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BVerfG 17.12.2020 - 2 BvR 1787/20
BVerfG 17.12.2020 - 2 BvR 1787/20 - Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine erneute Haftentscheidung gem § 116 Abs 4 StPO nach Aufhebung eines außer Vollzug gesetzten Haftbefehls - Verletzung des Grundrechts des Beschuldigten aus Art 2 Abs 2 S 2 GG iVm Art 104 GG bei unzureichender Begründung des erneuten Haftbefehls - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 2 Abs 2 S 2 GG, Art 104 Abs 1 S 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 116 Abs 4 Nr 3 StPO
Vorinstanz
vorgehend OLG Düsseldorf, 9. September 2020, Az: III-4 Ws 159/20, Beschluss
vorgehend LG Duisburg, 14. August 2020, Az: 51 KLs-145 Js 151/13-5/20, Beschluss
vorgehend LG Duisburg, 9. Juni 2020, Az: 51 KLs-145 Js 151/13-5/20, Beschluss
Tenor
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Die Beschlüsse des Landgerichts Duisburg vom 9. Juni 2020 - 51 KLs-145 Js 151/13-5/20 - und des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. September 2020 - III-4 159/20 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 des Grundgesetzes.
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
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Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 Euro (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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A.
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Der Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Haftbefehl des Landgerichts Duisburg vom 9. Juni 2020, gegen den Beschluss des Landgerichts vom 14. August 2020, durch den der gegen diesen Haftbefehl eingelegten Beschwerde nicht abgeholfen wurde, und gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. September 2020, der die Beschwerde verwarf. Die Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung verbunden, ihn aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
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I.
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1. a) Die Staatsanwaltschaft Duisburg führte - zunächst verdeckt - seit dem Jahr 2013 ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in mehreren besonders schweren Fällen gemäß § 266a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 StGB in Tateinheit mit Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Duisburg am 11. Oktober 2016 Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer. Nach diesem Haftbefehl soll er in der Zeit vom 15. September 2011 bis zum 13. Oktober 2015 als Geschäftsführer eines Bauunternehmens in 56 rechtlich selbstständigen Fällen Abgaben zur Sozialversicherung für die bei dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer nicht abgeführt und in weiteren 52 Fällen Lohnsteuern nicht entrichtet haben. Insgesamt soll den Sozialversicherungsträgern und den Finanzbehörden ein Schaden in Höhe von mindestens 2,5 Millionen Euro entstanden sein.
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Das Gericht nahm die Haftgründe der Flucht- und der Verdunkelungsgefahr an. Den Haftgrund der Fluchtgefahr begründete es mit dem durch die Straferwartung ausgelösten Fluchtanreiz. Angesichts der Schadenshöhe habe der Beschwerdeführer mit einer mehrjährigen Haftstrafe zu rechnen, zumal sich die Schadenssumme von 2,5 Millionen Euro nach kriminalistischer Erfahrung nach der Auswertung der beschlagnahmten Beweismittel noch erhöhen werde. Die hohe Wahrscheinlichkeit einer Flucht ergebe sich aus den starken Bindungen des Beschwerdeführers zu seiner bosnisch/serbischen Heimat, wo er sich ausweislich der Reisestempel in seinem Pass im Jahr 2016 mehrmals aufgehalten habe. Grundeigentum in Deutschland sei nicht festgestellt worden. Das Haus, in dem er mit seiner Familie lebe, sei angemietet. Seine Lebensgrundlage - der Betrieb eines Bauunternehmens - werde durch das Verfahren "vermutlich weitestgehend zerschlagen". Die Umstände des von dem Beschwerdeführer durchgeführten Verkaufs seines Unternehmens bekräftigten den Haftgrund der Fluchtgefahr. Käufer sei ein geschäftlich unerfahrener Serbe, der mehr als 100 Kilometer von dem Sitz des Unternehmens entfernt wohne. Zudem sei das Unternehmen lediglich wenige Tage nach der Durchsuchung der Geschäftsräume eines anderen Unternehmens aus der Baubranche, dem das Unternehmen des Beschwerdeführers im ersten Quartal 2015 etwa 345.000 Euro für vermutlich nicht erbrachte Fremdleistungen in Rechnungen gestellt habe, verkauft worden. Auch ohne Ausreise des Beschwerdeführers bestehe die Gefahr, dass er unter einer falschen Identität untertauche, denn in der Vergangenheit habe er sich "schnell und leicht" gefälschte Ausweise besorgen können. So sei er im Jahr 1995 mit einem gefälschten Ausweis nach Deutschland eingereist. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung im Jahr 2005 sei außerdem ein weiterer gefälschter Reisepass aufgefunden worden. Im Jahr 2005 habe ein Zeuge zudem ausgesagt, der Beschwerdeführer könne gefälschte Pässe besorgen. Schließlich seien auch zwei Arbeitnehmer seines Unternehmens mit gefälschten Pässen ausgestattet gewesen.
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b) Der Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer konnte zunächst nicht vollzogen werden. Als die ermittelnden Zollbeamten die Wohnung und die Geschäftsräume des Beschwerdeführers Anfang November 2016 zur Sicherstellung von Beweismitteln und zur Festnahme des Beschwerdeführers durchsuchten, hielt sich dieser im Ausland auf. Am 28. November 2016 erschien er zu einem Haftprüfungstermin vor dem Amtsgericht Duisburg, das den Haftbefehl in diesem Termin entsprechend zuvor zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung ausgehandelter Auflagen außer Vollzug setzte. Das Gericht legte dem Beschwerdeführer auf, sich täglich bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Polizeirevier zu melden, eine Sicherheit in Höhe von 50.000 Euro zu leisten und seinen Pass abzugeben.
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c) Das Amtsgericht änderte die Auflagen aus dem Außervollzugsetzungsbeschluss in der Folge mehrfach ab. Nach dem Beschluss vom 9. Dezember 2016 musste sich der Beschwerdeführer zunächst zweimal wöchentlich, nach dem Beschluss vom 16. Mai 2017 nur noch einmal wöchentlich bei der Polizei melden. Zwischenzeitlich war die Meldeauflage - mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft - für wenige Wochen ausgesetzt, um es dem Beschwerdeführer zu ermöglichen, seine schwer kranke Mutter in seiner Heimat zu besuchen. Auf - nach § 120 Abs. 3 Satz 1 StPO bindenden - Antrag der Staatsanwaltschaft hob das Amtsgericht den Haftbefehl mit Beschluss vom 23. Oktober 2017 auf.
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2. a) Am 6. April 2020 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Duisburg. Sie legte dem Beschwerdeführer Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 136 Fällen und Steuerhinterziehung in 63 Fällen zur Last. Er soll in der Zeit vom 29. März 2011 bis zum 26. Februar 2016 als Geschäftsführer zweier Bauunternehmen gegenüber den zuständigen Einzugsstellen für die Sozialversicherungsbeiträge und den zuständigen Finanzbehörden die tatsächlichen Löhne der Arbeitnehmer dieser Gesellschaften nicht oder zu niedrig angegeben haben und deshalb fällige Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer nicht oder in geringerer Höhe als entstanden gezahlt haben. Insgesamt habe er auf diese Weise einen Schaden von etwas mehr als 4,7 Millionen Euro verursacht. Die Staatsanwaltschaft wies darauf hin, dass die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe der Schadenssumme nach §§ 73 ff. StGB in Betracht komme. Die Anklageschrift wurde dem Beschwerdeführer und seinen Verteidigern Ende Mai 2020 zugestellt.
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Mit Anklageerhebung beantragte die Staatsanwaltschaft, gegen den Beschwerdeführer einen auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützten Haftbefehl nach Maßgabe der Anklageschrift zu erlassen und diesen Haftbefehl in Vollzug zu setzen. Zur Begründung führte sie - weitgehend wortgleich - dieselben Gründe an, die das Amtsgericht auch in dem Haftbefehl vom 11. Oktober 2016 zur Begründung des Haftgrunds der Fluchtgefahr herangezogen hatte, und verwies darauf, dass sich der Schaden nach Ermittlungsabschluss auf fast 4,8 Millionen Euro erhöht habe. Überdies müsse der Beschwerdeführer damit rechnen, für den entstandenen Schaden persönlich in Haftung genommen zu werden, wodurch ihm in Deutschland dauerhaft kein über den Pfändungsfreibeträgen liegendes Einkommen mehr bleibe. Da der Beschwerdeführer den Finanzbehörden und den Sozialversicherungsträgern durch eine Flucht ins Ausland den Zugriff auf sein mögliches Einkommen erschweren, wenn nicht sogar dauerhaft vereiteln könne, ergebe sich auch daraus ein erheblicher Fluchtanreiz.
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b) Das Landgericht erließ am 9. Juni 2020 antragsgemäß den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer. Es erachtete ihn der mit der Anklageschrift zur Last gelegten Taten als dringend verdächtig und nahm den Haftgrund der Fluchtgefahr an.
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Den Haftgrund stützte das Gericht auf den sich aus der Straferwartung ergebenden Fluchtanreiz. Der nicht vorbestrafte Beschwerdeführer habe eine mehrjährige Freiheitsstrafe zu erwarten, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Die realistische Möglichkeit der Strafaussetzung zur Bewährung nach der Verbüßung von zwei Dritteln der zu erwartenden Strafe nach § 57 StGB führe zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Die erhebliche Straferwartung folge aus der Schadenshöhe und den sonstigen Tatumständen. Die Taten erstreckten sich über einen Zeitraum von fünf Jahren und seien mit großer krimineller Energie verwirklicht worden. Da der Beschwerdeführer bislang von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht habe, käme ihm die erheblich strafmildernde Wirkung einer geständigen Einlassung nicht zugute. Dem Beschwerdeführer drohe als Folge des Verfahrens zudem eine erhebliche Belastung seiner legalen wirtschaftlichen Existenz, da er sich Haftungsansprüchen der Geschädigten ausgesetzt sehe. Dies gebe ihm einen weiteren Fluchtanreiz, da der Beschwerdeführer durch eine Flucht ins Ausland den Zugriff der Finanzbehörden und der Sozialversicherungsträger auf seine Vermögenswerte vereiteln, zumindest aber erschweren könne.
