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BSG 07.09.2017 - B 10 ÜG 1/16 R
BSG 07.09.2017 - B 10 ÜG 1/16 R - Überlanges Gerichtsverfahren - Ausschluss eines Richters - Mitwirkung am Ausgangsverfahren - tatsächliche Befassung mit der Sache - Zugehörigkeit zum Spruchkörper nicht ausreichend - Entschädigungspauschale - Abweichung wegen Unbilligkeit - rein subjektive Kriterien nicht relevant - Bedeutung des Verfahrens - keine Pflicht zur Aufklärung der subjektiven Betroffenheit - sozialgerichtliches Verfahren - Zuordnung von Warte- und Bearbeitungszeiten zu Aktivitäts- und Inaktivitätszeiten - Zeiten der Erstellung eines Gutachtens - Sachstandsanfrage - Einsatz von Zwangsmitteln - Übersendung und Weiterleitung von Schriftsätzen bzw Gutachten - Möglichkeit der Stellungnahme - Warten auf angeforderte Akten - kurzfristige Überlassung der Akten an die Vorinstanz - Zeit zwischen Verkündung und Zustellung - Gebot der Verfahrensbeschleunigung - verfahrensfördernde Maßnahmen - Ex-ante-Beurteilung der richterlichen Verfahrensleitung
Normen
§ 41 Nr 7 ZPO, § 41 Nr 6 ZPO, § 411 Abs 1 ZPO, § 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 1 S 2 GVG, § 198 Abs 2 S 3 GVG, § 198 Abs 2 S 4 GVG, § 198 Abs 3 S 1 GVG, § 198 Abs 5 S 2 GVG, § 198 Abs 6 Nr 1 GVG, Art 23 S 1 ÜberlVfRSchG, Art 23 S 2 ÜberlVfRSchG, Art 24 ÜberlVfRSchG, § 58 SGG, § 60 Abs 1 SGG, § 103 S 1 SGG, § 106 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 134 Abs 2 S 1 SGG, § 155 Abs 1 SGG, OEG, Art 3 GG, Art 19 Abs 4 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 6 Abs 1 S 1 MRK
Vorinstanz
vorgehend SG Schwerin, 18. April 2008, Az: S 6 VE 3/02, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, 26. Juni 2013, Az: L 3 VE 22/08, Urteil
vorgehend BSG, 27. März 2014, Az: B 9 V 69/13 B, Beschluss
vorgehend Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, 16. Dezember 2015, Az: L 12 SF 1/15 EK VE WA, Urteil
Leitsatz
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1. Für eine zum Ausschluss eines Richters führende Mitwirkung im Entschädigungsverfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren genügt jede tatsächliche Befassung mit der Sache, nicht hingegen die bloße Senatszugehörigkeit.
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2. Im Entschädigungsverfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren sind rein subjektive Kriterien nicht geeignet, eine Abweichung von der Entschädigungspauschale zu begründen.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
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Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 16 400 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt eine Entschädigung wegen überlanger Dauer ihres vor dem SG Schwerin (S 6 VE 3/02) und nachfolgend dem LSG Mecklenburg-Vorpommern (L 3 VE 22/08) geführten Opferentschädigungsverfahrens (im Folgenden: Ausgangsverfahren).
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Das wegen Versorgungsleistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 geführte Ausgangsverfahren begann vor dem SG im Februar 2002 und endete mit der Zustellung des Berufungsurteils im November 2013. An dem Berufungsurteil vom 26.6.2013 wirkten als Berufsrichter RiLSG G. als Vorsitzender sowie RiLSG M. und RiSG H. mit. Den Vorsitz im zuständigen Senat hatte ursprünglich der im September 2008 ausgeschiedene (spätere) VizePräsLSG W. und - nach zwischenzeitlich anderweitiger Besetzung - seit August 2013 VRiLSG A.
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Der Verfahrensverlauf im Ausgangsverfahren gestaltete sich im Wesentlichen wie folgt: Nach mehreren Fristverlängerungsanträgen teilte die Klägerin im Juni 2003 mit, eine weitere Klagebegründung werde nicht erfolgen. Das SG nahm Ermittlungen auf und forderte ua eine ergänzende Stellungnahme zum Verwaltungsgutachten an, die erst nach mehreren Erinnerungen im April 2004 vorgelegt wurde. Nach Schriftwechsel der Beteiligten holte das SG ein gerichtliches Sachverständigengutachten nebst Zusatzgutachten von Amts wegen ein, das nach Sachstandsanfrage im August 2005 bei Gericht einging. Eine weitere Stellungnahme folgte im November 2005. Auf den zeitgleichen Antrag der Klägerin gab das SG nach Eingang eines ersten Kostenvorschusses im Januar 2006 ein weiteres Gutachten in Auftrag, welches nach Anforderung eines zweiten Kostenvorschusses, einem auf Antrag der Klägerin verschobenen Begutachtungstermin und nach wiederholter Sachstandsanfrage im September 2006 vorgelegt sowie nach weiterem Schriftwechsel der Beteiligten im Dezember 2006 um eine Stellungnahme ergänzt wurde. Nach weiterem Schriftsatz der Klägerin und dessen Übersendung an den Beklagten im August 2007 beraumte das SG im Februar 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 7.3.2008 an, verlegte den Termin auf Antrag der Klägerin und entschied sodann in der Sache teilweise zu deren Gunsten (Urteil vom 18.4.2008).
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Die Berufung des Beklagten erfolgte im Juli 2008, die Begründung im August 2008. Am 25.9.2008 fertigte der (spätere) VizePräsLSG W. als damaliger Vorsitzender kurz vor seinem Ausscheiden aus dem zuständigen Senat noch die Eingangsverfügung für das Berufungsverfahren. Der neue Senatsvorsitzende ernannte im November 2008 den Berichterstatter. Im selben Monat ging die Berufungserwiderung der Klägerin ein, die erbetene Stellungnahme des Beklagten hierzu im Dezember 2008, welche zwei Tage später an die Klägerin bei freigestellter Stellungnahme weitergeleitet wurde.
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Nach Wiedervorlage der Akten im Januar 2009 und weiteren unterschiedlich langen Wiedervorlagefristen wurden im November 2009 die Verwaltungsakten von dem Beklagten angefordert, die im Januar 2010 beim LSG eingingen. Ein Jahr später verfügte der Berichterstatter die Beiziehung von Gerichtsakten des SG, die im Februar 2011 eingingen. Nach Verfügung einer weiteren Wiedervorlage erfolgten zunächst keine weiteren gerichtlichen Aktivitäten, bis das SG vom LSG die Gerichtsakten des Ausgangsverfahrens im Oktober 2011 anforderte. Diese wurden dem SG im November 2011 übersandt und zusammen mit den zwischenzeitlich ebenfalls angeforderten Verwaltungsakten im Dezember 2011 zurückgereicht. Nach weiteren Aktenanforderungen zwischen März 2012 teilte das LSG den Beteiligten im Juni 2012 mit, der Rechtsstreit sei entscheidungsreif. Im März 2013 bestimmte das LSG Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 7.5.2013, der aber wegen eines Hinweises zur Sach- und Rechtslage auf Antrag der Klägerin vertagt wurde. Einen Monat später erging dann die Sachentscheidung zu Lasten der Klägerin (Urteil vom 26.6.2013). Das schriftliche Urteil wurde der Klägerin am 25.11.2013 zugestellt. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision blieb erfolglos (Beschluss vom 27.3.2014 - B 9 V 69/13 B - zugestellt am 14.4.2014).
