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BFH 15.05.2024 - IV R 23/21
BFH 15.05.2024 - IV R 23/21 - Zwang zur Einheitlichkeit der Zerlegungsentscheidung
Normen
§ 124 Abs 1 AO, § 164 Abs 3 S 2 AO, § 184 Abs 1 S 1 AO, § 185 AO, § 186 AO, § 188 Abs 1 AO, § 96 Abs 1 S 2 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 19. Juni 2020, Az: 3 K 3151/17 G, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Aufhebung des im Zerlegungsbescheid enthaltenen Nachprüfungsvorbehalts ist allen Beteiligten bekanntzugeben.
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2. NV: Die im Zerlegungsbescheid getroffene Entscheidung muss allen Beteiligten inhaltsgleich, aber nicht zeitgleich bekanntgegeben werden.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19.06.2020 - 3 K 3151/17 G aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Düsseldorf zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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A.
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Die Beigeladene zu 1., eine GmbH & Co. KG, betreibt eine Rohrleitung (Pipeline) zum Transport von Gütern. Das Rohrleitungsnetz führt unter anderem durch die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). Geschäftsleitung und Verwaltung der Beigeladenen zu 1. befanden sich zunächst in F-Stadt und von 200x bis 201y in A-Stadt (Klägerin und Revisionsklägerin --Klägerin--). Dort beschäftigte die Beigeladene zu 1. im Jahr 2009 (Streitjahr) neben dem Geschäftsführer circa 9,5 Mitarbeiter. Diese betreuten neben der Beigeladenen zu 1. auch Rohrfernleitungsanlagen dritter Unternehmen. In E-Stadt (Beigeladene zu 5.), D-Stadt (Beigeladene zu 4.), B-Stadt (Beigeladene zu 2.) und C-Stadt (Beigeladene zu 3.) befinden sich oberirdische Absperrarmaturen zur Einspeisung und Abgabe von Gütern. In B-Stadt befindet sich zudem eine …-Station.
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Die Überwachung und Steuerung der Pipeline und der Absperrarmaturen erfolgt durch die Betriebszentrale in Z (Ausland). Kunden der Beigeladenen zu 1. sind ausschließlich die an die Rohrleitung angeschlossenen Unternehmen. Bei diesen handelt es sich sowohl um Einspeiser als auch um Abnehmer. Daneben existieren Anschlüsse unter anderem in … . Die Beigeladene zu 1. ist Eigentümerin des in Deutschland verlaufenden Teils der Rohrleitung. Das Eigentum reicht bis zur ersten Schweißnaht nach ihrer Absperrarmatur. Danach steht der weitere Teil der Rohrleitung mitsamt der betrieblichen Vorrichtungen im Eigentum des jeweils Angeschlossenen.
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Hinsichtlich der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags der Beigeladenen zu 1. bestand eine Vereinbarung vom 22.06.1992 zwischen den Beigeladenen zu 1. bis 5. und F-Stadt. Diese war zunächst bis zum 31.12.1997 befristet und verlängerte sich danach automatisch um jeweils ein weiteres Kalenderjahr. Diese Vereinbarung sah vor, dass zunächst 25 % des Steuermessbetrags zu gleichen Anteilen auf die an der Zerlegung beteiligten Gemeinden zerlegt wurden. Die übrigen 75 % des Steuermessbetrags wurden auf die an der Zerlegung beteiligten Gemeinden nach der anteiligen Menge an … zerlegt, die in dem in der jeweiligen Gemeinde gelegenen Betriebsteil eingespeist und/oder entnommen wurde. Die Klägerin hat dieser Vereinbarung nie zugestimmt.
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In der Erklärung für die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für das Streitjahr zerlegte die Beigeladene zu 1. den Steuermessbetrag auf der Grundlage der Vereinbarung vom 22.06.1992. In dieser Erklärung wurde wegen der Verlegung des Sitzes der Beigeladenen zu 1. von F-Stadt in das Stadtgebiet der Klägerin anstelle von F-Stadt die Klägerin angeführt. In dem unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 nahm der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --FA--) die Zerlegung zunächst erklärungsgemäß vor. Dieser Zerlegungsbescheid wurde auch der Klägerin bekanntgegeben.
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Für die Jahre 2007 bis 2009 fand bei der Beigeladenen zu 1. im Jahr 2011 eine steuerliche Außenprüfung statt, welche mit dem Betriebsprüfungsbericht vom 17.02.2012 abgeschlossen wurde. Das FA sah sich nach der insofern ergebnislosen Prüfung veranlasst, die Nachprüfungsvorbehalte aufzuheben. Die Bekanntgabe der Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts erfolgte am 26.09.2012 aber nur gegenüber den Empfangsbevollmächtigten der Beigeladenen zu 1. Den beteiligten Gemeinden wurden hingegen keine entsprechenden Bescheide zugesandt.