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Eine Flucht ins Ausland werde ihm durch seine Herkunft erleichtert. Er sei serbischer Staatsangehöriger, spreche die dortige Landessprache und unterhalte Beziehungen in sein Heimatland, was die Reisestempel in seinem Reisepass belegten. Dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit falsche Identitätspapiere verwendet habe, stütze die Besorgnis, er verfüge über Mittel und Wege, unter Verschleierung seiner Identität unterzutauchen.
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Dem durch die hohe Strafdrohung ausgelösten, von naheliegenden Fluchtmöglichkeiten begleiteten Fluchtanreiz stünden keine hinreichenden sozialen Bindungen im Inland entgegen. Der Beschwerdeführer verfüge zwar über einen festen Wohnsitz, an dem er mit seiner Ehefrau und den Kindern im Alter zwischen 4 und 16 Jahren lebe. Diese Wohnverhältnisse seien aber leicht lösbar, denn das Wohnhaus sei nur angemietet. Grundeigentum habe der Beschwerdeführer jedenfalls in Hessen oder Nordrhein-Westfalen nicht. Soweit ersichtlich, seien auch Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers serbische Staatsangehörige, was eine gemeinsame Flucht ins Ausland erleichtere. Infolge der Insolvenz des Unternehmens des Beschwerdeführers hätten sich die beruflichen Bindungen zu Deutschland verringert.
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Nicht verkannt werde, dass der Beschwerdeführer seit Jahren von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf wisse. So sei im Jahr 2016 Haftbefehl gegen ihn erlassen worden, als er sich im Ausland aufgehalten habe. Damals habe er sich bereit erklärt, sich dem Verfahren in Deutschland zu stellen und gewisse Auflagen zu erfüllen, wofür im Gegenzug der Vollzug des Haftbefehls ausgesetzt worden sei. Auch habe der Beschwerdeführer nach Erhöhung der Kaution beanstandungsfrei eine Reise nach Serbien durchgeführt. Zudem habe schon im Jahr 2016 eine nicht unerhebliche Gesamtfreiheitsstrafe im Raum gestanden. Allerdings habe sich der Tatvorwurf seit diesem Zeitpunkt weiter konkretisiert und der vorgeworfene Schaden und die damit zu erwartende Strafe deutlich vergrößert. Nach Anklageerhebung sei eine mögliche Verurteilung außerdem in unmittelbare Nähe gerückt, was den Fluchtanreiz im Vergleich zum damaligen Zeitpunkt deutlich steigere.
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Die Anordnung der Untersuchungshaft stehe angesichts des Umfangs der Taten, derer der Beschwerdeführer dringend verdächtig sei, und der darauf gründenden Rechtsfolgenerwartung nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache. Mildere Maßnahmen als die Inhaftierung genügten nicht, um der Fluchtgefahr wirksam zu begegnen. Es könne in Anbetracht des konkretisierten Tatvorwurfs nicht erwartet werden, dass sich der Beschwerdeführer etwa durch Meldeauflagen und eine Sicherheitsleistung von einer Flucht vor dem Strafverfahren und gegebenenfalls vor der Strafvollstreckung abhalten lasse. Die Abgabe von Ausweispapieren könne ein Untertauchen nicht verhindern, weil der Beschwerdeführer die Möglichkeit habe, sich gefälschte Papiere zu verschaffen.
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c) Der Beschwerdeführer wurde von Beamten des Hauptzollamts Duisburg aufgrund dieses Haftbefehls in den Mittagsstunden des 3. Juli 2020 festgenommen und am selben Tag gemäß § 115 StPO dem Landgericht vorgeführt. Er beantragte die Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise dessen erneute Außervollzug-setzung gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung, engmaschige Meldeauflagen und Hinterlegung seines Passes. Die Kammer entschied nach Anhörung des Beschwerdeführers, den Haftbefehl vom 9. Juni 2020 aus den Gründen seines Erlasses aufrecht zu erhalten und in Vollzug zu belassen.
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3. a) Mit Schriftsatz vom 11. August 2020 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung, hilfsweise die Außervollzugsetzung des Haftbefehls. Er wandte ein, es bestehe weder ein dringender Tatverdacht noch liege der Haftgrund der Fluchtgefahr vor. Bei seiner Argumentation zur fehlenden Fluchtgefahr vertiefte er insbesondere seine Ausführungen zu seinen sozialen Bindungen zu Deutschland.
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Zwar sei er in Ex-Jugoslawien geboren und reise hin und wieder dorthin. Zuletzt habe er sich kurz nach Zustellung der Anklageschrift in Bosnien aufgehalten, weil er angesichts der COVID-19-Pandemie die dortige Bevölkerung gemeinsam mit anderen Geschäftsleuten mit Desinfektionsmitteln und Mund-Nasen-Schutzmasken habe versorgen wollen. Dennoch bestünden größere soziale Bindungen nach Deutschland als zu den Staaten des früheren Jugoslawien, aus denen er als Moslem Anfang der 1990er Jahre vor Krieg und ethnischer Verfolgung geflohen sei. Seit dem Jahr 1992 lebe er in Deutschland, sei verheiratet und habe vier Kinder im Alter von 4 bis 16 Jahren, die in Deutschland die Schule besuchten. Die beiden jüngsten Kinder seien ausschließlich deutsche Staatsbürger. Seinen sozialen und wirtschaftlichen Lebensmittelpunkt habe er in Deutschland, denn er sei weiter im Baugewerbe tätig. Die Insolvenz seines Unternehmens habe abgewandt werden können. Seit fast fünf Jahren habe er sich immer dem Verfahren gestellt und die verschiedenen Vereinbarungen - auch die zu Auslandsreisen - stets eingehalten, insbesondere die geforderten Sicherheitsleistungen aufgebracht. Zur familiären Situation führte er aus, er habe drei Brüder, von denen einer in Duisburg lebe und die anderen beiden mit ihm gemeinsam drei nebeneinanderliegende Reihenhäuser in einer hessischen Kleinstadt bewohnten. Das Haus, in dem er mit seiner Familie lebe, gehöre seinen Brüdern. Da er - als die Familie sich zum Grunderwerb entschlossen habe - sich als Selbstständiger in einem anhängigen Verbraucherinsolvenzverfahren befunden habe und kein Grundeigentum habe erwerben können, hätten seine Brüder das Haus finanziert und lebe er bei ihnen zur Miete. Nach dem Tod der Mutter in ihrem Heimatort hätten er und seine Brüder ihren inzwischen 86-jährigen Vater nach Deutschland geholt, der in dem Häuserkomplex wohne und von der Familie gepflegt werde. Zuletzt sei einer seiner Brüder schwer an Krebs erkrankt, und er wolle ihm in der Krankheitszeit beistehen. Die Kinder des Beschwerdeführers und seiner Brüder seien in Deutschland aufgewachsen, sprächen besser Deutsch als Serbokroatisch, besuchten in Deutschland die Schule oder befänden sich im Studium oder in Ausbildung. Aus alledem folge, dass die Heimat des Beschwerdeführers und seiner Familie Deutschland sei und es keine größere Verwurzelung mehr ins Ausland gebe. Sollte er seine Familie, insbesondere seine Frau und seine Kinder, zur Flucht in das Gebiet des früheren Jugoslawien auffordern, würden diese sich dem verweigern.
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b) Der Beschwerde half das Landgericht Duisburg mit dem mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 14. August 2020 nicht ab. Zum Haftgrund der Fluchtgefahr verwies die Kammer im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem Haftbefehl vom 9. Juni 2020. Aufgrund der Schadenshöhe und der Vielzahl von Taten habe der Beschwerdeführer eine deutlich über fünf Jahren liegende Freiheitsstrafe zu erwarten. Da der Beschwerdeführer bislang von seinem Schweigerecht Gebrauch mache, komme ihm die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses und erst recht eine Strafrahmenverschiebung nach § 46b StGB wegen möglicher Aufklärungshilfe nicht in Betracht. Auch habe er bislang keine Schadenswiedergutmachung geleistet. Angesichts der Straferwartung bestehe auch unter Berücksichtigung einer möglichen Reststrafenaussetzung nach § 57 Abs. 1 StGB ein erheblicher Fluchtanreiz, der nicht durch sonstige Umstände kompensiert werde. Eine Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1 StPO komme nicht in Betracht, da keine weniger einschneidenden Maßnahmen als die Inhaftierung den Zweck der Untersuchungshaft erreichen könnten.
