweit ersichtlich - nicht mehr entscheidungstragend herangezogen worden. Wesentliche Unterschiede bestehen mithin nur hinsichtlich der konstruktiven Herleitung der Zurechnung der Fristversäumung zur KK, nicht dagegen hinsichtlich der Voraussetzungen dafür und hinsichtlich der Rechtsfolge.
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Der Senat kann ebenso offenlassen, ob dem Kläger wegen Versäumung der Frist des § 49 Abs 1 Nr 5 Halbsatz 2 SGB V Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 Abs 1 SGB X zu gewähren gewesen wäre.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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