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BSG 07.09.2017 - B 10 ÜG 3/16 R
BSG 07.09.2017 - B 10 ÜG 3/16 R - Überlanges Gerichtsverfahren - unangemessene Verfahrensdauer - gleichzeitig neben dem Hauptsacheverfahren geführtes Prozesskostenhilfeverfahren - Annex zum Hauptsacheverfahren - kein eigenständiger Entschädigungsanspruch - Verzögerungsrüge - unverzügliche Erhebung erst nach Eintritt einer rügepflichtigen Situation - keine Begrenzung der Entschädigung auf bestimmten Zeitraum vor Erhebung der Rüge - Wahrung der Rechtseinheitlichkeit - finanzgerichtliches und sozialgerichtliches Verfahren - unterschiedlicher rechtlicher Rahmen bei der Bestimmung der unangemessenen Verfahrensdauer - strukturelle Überlastung der Justiz - keine generelle Erhöhung der Entschädigungspauschale - Erforderlichkeit eines schwerwiegenden Grundrechtsverstoßes
Normen
§ 198 Abs 6 Nr 1 GVG, § 198 Abs 3 S 2 GVG, § 198 Abs 3 S 1 GVG, § 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 1 S 2 GVG, § 198 Abs 2 S 3 GVG, § 198 Abs 2 S 4 GVG, Art 23 S 2 ÜberlVfRSchG, Art 23 S 1 ÜberlVfRSchG, Art 23 S 3 ÜberlVfRSchG, Art 23 S 4 ÜberlVfRSchG, § 200 S 1 GVG, § 73a SGG, § 114 ZPO, § 1 RsprEinhG, § 2 Abs 1 RsprEinhG, GG
Vorinstanz
vorgehend SG Dresden, 1. Februar 2011, Az: S 29 AS 958/08, Urteil
vorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 7. November 2014, Az: L 3 AS 238/11, Urteil
vorgehend BSG, 11. August 2015, Az: B 14 AS 91/15, Beschluss
vorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 12. Juli 2016, Az: L 11 SF 50/15 EK, Beschluss
Leitsatz
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1. Ein gleichzeitig neben einem Hauptsacheverfahren geführtes Prozesskostenhilfeverfahren führt als dessen Annex nicht zu einem eigenständigen Entschädigungsanspruch.
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2. Der Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer ist nicht auf einen bestimmten Zeitraum (regelmäßig sechs Monate) vor einer verspäteten Verzögerungsrüge begrenzt (Fortsetzung von BSG vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R = SozR 4-1710 Art 23 Nr 4; Abgrenzung zu BFH vom 6.4.2016 - X K 1/15 = BFHE 253, 205 = BStBl II 2016, 694).
Tenor
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Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 12. Juli 2016 wird zurückgewiesen.
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Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
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Der Streitwert wird auf 16 450 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Kläger begehren eine Entschädigung wegen überlanger Dauer ihres vor dem SG Dresden unter dem Az S 29 AS 958/08 und vor dem Sächsischen LSG unter dem Az L 3 AS 238/11 geführten Klageverfahrens.
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Die Kläger bezogen als Bedarfsgemeinschaft ab Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und waren wegen Einkommensbezugs einer Erstattungsforderung wegen Überzahlungen in Höhe von insgesamt 12 898,11 Euro ausgesetzt (Änderungs- und Erstattungsbescheide vom 26.6.2006; Widerspruchsbescheide vom 22.2.2008). Am 27.2.2008 erhoben die Kläger beim SG Klage gegen die Erstattungsforderung, die nach Teilanerkenntnis im Übrigen erfolglos blieb (Urteil vom 1.2.2011). Am 14.3.2011 legten die Kläger Berufung ein und beantragten die Gewährung von PKH. Am 2.9.2011 erfolgte die Berufungsbegründung mit Übersendung der PKH-Unterlagen, die zuletzt am 13.1.2012 vervollständigt wurden. PKH und Berufung waren sodann ebenfalls ohne Erfolg (Beschluss vom 26.2.2014; Urteil vom 7.11.2014). Am 27.3.2015 gelangte das unterschriebene Berufungsurteil zur Geschäftsstelle und am 30.3.2015 zur Versendung. Die gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG gerichtete Beschwerde vor dem BSG blieb erfolglos (Beschluss vom 11.8.2015 - B 14 AS 91/15 B).
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Am 24.9.2015 haben die Kläger Klage auf Entschädigung iHv jeweils 4600 Euro für erlittene immaterielle Nachteile erhoben, nachdem sie zuvor am 26.2.2013 die Verzögerung auch hinsichtlich des PKH-Antrags gerügt hatten. Sie haben geltend gemacht, das Ausgangsverfahren vor dem SG und dem LSG sei überlang gewesen. Ua habe vor dem LSG eine Verzögerung von mindestens 17 Monaten vorgelegen bei einer zusätzlichen Verzögerung durch die Nichtabsetzung des Urteils. Auch habe das LSG erst nach mehr als 24 Monaten über die PKH-Anträge entschieden, obwohl hier lediglich eine Bedenk- und Bearbeitungsfrist von sechs Monaten gerechtfertigt sei, sodass eine Verzögerung von 18 Monaten verbleibe. Das PKH-Verfahren sei gesondert zu bewerten und zu entschädigen. Insgesamt habe das Ausgangsverfahren einen durchschnittlichen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeitsgrad und wegen des sehr hohen Rückforderungsbetrages eine besondere Bedeutung gehabt.