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Der Beschwerdevortrag führe zu keiner anderen Beurteilung. Die Kammer verkenne nicht, dass der Beschwerdeführer über soziale Bindungen in Deutschland verfüge. Diese sozialen Bindungen seien aber zur Abwendung der Fluchtgefahr nicht geeignet. Daran habe sich nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls auch aufgrund der neuen Erkenntnisse nichts geändert. Der Beschwerdeführer lebe aufgrund finanzieller Probleme in der Vergangenheit nur zur Miete und sei nicht die einzige Bezugsperson seines 86-jährigen Vaters und seines krebskranken Bruders. Da er im Falle einer Verurteilung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3e GmbHG nicht mehr Geschäftsführer einer Gesellschaft sein dürfe, sei auch die derzeitige Tätigkeit als Geschäftsführer eines Bauunternehmens nicht geeignet, ihn von einer Flucht abzuhalten. Ohnehin sei der Ort einer Tätigkeit im Baugewerbe verhältnismäßig einfach zu verändern, denn eine derartige Tätigkeit erfordere keine zeit- und kostenintensive Einrichtung von Produktionsstätten, Ausstellungsflächen oder sonstiger Infrastruktur. Aus der Beschwerdeschrift vom 11. August 2020 ergebe sich zudem, dass der Beschwerdeführer schon über Geschäftskontakte in das ehemalige Jugoslawien verfüge, denn er vertreibe dort in der Corona-Krise Desinfektionsmittel und Masken.
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c) Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf beantragte am 21. August 2020 unter Bezugnahme auf die Gründe des Haftbefehls und des Nichtabhilfebeschlusses die Verwerfung der Beschwerde.
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d) Mit Schriftsatz vom 7. September 2020 ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen. Er machte geltend, das Landgericht habe § 116 Abs. 4 StPO nicht beachtet, als es im August 2020 einen neuen Haftbefehl erlassen und insbesondere in Vollzug gesetzt habe. § 116 Abs. 4 StPO greife auch, wenn - wie hier - nach der Aufhebung eines außer Vollzug gesetzten Haftbefehls ein neuer Haftbefehl erlassen und in Vollzug gesetzt werde.
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Hier sei keine der Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 StPO erfüllt. Insbesondere liege kein Fall vor, in dem neu hervorgetretene Umstände die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls nach § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO rechtfertigten. Alle zur Begründung der Fluchtgefahr herangezogenen Umstände seien bereits bei Außervollzugsetzung des Haftbefehls durch den Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 28. November 2016 bekannt gewesen. Nicht herangezogen werden dürfe die Straferwartung, denn schon im durch den Beschluss vom 28. November 2016 außer Vollzug gesetzten Haftbefehl vom 11. Oktober 2016 sei aufgeführt, dass der Beschwerdeführer mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe zu rechnen habe. Überdies habe das Gericht ausdrücklich darauf verwiesen, dass sich die damals mit 2,5 Millionen angegebene Mindestschadenssumme nach kriminalistischer Erfahrung noch erhöhen werde, so dass auch die neue Schadensberechnung die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls nicht rechtfertige. Die Anklageerhebung stelle ebenfalls keinen neu hervorgetretenen Umstand im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO dar. Im Übrigen gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die Zeit seit der Haftverschonung für Fluchtvorbereitungen genutzt habe.
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e) Das Oberlandesgericht Düsseldorf verwarf die Beschwerde mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 9. September 2020. Es bezog sich auf die Gründe des angefochtenen Haftbefehls vom 9. Juni 2020 und der Nichtabhilfeentscheidung vom 14. August 2020 und führte ergänzend aus, auch die Beschwerdeschrift vom 7. September 2020 gebiete keine abweichende Beurteilung. Zwar finde § 116 Abs. 4 StPO grundsätzlich Anwendung. Hier liege aber schon aufgrund der erst mehr als dreieinhalb Jahre nach Außervollzugsetzung des Haftbefehls mit Anklageerhebung abgeschlossenen Ermittlungen, der Erweiterung und Konkretisierung der Tatvorwürfe in der Anklageschrift und der bevorstehenden Eröffnung des Hauptverfahrens eine veränderte Situation vor. Als der Haftbefehl auf Antrag der Staatsanwaltschaft zunächst unter strengen Auflagen außer Vollzug gesetzt und später aufgehoben worden sei, sei der Abschluss des sehr komplexen Ermittlungsverfahrens bei weitem noch nicht absehbar gewesen, auch weil der Beschwerdeführer nicht mit den Ermittlungsbehörden kooperiert und von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht habe. Nur deshalb sei die Aufhebung des außer Vollzug gesetzten Haftbefehls aus Verhältnismäßigkeitsgründen geboten gewesen. Das Landgericht gehe nach Ermittlungsabschluss zutreffend davon aus, dass angesichts der Konkretisierung und Erweiterung der Tatvorwürfe in der Anklageschrift - auch aufgrund geständiger und gleichzeitig den Beschwerdeführer massiv belastender Einlassungen anderweitig verfolgter Beschuldiger - eine andere Situation eingetreten sei, als sie bei der Außervollzugsetzung des Haftbefehls vorgelegen habe. Die Fluchtgefahr habe sich in einer Weise erhöht, dass ihr durch Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO nicht hinreichend entgegengewirkt werden könne. Das gelte insbesondere unter Berücksichtigung des von der Strafkammer in dem Nichtabhilfebeschluss hervorgehobenen Umstandes, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer nach Anklageerhebung näher gerückten Verurteilung jede legale wirtschaftliche Existenzgrundlage in Deutschland entzogen werde und er offenbar schon damit begonnen habe, sich kurz nach Zustellung der Anklageschrift neue Erwerbsquellen in den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawien zu erschließen.
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4. a) Der Beschwerdeführer erhob gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts mit Schriftsatz vom 10. September 2020 Gegenvorstellung. Nach Darstellung der Rechtsprechung der Fachgerichte und des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung von § 116 Abs. 4 StPO bekräftigte er seine Auffassung, die Gerichte stützten ihre Haftentscheidung nicht auf im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO neu hervorgetretene Umstände, denn nur auf die Haftgründe bezogene neue Umstände seien erheblich. Solche lägen nicht vor. Es sei sogar nach Ermittlungsabschluss der ursprünglich angenommene Haftgrund der Verdunkelungsgefahr entfallen. Soweit Landgericht und Oberlandesgericht die Invollzugsetzung des neu erlassenen Haftbefehls damit begründeten, der Beschwerdeführer habe offenbar begonnen, geschäftliche Kontakte in das Gebiet des früheren Jugoslawien zu knüpfen, bleibe unerfindlich, wie die Gerichte zu dieser Einschätzung gelangten. Jedenfalls würden in den Beschlüssen keine diesen Schluss rechtfertigenden Indizien benannt. Seine Reise in das frühere Jugoslawien zum Vertrieb von Masken und Desinfektionsmitteln habe lediglich humanitäre Gründe gehabt.
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b) Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte am 21. September 2020, die Gegenvorstellung als unbegründet zu verwerfen. Sie vertiefte ihren Vortrag, wonach im Vergleich zum Zeitpunkt der aufgehobenen Haftentscheidung eine deutliche Verschärfung des Haftgrundes der Fluchtgefahr eingetreten sei, die sich in erster Linie aus der Konkretisierung und Vertiefung der Tatvorwürfe in der Anklageschrift ergebe. Es sei nicht zu erwarten, dass er in einem Land bleibe, in dem er - sollte er der Anklage entsprechend verurteilt werden - keine geschäftliche Zukunft habe. Seine derzeitige Tätigkeit für ein Unternehmen aus der Baubranche stehe angesichts dessen, dass die Steuerfahndung München am 13. Mai 2020 wegen gleichgelagerter Vorwürfe ein Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet und ihn darüber in Kenntnis gesetzt habe, der Annahme der Fluchtgefahr nicht entgegen.
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c) Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2020 erwiderte der Beschwerdeführer auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft. Er machte geltend, die Akten enthielten keine Belege über das Münchener Verfahren. Was nicht Aktenbestandteil sei, sei für eine Haftentscheidung ohne Belang.
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d) Das Oberlandesgericht wies die Gegenvorstellung des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 12. Oktober 2020 zurück. Es hielt an der Auffassung fest, die Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO seien erfüllt. Hätten Gericht und Staatsanwaltschaft den Sachverhalt gekannt, wie er nun nach Abschluss der Ermittlungen bekannt sei, wären die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls und dessen spätere Aufhebung von der Staatsanwaltschaft nicht beantragt und vom Amtsgericht nicht bewilligt worden.
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Der Haftbefehl sei ersichtlich nicht wegen nicht mehr gegebener Fluchtgefahr aufgehoben worden, sondern weil die Staatsanwaltschaft die Aufhebung angesichts des nicht absehbaren Ermittlungsabschlusses beantragt habe. Da zum Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls und erst Recht zum Zeitpunkt der Aufhebung völlig offen gewesen sei, ob, wann und in welchem Umfang bei anderen Unternehmen durchgeführte Ermittlungen den Nachweis, dass diese Unternehmen nur Scheinrechnungen ausgestellt hätten, ermöglichen würden, habe der Beschwerdeführer auch nicht damit rechnen müssen, dass ihm nach Abschluss der Ermittlungen auch aufgrund von Angaben der anderweitig verfolgten "Rechnungsverkäufer" oder dritter "Rechnungskäufer" eine Schadenssumme von etwa viereinhalb Millionen Euro nachweisbar sein würde und er daher eine Freiheitsstrafe von deutlich mehr als fünf Jahren zu erwarten habe. Diesem mit Anklageerhebung deutlich gesteigerten Fluchtanreiz könnte trotz der bestehenden sozialen Bindungen nicht mehr mit den damaligen im Aussetzungsbeschluss verhängten Maßnahmen begegnet werden, zumal der Beschwerdeführer nach wie vor eine starke Bindung zu seiner Herkunftsregion habe und sich auch in den letzten drei Jahren regelmäßig dort aufgehalten habe. Zuletzt sei er nach eigenem Vortrag nach Zustellung der Anklageschrift im Frühsommer 2020 dorthin gereist, um gemeinsam mit anderen Geschäftsleuten der dortigen Bevölkerung Desinfektionsmittel und Schutzmasken zukommen zu lassen. Selbst wenn der Vertrieb der Masken und Desinfektionsmittel tatsächlich nur einen karitativen Zweck gehabt haben sollte, lasse der Vortrag dazu den Schluss auf tragfähige geschäftliche Kontakte in das frühere Jugoslawien zu, die es dem Beschwerdeführer ermöglichten, sich in seiner Heimat eine neue wirtschaftliche Existenz aufzubauen.