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Am 9.1.2012 und zuletzt am 3.8.2012 hatte die Klägerin die unangemessen lange Dauer des Verfahrens gerügt und bereits am 13.3.2013 Entschädigungsklage über einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 19 200 Euro zzgl Zinsen bei dem zuständigen 12. Senat des LSG erhoben, dem zu dieser Zeit planmäßig die Berufsrichter VizePräsLSG W. sowie die RiLSG G. und M. zugewiesen waren.
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Der 12. Senat hat als Entschädigungsgericht in der Vertretungsbesetzung mit RiLSG S. als Vorsitzendem sowie VRiLSG A. und RiLSG C. der Klage wegen eines Teilbetrags iHv 2800 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Entschädigungsgericht ua ausgeführt, die Stammbesetzung des 12. Senats sei nicht zur Entscheidung befugt gewesen. Der Vorsitzende VizePräsLSG W. habe in seiner Funktion als damaliger Vorsitzender des 3. Senats die Eingangsverfügung im Berufungsverfahren des Ausgangsrechtsstreits unterzeichnet, die RiLSG G. und M. hätten die zweitinstanzliche Entscheidung im Ausgangsverfahren mitgetroffen. VRiLSG A. sei hingegen trotz zwischenzeitlicher Übernahme des Vorsitzes des 3. Senats nicht allein deswegen kraft Gesetzes von der Vertretung im 12. Senat ausgeschlossen gewesen. In der Sache sei die zulässige Entschädigungsklage nur teilweise begründet. Abzüglich der dem Gericht jeweils zuzubilligenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten ergebe sich eine unangemessene Dauer zwar nicht des Klage-, wohl aber des Berufungsverfahrens von 28 Monaten, aus der der zugesprochene Entschädigungsanspruch resultiere. Die subjektive Vorstellung der Klägerin, sich weiter als Opfer zu fühlen, rechtfertige keine Anhebung des gesetzlich vorgesehenen Regelbetrags.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das LSG sei im Ausgangsverfahren fehlerhaft besetzt gewesen. Der VRiLSG A. sei als seinerzeitiger Vorsitzender des 3. Senats von der Mitwirkung ausgeschlossen gewesen (§ 60 Abs 1 SGG iVm § 41 Nr 7 ZPO). Er hätte auf eine schnellere Urteilsabfassung drängen müssen. In der Person des VizePräsLSG W. sei hingegen der Ausschlussgrund nicht erfüllt gewesen. In der Sache liege ein Verstoß gegen § 198 Abs 1 GVG vor, weil sowohl die Liegezeiten insgesamt zu gering bemessen worden seien als auch die monatliche Entschädigung wegen der erlittenen immateriellen Nachteile. Das LSG sei insoweit zu Unrecht Beweisangeboten der Klägerin nicht nachgekommen.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Dezember 2015 abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin neben den bereits ausgeurteilten 2800 Euro weitere 16 400 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 13. März 2013 zu zahlen.
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Das beklagte Land beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Es hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG), das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 162 SGG). Das LSG hat die Entschädigungsklage in nicht zu beanstandender Weise an den maßgeblichen Vorschriften der §§ 198 bis 201 GVG gemessen (dazu 1.). Das Entschädigungsgericht war bei seiner Entscheidung vom 16.12.2015 nicht fehlerhaft besetzt (dazu 2.). Das LSG ist zu Recht von der Zulässigkeit der Entschädigungsklage ausgegangen (dazu 3.). Ein weitergehender Entschädigungsanspruch über die bereits erfolgte Verurteilung des beklagten Landes hinaus steht der Klägerin aber nicht zu (dazu 4.).
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1. Das Begehren der Klägerin ist an den §§ 198 ff GVG zu messen, obwohl diese Vorschriften erst nach Anhängigkeit des hier von der Klägerin als überlang gerügten Verfahrens in Kraft getreten sind (zeitlicher Anwendungsbereich des § 198 GVG). Die Vorschriften des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) und damit auch die §§ 198 ff GVG finden aufgrund der Übergangsregelung des Art 23 S 1 ÜGG auch auf Verfahren Anwendung, die bei Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 (vgl Art 24 ÜGG) bereits anhängig waren. Dies ist hier der Fall; das als überlang gerügte Verfahren war in der ersten Instanz seit dem 11.2.2002 anhängig. Dementsprechend findet auch Art 5 ÜGG über den besonderen Mitwirkungsausschluss des § 41 Nr 7 ZPO Anwendung.
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2. Das Entschädigungsgericht war indes nicht fehlerhaft besetzt. Weder die Mitwirkung des VRiLSG A. (dazu a) noch der Ausschluss des VizePräsLSG W. (dazu b) verletzen das Recht der Klägerin auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG).
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a) Der VRiLSG A. war nicht iS von § 60 Abs 1 SGG iVm § 41 Nr 7 ZPO kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen. Die diesbezüglichen Ausführungen des LSG halten im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Nach § 60 Abs 1 SGG iVm § 41 Nr 7 ZPO ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird (vgl BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 5/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 12 RdNr 11). Ausschließung in diesem Sinne ist die kraft Gesetzes eintretende Unfähigkeit des Richters zur Ausübung des Richteramtes in einem bestimmten Rechtsstreit (vgl zB: Jung in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 60 RdNr 7). Für eine zum Ausschluss im Entschädigungsverfahren führende Mitwirkung genügt grundsätzlich jede tatsächliche Befassung mit der Sache im Ausgangsverfahren, nicht hingegen die bloße Senatszugehörigkeit. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Systematik (dazu aa), Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung (dazu bb) und Verfassungsrecht (dazu cc).
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aa) Nach dem Wortlaut und der Systematik des § 41 Nr 7 ZPO ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird. Der Begriff der "Mitwirkung" ist gesetzlich nicht definiert. Nach allgemeinem Sprachgebrauch wird unter "Mitwirkung" die Einbeziehung in Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse verstanden. Der juristische Sprachgebrauch ist demgegenüber enger. Nach § 41 Nr 6 ZPO ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes sogar nur in Sachen ausgeschlossen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt. In Abgrenzung zu § 41 Nr 6 ZPO ist es revisionsrechtlich deshalb nicht zu beanstanden, dass das LSG unter "Mitwirkung" iS des § 41 Nr 7 ZPO jedwede richterliche Tätigkeit in der Gerichtsakte im zuständigen Senat während der Zeit der Anhängigkeit des Ausgangsverfahrens, gleich welchen Umfanges, angesehen hat. Grundsätzlich kann auch eine nur geringfügige Befassung mit der Sache ausreichen (vgl hierzu LSG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 13.2.2013 - L 12 SF 3/12 EK AL - Juris RdNr 31, dort offengelassen für Kenntnisnahmeverfügung während Urlaubsvertretung).