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Das Entschädigungsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von jeweils 2300 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Im zugrundeliegenden Ausgangsverfahren habe die gerichtliche Inaktivität in der ersten Instanz 20 Monate und in der zweiten Instanz 27 Monate, insgesamt also 47 Monate betragen. Entgegen der Auffassung der Kläger sei das zweitinstanzliche Nebenverfahren über die PKH nicht zusätzlich zu berücksichtigen. Bei einem PKH-Antrag während eines laufenden Hauptsacheverfahrens könne zwar dessen Bearbeitung das Hauptsacheverfahren verzögern. Solche Verzögerungen habe es vorliegend aber nicht gegeben, sodass es keinen Grund für eine auf eine Doppelentschädigung hinauslaufende zusätzliche Berücksichtigung der Dauer des PKH-Verfahrens gebe. Abzüglich der jeder Instanz zuzubilligenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten ergebe sich eine entschädigungspflichtige Überlänge des Ausgangsverfahrens von insgesamt 23 Monaten in beiden Tatsacheninstanzen. Für diese sei den Klägern jeweils die Pauschalentschädigung zuzusprechen. Insbesondere gehe der Senat trotz vorhandener Anhaltspunkte für eine strukturelle Überlastung der Justiz des beklagten Landes davon aus, dass eine Erhöhung des Regelbetrags für die Verzögerungen im zweitinstanzlichen Ausgangsverfahren noch nicht gerechtfertigt sei (Urteil vom 12.7.2016).
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Mit ihrer Revision rügen die Kläger einen Verstoß gegen § 198 GVG und begehren nunmehr die Zahlung von jeweils weiteren 3290 Euro. Das LSG habe rechtsfehlerhaft eine gesonderte Entschädigung wegen der überlangen Dauer des zweitinstanzlichen Nebenverfahrens über PKH und die Voraussetzungen für eine Erhöhung der gesetzlichen Entschädigungspauschale verneint. Deswegen sei eine weitere Entschädigung für das PKH-Verfahren iHv 2600 Euro je Kläger (20 Monate x 130 Euro) und für das Hauptsacheverfahren iHv 690 Euro je Kläger (20 Monate x 30 Euro) zuzusprechen.
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Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 12. Juli 2016 abzuändern und den beklagten Freistaat zu verurteilen, wegen der unangemessenen Dauer der Verfahren vor dem Sozialgericht Dresden S 29 AS 958/08 und dem Sächsischen Landessozialgericht L 3 AS 238/11 den Klägern zu 1.) bis 5.) als Entschädigung jeweils weitere 3290 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der beklagte Freistaat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Der Beklagte schließt sich den Ausführungen des Entschädigungsgerichts an.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Kläger ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat die Revision unbeschränkt zugelassen und die Kläger haben sie wirksam eingelegt (dazu 1.). Zutreffend hat das LSG das Begehren der Kläger an den §§ 198 ff GVG gemessen (dazu 2.). Das LSG ist auch zu Recht von der Zulässigkeit der Entschädigungsklage ausgegangen (dazu 3.). Die Kläger haben gegen den Beklagten keinen über den ihnen zuerkannten hinausgehenden Entschädigungsanspruch (dazu 4.).
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1. Die form- und fristgerechte (§ 164 SGG) Revision der Kläger ist gerichtet gegen den die Klage abweisenden Teil der vorinstanzlichen Entscheidung und auf weitere Entschädigung in Geld. Insoweit wenden sie sich hinsichtlich der überlangen Dauer des Hauptsacheverfahrens noch gegen die Nichtberücksichtigung des PKH-Verfahrens und verlangen eine Erhöhung der gesetzlichen Entschädigungspauschale durch das LSG. Hinsichtlich der erstmals mit der Revision geltend gemachten zusätzlichen Erhöhung der Entschädigungspauschale handelt es sich um eine in der Revisionsinstanz zulässige Erweiterung des Klageantrags (§ 168 S 1 SGG, § 99 Abs 3 Nr 2 SGG). Denn die Kläger erweitern insoweit lediglich ihr Entschädigungsbegehren der Höhe nach, ohne den Klagegrund der Unangemessenheit der Verfahrensdauer zu ändern (vgl hierzu Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 168 RdNr 8, zur Beschränkung BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 ÜG 1/15 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 13 RdNr 14). Davon zu trennen ist die Frage nach dem materiell-rechtlichen Bezugsrahmen für die jetzt noch geltend gemachte Entschädigung (vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5 RdNr 11 mwN).
