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BVerfG 21.04.2022 - 2 BvR 635/22
BVerfG 21.04.2022 - 2 BvR 635/22 - Einstweilige Anordnung im Verfassungsbeschwerdeverfahren: Untersagung des Vollzugs einer Abschiebung nach Rumänien - unzureichende Sachaufklärung bzgl der Folgen des Ukraine-Kriegs - Folgenabwägung
Normen
Art 2 Abs 2 S 1 GG, Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG
Vorinstanz
vorgehend VG Leipzig, 30. März 2022, Az: 7 L 112/22.A, Beschluss
vorgehend VG Leipzig, 17. März 2022, Az: 7 L 112/22.A, Beschluss
Tenor
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Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde - längstens für die Dauer von drei Monaten - untersagt, die in dem Bescheid vom 28. Januar 2022 angedrohte Abschiebung der Beschwerdeführer nach Rumänien zu vollziehen oder vollziehen zu lassen.
Gründe
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
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1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei müssen die Gründe, welche für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen, außer Betracht bleiben, es sei denn, die in der Hauptsache begehrte Feststellung erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 89, 38 44>; 118, 111 122>). Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich die Nachteile abzuwägen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber in der Hauptsache Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 105, 365 371>; 106, 351 355>; 108, 238 246>; 125, 385 393>; stRspr).
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2. In Anwendung dieser Maßstäbe ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten.
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Die Verfassungsbeschwerde erweist sich weder als von vornherein unzulässig noch als offensichtlich unbegründet. Die Beschwerdeführer haben die Möglichkeit einer Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG - noch - hinreichend substantiiert dargelegt. Sie haben nachvollziehbar vorgebracht, dass eine Verletzung der - verfassungsrechtlich fundierten - Sachaufklärungspflicht durch das Verwaltungsgericht jedenfalls denkbar erscheint. Das Verwaltungsgericht setzt sich mit der - soweit ersichtlich - aktuellsten Quelle zur Lage in Rumänien nach Beginn des Krieges in der Ukraine nicht hinreichend auseinander, sondern setzt der von den Beschwerdeführern in Bezug genommenen Einschätzung des Verwaltungsgerichts Lüneburg lediglich seine eigene Einschätzung pauschal entgegen, obwohl sich eine sorgfältige Ermittlung der Auswirkungen der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Fluchtbewegungen auf die Aufnahme und Behandlung anderer Gruppen Geflüchteter in den Aufnahmestaaten - unter anderem in Rumänien - aufgedrängt hätte. Dies könnte eine Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung darstellen.
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Die danach erforderliche Folgenabwägung geht zugunsten der Beschwerdeführer aus. Ihnen drohen durch einen Vollzug der Abschiebung schwere und möglicherweise irreparable Nachteile. Demgegenüber wiegen etwaige Nachteile, die durch den um eine überschaubare Zeit verlängerten Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet entstehen, weniger schwer.
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