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Allein die nachträgliche Übernahme des Vorsitzes im Berufungssenat des Ausgangsverfahrens genügt danach nicht, um eine "Mitwirkung" iS von § 41 Nr 7 ZPO zu begründen, wenn der Wechsel des Vorsitzes zwischen dem Urteilsspruch und dem Absetzen der Entscheidungsgründe erfolgt ist. Verfahrensleitung und Verhandlungsverantwortung weist das Gesetz dem Vorsitzenden nur in Verfahren zu, an denen er beteiligt ist (vgl § 153 Abs 1 iVm §§ 104, 106 ff SGG sowie § 155 SGG). Als Vorsitzender des für das Ausgangsverfahren zuständigen Senats (nur) in der Zeit zwischen Verkündung und Zustellung des Urteils konnte er auf die Entscheidung im Ausgangsverfahren und dessen Übergabe zur Geschäftsstelle keinen Einfluss mehr ausüben. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat der VRiLSG A. auch an der Abfassung des schriftlichen Urteils des Ausgangsverfahrens nicht mitgewirkt und auch ansonsten keinen Einfluss auf das Berufungsverfahren genommen. Eine Einbeziehung des VRiLSG A. in die Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse des Berufungssenats ist damit weder möglich gewesen noch erfolgt. Übernimmt ein Senatsvorsitzender beim LSG den Vorsitz des Spruchkörpers, nachdem dieser in anderer Besetzung ein Urteil gesprochen hat, hat er weder die Aufgabe noch die Befugnis, auf eine zügige Absetzung des Urteils hinzuwirken. Denn in einem schriftlich niedergelegten Urteil kommt der richterliche Wille, der die Entscheidung trägt, zum Ausdruck. Er kann allein von den an der mündlichen Verhandlung beteiligten Richtern gebildet werden (vgl OLG Braunschweig Beschluss vom 4.7.2016 - 3 U 102/14 - MDR 2016, 1165 <Juris RdNr 7>). Das schließt eine Mitwirkung des nachträglich in den Senat eingetretenen Vorsitzenden iS von § 41 Nr 7 ZPO aus. Eine solche Mitwirkung läge lediglich bei eigener Beteiligung am Urteil vor. Selbst dann würden den Vorsitzenden selber im Übrigen zwar § 134 Abs 2 S 1 SGG sowie die von der Rechtsprechung aufgestellte Fünfmonatsfrist zur Absetzung des Urteils (zum absoluten Revisionsgrund des § 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO vgl GmSOGB Beschluss vom 27.4.1993 - GmS-OGB 1/92 - SozR 3-1750 § 551 Nr 4; s auch BSG Urteil vom 3.3.1994 - 1 RK 6/93 - SozR 3-1750 § 551 Nr 7; BSG Urteil vom 14.9.1994 - 5 RJ 62/93 - SozR 3-1500 § 164 Nr 5 - jeweils zu der Vorgängervorschrift § 551 Nr 7 ZPO idF vom 1.1.1964) binden. Auch in diesem Fall könnte er auf die weiteren Senatsmitglieder aber wie auch sonst lediglich durch Überzeugungskraft kraft Sachkunde, Erfahrung und Menschenkenntnis einwirken.
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bb) Auch nach Sinn und Zweck des § 41 Nr 7 ZPO, wie er sich aus seiner Entstehungsgeschichte ergibt, genügt grundsätzlich nur die tatsächliche Befassung mit der Ausgangssache für einen Ausschluss der Mitwirkung im Entschädigungsverfahren. Diese Regelung ist durch Art 5 Nr 2 ÜGG mWv 3.12.2011 eingeführt worden (s unter II.1.). Zu diesem Zeitpunkt sah § 41 ZPO nur den bereits erwähnten und in Nr 6 geregelten Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes wegen Mitwirkung in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren vor. § 41 Nr 6 ZPO soll den Rechtsmittelzug durch einen "neuen", unvoreingenommenen Richter garantieren (vgl Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 41 RdNr 5) und verhindern, dass ein Richter seine eigene Entscheidung in einer höheren Instanz selbst überprüfen kann. Enger als im Rahmen des § 41 Nr 7 ZPO (dazu im Folgenden) ist daher nur der Richter ausgeschlossen, der gerade an der Urteilsfindung beteiligt war (vgl Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2015, § 41 RdNr 13 mwN; vgl Rohwer-Kahlmann/Wendt, SGG, § 60 RdNr 10; vgl BVerfG Beschluss vom 27.1.1971 - 2 BvR 507/69, 2 BvR 511/59 - BVerfGE 30, 165 <Juris RdNr 15>).
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Mit der Ergänzung des § 41 ZPO durch dessen Nr 7 sollte zusätzlich erreicht werden, dass den Spruchkörpern der Entschädigungsgerichte in Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren, keine Richter angehören, die an den beanstandeten Verfahren im vermeintlich überlangen Rechtszug mitgewirkt haben. Damit sollte dem Anschein mangelnder Unvoreingenommenheit und ansonsten zu erwartenden Befangenheitsgesuchen vorgebeugt werden (vgl BT-Drucks 17/3802 S 37; dies aufgreifend die Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 28.9.2011, BT-Drucks 17/7217 S 29). Weitergehend als § 41 Nr 6 ZPO setzt eine Mitwirkung iS des § 41 Nr 7 ZPO deshalb keine Beteiligung an der Entscheidung voraus (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 60 RdNr 4f). Von dem Ausschlusstatbestand erfasst sind vielmehr alle Mitwirkungshandlungen während der Dauer des als überlang gerügten Rechtszuges (vgl Jung in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 60 RdNr 17), dh von der Anhängigkeit der Klage bis zur Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung im Ausgangsverfahren. Auch die Mitwirkung am Verfahren vor oder nach Erlass der instanzbeendenden Entscheidung kann insoweit zur Verzögerung beigetragen haben (vgl hierzu Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2015, § 41 RdNr 16). Nach dem Grundgedanken des § 41 Nr 7 ZPO soll kein Richter ein von ihm geführtes Ausgangsverfahren im Entschädigungsprozess überprüfen dürfen (vgl Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 41 RdNr 5, 14a). Dem Risiko einer dadurch hervorgerufenen Verhinderung aller Richter des Gerichts muss notfalls mit Hilfe einer Zuständigkeitsbestimmung iS von § 58 Abs 1 Nr 1 SGG Rechnung getragen werden (vgl BSG Beschluss vom 6.11.2012 - B 12 SF 12/12 S - Juris RdNr 4 mwN; Scholz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 58 RdNr 11 mwN).