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2. Das Begehren der Kläger ist in prozessualer als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht an den §§ 198 ff GVG zu messen, obwohl diese Vorschriften erst während des vorliegend als überlang gerügten Verfahrens in Kraft getreten sind (zeitlicher Anwendungsbereich des § 198 GVG). Die Vorschriften des ÜGG vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) und damit auch die §§ 198 ff GVG finden aufgrund der Übergangsregelung des Art 23 S 1 ÜGG auch auf Verfahren Anwendung, die bei Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 (vgl Art 24 S 1 ÜGG) bereits anhängig waren. Das ist hier der Fall. Das als überlang gerügte Verfahren war von Februar 2008 bis zu seiner Beendigung im August 2015 anhängig.
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3. Die auf § 198 GVG gestützte Entschädigungsklage ist zulässig.
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a) Das LSG war für die Entscheidung funktional und örtlich zuständig. In den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Angelegenheiten (vgl § 51 SGG) ist gemäß § 201 Abs 1 S 1 GVG iVm § 202 S 2 SGG für Klagen auf Entschädigung nach § 198 GVG gegen ein Land das für dieses Land örtlich zuständige LSG zuständig.
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b) Das beklagte Land ist im Verfahren wirksam durch den Präsidenten des Landesamtes für Steuern und Finanzen des Freistaates Sachsen vertreten worden. Denn der Freistaat Sachsen wird in Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren gemäß § 7 Abs 3 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung ua über die Vertretung des Freistaates in gerichtlichen Verfahren (Vertretungsverordnung - VertrVO) vom 10.4.2013 (SächsGVBl S 240), zuletzt geändert durch VO vom 9.5.2017 (SächsGVBl S 270), durch das Landesamt für Steuern und Finanzen vertreten.
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c) Die Entschädigungsklage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs 5 SGG; vgl BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 16 mwN). Die Klage ist am 25.9.2015 unter Einhaltung der Klagefrist des § 198 Abs 5 S 2 GVG (iVm Art 23 S 1 ÜGG) innerhalb von sechs Monaten nach Erledigung des Verfahrens erhoben worden. Die Entschädigungsklage ist andererseits auch nicht verfrüht erhoben worden, da sie mehr als sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge vom 26.2.2013 eingelegt worden ist (§ 198 Abs 5 S 1 GVG). Diese Voraussetzung gilt auch für Verfahren, die bei Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 bereits anhängig waren (Art 23 S 1 ÜGG; vgl BSG, aaO, RdNr 17).
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4. Die zulässige Klage ist über den vom Entschädigungsgericht entschiedenen Anspruch der Kläger hinaus unbegründet. Zwar haben die Kläger den richtigen Beklagten verklagt (dazu a) und ist der Anspruch auf Entschädigung für die Zeit vor Erhebung der Verzögerungsrüge nicht ausgeschlossen (dazu b), darüber hinaus steht ihnen jedoch kein weitergehender (höherer) Entschädigungsanspruch unter Berücksichtigung einer Überlänge des vor dem LSG durchgeführten PKH-Verfahrens (dazu c) oder aufgrund einer Unbilligkeit der vom LSG festgesetzten Entschädigungspauschale zu (dazu d).
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a) Der beklagte Freistaat Sachsen ist für die Entschädigungsklage nach § 200 S 1 GVG passiv legitimiert, weil er danach für Nachteile haftet, die aufgrund von Verzögerungen bei seinen Gerichten entstehen; derartige Nachteile machen die Kläger anlässlich ihres Ausgangsverfahrens geltend.
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b) Die am 26.2.2013 erhobene Verzögerungsrüge war rechtzeitig (dazu aa) und hat einen vor der Rüge entstandenen Entschädigungsanspruch nicht präkludiert (dazu bb).
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aa) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nach § 198 Abs 3 S 1 GVG nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (zur Eigenschaft der Verzögerungsrüge als materiell-rechtliche Voraussetzung s BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9, RdNr 19 mwN). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird (§ 198 Abs 3 S 2 Halbs 1 GVG). Für anhängige Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ÜGG am 3.12.2011 schon verzögert waren und sich die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz ereignet hat, bedarf es keiner Verzögerungsrüge (Art 23 S 4 ÜGG). Ist das Verfahren in einer Instanz noch nicht abgeschlossen, muss die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden (Art 23 S 2 ÜGG), spätestens 3 Monate nach Inkrafttreten des ÜGG (BSG, aaO; BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5 RdNr 26 ff). In diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch auf Entschädigung auch für den vorausgehenden Zeitraum (Art 23 S 3 ÜGG).