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Erhöht werde die Fluchtgefahr zusätzlich durch den Umstand, dass die Steuerfahndung München gemeinsam mit dem Hauptzollamt Rosenheim im März 2020 bei einer Baustellenkontrolle fünf nicht zur Sozialversicherung angemeldete Mitarbeiter eines Unternehmens, dessen Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei, angetroffen habe und die Steuerfahndung München daher im Mai 2020 ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet habe. Hieraus ergebe sich "jedenfalls ein Anfangsverdacht", der Beschwerdeführer habe sein früheres Geschäftsmodell, die für sein Unternehmen tätigen Arbeitnehmer teilweise "schwarz" zu entlohnen, wieder aufgenommen. Da ausweislich eines Aktenvermerks ein Ermittlungsbeamter den Beschwerdeführer und einen seiner Anwälte über die Einleitung und den Stand des Ermittlungsverfahrens unterrichtet habe, begegne die Berücksichtigung dieses Umstands im Rahmen der Entscheidung über die Gegenvorstellung keinen Bedenken, zumal auch der erst im Haftbeschwerdeverfahren bestellte Rechtsanwalt dem ihm übermittelten Antrag der Generalstaatsanwaltschaft diesen Umstand habe entnehmen und ergänzende Akteneinsicht hätte beantragen können.
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II.
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1. Mit seiner am 9. Oktober 2020 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts auf die Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG geltend. Die Gerichte hätten das Haftrecht objektiv willkürlich und damit unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG angewandt.
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Zur Begründung verweist er auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung von § 116 Abs. 4 StPO. Jede neue haftrechtliche Entscheidung, die den Wegfall einer Haftverschonung zur Folge habe, sei bei einem einmal unangefochten außer Vollzug gesetzten Haftbefehl nur unter den einschränkenden Voraussetzungen dieser Norm zulässig. Diese Rechtsprechung sei auch auf die Situation übertragbar, in der - wie hier - ein außer Vollzug gesetzter Haftbefehl im späteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens aufgehoben worden sei. Die erneute Anordnung des Vollzugs von Untersuchungshaft gegen ihn sei daher nur zulässig, wenn nach der Entscheidung über die Vollzugsaussetzung neu hervorgetretene Umstände die Gründe des Haftverschonungsbeschlusses in einem so wesentlichen Punkt erschütterten, dass keine Aussetzung bewilligt worden wäre, wenn diese Umstände bereits bei der Entscheidung über die Aussetzung des Vollzugs bekannt gewesen wären. Eine nachträgliche andere Beurteilung schon bekannter Umstände bei ansonsten gleichbleibender Sachlage rechtfertige den Widerruf der gewährten Haftverschonung nicht. Dabei dürften sich die neu hervorgetretenen Gründe nur auf die Haftgründe beziehen.
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Diese Maßstäbe beachteten die angegriffenen Entscheidungen nicht. Der Haftbefehl werde auf die nach Abschluss der Ermittlungen zur Wirtschaftsstrafkammer erhobene Anklage gestützt. Die nach dieser Anklage prognostizierbare Strafhöhe weiche nicht derart von der Prognose des Haftrichters zum Zeitpunkt der Außervollzugsetzung ab, dass eine wesentliche Erhöhung der Fluchtgefahr angenommen werden könne. Schon im November 2016 sei das Amtsgericht von einer Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer nicht mehr bewährungsfähigen Freiheitsstrafe ausgegangen. Auch habe das Amtsgericht klargestellt, dass sich der angenommene Mindestschaden in Höhe von 2,5 Millionen Euro nach Auswertung der beschlagnahmten Beweismittel nach kriminalistischer Erfahrung noch erhöhen werde, so dass die Berechnung des Schadens in Höhe von 4,7 Millionen Euro in der Anklageschrift für den Beschwerdeführer nicht überraschend gekommen sei und die Annahme einer erhöhten Fluchtgefahr nicht rechtfertige.
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Dass der Beschwerdeführer in den elf Monaten der Außervollzugsetzung des Haftbefehls die Weisungen und Auflagen aus den Außervollzugsetzungsbeschlüssen stets erfüllt habe und sich dem Verfahren auch nach Aufhebung des Haftbefehls nicht entzogen habe, zeige, dass er das mit der Außervollzugsetzung gewährte Vertrauen nicht missbraucht habe. Er habe sich dem Verfahren auch nicht nach Zustellung der Anklageschrift durch Flucht entzogen, obwohl der anwaltlich beratene Beschwerdeführer aus der Anklageerhebung zur Wirtschaftsstrafkammer habe schließen können, dass die Staatsanwaltschaft die Verhängung einer Strafe von mehr als vier Jahren anstrebe. Auch die ausweislich der Anklageschrift drohende wirtschaftliche Existenzvernichtung durch die in der Anklageschrift beantragte Einziehung in Millionenhöhe habe ihn nicht zur Flucht veranlasst.
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2. Nach Erhalt der Entscheidung über die Gegenvorstellung am 15. Oktober 2020 ergänzte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2020 die Begründung seiner Verfassungsbeschwerde. Die Entscheidung über die Gegenvorstellung erschöpfe sich im Wesentlichen in Wiederholungen. Soweit das Oberlandesgericht vortrage, der Haftbefehl sei im Jahr 2017 nicht wegen fehlender Fluchtgefahr, sondern aus Gründen der Verhältnismäßigkeit aufgehoben worden, sei das ohne Belang. Sei die weitere Aufrechterhaltung eines Haftbefehls unverhältnismäßig, etwa weil ein Ermittlungsabschluss nicht abzusehen sei, könnten der erneute Erlass und erst recht die Invollzugsetzung eines neuen Haftbefehls nach Abschluss der Ermittlungen nicht verhältnismäßig sein.
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Auch soweit das Oberlandesgericht auf ein gegen ein von der Steuerfahndung München im Mai 2020 eingeleitetes Verfahren verweise, könne das die Inhaftierung des Beschwerdeführers nicht rechtfertigen. Zwar könne der Vorwurf weiterer Taten berücksichtigt werden und einen neu hervorgetretenen Umstand im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO darstellen. Das gelte aber nur, wenn ein Beschuldigter dieser Taten auch dringend verdächtig sei; ein Anfangsverdacht genüge nicht.
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III.
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1. Mit Schreiben vom 19. November 2020 hat der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof seine Auffassung mitgeteilt, die Verfassungsbeschwerde könne keinen Erfolg haben. Die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig, da der Beschwerdevortrag den Begründungs- und Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht genüge. Jedenfalls sei sie unbegründet, da kein Verfassungsverstoß ersichtlich sei.
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Der Beschwerdeführer habe zwar bei der Begründung seiner Verfassungsbeschwerde auf die vom Bundesverfassungsgericht zur Auslegung des § 116 Abs. 4 StPO entwickelten Maßstäbe Bezug genommen. Zutreffend seien auch seine Ausführungen, wonach die Erhöhung der ihm zur Last gelegten Schadenssumme für sich betrachtet nicht geeignet sei, eine im Vergleich zum Haftbefehl des Amtsgerichts erhöhte Fluchtgefahr zu begründen. Da ihm bereits mit dem ersten Haftbefehl ein durch Taten gemäß § 370 AO und § 266a StGB hinterzogener oder vorenthaltener Gesamtbetrag in Millionenhöhe zur Last gelegt worden sei, habe er nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits zu diesem Zeitpunkt mit einer erheblichen, nicht mehr aussetzungsfähigen Freiheitsstrafe rechnen müssen. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass der Ermittlungsrichter den ersten Haftbefehl nicht aufgehoben hätte, wenn ihm die in der Anklageschrift genannte Gesamtschadenssumme bereits bekannt gewesen wäre, zumal schon damals in den Haftbefehlsgründen prognostiziert worden sei, dass dem Beschwerdeführer nach Abschluss der Ermittlungen ein noch höherer Gesamtschaden zur Last gelegt werde. Zutreffend sei auch, dass der Haftrichter bei Außervollzugsetzung des Haftbefehls schon gewürdigt habe, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger eines nicht zur Europäischen Union gehörenden Balkanstaats sei, starke Bindungen zu seinem Heimatland habe und sich dort mehrmals im Jahr aufhalte. Auch dass der Beschwerdeführer in Deutschland über kein Grundeigentum verfüge, mit der weitgehenden Zerschlagung seiner wirtschaftlichen Lebensgrundlage infolge des Strafverfahrens zu rechnen habe und es ihm leicht möglich sei, mit gefälschten Ausweispapieren unterzutauchen, sei bei Außervollzugsetzung des Haftbefehls bekannt gewesen. Soweit diese Gesichtspunkte in den angegriffenen Entscheidungen erneut berücksichtigt würden, handle es sich mithin nicht um "neu hervorgetretene Umstände" im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO. Ebenfalls zutreffend sei der Hinweis des Beschwerdeführers, bei Erlass und Invollzugsetzung des neuen Haftbefehls durch das Landgericht sei kein Haftgrund hinzugetreten, sondern vielmehr der bei Außervollzugsetzung des Haftbefehls noch angenommene Haftgrund der Verdunkelungsgefahr entfallen.