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Selbst bei einem solchen weiten Verständnis des § 41 Nr 7 ZPO genügt indes nicht bereits eine bloße - hier zudem noch sehr kurze - Zugehörigkeit zu dem Spruchkörper, dessen Tätigkeit in Rede steht, um einen Ausschluss im Entschädigungsverfahren anzunehmen (vgl BR-Drucks 540/1/10 vom 5.10.2010 S 12 zu Art 1a Nr 15 und BR-Drucks 540/10 vom 3.9.2010 S 40 zu § 97c Abs 2). Vielmehr bedarf es einer sachbezogenen Mitwirkung, dh einer tatsächlichen Befassung mit der Sache und eines sachlichen Eingreifens gerade in dem zur gerichtlichen Entscheidung anstehenden Fall (so - zum vergleichbaren § 60 Abs 2 SGG - Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Aufl - 28. Nachtrag, § 60 S 186/6; auch Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl 2014, § 54 RdNr 7; Schmidt in Eyermann/Fröhler, VwGO, 14. Aufl 2014, § 54 RdNr 8) oder zumindest der Befugnis und der Möglichkeit zum Eingreifen. Richter, die auf die überlange Verfahrensdauer keinerlei Einfluss hatten und auch nicht nehmen durften, erfasst die Regelung nicht (vgl Krausnick in Gärditz, VwGO, 2013, § 54 RdNr 22).
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cc) Auch das Verfassungsrecht gebietet keine weitergehende Auslegung des Begriffs der "Mitwirkung", die die bloße Senatszugehörigkeit miterfasst. Denn bei der Auslegung und Anwendung des § 41 Nr 7 ZPO ist das Spannungsverhältnis verfassungsmäßiger Rechte zu beachten. Während die §§ 41, 42 ZPO einerseits das verfassungsrechtliche Gebot schützen, Neutralität und Distanz des Richters in Fällen der Vorbefasstheit abzusichern, ist andererseits das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter zu beachten (Art 101 Abs 1 S 2 GG; vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 23.9.1997 - 1 BvR 116/94 - NJW 1998, 369 <Juris RdNr 10>). Die Aufzählung der Ausschlussgründe in § 41 Nr 1 bis 8 ZPO ist deshalb abschließend (allgemeine Meinung, vgl zB bereits BSG Urteil vom 22.5.1962 - 9 RV 1430/59 - BSGE 17, 66 = SozR Nr 7 zu § 41 ZPO <Juris RdNr 10>; Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Aufl - 28. Nachtrag, § 60 S 186/5 f, S 186/11). Die engere Auslegung der Ausschlusstatbestände fügt sich in die allgemeine Interpretation der prozessrechtlichen Regelungen zum Ausschluss vom Richteramt ein. Die Bestimmungen der § 60 Abs 1 S 1 SGG aF, § 41 ZPO werden auch sonst eher restriktiv ausgelegt (vgl zB BSG Urteil vom 8.5.1996 - 6 RKa 16/95 - BSGE 78, 175, 179 = SozR 3-5407 Art 33 § 3a Nr 1 S 6, betreffend § 41 Nr 4 ZPO; vgl auch BSG Beschluss vom 26.2.1957 - 1 RA 17/57 - SozR Nr 1 zu § 41 ZPO, betreffend § 41 Nr 6 ZPO; vgl auch BSG Beschluss vom 30.1.1962 - 6 RKa 23/60 - SozR Nr 6 zu § 41 ZPO und BGH Urteil vom 4.12.1989 - RiZ (R) 5/89 - NJW 1991, 425, beide betreffend § 41 Nr 1 ZPO).
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Eine extensive Auslegung geriete dagegen in Konflikt zu Art 101 Abs 1 S 2 GG, denn niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden (vgl BGH Urteil vom 26.4.1976 - VIII ZR 290/74 - MDR 1976, 837 <Juris RdNr 11>; BGH Urteil vom 4.12.1989 - RiZ (R) 5/89 - NJW 1991, 425 <Juris RdNr 15>; BVerwG Urteil vom 18.10.1979 - 3 C 117/79 - NJW 1980, 2722; BFH Beschluss vom 12.9.2007 - X B 18/03 - BFH/NV 2008, 102 <Juris RdNr 15>; Jung in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 60 RdNr 10; weitergehender OLG Celle Beschluss vom 5.4.2001 - 9 W 94/01 - MDR 2001, 767 <Juris RdNr 2> zu § 41 Nr 3 ZPO; auch Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 5.3.1998 - L 5 S 2/98 - NZS 1998, 351 Ehe zwischen einer Richterin und einem Prozessbevollmächtigten des Klägers). Art 101 Abs 1 S 2 GG erlaubt daher keine analoge Auslegung dahin, dass der Richter über die ausdrücklich normierten Fälle hinaus auch in vergleichbaren Situationen ausgeschlossen ist (Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2015, § 41 RdNr 15). Den Belangen der Prozessbeteiligten kann für solche Fallgestaltungen durch die Möglichkeit der Ablehnung wegen Befangenheit Rechnung getragen werden (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 4.7.2001 - 1 BvR 730/01 - NJW 2001, 3533; BVerfG Beschluss vom 26.1.1971 - 2 BvR 443/69 - BVerfGE 30, 149, 154).
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Nach diesen Vorgaben war VRiLSG A. als Vorsitzender des im Ausgangsverfahren zuständigen 3. Senats nicht von der Ausübung des Richteramtes im anschließenden Entschädigungsverfahren ausgeschlossen. Denn er hat während der Zeit der Anhängigkeit des Ausgangsverfahrens nach den für den Senat nach § 163 SGG bindenden Feststellungen des angefochtenen Urteils der Vorinstanz keine richterliche Tätigkeit in der Gerichtsakte entfaltet.
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b) Ebenfalls kein Verstoß gegen das Recht der Klägerin auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) ist umgekehrt in dem Ausschluss von VizePräsLSG W. zu sehen. Wie das LSG als Entschädigungsgericht zutreffend angenommen hat, war VizePräsLSG W. im Entschädigungsverfahren gemäß § 60 Abs 1 SGG iVm § 41 Nr 7 ZPO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen, weil er in der Verfahrensakte - wenn auch nur einmalig - richterlich tätig geworden ist. Denn er hat vor seinem Wechsel in den 12. Senat noch als Vorsitzender Richter im Ausgangsverfahren die Eingangsverfügung in der Berufungsinstanz unterzeichnet. Damit hat er die Klägerin zur Berufungserwiderung binnen vier Wochen aufgefordert und eine Wiedervorlagefrist von fünf Wochen verfügt. Darin liegt eine Verfahrensförderung und Sachaufklärungshandlung iS des § 106 Abs 1 SGG, also eine sachliche Einwirkung auf den zur Entscheidung anstehenden Einzelfall.
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3. Die auf § 198 GVG gestützte Entschädigungsklage ist zulässig. Das LSG war gemäß § 202 S 2 SGG iVm § 201 Abs 1 S 1 GVG für Klagen auf Entschädigung nach § 198 GVG gegen den Beklagten das für dieses Land örtlich zuständige LSG. Das beklagte Land ist im Verfahren wirksam durch die Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern vertreten worden. Die Entschädigungsklage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs 5 SGG; vgl hierzu BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4). Der Entschädigungsklage kann nicht entgegengehalten werden, sie sei nach Erhebung der Verzögerungsrüge verfrüht erhoben worden (zur Wartefrist als Sachurteilsvoraussetzung vgl BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 16 mwN ). Zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs 1 GVG kann eine Klage frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden (§ 198 Abs 5 S 1 GVG, Art 23 S 1 ÜGG). Bei Erhebung der Entschädigungsklage am 13.3.2013 war die Sechsmonatsfrist des § 198 Abs 5 S 1 GVG bezogen auf die am 9.1.2012 und zuletzt am 3.8.2012 angebrachten Verzögerungsrügen aber bereits abgelaufen. Die Nichteinhaltung der Wartefrist hätte der Klägerin ohnehin während einer Übergangszeit bis zum 31.12.2014 nicht entgegengehalten werden können (BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5 ). Die Klagefrist des § 198 Abs 5 S 2 GVG (iVm Art 23 S 1 ÜGG) ist ebenfalls eingehalten. Hier hat die Klägerin die Entschädigungsklage sogar noch vor Verkündung des Berufungsurteils des Ausgangsgerichts vom 26.6.2013 erhoben, was zulässig ist (§ 198 Abs 5 S 2 GVG; vgl auch BT-Drucks 17/3802 S 22).