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Für die hier allein noch maßgebliche zweite Instanz war zu diesem Zeitpunkt, wie das LSG zu Recht angenommen hat, noch keine rügepflichtige Situation eingetreten, sodass eine Entschädigung nicht für Zeiten bis zum tatsächlichen Rügezeitpunkt ausgeschlossen ist (vgl zur Präklusion bei verspätet erhobener Verzögerungsrüge BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 ÜG 1/15 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 13 RdNr 17; BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 23 ff). Hierzu hat das BVerwG mit Urteil vom 29.2.2016 (5 C 31/15 D - Juris = NJW 2016, 3464, RdNr 31) unter anderem ausgeführt, dass die Obliegenheit des Art 23 S 2 ÜGG nur Verzögerungen in anhängigen Verfahren betrifft, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens bei dem mit der Sache befassten Gericht bereits eingetreten sind. Das ergebe sich aus der systematischen Unterscheidung zwischen Verzögerungen in einer bereits abgeschlossenen Instanz (Art 23 S 4 ÜGG) und schon verzögerten Verfahren (Art 23 S 2 ÜGG) sowie dem mit der Verzögerungsrüge verfolgten Zweck einer präventiven Warnung an das befasste Gericht und vor allem aus der Gesetzesbegründung. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Eine unverzügliche Erhebung der Verzögerungsrüge nach Art 23 S 2 ÜGG ist nur dann erforderlich, wenn bei dem mit der Sache befassten Gericht eine rügepflichtige Situation eingetreten ist. Kommt es nach Abschluss einer Instanz bei der befassten Instanz zu einer weiteren Verzögerung, bleibt es bei der allgemeinen Regelung des § 198 Abs 3 GVG (BT-Drucks 17/3802 S 31; BVerwG, aaO, mwN). Eine rügepflichtige Situation iS von § 198 Abs 3 S 2 GVG war nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) im zweitinstanzlichen Ausgangsverfahren am 3.12.2011 noch nicht eingetreten. In nicht zu beanstandender Weise hat das LSG zudem ausgeführt, dass bei der gebotenen ex ante Betrachtung zu diesem Zeitpunkt eine unangemessene Verfahrensdauer für die zweite Instanz noch nicht absehbar war, weil das LSG nach der Berufungsbegründung der Kläger vom 2.9.2011 noch mit der vom Ausgangsbeklagten angeforderten Berufungserwiderung rechnen durfte. Demgegenüber bestand zum Zeitpunkt der schriftlichen Verzögerungsrüge vom 26.2.2013 nach den vom LSG festgestellten Zeiten der Inaktivität des zweitinstanzlichen Ausgangsverfahrens Anlass zur Besorgnis, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird. Die formgerecht und wirksam erhobene Verzögerungsrüge erfasst damit auch den zuvor verstrichenen Zeitraum des Ausgangsverfahrens und bezieht diesen in die Prüfung der Angemessenheit mit ein (vgl BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 24; BVerwG, aaO, RdNr 33 mwN). Dies gilt auch dann, wenn die Verzögerungsrüge in der Zwischenzeit nach dem 3.12.2011 schon früher hätte erhoben werden können.
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bb) Dem steht das Urteil des BFH vom 6.4.2016 nicht entgegen (X K 1/15 - BFHE 253, 205 = BStBl II 2016, 694). In dieser Entscheidung hat der BFH ausgeführt, dass der Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer durch eine verspätet erhobene Verzögerungsrüge im Regelfall auf einen Zeitraum von sechs Monaten vor Erhebung der Rüge begrenzt werde. Unter Abgrenzung von der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 10.4.2014 - III ZR 335/13 - NJW 2014, 1967, RdNr 31) und des BSG (Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 24), die keinen Endtermin für eine Verzögerungsrüge annähmen, sei zur Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit der Rechtsprechung im Bereich der Entschädigungsklagen der nur schwer fassbare Zeitraum eines unzulässigen "Dulde und Liquidiere" durch eine Vermutungsregel zu typisieren (BFH, aaO, RdNr 43 bis 46). Demgegenüber sieht der erkennende Senat - wie auch der BGH (aaO) und das BVerwG (aaO) - nach wie vor keine rechtliche Grundlage für die Annahme eines Endtermins, zu dem eine Verzögerungsrüge im Anwendungsbereich des § 198 Abs 3 S 2 GVG spätestens einzulegen ist (s insbesondere zur Entstehungsgeschichte von § 198 Abs 3 S 1 und S 2 GVG: BVerwG Urteil vom 29.2.2016 - 5 C 31/15 D - Juris = NJW 2016, 3463, RdNr 33 mwN) mit der Folge der Präklusion eines vorherigen Entschädigungsanspruchs.