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Dennoch sei eine verantwortbare Überprüfung der angegriffenen Entscheidungen anhand verfassungsrechtlicher Maßstäbe aufgrund des Beschwerdevortrags nicht möglich. Der Beschwerdeführer setze sich insbesondere mit den Gründen der Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts insofern nicht hinreichend substantiiert auseinander, als der Strafsenat ausführe, es liege aufgrund geständiger und gleichzeitig den Beschwerdeführer massiv belastender Einlassungen anderweitig verfolgter Personen eine andere Situation vor als bei Außervollzugsetzung des Haftbefehls. Ohne die Kenntnis der - nicht vorgelegten - Vernehmungsprotokolle der anderweitig verfolgten Personen könne nicht überprüft werden, ob sich die Beweislage für den Beschwerdeführer derart verschlechtert habe, dass er keine Hoffnung mehr auf einen günstigen Verfahrensausgang haben könne. Zwar müssten sich neu hinzugetretene Umstände im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO auf die Haftgründe und nicht auf den dringenden Tatverdacht als solchen beziehen. Veränderungen der Beweislage könnten sich aber auf den voraussichtlich nachweisbaren Schuldgehalt auswirken. Durch gewichtige Beweismittel könne sich die Beweislage derart zu Lasten eines Beschuldigten verändern, dass sich dessen Verteidigungsmöglichkeiten, insbesondere die Ausgangslage für eine gerade im Wirtschaftsstrafrecht häufig vorkommende Verständigung, gravierend verschlechterten. Dies könne wiederum erhebliche Auswirkungen auf die Entscheidung eines wirtschaftlich denkenden Beschuldigten haben, sich dem Strafverfahren im Inland weiterhin zu stellen, um jedenfalls vorläufig seine wirtschaftlichen Aktivitäten fortführen und daraus weiterhin erhebliche Einnahmen zu generieren, oder sich aufgrund der angenommenen Steigerung des Risikos einer zeitnahen und erheblichen Verurteilung zu einer Flucht ins Ausland zu entscheiden, für die ihm entsprechende Beziehungen und Mittel von Anfang an zur Verfügung gestanden hätten.
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Im Übrigen setze sich der Beschwerdeführer nicht hinreichend mit den im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO neu hinzugetretenen Umständen auseinander, die die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen und in der Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Gegenvorstellung angeführt hätten. So hätten sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht angeführt, der Beschwerdeführer sei nach Zustellung der Anklageschrift in die Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawien gereist und habe begonnen, sich dort neue Erwerbsquellen zu eröffnen. Hinzu komme als weiterer neu hinzugetretener Umstand, dass im Mai 2020 ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und Lohnsteuerhinterziehung gegen den Beschwerdeführer eingeleitet worden sei. Damit seien alle unternehmerischen Aktivitäten des Beschwerdeführers im Inland mit Straf- oder Ermittlungsverfahren belastet. Bereits für sich betrachtet ergebe sich daraus eine signifikante Erhöhung der Fluchtgefahr, wie das Oberlandesgericht nachvollziehbar dargelegt habe.
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Die auf diesen Tatsachen beruhende signifikante Erhöhung der Fluchtgefahr werde durch das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers auch nicht aufgewogen. Zwar habe sich der Beschwerdeführer an alle Auflagen aus dem Außervollzugsetzungsbeschluss gehalten und sich auch nach der Aufhebung des Haftbefehls dem Verfahren nicht entzogen. Allerdings setze er sich bei seiner Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend mit den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls auseinander, die Land- und Oberlandesgericht in nachvollziehbarer Weise dazu veranlasst hätten, in dem beanstandungsfreien Verhalten des Beschwerdeführers keine derart gewichtige Bekräftigung des durch Aussetzungs- und Aufhebungsbeschluss geschaffenen Vertrauenstatbestandes zu erblicken, dass dadurch die Erhöhung der Fluchtgefahr durch die neu hervorgetretenen Umstände aufgewogen würde. Schlüssig habe das Oberlandesgericht ausgeführt, der Abschluss der komplexen Ermittlungen sei zum Zeitpunkt der Aufhebung des ersten Haftbefehls noch nicht absehbar gewesen. Gerade in Wirtschaftsstrafsachen sei empirisch belegt, dass Beschuldigte mit einer langen Verfahrensdauer rechneten und ihr Verhalten darauf ausrichteten. Von daher habe es auch für den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer vor Anklageerhebung keine zwingenden Gründe gegeben, frühzeitig seine im Inland aufgebaute wirtschaftliche Existenz aufzugeben. Dass der Beschwerdeführer sich den deutschen Behörden im Jahr 2016 erst gestellt habe, nachdem die Außervollzugsetzung des Haftbefehls zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung ausgehandelt worden sei, lasse auf ein eher taktisch-professionelles, flexibles Reagieren des Beschwerdeführers auf Veränderungen im laufenden Ermittlungsverfahren schließen. Das relativiere die Aussagekraft des Umstands, dass sich der wirtschaftlich im Inland stark involvierte Beschwerdeführer an die ihm zunächst erteilten Auflagen gehalten habe und auch nach Aufhebung des Haftbefehls weder in das Ausland geflüchtet noch untergetaucht sei.
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Aus diesen Gründen wäre die Verfassungsbeschwerde - ihre Zulässigkeit unterstellt - jedenfalls unbegründet.
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2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit Schreiben vom 17. November 2020 davon abgesehen, zu der Verfassungsbeschwerde Stellung zu nehmen.
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3. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Verfahrensakten einschließlich der Fallakten und der Sonderbände (Stand: 11. November 2020) in Abschrift vorgelegen.
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B.
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Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Nichtabhilfebeschluss des Landgerichts Duisburg vom 14. August 2020 richtet, nimmt die Kammer sie nicht zur Entscheidung an. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unzulässig, da eine Nichtabhilfeentscheidung als Verfahrensinternum nicht gesondert mit der Verfassungsbeschwerde angreifbar ist. Von einem Nichtabhilfebeschluss geht keine eigenständige Beschwer aus, da er nur eine Zwischenentscheidung im Rechtsbehelfsverfahren darstellt. Die selbstständige Anfechtung einer gerichtlichen Zwischenentscheidung im Wege der Verfassungsbeschwerde ist nur dann zuzulassen, wenn ein dringendes schutzwürdiges Interesse daran besteht, dass über die Verfassungsmäßigkeit der Zwischenentscheidung selbst und nicht erst in Verbindung mit der Überprüfung der Endentscheidung erkannt wird (vgl. BVerfGE 1, 322 324 f.>; 58, 1 23>). Ein solches Interesse ist weder dargetan noch ersichtlich, zumal inzwischen die den Instanzenzug abschließende und mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vorliegt.
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C.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen den Haftbefehl des Landgerichts Duisburg vom 9. Juni 2020 und den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. September 2020 richtet, zur Entscheidung an und gibt ihr nach § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist in diesem Umfang zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde zulässig, da sie sich mit den aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragestellungen hinreichend substantiiert auseinandersetzt, und offensichtlich begründet. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
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I.
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Der Haftbefehl des Landgerichts Duisburg vom 9. Juni 2020 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. September 2020 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf die Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG.
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1. a) Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistet jedermann die Freiheit der Person und nimmt einen hohen Rang unter den Grundrechten ein. Das kommt darin zum Ausdruck, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG die Freiheit der Person als "unverletzlich" bezeichnet, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ihre Beschränkung nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes zulässt und Art. 104 Abs. 2 bis Abs. 4 GG besondere Verfahrensgarantien für ihre Beschränkung statuiert (vgl. BVerfGE 35, 185 190>; 109, 133 157>; 128, 326 372>). Die Freiheit der Person darf nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt werden. Zu diesen Gründen gehören in erster Linie solche des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts. Eingriffe in die persönliche Freiheit auf diesem Gebiet dienen vor allem dem Schutz der Allgemeinheit (vgl. BVerfGE 22, 180 219>; 45, 187 223>; 58, 208 224 f.>). Zugleich haben die gesetzlichen Eingriffstatbestände freiheitsgewährleistende Funktion, da sie die Grenzen zulässiger Einschränkung der Freiheit der Person bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 2020 - 2 BvR 2090/19 -, Rn. 45; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2020 - 2 BvR 103/20 -, Rn. 61).
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b) Bei der Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist das Spannungsverhältnis zwischen dem in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung zu beachten. Der Entzug der Freiheit eines der Straftat lediglich Verdächtigen ist wegen der Unschuldsvermutung, die ihre Wurzel im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG hat und auch in Art. 6 Abs. 2 EMRK ausdrücklich hervorgehoben ist (vgl. BVerfGE 19, 342 347>; 74, 358 371>), nur ausnahmsweise zulässig. Dabei muss den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlich und zweckmäßig erscheinenden Freiheitsbeschränkungen der Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig verurteilten Beschuldigten als Korrektiv gegenübergestellt werden, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 19, 342 347>; 20, 45 49 f.>; 36, 264 270>; 53, 152 158 f.>; BVerfGK 15, 474 479>). Bei der vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung hat der Richter stets im Auge zu behalten, dass es der vornehmliche Zweck und der eigentliche Rechtfertigungsgrund der Untersuchungshaft ist, die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und die spätere Strafvollstreckung sicherzustellen; ist sie zu einem dieser Zwecke nicht mehr nötig, so ist es unverhältnismäßig und daher grundsätzlich unzulässig, sie anzuordnen, aufrechtzuerhalten oder zu vollziehen (vgl. BVerfGE 19, 342 349>). Der Haftgrund der Fluchtgefahr dient diesem Zweck (vgl. BVerfGE 19, 342 349>).