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4. Die Klägerin hat über den ihr bereits zuerkannten Entschädigungsanspruch hinaus keinen weitergehenden Anspruch nach § 198 GVG gegen das beklagte Land. Diese hat den richtigen Beklagten verklagt (dazu a) und auch die Verzögerungsrüge rechtzeitig erhoben (dazu b). Das Entschädigungsgericht hat zu Recht eine unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens von 28 Monaten bejaht (dazu c). Entgegen der Auffassung der Klägerin hält auch die Entscheidung einer revisionsrichterlichen Überprüfung Stand, wegen der erlittenen immateriellen Nachteile (dazu d) keinen höheren Betrag als die Pauschalentschädigung von 1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung festzusetzen (dazu e).
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a) Das beklagte Land ist für die Entschädigungsklage nach § 200 S 1 GVG passiv legitimiert, weil es danach für Nachteile haftet, die aufgrund von Verzögerungen bei seinen Gerichten entstehen.
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b) Die Klägerin hat die nach § 198 Abs 3 S 1 GVG zwingend erforderliche Verzögerungsrüge jedenfalls am 9.1.2012 rechtzeitig erhoben. Für die unverzügliche Erhebung der Verzögerungsrüge in bei Inkrafttreten des ÜGG bereits anhängigen Verfahren ist es ausreichend, wenn die Rüge spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 erfolgt (Art 23 S 2 ÜGG zur Einordnung als materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfrist vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5 RdNr 27 mwN; BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 21 f mwN).
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c) Das LSG hat zutreffend eine Überlänge des Ausgangsverfahrens vor dem SG und LSG von insgesamt 28 Monaten festgestellt. Dies betrifft die Liegezeiten im Berufungsverfahren vor dem LSG von Februar bis Oktober 2009, Februar bis Dezember 2010, März bis September 2011, Januar und Februar 2012, Juli 2012 bis Februar 2013 sowie von August bis Oktober 2013 unter Abzug von zwölf Monaten Bearbeitungs- und Bedenkzeit. Nach § 198 Abs 1 S 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Das LSG hat den Gesamtzeitraum des Verfahrens zutreffend ermittelt und die für eine Prüfung der Angemessenheit der Verfahrensdauer bedeutsamen Gesichtspunkte beachtet (dazu aa); es hat zu Recht die Bedeutung (dazu bb) und die Schwierigkeit (dazu cc) des Verfahrens, das Verhalten der Verfahrensbeteiligten (dazu dd) und die Prozessleitung der Gerichte des Ausgangsverfahrens in seine Bewertung der Angemessenheit der Verfahrensdauer einbezogen (dazu ee). Das Entschädigungsgericht ist zudem, soweit es um die Würdigung dieser Prozessleitung geht, von einem zutreffenden richterlichen Überprüfungsmaßstab sowie dem Erfordernis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ausgegangen. Es hat dabei den Ausgangsgerichten zu Recht eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugestanden (dazu ff).
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aa) Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs 1 S 2 GVG). Der unbestimmte Rechtsbegriff "unangemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens" ist insbesondere unter Rückgriff auf diejenigen Grundsätze auszulegen, die der EGMR zu Art 6 Abs 1 S 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und das BVerfG zum Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) sowie zum Justizgewährleistungsanspruch (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) entwickelt haben (BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 7/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 10 RdNr 25 mwN). Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die Feststellung der in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste im Geltungsbereich des ÜGG relevante Zeiteinheit ist hierbei der Kalendermonat (BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9). Unter einem rechtskräftigen Abschluss ist die formelle Rechtskraft einer Entscheidung zu verstehen (BSG Urteil vom 21.2.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 = SozR 4-1720 § 198 Nr 1, RdNr 24 mwN).
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Das Ausgangsverfahren vor dem SG begann am 11.2.2002 und endete vor dem LSG durch Zustellung des Urteils am 25.11.2013 und erreichte damit eine Gesamtdauer von 140 Kalendermonaten. Für den Zeitraum nach Zustellung des Berufungsurteils bis zur Entscheidung über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin keine Verzögerung geltend. Er bleibt daher außer Betracht.
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In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs 1 S 2 GVG genannten Kriterien zu messen. Bei der Feststellung der Tatsachen, die zur Ausfüllung der von § 198 Abs 1 S 2 GVG genannten unbestimmten Rechtsbegriffe erforderlich sind, kommt dem Entschädigungsgericht ein erheblicher tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zu (vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 26 mwN).
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Auf dieser Grundlage ergibt die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat. Dabei billigt der Senat den Ausgangsgerichten eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf Monaten je Instanz zu, die für sich genommen noch nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer führt (näher BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 43 ff mwN; BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9; BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 36).
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bb) Das LSG hat als Ausgangspunkt die Bedeutung der Ausgangsverfahren rechtsfehlerfrei in seine Bewertung der Angemessenheit eingestellt. Die von § 198 GVG genannte Bedeutung eines Verfahrens ergibt sich aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zur Bedeutung der Sache iS von § 198 Abs 1 S 2 GVG trägt dabei im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung sowie eine mögliche Entwertung der Rechtsposition durch Zeitablauf bei (vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 29 mwN ). Insofern ist das LSG im Rahmen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums in nicht zu beanstandender Weise von einer eher durchschnittlichen Bedeutung ausgegangen. Die Klägerin bezog während des laufenden Verfahrens bereits Entschädigungsleistungen nach einer MdE von 80 sowie eine Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und war in ihrer wirtschaftlichen Existenz nicht gefährdet. Im Streit standen nur noch die im Vergleich damit weniger gewichtige Erhöhung nach dem Maximalwert einer MdE von 100 sowie die Gewährung einer höheren Grundrente auch für einen Zeitpunkt vor Antragstellung.
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Die zugrundeliegenden Feststellungen hat das LSG verfahrensfehlerfrei getroffen. Das angefochtene Urteil beruht entgegen dem Vorbringen der Revision nicht auf einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG (§ 103 SGG). Es ist nicht ersichtlich, dass sich das LSG auf dem Boden seiner Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt sehen müssen (vgl zB BSG Urteil vom 10.6.1975 - 9 RV 124/74 - BSGE 40, 49 = SozR 3100 § 30 Nr 7; BSG Urteil vom 17.2.2005 - B 13 RJ 31/04 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 3 RdNr 21 f; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 103 RdNr 20 mwN). Soweit die Klägerin dem LSG in diesem Zusammenhang vorwirft, es habe feststellen müssen, ob unter den besonderen Umständen des Einzelfalls jegliches Verfahren und dessen Länge für sie - die Klägerin - überdurchschnittlich belastend gewesen sei, verkennt sie bereits, dass es für die Bedeutung des Verfahrens allein auf einen Maßstab objektivierter Betrachtung ankommt (BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 7/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 10 RdNr 30 mwN).