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Der Senat sieht sich nicht veranlasst, das Vorlageverfahren gemäß §§ 1, 2 Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes einzuleiten. Zwar hat der Senat verbindlich die Entscheidung des gemeinsamen Senats einzuholen, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des gemeinsamen Senats abweichen will (§ 2 Abs 1 RsprEinhG). Die Rechtsfrage muss sich aber auf der Grundlage von Vorschriften stellen, die in ihrem Regelungsgehalt gänzlich übereinstimmen und nach denselben Grundsätzen auszulegen sind. Darüber hinaus muss die Rechtsfrage sowohl für den erkennenden Senat in der anhängigen Sache als auch für den divergierenden Senat in der bereits entschiedenen Sache entscheidungserheblich sein (vgl BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 ÜG 1/15 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 13 RdNr 16 mwN). Die aufgeworfene Frage nach dem richtigen Zeitpunkt einer Verzögerungsrüge iS des § 198 Abs 3 S 2 GVG und den möglichen Auswirkungen für den Fall ihrer Verspätung ist zwar in beiden Verfahren im Ansatz deckungsgleich. Dies trifft aber keineswegs auf deren rechtlichen Rahmen der unangemessenen Verfahrensdauer zu, der in der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ganz unterschiedlich bestimmt wird. Während im sozialgerichtlichen Verfahren in der Regel eine 12monatige Vorbereitungs- und Bedenkzeit für die jeweilige Instanz unabhängig von ihrer Lage noch nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer führt (vgl zB BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 36 mwN), gilt im finanzgerichtlichen Verfahren die Vermutung, dass die Dauer des Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, und die damit begonnene Phase des Verfahrensablaufs nicht durch nennenswerte Zeiträume unterbrochen wird, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet lässt (vgl zB BFH, aaO, RdNr 24). Die hieran anknüpfende partielle Präklusion des Entschädigungsanspruchs bei verzögerter Rüge mag deshalb die dargestellte Vermutungsregel im finanzgerichtlichen Verfahren konsequent ergänzen. Im sozialgerichtlichen Verfahren würde sie hingegen angesichts der dem Richter überlassenen Positionierung seiner Vorbereitungs- und Bedenkzeiten die Entstehung des Entschädigungsanspruchs von nicht hinnehmbaren Zufälligkeiten abhängig machen.
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c) Die Kläger haben keinen Anspruch auf eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer des Ausgangsverfahrens unter zusätzlicher Berücksichtigung des zweitinstanzlichen PKH-Verfahrens. Die Feststellung einer Überlänge des Ausgangsverfahrens von 23 Monaten durch das Entschädigungsgericht zur unangemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens vor dem SG Dresden und dem Sächsischen LSG hält einer revisionsrichterlichen Überprüfung stand. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs 1 S 2 GVG). Als Rechtsfolge sieht § 198 Abs 1 S 1 GVG eine angemessene Entschädigung für die Beteiligten eines vorangegangenen überlangen Gerichtsverfahrens vor. Nach § 198 Abs 2 S 3 GVG beträgt die Entschädigung für erlittene immaterielle Nachteile für jedes Jahr der Verzögerung eines Gerichtsverfahrens 1200 Euro, wobei der Monat die maßgebende Zeiteinheit auch für die Bemessung einer Entschädigungszahlung ist (vgl BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 1/13 R - BSGE 118, 91 = SozR 4-1720 § 198 Nr 7, RdNr 23 mwN). Danach steht den Klägern kein höherer Entschädigungsanspruch als die jeweils zuerkannten 2300 Euro wegen der unangemessenen Verfahrensdauer des Ausgangsverfahrens zu.
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aa) Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG definierte Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste im Geltungsbereich des ÜGG relevante Zeiteinheit ist hierbei der Kalendermonat. Das Ausgangsverfahren begann am 27.2.2008, endete durch Versendung des zweitinstanzlichen Urteils am 30.3.2015 und erreichte damit eine Gesamtdauer von 85 Monaten. In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs 1 S 2 GVG genannten Kriterien zu messen. Diese hat der Senat vollständig in seine Überprüfung miteinzubeziehen, obwohl der Beklagte gegen die Entscheidung des LSG kein Rechtsmittel eingelegt hat, sodass seine Verurteilung in Rechtskraft erwachsen ist (§ 141 Abs 1 SGG). Die Kläger wenden sich jedoch mit ihrer Rüge der Nichtberücksichtigung einer Überlänge des vor dem LSG im Ausgangsverfahren durchgeführten PKH-Verfahrens und dessen Entschädigung sowie einer Unbilligkeit der zugesprochenen Höhe der Entschädigung auch gegen die Feststellung der Überlänge des Ausgangsverfahrens, sodass sich die Revision nicht nur der Höhe nach sondern auch dem Grunde nach gegen die Feststellung der Überlänge des Ausgangsverfahrens im Umfang von 23 Monaten durch das Entschädigungsgericht richtet (s oben II.1.).
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Bei der Feststellung der Tatsachen, die zur Ausfüllung der von § 198 Abs 1 S 2 GVG genannten unbestimmten Rechtsbegriffe erforderlich sind, kommt dem Entschädigungsgericht ein erheblicher tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zu. Das Revisionsgericht kann lediglich überprüfen, ob das Entschädigungsgericht den Bedeutungsgehalt der unbestimmten Rechtsbegriffe aus § 198 Abs 1 S 2 GVG und damit den rechtlichen Rahmen zutreffend erkannt und ihn ausfüllend alle erforderlichen Tatsachen festgestellt und angemessen berücksichtigt hat, ohne Denkgesetze bzw allgemeine Erfahrungssätze zu verletzen (vgl BGH Urteil vom 5.12.2013 - III ZR 73/13 - BGHZ 199, 190 RdNr 47 mwN) oder gegen seine Amtsermittlungspflicht zu verstoßen. Maßgeblich ist, wie das Ausgangsgericht die Lage aus seiner ex-ante-Sicht einschätzen durfte (vgl BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118,102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9, RdNr 25 mwN). Auf dieser Grundlage ergibt erst die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat. Dabei geht der Senat davon aus, dass vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls die Verfahrensdauer jeweils insgesamt noch als angemessen anzusehen ist, wenn eine Gesamtverfahrensdauer, die 12 Monate je Instanz übersteigt, auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht (vgl BSG, aaO, RdNr 26 und 33 mwN).