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c) Die Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Haftrechts auch die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG in den Blick zu nehmen, denn diese stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in einem unlösbaren Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 322>; 58, 208 220>; 105, 239 247>; BVerfGK 19, 439 448>). Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn für alle Freiheitsbeschränkungen, indem er neben der Forderung nach einem förmlichen Gesetz die Pflicht, die sich aus diesem Gesetz ergebenden Formvorschriften zu beachten, zum Verfassungsgebot erhebt (vgl. BVerfGE 10, 302 323>; 29, 183 195>; 58, 208 220>; 105, 239 247>). Verstöße gegen die durch Art. 104 GG gewährleisteten Voraussetzungen und Formen freiheitsbeschränkender Gesetze stellen daher stets auch eine Verletzung der Freiheit der Person dar (BVerfGE 10, 302 323>; 58, 208 220>; BVerfGK 19, 439 448>). Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze sind deshalb von den Gerichten so auszulegen und anzuwenden, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 322 f.>; 96, 68 97>; 105, 239 247>; BVerfGK 12, 45 52>; 19, 439 448>).
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d) Das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzuges eines Haftbefehls durch den Richter nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, gehört zu den bedeutsamsten (Verfahrens-)Garantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (vgl. BVerfGK 6, 295 299>; 7, 239 247>; 12, 45 52>; 19, 439 448>). Ist ein Haftbefehl einmal unangefochten außer Vollzug gesetzt worden, so ist jede neue haftrechtliche Entscheidung, die den Wegfall der Haftverschonung zur Folge hat, nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 StPO möglich (vgl. BVerfGK 7, 239 248>; 12, 45 52>; 19, 439 448>). Da § 116 Abs. 4 StPO für jede haftrechtliche Entscheidung gilt, die nach Außervollzusetzung eines Haftbefehls ergeht, kommt § 116 Abs. 4 StPO auch zur Anwendung, wenn ein außer Vollzug gesetzter Haftbefehl aufgehoben wird und in der Folge ein neuer Haftbefehl erlassen und in Vollzug gesetzt wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. November 2006 - 2 BvR 2342/06 -, Rn. 26). Das gilt insbesondere dann, wenn keine maßgebliche Änderung der Umstände bei gleichbleibender prozessualer Lage gegeben ist.
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e) Nach diesen Grundsätzen sind die einzelnen Widerrufsgründe wegen der wertsetzenden Bedeutung des Freiheitsgrundrechts eng auszulegen. Insbesondere bei der Auslegung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO, nach dem der erneute Vollzug eines Haft- oder Unterbringungsbefehls nur in Betracht kommt, wenn neu hinzugetretene Tatsachen die Verhaftung erforderlich machen, sind strenge Maßstäbe anzusetzen (vgl. BVerfGK 7, 239 248 f.>; 12, 45 53>; 19, 439 449>). Der erneute Vollzug eines Haft- oder Unterbringungsbefehls kommt nur in Betracht, wenn - auch zeitlich vor dem Aussetzungsbeschluss entstandene - schwerwiegende Tatsachen nachträglich bekannt werden, die das Gericht, hätte es sie im Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung gekannt, zur Ablehnung der Verschonung veranlasst hätten (vgl. BVerfGK 7, 239 250>; 12, 45 54 f.>; 19, 439 450>). Entscheidend ist, ob durch die neu hinzugetretenen Tatsachen die Vertrauensgrundlage für die Aussetzungsentscheidung entfallen ist (BVerfGK 7, 239 248>; 12, 45 53>; 19, 439 449>).
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Ob dies der Fall ist, erfordert vor dem Hintergrund der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eine Beurteilung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerfGK 12, 45 53>; 19, 439 449>). Dabei sind die Grenzen, innerhalb derer eine Haftverschonung wegen neu hervorgetretener Umstände widerrufen werden kann, eng gesteckt, denn das Gericht ist an die Beurteilung der Umstände, auf denen die Aussetzung beruht, grundsätzlich gebunden. Lediglich eine nachträglich andere Beurteilung bei gleichbleibender Sachlage rechtfertigt den Widerruf nicht (BVerfGK 7, 239 248>; 12, 45 53>; 19, 439 449>). Vielmehr ist angesichts der Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG die Schwelle für eine Widerrufsentscheidung grundsätzlich sehr hoch anzusetzen. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung stets zu berücksichtigen ist deshalb vor allem, dass der Angeklagte inzwischen Gelegenheit hatte, sein Verhalten gegenüber dem Strafverfahren zu dokumentieren (vgl. BVerfGK 7, 239 249>), insbesondere wenn der Beschuldigte das in ihn gesetzte Vertrauen durch die strikte Beachtung der ihm erteilten Auflagen rechtfertigte (vgl. BVerfGK 12, 45 54>).
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f) Die neu hervorgetretenen Umstände müssen sich jeweils auf die Haftgründe beziehen (BVerfGK 7, 239 250>; 12, 45 54>; 19, 439 450>). Nicht herangezogen werden dürfen Umstände des Verdachtsgrades, denn der dringende Tatverdacht ist bereits Grundvoraussetzung für den Erlass und die Aufrechterhaltung eines Haftbefehls (vgl. BVerfGK 7, 239 250>; 12, 45 54>; 19, 439 450>). Es ist somit ohne Belang, ob sich der dringende Tatverdacht verstärkt hat (BVerfGK 7, 239 250>; 12, 45 54>; 19, 439 450>) oder nach einer Beweisaufnahme der Tatvorwurf zur Überzeugung des Gerichts feststeht, wenngleich zu sehen ist, dass sich mit der Verurteilung das Gewicht des staatlichen Strafanspruchs grundsätzlich vergrößert (vgl. BVerfGK 5, 109 122>; 7, 140 161>). Auch der Abschluss des Ermittlungsverfahrens durch die Anklageerhebung als solcher genügt deshalb für eine erneute Inhaftierung nicht, denn auch die Konkretisierung der Tatvorwürfe in einer Anklageschrift betrifft die für § 116 Abs. 4 StPO grundsätzlich irrelevante Ebene des Tatverdachts und nicht die Ebene des Haftgrundes.
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Wirken sich die neu hervorgetretenen Tatsachen aber nicht nur auf den Verdachtsgrad, sondern auch auf einen Haftgrund aus, können sie gegebenenfalls eine erneute Inhaftierung des Beschuldigten rechtfertigen. Das gilt insbesondere dann, wenn neu hervorgetretene Umstände den Fluchtanreiz des Beschuldigten stärken, etwa, weil dieser unerwartet streng verurteilt wurde (vgl. BVerfGK 7, 239 250>; 12, 45 54>; 19, 439 450>) oder im Ermittlungsverfahren neue Taten hinzugetreten sind. Beziehen sich solche Umstände auf die Straferwartung, rechtfertigen sie die Wiederinvollzugsetzung dann, wenn sie zu einer Straferwartung führen, die von der Prognose des Haftrichters zum Zeitpunkt der Außervollzugsetzung erheblich zum Nachteil des Beschuldigten abweicht und sich nach einer Abwägung und Beurteilung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass sich die Fluchtgefahr durch die Abweichung ganz wesentlich erhöht (vgl. BVerfGK 12, 45 54>; 19, 439 449>).
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Stand dem Beschuldigten aber die Möglichkeit einer für ihn nachteiligen Änderung der Prognose während der Außervollzugsetzung des Haftbefehls stets vor Augen und kam er gleichwohl allen Auflagen beanstandungsfrei nach, setzt sich insoweit der vom Beschuldigten auf der Grundlage des Verschonungsbeschlusses gesetzte Vertrauenstatbestand (vgl. § 116 Abs. 4 Nr. 2 StPO) als Ausprägung der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung durch (vgl. BVerfGK 12, 45 55 f.>; 19, 439 450>). Selbst wenn die Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vorliegen, bleibt infolge des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stets zu prüfen, ob statt einer Rücknahme der Haftverschonung nicht mildere Mittel der Verfahrenssicherung in Betracht kommen (vgl. BVerfGK 7, 239 251>; 12, 45 56>; 19, 439 450>).
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g) Vor dem Hintergrund, dass Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze so auszulegen und anzuwenden sind, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 322 f.>; 96, 68 97>; 105, 239 247>), fordert die Anwendung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO nachvollziehbare Feststellungen dazu, von welcher Straferwartung der Beschuldigte im Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls ausging; bloße Mutmaßungen genügen insoweit nicht (vgl. BVerfGK 12, 45 54>; 19, 439 449 f.>). Unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen (vgl. BVerfGE 58, 208 222>) und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfGE 58, 208 230>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juni 2018 - 2 BvR 631/18 -, Rn. 33; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2020 - 2 BvR 103/20 -, Rn. 65).