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Im Rahmen einer weiteren steuerlichen Außenprüfung im Jahr 2014 bei der Beigeladenen zu 1. für die Jahre 2010 und 2012, welche in Kooperation mit einer Prüferin der Klägerin erfolgte, kam der Prüfer im Betriebsprüfungsbericht vom 23.06.2016 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin der Vereinbarung vom 22.06.1992 nie zugestimmt habe und auch nicht als Rechtsnachfolgerin von F-Stadt angesehen werden könne. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass der Klägerin 100 % des Gewerbesteuermessbetrags zustünden, da nur bei der Geschäftsleitung/Verwaltung auf dem Gemeindegebiet der Klägerin Arbeitnehmer der Beigeladenen zu 1. tätig gewesen seien.
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Am 18.11.2014 beantragte die Klägerin beim FA, die Zerlegungsbescheide 2009 bis 2011 gemäß § 173 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) zu ändern. Die Klägerin führte aus, dass sie der zwischen den Beigeladenen zu 1. bis 5. und F-Stadt getroffenen Vereinbarung nie zugestimmt habe und der angewandte Zerlegungsmaßstab unzulässig sei. Mit Schreiben vom 15.12.2014 an das FA ergänzte die Klägerin, dass der Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 ihr gegenüber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen worden sei. Dieser sei bislang nicht aufgehoben worden. Danach sei eine Änderung nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO vorzunehmen. Das FA erließ am 23.06.2016 den von der Klägerin begehrten Änderungsbescheid auf Grundlage von § 164 Abs. 2 AO unter gleichzeitiger Aufhebung der Nachprüfungsvorbehalte. Die Bekanntgabe erfolgte gegenüber den Beigeladenen zu 1. bis 5. und gegenüber der Klägerin.
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Gegen diesen Änderungsbescheid legten die Beigeladenen zu 1. bis 4. fristgerecht Einsprüche ein. Die Klägerin wurde zu den Einsprüchen hinzugezogen. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.11.2017, die an die Klägerin als Hinzugezogene erging, half das FA dem Einspruch der Beigeladenen zu 1. unter Aufhebung des Bescheids über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags 2009 vom 23.06.2016 ab.
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Dagegen richtete sich die Klage der Klägerin. Sie beantragte vor dem Finanzgericht (FG), den Bescheid über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für 2009 vom 09.11.2010 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 17.11.2017 zum Änderungsbescheid vom 23.06.2016 dahingehend zu ändern, dass ihr der volle Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von … € zugeteilt werde. Das FG wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass eine Änderung des formell bestandskräftigen Zerlegungsbescheids 2009 vom 09.11.2010 mangels einschlägiger Korrekturvorschrift ausscheide. Demnach komme es auf die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit dieses Bescheids nicht an. § 164 Abs. 2 AO greife nicht ein, weil der Nachprüfungsvorbehalt gegenüber der Beigeladenen zu 1. aufgehoben worden sei. Diese Aufhebung hätte zwar allen am Zerlegungsverfahren Beteiligten bekanntgegeben werden müssen. Auch wenn die Klägerin daher noch eine Änderung nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO habe beantragen können, stehe einer Änderung die vorherige Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts gegenüber der Beigeladenen zu 1. entgegen, weil die Zerlegungsentscheidung gegenüber allen Beteiligten einheitlich ergehen müsse. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 AO sei nach dessen Absatz 2 ausgeschlossen. In der Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts liege eine (konkludente) Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO. Im Übrigen sei eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht gegeben. Ebenso greife § 174 Abs. 4, Abs. 5 AO nicht ein, weil diese Vorschrift --unabhängig von der Frage, ob sie auf Zerlegungen überhaupt anwendbar wäre-- nur eine Änderung zu Ungunsten des Dritten (hier der Klägerin) erlaube. Die Klägerin begehre aber eine Änderung der Gewerbesteuerzerlegung zu ihren Gunsten.
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Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.
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Sie beantragt,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 19.06.2020 - 3 K 3151/17 G aufzuheben und die der Klägerin als Hinzugezogene durch die Einspruchsentscheidung vom 17.11.2017 bekanntgegebene vorbehaltlose Zerlegungsentscheidung 2009 vom 09.11.2010 dahingehend zu ändern, dass der Klägerin der volle Gewerbesteuermessbetrag zugeteilt wird.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
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B.