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Die auf dieser Grundlage vom Entschädigungsgericht durchgeführte Angemessenheitsprüfung bei wertender Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände ist nicht zu beanstanden. Dies betrifft insbesondere die Bewertung des Ausgangsverfahrens als leicht überdurchschnittlich schwierig aufgrund einer gewissen Komplexität und die Bewertung als eher unterdurchschnittlich bedeutend, da es letztlich lediglich um eine Erstattung überzahlter Grundsicherungsleistungen ging und die Kläger kein besonderes Interesse an einer raschen gerichtlichen Entscheidung hatten. Das Entschädigungsgericht hat zutreffend auch eine dem Verhalten der Kläger zurechenbare Verlängerung des Ausgangsverfahrens festgestellt und eine Rechtfertigung von Verzögerungen bei strukturellen Mängeln, wie eine Überlastung der Gerichte oder anderen in den Verantwortungsbereich des Staates fallenden Umstände, nicht in Betracht gezogen (vgl hierzu BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 47). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Entschädigungsgericht (LSG) für das erstinstanzliche Verfahren eine Inaktivität von 20 Monaten und für das zweitinstanzliche Verfahren von 27 Monaten, insgesamt also von 47 Monaten, angenommen. Unter Zubilligung einer Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten je Instanz hat es sodann eine entschädigungspflichtige Überlänge des Ausgangsverfahrens von insgesamt 23 Monaten in beiden Tatsacheninstanzen berechnet. Diese Abwägung begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
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bb) Entgegen der Auffassung der Kläger hat das LSG auch zu Recht das zweitinstanzliche PKH-Verfahren bei der Berechnung der Überlänge des Ausgangsverfahrens unberücksichtigt gelassen.
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Zur Bewertung eines isolierten PKH-Verfahrens hat der Senat bereits mit Urteil vom 10.7.2014 (B 10 ÜG 8/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 2) entschieden, dass Verfahren zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe in den Anwendungsbereich des § 198 GVG fallen und ua neben dem Klageverfahren zur Hauptsache erfasst werden (vgl BSG, aaO, RdNr 16 ff, 22). Hierzu hat auch der BGH mit Urteil vom 5.12.2013 (III ZR 73/13 - BGHZ 199, 190, RdNr 23) ausgeführt, dass § 198 Abs 6 Nr 1 GVG ausdrücklich das Verfahren zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe zu gerichtlichen Verfahren zählt (vgl zuletzt auch Senatsbeschluss vom 18.5.2017 - B 10 ÜG 2/17 BH -; Beschluss vom 25.10.2016 - B 10 ÜG 23/16 B - Juris RdNr 6). Denn aus dem Prinzip der Rechtsschutzgleichheit (Art 3 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) folge das Gebot, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher sei auch beim Verfahren zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe eine angemessene schnelle richterliche Entscheidung geboten. Komme dieses zu spät, könne das den Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzen (BGH, aaO, unter Hinweis auf BT-Drucks 17/3802 S 23). Von einem isolierten PKH-Verfahren gehen indes auch die Kläger nicht aus. Denn danach wäre ihre am 24.9.2015 eingereichte Entschädigungsklage bereits zu spät erhoben, nämlich über ein Jahr nach dem ablehnenden PKH-Beschluss des LSG vom 26.2.2014 (s zur Klagefrist oben II.3.c).
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Ein PKH-Verfahren, welches - wie hier - gleichzeitig neben einem rechtshängigen Hauptsacheverfahren geführt wird, führt hingegen nicht zu einem weiteren - eigenständigen - Entschädigungsanspruch. Ob Verzögerungen im Verfahren um die Bewilligung von PKH während der Dauer eines gleichzeitig rechtshängig gewordenen Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen sind, ist im Rahmen des § 198 Abs 1 S 2 GVG im Rahmen der Einzelfallumstände zu bewerten, wenn ein Gericht wegen eines PKH-Verfahrens die Hauptsache nicht so zügig bearbeitet wie dies ggfs erforderlich wäre (vgl bereits: BSG Beschluss vom 25.10.2016 - B 10 ÜG 23/16 B - Juris RdNr 6 mwN). § 198 GVG geht von einem an der Hauptsache orientierten Verfahrensbegriff aus, sodass nicht jeder einzelne Antrag oder jedes Gesuch im Zusammenhang mit dem verfolgten Rechtsschutzbegehren ein entschädigungspflichtiges Verfahren darstellt (vgl BSG Urteil vom 10.7.2014 - B 10 ÜG 8/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 2 RdNr 15 mwN).