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Auch Entscheidungen über die Wiederinvollzugsetzung eines Haftbefehls unterliegen insofern - ebenso wie Haftfortdauerentscheidungen (vgl. hierzu BVerfGE 103, 21 35 f.>; BVerfGK 7, 140 161>; 10, 294 301>; 15, 474 481>; 19, 428 433>) - einer erhöhten Begründungstiefe. Geboten sind aktuelle Ausführungen zu dem Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft, zur Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschuldigten und dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit sowie zur Frage der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGK 7, 140 161>; 10, 294 301>; 15, 474 481>; 19, 428 433>). Die zugehörigen Ausführungen müssen in Inhalt und Umfang eine Überprüfung des Abwägungsergebnisses am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch für das die Anordnung treffende Fachgericht im Rahmen einer Eigenkontrolle gewährleisten und in sich schlüssig und nachvollziehbar sein (vgl. BVerfGK 7, 421 429 f.>; 15, 474 481 f.>). Die fachgerichtlichen Ausführungen müssen hierzu die maßgeblichen Umstände des jeweiligen Einzelfalls umfassend berücksichtigen und regelmäßig auch den gegen die erneute Inhaftierung sprechenden Tatsachen Rechnung tragen, um die Prognoseentscheidung des Gerichts auch intersubjektiv nachvollziehbar zu machen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. September 2018 - 2 BvR 745/18 -, Rn. 31; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2020 - 2 BvR 103/20 -, Rn. 65). Eine Überprüfung der fachgerichtlichen Entscheidung auf die zutreffende Anwendung einfachen Rechts nimmt das Bundesverfassungsgericht hingegen ausschließlich im Rahmen des Willkürverbots vor (vgl. BVerfGE 18, 85 92 f.>; 65, 317 322>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juni 2018 - 2 BvR 631/18 -, Rn. 34; stRspr).
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2. Diesen sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen werden die angefochtenen Entscheidungen nicht gerecht. Weder Landgericht noch Oberlandesgericht haben in der gebotenen Begründungstiefe dargelegt, weshalb nach dem beanstandungsfreien Verlauf der Haftverschonung für die Dauer eines Jahres und dem Ablauf weiterer zweieinhalb Jahre, in denen der zuvor außer Vollzug gesetzte Haftbefehl aufgehoben war, neu hervorgetretene Umstände den Erlass eines Haftbefehls und zusätzlich dessen Invollzugsetzung erforderlich gemacht haben.
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a) Das Landgericht hat sich bei seinen Entscheidungen - ebenso wie die Staatsanwaltschaft bei Antragstellung - mit § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO und der zu dieser Norm ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht befasst. Es hat die Fluchtgefahr - dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgend - im Ergebnis auf dieselben Gründe gestützt, die auch das Amtsgericht zur Begründung der Fluchtgefahr im zunächst außer Vollzug gesetzten und später aufgehobenen Haftbefehl herangezogen hatte. Fehlendes Grundeigentum, Auslandskontakte, Urkunds- und Passdelikte aus den Jahren 1995 und 2005 und die Erwartung einer mehrjährigen Freiheitsstrafe lagen schon der ersten Haftentscheidung zugrunde. Soweit das Landgericht auf mögliche berufliche und haftungsrechtliche Konsequenzen des Verfahrens verweist, trugen auch diese Umstände den später außer Vollzug gesetzten Haftbefehl. Das Amtsgericht führte ausdrücklich aus, die Lebensgrundlage des Beschwerdeführers werde "mit den geplanten Maßnahmen vermutlich weitestgehend zerschlagen". All diese Gesichtspunkte waren mithin Teil der Vertrauensgrundlage der Aussetzungsentscheidung und sind nach verfassungsrechtlichen Grundsätzen deshalb nicht "neu" im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO.
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b) Auch soweit das Landgericht sich - ohne Bezug auf § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO - auf weitere Gesichtspunkte bezieht, die das Oberlandesgericht als neu hervorgetretene Umstände im Sinne dieser Vorschrift einordnet, genügt die Argumentation beider Gerichte den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründungstiefe nicht.
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aa) Zwar können die Erhöhung der Schadenssumme oder der Anzahl der Fälle, derer ein Beschuldigter dringend verdächtig sei, rechtfertigende Gründe für seine erneute Inhaftierung sein. Voraussetzung ist aber, dass diese Umstände zu einem erheblichen Abweichen der Straferwartung zum Nachteil des Beschuldigten führen und sich die Fluchtgefahr deshalb ganz wesentlich erhöht (vgl. BVerfGK 12, 45 54>; 19, 439 449>). Wird einem Beschuldigten in der ursprünglichen Haftentscheidung die Möglichkeit einer mehrjährigen und nicht mehr zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe deutlich vor Augen geführt, bedarf es einer umfangreichen Abwägung zwischen dem Gewicht der neuen Erkenntnisse und dem auf Seiten des Beschuldigten auf Grundlage des Verschonungsbeschlusses gesetzlich gewährten Vertrauenstatbestandes insbesondere dann, wenn der Beschuldigte für die Zeit der Haftverschonung keinen Anlass zur Beanstandung gegeben hat (vgl. BVerfGK 12, 45 54>; 19, 439 451>).
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Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Die Gerichte haben es schon versäumt, sich tragfähig damit auseinanderzusetzen, inwiefern die neue Schadensberechnung und das Hinzutreten weiterer Fälle des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und der Steuerhinterziehung im konkreten Fall zu einer im Vergleich zu der Entscheidungsgrundlage des Amtsgerichts so wesentlichen, für den Beschwerdeführer nachteiligen Abweichung der Straferwartung geführt haben, dass das Amtsgericht, hätte es diese Umstände im Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung gekannt, keine Verschonung gewährt hätte (vgl. BVerfGK 7, 239 250>; 12, 45 54 f.>; 19, 439 450>). Auch wenn die Erhöhung der Fallzahl von 56 auf 136 rechtlich selbstständige Handlungen und der Schadenssumme von etwa 2,5 Millionen Euro auf etwa 4,7 Millionen Euro für sich gesehen durchaus neu hervorgetretene Umstände im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO sein können, liegen hier besondere Gesichtspunkte vor, mit denen sich Landgericht und Oberlandesgericht in den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschlüssen nicht in der notwendigen Begründungstiefe auseinandergesetzt haben. Denn schon das Amtsgericht hat eine mögliche Erhöhung der Schadenssumme - und damit implizit auch die Erhöhung der Anzahl der einzelnen Tathandlungen - im ursprünglichen Haftbefehl tragend für die Begründung der Fluchtgefahr herangezogen. Es bezeichnete den im Haftbefehl angeführten Gesamtschaden in Höhe von etwa 2,5 Millionen Euro ausdrücklich als Mindestschaden und führte aus, diese Schadenssumme werde sich nach kriminalistischer Erfahrung durch die Auswertung der beschlagnahmten Beweismittel noch erhöhen. Angesichts dessen hätten die Gerichte darauf eingehen müssen, von welcher Straferwartung der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls ausging, und dass sich dieses Vorstellungsbild nach Anklageerhebung ganz wesentlich verändert hat.
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bb) Auch die Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung und die haftungsrechtlichen Konsequenzen der Straftaten, auf die Landgericht und Oberlandesgericht verweisen, rechtfertigen nicht die erneute Inhaftierung des Beschwerdeführers.
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Die mögliche "Zerschlagung der beruflichen Lebensgrundlage" durch die Folgen des Verfahrens hat schon das Amtsgericht in dem Haftbefehl vom 11. Oktober 2016 tragend zur Begründung der Fluchtgefahr herangezogen. Sie war damit auch Grundlage des Verschonungsbeschlusses und Teil des durch diesen Beschluss gesetzten Vertrauenstatbestands. Die Ausführungen von Landgericht und Oberlandesgericht greifen diesen Umstand nur auf und bieten keine weitergehende inhaltliche Begründung. Dass die Gerichte diesem Umstand nun größeres Gewicht zumessen als das Amtsgericht, ist letztlich nur eine neue Beurteilung und Bewertung schon bekannter Umstände, die keine Rechtfertigung einer erneuten Inhaftierung sein kann (vgl. BVerfGK 7, 239 248>; 12, 45 53>; 19, 439 449>).
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Dies gilt auch, soweit die Gerichte auf die Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung und haftungsrechtliche Konsequenzen des Verfahrens verweisen, denn schon vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl I S. 872) war die Anordnung des Verfalls (§§ 73 ff. StGB a.F.) möglich. Die Möglichkeit, dass Sozialversicherungsträger und Finanzbehörden Forderungen gegen den Beschwerdeführer geltend machen, ist ebenfalls kein Umstand, der erst durch Anklageerhebung entstanden oder bekannt geworden ist.
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cc) Auch die - privaten und beruflichen - Auslandskontakte des Beschwerdeführers waren Grundlage des Verschonungsbeschlusses und können daher für sich genommen die erneute Inhaftierung des Beschwerdeführers nicht rechtfertigen (vgl. BVerfGK 7, 239 248>; 12, 45 52>; 19, 439 448 f.>).
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Die von Landgericht und Oberlandesgericht angenommene Intensivierung bestehender Auslandskontakte nach Zustellung der Anklageschrift, insbesondere der Aufbau tragfähiger geschäftlicher Kontakte ins Ausland, kann zwar grundsätzlich ein neu hervorgetretener Umstand im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO sein, der die Verhaftung eines Beschuldigten erforderlich macht. Aber auch bei der Annahme einer solchen Intensivierung der Auslandskontakte haben die Gerichte die Umstände jedes Einzelfalls besonders zu würdigen und darzulegen. Unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen (vgl. BVerfGE 58, 208 222>) und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfGE 58, 208 230>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juni 2018 - 2 BvR 631/18 -, Rn. 33; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2020 - 2 BvR 103/20 -, Rn. 65).