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cc) Ebenso wenig sind Rechtsfehler zu erkennen, soweit das LSG einen durchschnittlichen bis leicht überdurchschnittlichen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeitsgrad des Ausgangsverfahrens wegen Versorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz - OEG) angenommen hat, ua wegen der Bewertung bestimmter anerkannter Schädigungsfolgen mit einer MdE von mehr als 80 unter Berücksichtigung widerstreitender Gutachten (zur Komplexität der rechtlichen Aufarbeitung lange zurückliegender OEG-Sachverhalte vgl auch EGMR Urteil vom 21.10.2010 - Individualbeschwerde Nr 2651/07 Sch./Deutschland - Juris RdNr 30).
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dd) Das LSG hat eine dem Verhalten der Klägerin zurechenbare Verlängerung der Ausgangsverfahren zutreffend in der Zeit des erfolglosen Wartens auf die Klagebegründung gesehen, welche die Klägerin in Aussicht gestellt hatte. Solche durch zulässiges Prozessverhalten, wie zB Fristverlängerungsanträge, herbeigeführte Verfahrensverzögerungen fallen in den Verantwortungsbereich des Betroffenen und werden nicht dem Staat zugerechnet (vgl BGH Urteil vom 13.2.2014 - III ZR 311/13 - MDR 2014, 526 mwN; zur Erschwerung richterlicher Tätigkeit durch Fristverlängerungsanträge vgl auch EGMR Urteil vom 29.5.1986 - Individualbeschwerde Nr 9384/81, 9/1984/81/128 D./Deutschland - NJW 1989, 652, 654).
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ee) Das LSG als Entschädigungsgericht hat schließlich zutreffend die Prozessleitung sowohl des SG als auch des LSG als Berufungsgericht im Ausgangsverfahren in seine Erwägungen einbezogen. Denn über die in § 198 GVG explizit genannten Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit hinaus hängt die Unangemessenheit der Verfahrensdauer wesentlich davon ab, ob dem Staat zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind Verzögerungen (vgl § 200 GVG), also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 13.8.2012 - 1 BvR 1098/11 - Juris; BSG U rteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 34).
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ff) Das Entschädigungsgericht ist, soweit es um die Würdigung dieser Prozessleitung durch die Gerichte des Ausgangsverfahrens geht, von einem zutreffenden richterlichen Überprüfungsmaßstab sowie dem Erfordernis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ausgegangen. Es hat dabei den Ausgangsgerichten zu Recht eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugestanden und seine materiell-rechtlichen Annahmen nicht überprüft. Ebenso wenig hat das Entschädigungsgericht das weite, mit zunehmender Verfahrensdauer allerdings schrumpfende Ermessen des Ausgangsgerichts bei der Verfahrensleitung verkannt (vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 36 mwN und RdNr 37 unter Hinweis auf BVerfG).
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(1) Die Berücksichtigung dieser Maßstäbe durch das Entschädigungsgericht im Rahmen der Bewertung der Umstände des Einzelfalls im Ausgangsverfahren ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Entschädigungsgericht - wie ausgeführt - die Monate des Wartens auf die Klagebegründung nicht einer unzureichenden Prozessleitung des SG zu geordnet (s unter II.4.c dd).
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(2) Auch in Bezug auf die Zeiten, in denen das Gericht des Ausgangsverfahrens auf ergänzende Stellungnahmen oder Gutachten von Sachverständigen wartete, ist die Anwendung des dargestellten Prüfungsmaßstabs unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zu beanstanden. Wird eine Verzögerung durch das Verhalten Dritter ausgelöst, kommt es darauf an, inwieweit dies dem Gericht zugerechnet werden kann, insbesondere, weil es seinerseits von zumutbaren Beschleunigungshandlungen abgesehen hat (vgl zB BSG Urteile vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 9/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 6 RdNr 37 und - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 41). Nach diesen Maßstäben ist das Entschädigungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass in den Monaten Januar bis März 2004, in denen das SG auf die ergänzende Stellungnahme des Gutachters im Verwaltungsverfahren wartete, ohne ihm dafür zunächst eine Frist gesetzt zu haben, keine entschädigungsrelevante Liegezeit zu sehen ist. Trotz des generellen Beschleunigungsgebots sind die Gerichte zur Fristsetzung nicht verpflichtet (vgl § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 411 Abs 1 ZPO). Bei der Entscheidung, ob und welche Frist einem Sachverständigen zu setzen ist, handelt es sich um eine Maßnahme der materiellen Verfahrensleitung. Sie setzt eine tatsächliche und rechtliche Bewertung voraus, die in den Kernbereich der richterlichen Unabhängigkeit fällt. Solche Entscheidungen können deshalb nur dann die Feststellung einer Verfahrensverzögerung rechtfertigen, wenn die richterliche Bewertung vor dem Hintergrund der jeweils geltenden Prozessordnung und/oder des materiellen Rechts unvertretbar und unter keinem Gesichtspunkt verständlich erscheint (vgl OLG Frankfurt Urteil vom 10.7.2013 - 4 EntV 3/13 - Juris mwN). So stellt sich der Fall nicht dar. Das SG hatte dem Gutachter zwar zunächst keine Frist gesetzt, aber nach Ablauf von drei Monaten nach Erteilung des Auftrags zur ergänzenden Stellungnahme den Sachverständigen wiederholt erinnert, zuletzt unter Fristsetzung und Vernehmungsandrohung. Dieses Vorgehen erscheint weder unvertretbar noch unter keinem Gesichtspunkt verständlich. In sozialgerichtlichen Verfahren kann erfahrungsgemäß mit dem Eingang eines medizinischen Gutachtens nicht vor Ablauf von drei Monaten gerechnet werden und wird daher typischerweise regelmäßig erst nach vier bis fünf Monaten eine Sachstandsanfrage an den jeweiligen Gutachter gerichtet (vgl LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 4.9.2013 - L 37 SF 65/12 EK U - Juris RdNr 41; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 6.12.2013 - L 37 SF 2/13 EK U - NZS 2014, 30 <Juris RdNr 57>). Die Tatsachengerichte entgegen § 411 Abs 1 ZPO und entgegen der richterlichen Unabhängigkeit zu einer Fristsetzung zu drängen und vertretbare Wartezeiten andernfalls als entschädigungsrelevante Liegezeiten zu werten, ist nicht angezeigt. Die zügige Erledigung eines Rechtsstreits ist kein Selbstzweck. Vielmehr verlangt gerade das Rechtsstaatsprinzip die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands durch das dazu berufene Gericht (BVerfG Beschluss vom 11.6.1980 - 1 PBvU 1/79 - BVerfGE 54, 277, 291; BVerfG Beschluss vom 12.2.1992 - 1 BvL 1/89 - BVerfGE 85, 337, 345; BVerfG Kammerbeschluss vom 6.5.1997 - 1 BvR 711/96 - NJW 1997, 2811, 2812; BVerfG Kammerbeschluss vom 26.4.1999 - 1 BvR 467/99 - NJW 1999, 2582, 2583). Dazu dienen auch vertretbare Zeiträume, die das Gericht - und sei es nur durch angemessene interne Wiedervorlagefristen - einem Sachverständigen einräumt, um als weisungsgebundener Gehilfe des Gerichts den Streitgegenstand in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären. Das Unterlassen einer Fristsetzung für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens kann dann nicht zu einer Verletzung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots führen, wenn das Gericht auf eine zeitnahe Erledigung drängt bzw sachgerechte Gründe für eine Verzögerung gegeben sind (KG Berlin Beschluss vom 31.1.2017 - 13 WF 12/17 - Juris).
