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BVerfG 29.06.2017 - 1 BvR 1021/17
BVerfG 29.06.2017 - 1 BvR 1021/17 - Ablehnung des Erlasses einer eA: Vorliegen eines schweren Nachteils nicht hinreichend substantiiert dargelegt - hier: Vollstreckung eines zur Durchsetzung einer Unterlassungspflicht dienenden Ordnungsgeldbeschlusses - unzureichende Darlegung der Existenzbedrohung durch Ordnungsgeld iHv 10.000 Euro sowie der Unzumutbarkeit, den Unterlassenstitel einstweilen zu befolgen
Normen
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 890 Abs 1 S 1 ZPO
Vorinstanz
vorgehend OLG Dresden, 20. März 2017, Az: 14 W 1025/16, Beschluss
vorgehend OLG Dresden, 29. Dezember 2016, Az: 14 W 1025/16, Beschluss
nachgehend BVerfG, 13. April 2022, Az: 1 BvR 1021/17, Stattgebender Kammerbeschluss
Tenor
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird als unzulässig verworfen.
Gründe
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I.
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Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer einer GmbH, deren Geschäftstätigkeit darin besteht, Software als Zubehör für verschiedene Online-Computerspiele zu entwickeln und zu vertreiben. Diese Software führt bestimmte Handlungen innerhalb eines Spiels automatisiert durch und entlastet dadurch den menschlichen Spieler (sogenannte "Bot"-Software). Die Herstellerin zweier betroffener Online-Spiele erwirkte gegen den Beschwerdeführer einen Titel, mit dem diesem die Vervielfältigung der Client-Software für die streitgegenständlichen zwei Online-Spiele untersagt wurde. Wegen Zuwiderhandlung gegen diesen Unterlassungstitel wurde gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 € (ersatzweise ein Tag Ersatzzwangshaft je 1.000 €) festgesetzt.
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Der Beschwerdeführer, der gegen den Ordnungsgeldbeschluss Verfassungsbeschwerde nebst Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erhoben hat, befürchtet, dass zukünftig weitere - gegebenenfalls auch höhere - Ordnungsgelder beantragt und verhängt würden, was zur Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde. Dies könne er nur durch vollständige Einstellung seines Geschäftsbetriebs vermeiden.
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II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig, da der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG nicht substantiiert dargelegt hat.
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Zu den Zulässigkeitsanforderungen an einen Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG gehört die substantiierte Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Oktober 2006 - 1 BvQ 30/06 -, juris; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2006 - 1 BvQ 33/06 -, juris; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. November 2015 - 2 BvQ 43/15 -, juris). Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Der Beschwerdeführer hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihm für den Fall, dass eine einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, ein schwerer Nachteil droht.
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Dies folgt daraus, dass er sich nicht damit auseinandersetzt, weshalb er das festgesetzte Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 € gegen das er sich wendet, nicht zunächst begleichen kann (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 30. August 2013 - 2 BvR 2752/11 -, NJW 2014, 375 376> zur Begleichung eines nicht existenzbedrohenden Bußgelds). Er trägt weder zu dieser Möglichkeit noch zu seiner wirtschaftlichen Situation vor. Eine solche Zahlung verschaffte auch keine vollendeten Tatsachen. Falls die angegriffenen Beschlüsse im Wege der Verfassungsbeschwerde aufgehoben würden, fehlte dem beigetriebenen Zwangsgeld die Rechtsgrundlage. Es wäre vom Staat an den Beschwerdeführer zu erstatten (vgl. Stöber, in: Zöller, ZPO, 31. Auflage 2017, § 890 Rn. 26).
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Ebensowenig hat der Beschwerdeführer substantiiert dargelegt, inwiefern die einstweilige Befolgung des Unterlassungstitels einen unzumutbaren Nachteil darstellte. Hierdurch kann er zukünftig die Verhängung weiterer Ordnungsgelder vermeiden. Die bloße Behauptung, er sei zu einer vollständigen Aufgabe seines Geschäftsbetriebs gezwungen, kann nicht genügen. Denn der Beschwerdeführer hat keinerlei Angaben gemacht, welchen Umfang gerade die streitgegenständliche "Bot"-Software an seinem Gesamtgeschäft darstellt. Ebensowenig hat er dargelegt, welchen konkreten, nicht wiedergutzumachenden Schaden er durch eine - gegebenenfalls vorübergehende - Befolgung des Unterlassungsgebots zu erwarten hätte. Die pauschale Bezugnahme auf die "Schnelllebigkeit und Dynamik auf dem betreffenden Zubehörmarkt für Computerspiele" genügt hierfür nicht.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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