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In diesem Sinne enthält die Regelung in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG eine Legaldefinition des Gerichtsverfahrens im entschädigungsrechtlichen Sinn (vgl zB BGH Urteile vom 13.3.2014 - III ZR 91/13 - Juris = NJW 2014, 1118, RdNr 23 und vom 21.5.2014 - III ZR 355/13 - Juris = NJW 2014, 2443, RdNr 11). Danach gilt der gesamte Zeitraum von der Einleitung eines Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss als ein Verfahren (BT-Drucks 17/3802 S 22), "einschließlich" eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- und Verfahrenskostenhilfe (s hierzu bereits: BSG Urteil vom 10.7.2014 - B 10 ÜG 8/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 2 RdNr 22). Diese Legaldefinition umfasst damit nicht nur das isolierte PKH-Verfahren als mögliches Gerichtsverfahren iS von § 198 Abs 1 S 1 GVG, sondern erklärt gleichzeitig das PKH-Verfahren zum Bestandteil (Annex) des Hauptsacheverfahrens, wenn wegen der Hauptsache Entschädigung begehrt wird (§ 198 Abs 1 S 1 GVG). Dies belegen nicht nur die oben dargestellte Wortlautanalyse und Binnensystematik, sondern auch der Sinn und Zweck der Regelung wie er in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommt. Denn erkennbar sollte die Überlänge der als "selbstständig" zu bewertenden Verfahren entschädigungspflichtig sein, nicht hingegen die Verzögerung paralleler Gesuche im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens eine Mehrfachentschädigung auslösen (vgl BT-Drucks 17/3802, S 23). Das mit der Hauptsache verbundene PKH-Verfahren stellt sich aus diesem Grund lediglich als Annex zum Hauptsacheverfahren dar (vgl umfassend zur Auslegung des Begriffs Gerichtsverfahren in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG: BSG Urteil vom 10.7.2014 - B 10 ÜG 8/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 2 RdNr 16 ff).
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Nach diesem Maßstab hat das LSG nach § 198 Abs 1 S 2 GVG eine Dauer des zweitinstanzlichen PKH-Verfahrens von 35 Monaten und eine gerichtliche Untätigkeit von 24 Monaten festgestellt, jedoch keine zusätzliche Verzögerung für das Hauptsacheverfahren. Die Feststellungen zur Untätigkeit binden den Senat (§ 163 SGG), die vom LSG anschließend durchgeführte Würdigung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Kläger können für die vom LSG festgestellte Zeit der Inaktivität des Ausgangsgerichts keine zweifache Entschädigung verlangen, weil das PKH-Verfahren Teil des Hauptsacheverfahrens ist und dieses nicht zusätzlich verzögert hat.
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d) Zu Recht hat das LSG darüber hinaus auch eine Anhebung der Pauschalsumme nach § 198 Abs 2 S 3 GVG (1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung bzw 100 Euro je Monat) gemäß § 198 Abs 2 S 4 GVG verneint. Gegen diese Würdigung werden von der Revision ebenfalls keine durchgreifenden Angriffe erhoben oder Anhaltspunkte für eine andere Wertung vorgebracht.
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Nach § 198 Abs 2 S 4 GVG kann das Entschädigungsgericht einen höheren oder niedrigeren Betrag als den Regelbetrag von 1200 Euro gemäß S 3 der Vorschrift für jedes Jahr der Verzögerung festsetzen, wenn dieser Betrag nach den Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Hinsichtlich dieser vom Entschädigungsgericht festzustellenden und zu würdigenden Umstände des Einzelfalles öffnet S 4 allerdings nur für Ausnahmefälle die Möglichkeit, von der 1200 Euro-Pauschale abzuweichen (vgl Gesetzesentwurf BT-Drucks 17/3802 S 20; BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5 RdNr 53 mwN; BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 1/13 R - BSGE 118, 91 = SozR 4-1720 § 198 Nr 7, RdNr 42 und - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9, RdNr 37). In seiner letztgenannten Entscheidung hat der Senat auch bereits umfassend zum Ausnahmefall in diesem Sinne ausgeführt, dass sich mehr als "ausnahmsweise Korrekturen in atypischen Sonderfällen dem Gesetz" nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Normzweck nicht entnehmen lassen (BSG, aaO, RdNr 37 ff). Von der Konzeption der Entschädigungspauschale in § 198 Abs 2 S 3 GVG als Rechtsfolge einer festgestellten unangemessenen Verfahrensdauer des Ausgangsverfahrens nach § 198 Abs 1 S 2 GVG darf danach nur bei Vorliegen besonderer Umstände (BGH Urteil vom 13.3.2014 - III ZR 91/13 - Juris = NJW 2014, 1816, RdNr 50, 51; BGH Urteil vom 14.11.2013 - III ZR 376/12 - BGHZ 199, 87, RdNr 46 ff; Schlick, WM 2016, 485, 491) oder in atypischen Sonderfällen abgewichen werden (BSG, aaO, RdNr 39 mwN).