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Auch in Bezug auf die Monate September 2004 bis Juli 2005, in denen das SG auf das Gutachten des von Amts wegen bestellten Sachverständigen wartete, ist die Anwendung des dargestellten Prüfungsmaßstabs durch das Entschädigungsgericht nicht zu beanstanden. Das Entschädigungsgericht durfte es als nicht entschädigungsrelevant bewerten, dass das SG an den Sachverständigen erstmals im Januar 2005 eine Sachstandsanfrage richtete, nachdem es ihn im September 2004 zum Sachverständigen ernannt hatte. Auch das Abfassen eines Gutachtens erfordert Zeit. Daher weist die Wertung des Entschädigungsgerichts, die zweite Sachstandsanfrage im Juli 2005 sei vertretbar gewesen, nachdem der Begutachtungstermin für Mai 2005 vorgesehen gewesen war, ebenfalls keinen Rechtsfehler auf. Das Absehen des SG, in dieser Konstellation Ordnungsmittel anzudrohen, führt ebenfalls noch nicht zu einer dem Staat zurechenbaren Verfahrensverzögerung. Nach den Feststellungen des Entschädigungsgerichts hat das SG zu dem in angemessenen Zeitabständen wiederholt den Kontakt zu dem Sachverständigen gesucht, der wiederum auf die Anfragen stets reagiert und erkennen lassen hat, er arbeite auf die Fertigstellung des Gutachtens hin. Im Interesse der Rechtsstaatlichkeit darf das Gericht zudem beim Einsatz von Zwangsmitteln Augenmaß walten lassen. Eine vorschnelle Drohung mit Zwangsmaßnahmen lässt zumindest befürchten, das Gutachten werde nicht in der gebotenen Gründlichkeit und damit Qualität erstattet werden (vgl LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.5.2015 - L 37 SF 37/12 EK VH - Juris RdNr 164; LSG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 13.2.2013 - L 12 SF 3/12 EK AL - Juris RdNr 48) oder der Gutachter werde von der Übernahme weiterer Aufträge abgeschreckt.
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(3) Das Entschädigungsgericht hat schließlich zu Recht die Monate Januar 2007 sowie Januar 2008 und 2009 nicht als entschädigungsrelevante Liegezeiten gewertet. Zwar hat das SG nach den Feststellungen der Vorinstanz die ergänzende Stellungnahme des antragsgemäß bestellten Sachverständigen im Dezember 2006 den Beteiligten (nur) zur Kenntnis übersandt, dennoch begegnet es keinen Bedenken, dass das Entschädigungsgericht das Bestehen eines Entschädigungstatbestandes erst ab Februar 2007 - dh nach einer sechswöchigen Frist zur möglichen Stellungnahme - angenommen hat. Denn die Übersendung eines Schriftsatzes, eines Gutachtens oÄ an die Beteiligten zur Kenntnis beinhaltet stets die Möglichkeit zur Stellungnahme. Die Entscheidung des Gerichts, im Hinblick auf eine mögliche Stellungnahme zunächst nicht weitere Maßnahmen zur Verfahrensförderung zu ergreifen, unterliegt grundsätzlich noch seiner Entscheidungsprärogative und ist - mit Ausnahme unvertretbarer oder schlechthin unverständlicher Wartezeiten - weder durch das Entschädigungs- noch durch das Revisionsgericht als Verfahrensverzögerung zu bewerten. Das Entschädigungsgericht ist davon ausgegangen, das SG habe aus seiner - allein maßgeblichen - Ex-ante-Sicht eine Replik eines der Beteiligten auf die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen nicht ausschließen können. Diese Einschätzung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Nichts anderes gilt für den Monat Januar 2009, nachdem das LSG als Berufungsgericht die Berufungserwiderung des Beklagten der Klägerin im Dezember 2008 (nur) zur Kenntnis und freigestellter Stellungnahme übersandt hatte.
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(4) Ebenso wenig ist im Ergebnis die Wertung des Entschädigungsgerichts zu beanstanden, den Monat Mai 2008 nicht als unangemessene Liegezeit anzusehen. Die Feststellungen des LSG zu den Umständen der Entscheidung (im April 2008) und der Zustellung ihrer schriftlichen Gründe (im Juni 2008) lassen bereits nicht erkennen, dass das SG im Mai 2008 untätig gewesen wäre. Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich aus § 134 Abs 2 S 1 SGG keine überlange Verfahrensdauer für diesen Monat herleiten. Diese Soll-Vorschrift billigt dem Gericht gerade einen Zeitraum für die Formulierung und die Niederschrift des Urteils zu. Diese gesetzlich definierte Aktivitätszeit kann daher auch nicht der allgemeinen, vom Senat zugestandenen Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugeordnet werden.
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Im Übrigen löst nicht jede Überschreitung der durchschnittlichen oder gar der optimalen Verfahrensdauer - auch einzelner Verfahrensabschnitte wie hier der Urteilsabsetzung und -zustellung - bereits einen Entschädigungsanspruch aus. Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen das Vorrang- und Beschleunigungsgebot ist - wie in der Gesetzesbegründung ausdrücklich betont - nicht von dem Maßstab eines "idealen Richters" auszugehen, sondern vielmehr anhand des konkreten Einzelfalls ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl BT-Drucks 18/9092 S 19). Selbst wenn das Urteil nach § 134 Abs 2 S 1 SGG vor Ablauf eines Monats - vom Tag der Verkündung an gerechnet - vollständig abgefasst der Geschäftsstelle übermittelt werden soll, erweist sich der hier zweimonatige Verfahrensabschnitt von Urteilsverkündung bis Urteilszustellung als nicht entschädigungsrelevant.
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(5) Entsprechendes gilt für den Monat Juli 2013, in dem die Klägerin eine entschädigungsrelevante Verzögerung nach Verkündung des Berufungsurteils sieht. Umstände, aus denen sich ergibt, dass das Berufungsgericht in diesem Monat untätig geblieben sei, hat das Entschädigungsgericht ebenfalls nicht festgestellt und die Revision nicht vorgebracht.