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Es bedarf deshalb von Verfassungs wegen einer nachvollziehbaren Begründung, weshalb sich die Auslandskontakte des Beschwerdeführers nach Zustellung der Anklageschrift derart intensiviert haben, dass von einer gesteigerten Fluchtgefahr ausgegangen werden muss. Angesichts der Tatsache, dass das Amtsgericht - mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft - dem Beschwerdeführer im Verschonungszeitraum Reisen in Staaten außerhalb der Europäischen Union ermöglicht hat, besteht in diesem Punkt sogar eine gesteigerte Vertrauensgrundlage des Beschwerdeführers, der stets alle Auflagen eingehalten hat (vgl. BVerfGK 12, 45 55 f.>; 19, 439 450>). Damit geht eine gesteigerte Begründungspflicht einher. Diesen Anforderungen werden die Entscheidungen von Landgericht und Oberlandesgericht nicht gerecht. Über einen schlichten Bezug auf die Ausführungen des Verteidigers in der Beschwerdeschrift zu der letzten Auslandsreise des Beschwerdeführers gehen sie in den angefochtenen Entscheidungen im Ergebnis nicht hinaus.
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dd) Soweit das Oberlandesgericht die Konkretisierung der Tatvorwürfe durch die Anklageerhebung unter Bezug auf den Beschwerdeführer massiv belastende Aussagen anderweitig verfolgter Personen als einen neu hervorgetretenen Umstand im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO ansieht, lässt sich diese Argumenta-tion ebenfalls nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründungstiefe in Einklang bringen. Die Anklageerhebung als solche genügt für eine erneute Inhaftierung grundsätzlich nicht, denn die Konkretisierung der Tatvorwürfe in einer Anklageschrift betrifft die - für § 116 Abs. 4 StPO grundsätzlich unerhebliche - Ebene des Verdachtsgrades und nicht die Ebene des Haftgrundes (vgl. BVerfGK 7, 239 248>; 12, 45 53>; 19, 439 449>). Wenn es bei der Anwendung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO grundsätzlich ohne Bedeutung ist, ob sich der dem Haftbefehl zugrunde gelegte dringende Tatverdacht aufgrund einer Beweisaufnahme bestätigt hat und damit noch "dringender" geworden ist (vgl. BVerfGK 12, 45 54>; 19, 439 450>), kann der Abschluss des Ermittlungsverfahrens - also eine Verfestigung des Verdachtsgrades vor Durchführung der Hauptverhandlung - für sich genommen erst recht nicht als neu hervorgetretener Umstand im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO gewertet werden.
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Falls aber eine zum Nachteil des Beschuldigten veränderte Beweislage auch Auswirkungen auf den Haftgrund der Fluchtgefahr hat, kann dies bei der gebotenen einzelfallbezogenen Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschuldigten und dem Interesse des Staates an der Sicherung des Verfahrens einbezogen werden. Eine gravierend nachteilige Veränderung der Verteidigungsmöglichkeiten des Beschuldigten kann nach den Umständen des Einzelfalls den Fluchtanreiz eines Beschuldigten erheblich steigern und damit einen neu hervorgetretenen Umstand im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO begründen.
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Stellt ein Gericht auf solche Gesichtspunkte ab, um eine erneute Inhaftierung unter Bezug auf § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO zu begründen, wird es den Anforderungen an die Begründungstiefe jedoch nur bei sachverhaltsbasierten Feststellungen zum Fluchtanreiz gerecht. In die Abwägung mit einzubeziehen ist, dass sich der vom Beschuldigten auf der Grundlage des Verschonungsbeschlusses gesetzte Vertrauenstatbestand (vgl. § 116 Abs. 4 Nr. 2 StPO) als Ausprägung der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung selbst dann durchsetzt, wenn der um ein günstigeres Ergebnis bemühte Beschuldigte die Vergeblichkeit seiner Hoffnungen erkennen muss, sofern ihm die Möglichkeit einer für ihn nachteiligen Änderung der Prognose während der Außervollzugsetzung des Haftbefehls stets vor Augen stand und er gleichwohl allen Auflagen beanstandungsfrei nachkam (vgl. BVerfGK 12, 45 55 f.>; 19, 439 450>).
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Dass die Gerichte auf diese Gesichtspunkte bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschwerdeführers und dem Interesse des Staates an der Verfahrenssicherung abgestellt haben, lässt sich den angegriffenen Beschlüssen nicht entnehmen. Der Hinweis darauf, dass es für den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Verschonungsbeschlusses völlig offen gewesen sei, "ob, wann und in welchem Umfang" die Ermittlungen zu einem Tatnachweis führten, ist letztlich nur ein Verweis auf die mit der Anklageerhebung eingetretene Konkretisierung der Tatvorwürfe. Auch die äußerst knappe und unkonkrete Bezugnahme auf "massive und belastende" Angaben anderweitig verfolgter Personen genügt den Anforderungen an die Begründungstiefe nicht, da sie ohne weitere Ausführungen nicht erkennen lässt, inwieweit das Gericht von einer erheblichen Steigerung des Fluchtanreizes ausgegangen ist.
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ee) Die Ausführungen des Oberlandesgerichts in der Entscheidung über die Gegenvorstellung zu den Auswirkungen des Münchener Ermittlungsverfahrens genügen den Anforderungen an die Begründungstiefe ebenfalls nicht. Zwar kann das Bekanntwerden weiterer Tatvorwürfe die erneute Inhaftierung eines Beschuldigten rechtfertigen. Maßgeblich ist aber auch hier, ob die in einem weiteren Ermittlungsverfahren bekannt gewordenen Tatvorwürfe zu einer ganz wesentlichen Abweichung der Straferwartung zum Nachteil des Beschuldigten führen (vgl. BVerfGK 12, 45 54>; 19, 439 449>). Notwendig sind nachvollziehbare Feststellungen dazu, von welcher Straferwartung der Beschuldigte im Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls ausging; bloße Mutmaßungen genügen insoweit nicht (vgl. BVerfGK 12, 45 54>; 19, 439 449 f.>).
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Diese Maßstäbe berücksichtigt das Oberlandesgericht nicht. Es stellt nur auf einen gegen den Beschwerdeführer bestehenden Anfangsverdacht hinsichtlich weiterer Straftaten ab, setzt sich aber mit einem konkreten Tatvorwurf und möglichen Rechtsfolgen nicht auseinander. Auf die Auswirkungen dieses weiteren Strafverfahrens auf die Straferwartung - und damit auf die Fluchtgefahr - geht das Oberlandesgericht mithin nicht in der notwendigen Begründungstiefe ein.
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ff) Schließlich haben Landgericht und Oberlandesgericht nicht in der gebotenen Begründungstiefe dargelegt, weshalb es zur Verfahrenssicherung geboten ist, einen neu erlassenen Haftbefehl auch zu vollziehen und den Vollzug der Untersuchungshaft nicht (erneut) gegen - möglicherweise verschärfte - Auflagen außer Vollzug zu setzen. Angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer - trotz Kenntnis des Tatvorwurfs und sogar noch bei bestehendem, aber außer Vollzug gesetztem Haftbefehl - nach Reisen außerhalb des Gebiets der Europäischen Union nach Deutschland zurückgekehrt ist, hätten es Landgericht und Oberlandesgericht nicht dabei belassen dürfen, diese Gesichtspunkte in ihren Erwägungen anzuführen, sondern sich hiermit eingehend bei der Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschwerdeführers und dem Interesse des Staates an der Sicherung der Strafverfolgung befassen müssen, zumal die Fachgerichte von einer starken Bindung des Beschwerdeführers und seiner Familie zu Deutschland ausgehen.
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Zwar kann das Wohlverhalten eines Beschuldigten während der Vollzugsaussetzung Ausdruck von Prozesstaktik sein und deshalb den Schluss auf eine verminderte Fluchtneigung relativieren. Die Annahme einer solchen Situation bedarf aber einer gründlichen Erörterung aller Besonderheiten des Einzelfalls, zu denen die lange Verfahrensdauer und die private und berufliche Lebensgestaltung eines Beschuldigten in diesem Zeitraum gehören. Dass die Gerichte diese - von dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof in seiner Stellungnahme zutreffend angeführten - Gesichtspunkte bedacht hätten, lässt sich den angegriffenen Entscheidungen aber nicht entnehmen. Sie lassen auch in diesem Punkt die notwendige Begründungstiefe vermissen.
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II.
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Es ist daher gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellen, dass der Haftbefehl des Landgerichts Duisburg vom 9. Juni 2020 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. September 2020 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG verletzen.
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Wegen der Eilbedürftigkeit der Haftsache ist es angezeigt, nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG nur den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 9. September 2020 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, denn es liegt im Interesse des Beschwerdeführers, möglichst rasch eine das Beschwerdeverfahren abschließende Entscheidung zu erhalten (vgl. BVerfGE 84, 1 5>; 94, 372 400>; BVerfGK 19, 439 452>).
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Das Oberlandesgericht wird unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen erneut über die weitere Beschwerde gegen den Haftbefehl vom 9. Juni 2020 zu entscheiden haben.
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III.
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Mit der Entscheidung in der Hauptsache erledigt sich der Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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D.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Da der nicht zur Entscheidung angenommene Teil der Verfassungsbeschwerden von untergeordneter Bedeutung ist, sind die Auslagen in vollem Umfang zu erstatten (vgl. BVerfGE 86, 90 122>), denn der Beschwerdeführer hat sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. August 2018 - 2 BvR 1258/18 -, Rn. 36).
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Die Festsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit stützt sich auf § 37 Abs. 2 Satz 2, § 14 Abs. 1 RVG in Verbindung mit den Grundsätzen über die Festsetzung des Gegenstandswertes im verfassungsrechtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 368 ff.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 2020 - 2 BvR 225/20 -, Rn. 84). Im Hinblick auf die objektive Bedeutung der Sache ist ein Gegenstandswert von 10.000 Euro angemessen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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