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aa) In diesem Sinne ist bei der Festsetzung des Entschädigungsbetrages nach § 198 Abs 2 S 3 und S 4 GVG ua auch zu berücksichtigen, ob die Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit auf einer strukturellen Überlastung der Justiz des beklagten Landes beruht und der daraus resultierende Grundrechtsverstoß deshalb besonders schwer wiegt (BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 1/13 R - BSGE 118, 91 = SozR 4-1720 § 198 Nr 7, RdNr 42 unter Bezugnahme auf BVerfG Kammerbschluss vom 5.8.2013 - 1 BvR 2965/10 - Juris; BSG Beschluss vom 25.10.2016 - B 10 ÜG 24/16 B - Juris RdNr 9). Hierzu hat das Entschädigungsgericht nach Auswertung der Statistik der Sozialgerichtsbarkeit des Freistaates Sachsen zwar einen Fehlbestand im Personalbedarf in den betreffenden Jahren im Freistaat Sachsen festgestellt, sodass mangels Konzept zur Bewältigung der strukturellen Überlastung des Sächsischen LSG im vorliegenden Fall Anhaltspunkte für eine generelle Vernachlässigung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit vorlägen (s S 24 bis 26 des Urteils). Dennoch geht das LSG in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass deshalb eine Erhöhung der Entschädigungspauschale für die Verzögerungen im zweitinstanzlichen Ausgangsverfahren nicht gerechtfertigt ist. Die Feststellungen des LSG zur strukturellen Überlastung des Sächsischen LSG werden von der Revision nicht angegriffen und binden als tatsächliche Vorfrage den Senat (§ 163 SGG; vgl BSG Beschluss, aaO, RdNr 9, 10).
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Die Wertung des Entschädigungsgerichts, dass die festgestellte strukturelle Überlastung des Sächsischen LSG in den betreffenden Jahren eine Erhöhung der Entschädigung iS von § 198 Abs 2 S 3 und S 4 GVG nicht rechtfertigt, begegnet keinen Bedenken. Argumente oder Anhaltspunkte, welche die Würdigung des LSG erschüttern könnten, trägt die Revision nicht vor. Denn das Entschädigungsgericht hat zwar eine strukturelle Überlastung des Sächsischen LSG im streitigen Zeitraum festgestellt, nicht jedoch einen daraus resultierenden besonders schweren Grundrechtsverstoß. Besonders schwer wiegt eine Grundrechtsverletzung nur dann, wenn sie auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten hindeutet unter einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährten Schutzes oder bei einem "geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen" oder bei einer krassen Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze (BVerfG Kammerbeschluss vom 5.8.2013 - 1 BvR 2965/10 - Juris RdNr 15 mwN). Eine derartige "generelle Vernachlässigung" von Grundrechtspositionen liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor, bloße Anhaltspunkte reichen insoweit nicht aus. Eine (vorübergehende) strukturelle Überlastung der Gerichte allein stellt noch keinen besonderen Umstand dar, der es rechtfertigen würde, die pauschale Entschädigung aus Billigkeitserwägungen heraus zu erhöhen. Denn nach § 198 Abs 1 GVG sind strukturelle Probleme der Gerichte haftungsbegründendes Versagen des Staates in seiner Funktion als Garant des Justizgewährungsanspruchs und als solche bereits bei der Abwägung der Umstände des Einzelfalls miteinzubeziehen (vgl BT-Drucks 17/3802 S 16 zu 5.; Schlick, WM 2016, 485, 488). Die daraus resultierenden Verzögerungen werden von dem Entschädigungspauschbetrag nach § 198 Abs 2 S 3 GVG regelmäßig mit umfasst. Hier ist zudem nicht erkennbar, wie vorhandene strukturelle Probleme der Gerichte die Kläger angesichts der mit der unangemessenen Dauer der Ausgangsverfahren gleichzeitig hinausgeschobenen Erstattungsverpflichtung besonders hätten belasten können (vgl § 86a Abs 1 S 1, Abs 2 Nr 4 SGG iVm § 39 Abs 1 Nr 1 SGB II; hierzu BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170 - SozR 4-1300 § 63 Nr 23, RdNr 22).
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bb) Nichts anderes gilt im Ergebnis hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Erhöhung der Entschädigungspauschale für die Verzögerung des Verfahrens auf Gewährung von PKH. Denn nur wenn die Entschädigung von 1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung iS von § 198 Abs 2 S 3 GVG nach den Umständen des Einzelfalls unbillig ist, kann das Entschädigungsgericht - im Regel-Ausnahmeverhältnis - einen höheren oder niedrigeren Betrag nach § 198 Abs 2 S 4 GVG festsetzen (BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9, RdNr 38). Das LSG hat unangegriffen festgestellt, dass hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens keine zusätzliche Verzögerung durch das PKH-Verfahren eingetreten ist. Wieso hiervon ausgehend ein atypischer Sonderfall vorliegen sollte, der eine Anhebung der Entschädigungspauschale für immaterielle Nachteile rechtfertigen könnte, hat die Revision weder dargelegt noch ist diese ersichtlich.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 S 6 SGG, § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 154 Abs 2, 159 S 1 VwGO, § 100 Abs 1 ZPO. Der Senat macht von seinem Ermessen, die Kosten den Klägern nach § 159 S 2 VwGO als Gesamtschuldner aufzuerlegen, keinen Gebrauch.
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6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 47 Abs 1 und 2, § 52 Abs 1 und 3, § 63 Abs 2 S 1 GKG.
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