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(6) Die Feststellungen des Entschädigungsgerichts tragen auch nicht die Auffassung der Revision, die Grenzen des prozessualen Ermessensspielraums habe das Berufungsgericht im Ausgangsverfahren zu weit gezogen, soweit es die Zeiten betrifft, in denen dieses während einer Aktenanforderung das Ausgangsverfahren nicht betrieben hat (Januar und Februar 2011). Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass ein Gericht regelmäßig erst nach Sichtung der erstinstanzlichen Gerichtsakte und der Verwaltungsakten beurteilen kann, ob und ggf welche weiteren Verfahrensakten beigezogen werden sollen. Zeiten, in denen ein Gericht auf angeforderte Akten wartet, sind daher regelmäßig nicht als entschädigungsrelevante Inaktivitätszeiten zu werten, falls nicht das Gebot der Verfahrensbeschleunigung ausnahmsweise bereits vorher verfahrensfördernde Maßnahmen gebietet. Zwar hatte das Ausgangsverfahren im Zeitpunkt der umstrittenen Aktenanforderung bereits fast neun Jahre gedauert. Gleichwohl durfte das Entschädigungsgericht ein Abwarten des Akteneingangs durch das Berufungsgericht im Ausgangsverfahren noch für vertretbar halten. Den Gerichten des Ausgangsverfahrens war ihre besondere Verpflichtung, sich wegen der langen Verfahrensdauer um eine Beschleunigung zu bemühen, ersichtlich bewusst und sie haben danach auch gehandelt. Das zeigt die rasche zeitliche Abfolge von Aktenanforderung (Januar 2011) und -übersendung (Februar 2011). Entsprechendes gilt für die weiteren Aktenanforderungen des LSG (März bzw April 2012) und deren Übersendung durch das SG (April bzw Juni 2012). Denn für die Beurteilung der richterlichen Handlungen ist entscheidend, wie das Gericht die Sach- und Rechtslage aus seiner Ex-ante-Sicht einschätzen durfte; es kommt nicht darauf an, wie sich der Verfahrenslauf im Nachhinein bei einer Ex-post-Betrachtung darstellt (vgl BFH Urteil vom 7.5.2014 - X K 11/13 - HFR 2014, 1005 <Juris RdNr 53>).
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(7) Auch die Entscheidung des Berufungsgerichts, auf die Anforderungen des SG (Oktober und November 2011) hin diesem im November 2011 die angeforderten Akten kurzfristig zu überlassen, stellt sich nicht als schlechthin unvertretbar dar. Das hat das Entschädigungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen.
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d) Ein entschädigungsfähiger immaterieller Nachteil der Klägerin iS des § 198 Abs 1 S 1 GVG ist schon aufgrund der nicht widerlegten Vermutung des § 198 Abs 1 S 1 GVG anzunehmen. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise ist nicht möglich (§ 198 Abs 2 S 2, Abs 4 S 1 GVG).
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e) Die Entscheidung des Entschädigungsgerichts, nicht von dem in § 198 Abs 2 S 3 GVG vorgesehenen Regelbetrag von 1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung eines Verfahrens abzuweichen, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. § 198 Abs 2 S 4 GVG eröffnet nur für atypische Sonderfälle die Möglichkeit, von der 1200 Euro-Pauschale nach oben oder nach unten abzuweichen (vgl dazu im Einzelnen BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9, RdNr 37 ff).
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Das zu beurteilende Ausgangsverfahren hebt sich indes nicht durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von vergleichbaren Fällen ab. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die besondere emotionale Betroffenheit der jeweiligen Kläger keine Besonderheit und als solche zur Anhebung der gesetzlichen Entschädigungspauschale grundsätzlich nicht geeignet. Das Gefühl der Klägerin, ein Opfer staatlicher Institutionen - auch der Gerichte und der ärztlichen Sachverständigen - zu sein, mag aus ihrer rein persönlichen Sicht verständlich sein. Subjektive Kriterien sind aber nicht geeignet, einen atypischen Sonderfall iS des § 198 Abs 2 S 4 GVG zu begründen. Das widerspräche dem Sinn und Zweck sowie dem Pauschalierungskonzept der Norm. In Anlehnung an die Rechtsprechung des EGMR soll der Entschädigungsanspruch des § 198 GVG dem Rechtsuchenden für die entstandenen Verzögerungen eines Gerichtsverfahrens eine angemessene Entschädigung gewähren (vgl BT-Drucks 17/3802 S 1). Sie soll die verzögerte Entscheidungsfindung und die daraus folgenden immateriellen Nachteile ausgleichen. Die Entschädigung hat dagegen keinen Bezug zu sonstigen negativen Empfindungen, die das Gerichtsverfahren aus anderen Gründen in der Person des jeweiligen Klägers ausgelöst haben mag. Der Gesetzgeber hat die Frage nach der Bemessung der Entschädigung für immaterielle Nachteile durch Pauschalierung gelöst und dabei den weitgehenden Verzicht auf eine Differenzierung im Einzelfall in Kauf genommen zugunsten der Vorteile einer Pauschalierung. Damit wollte er Streitigkeiten um die Höhe der Entschädigung und eine zusätzliche Belastung für die Gerichte vermeiden. Überdies können durch die Pauschalierung die Entschädigungsverfahren zügiger abgeschlossen werden, was auch im Interesse der Betroffenen liegt (vgl BT-Drucks 17/3802 S 20). Nur bei einer Beschränkung auf objektive Gesichtspunkte kann der legitime Zweck erreicht werden, die Gerichte nicht durch aufwändige Ermittlungen im Entschädigungsverfahren zusätzlich zu belasten und letztere so zügig abzuschließen.
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Die dem gefundenen Ergebnis zugrundeliegenden Feststellungen hat das LSG auch hier verfahrensfehlerfrei getroffen. Das angefochtene Urteil beruht entgegen dem Vorbringen der Revision nicht auf einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Die Klägerin beanstandet, das LSG habe ihren in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2015 gestellten Beweisantrag nicht übergehen dürfen. Es habe vielmehr feststellen müssen, ob unter den besonderen Umständen des Einzelfalls jegliches Verfahren und dessen Länge für sie - die Klägerin - subjektiv überdurchschnittlich belastend gewesen sei. Diese Rüge verkennt indes, dass sich die Entschädigungshöhe pauschal nach § 198 Abs 2 S 3 GVG richtet; nur in atypischen Fällen iS von § 198 Abs 2 S 4 GVG darf davon abgewichen werden (vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5 RdNr 53; BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9, RdNr 37 f). Die Revisionsbegründung lässt indes schon nicht erkennen, durch welche entschädigungsrelevanten Besonderheiten sich das vorliegende Verfahren in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von vergleichbaren Verfahren abheben könnte. In Opferentschädigungsverfahren ist die psychische Belastung des Betroffenen üblicherweise keine Besonderheit und deshalb auch nicht geeignet, eine Atypik zu begründen. Hiervon ausgehend musste sich das LSG nicht zu weiteren Ermittlungen im Sinne eines Gutachtens über die psychische Belastung der Klägerin gedrängt fühlen.
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5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 183 S 6 SGG, § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 47 Abs 1 S 1, § 52 Abs 1 und Abs 3 S 1, § 63 Abs 2 S 1 GKG. Der Streitwert entspricht der im Revisionsverfahren noch geltend gemachten Entschädigungssumme.
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