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Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Der erkennende Senat konnte trotz Nichterscheinens der Beigeladenen zu 3. zur mündlichen Verhandlung entscheiden (dazu I.). Die zulässige Revision (dazu II.) führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--; dazu III.).
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I. Der erkennende Senat konnte trotz Nichterscheinens der Beigeladenen zu 3. zur mündlichen Verhandlung entscheiden. Die Beigeladene zu 3. ist rechtzeitig zur mündlichen Verhandlung geladen und auf die Möglichkeit einer Entscheidung auch ohne Erscheinen eines Beteiligten zur Verhandlung (§ 121 Satz 1, § 91 Abs. 2 FGO) hingewiesen worden.
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II. Die Revision der Klägerin ist zulässig.
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1. Nach § 120 Abs. 3 Nr. 1 FGO muss die Revisionsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kann auf einen förmlichen Revisionsantrag sogar ganz verzichtet werden, wenn sich aus der Revisionsbegründung das Prozessbegehren des Revisionsklägers unzweifelhaft ergibt (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22.10.2015 - IV R 7/13, BFHE 251, 335, BStBl II 2016, 219, Rz 17, m.w.N.).
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2. Im Streitfall geht aus der Revisionsbegründung das Prozessbegehren der Klägerin, ihr im Rahmen der Zerlegung 2009 den gesamten Gewerbesteuermessbetrag zuzuteilen, deutlich hervor. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung vom 22.11.2021 einen --nach Meinung der Beigeladenen zu 1.-- unstatthaften Anfechtungsantrag wiederholt habe, den sie bereits vor dem FG gestellt habe. Denn selbst wenn die Klage aus diesem Grund unzulässig gewesen sein sollte, wäre dies für die Zulässigkeit der Revision unerheblich. Abgesehen davon hat die Klägerin zu Recht eine Anfechtungsklage erhoben (dazu nachfolgend III.1.).
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III. Die Revision der Klägerin ist auch begründet.
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Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil das FG das Klagebegehren (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) verkannt hat. Es hat im Ergebnis über einen nicht mit der Klage angegriffenen Bescheid entschieden. Denn das Begehren der Klägerin ist nicht darauf gerichtet, das FA zu verpflichten, den Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 zu ändern, sondern darauf, die der Klägerin als Hinzugezogene durch die Einspruchsentscheidungen vom 17.11.2017 vorbehaltlos bekanntgegebene Zerlegungsentscheidung vom 09.11.2010 zu ändern (dazu 1.). Der erkennende Senat kann nicht abschließend über diese Anfechtungsklage entscheiden. Sie war zwar zulässig (dazu 2.). Die Sache ist aber mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen für das Streitjahr nicht spruchreif (dazu 3.).
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1. Das FG hat seiner Entscheidung ein Klagebegehren zugrunde gelegt, das dem erkennbaren Klageziel der Klägerin nicht entspricht.
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a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO darf das FG über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Maßgeblich ist das erkennbare Klageziel (vgl. BFH-Urteil vom 09.01.2019 - IV R 27/16, BFHE 263, 438, BStBl II 2020, 11, Rz 22).
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aa) Der BFH kann diesbezüglich die Klageschrift selbst auslegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Zweifel das gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht. Nur eine solche Auslegung trägt dem Grundsatz der Rechtsschutz gewährenden Auslegung nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) Rechnung (BFH-Urteil vom 14.12.2022 - II R 40/20, BFHE 279, 290, BStBl II 2023, 1012, Rz 20). Entscheidend für die zutreffende Klageart ist allein das für das Gericht erkennbare, gegebenenfalls auszulegende Klagebegehren. Dabei muss das FG im Zweifelsfall unterstützend bei der Formulierung der (Sach- oder Prozess-)Anträge eingreifen (§ 76 Abs. 2 FGO). Auch wenn Inhalt und Umfang dieser Hinweis- und Aufklärungspflichten sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls richten, besteht Einigkeit darüber, dass die richterliche Hinweis- und Aufklärungspflicht auch dann nicht vollständig entfällt, wenn der Beteiligte --wie im Streitfall-- vor Gericht fachkundig vertreten war (BFH-Beschluss vom 04.06.2003 - X B 16/02, BFH/NV 2003, 1212, unter II.1.a bb, m.w.N.).
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bb) Die Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO ist ein vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachtender Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens (z.B. BFH-Urteil vom 14.09.2017 - IV R 34/15, Rz 16). Das Revisionsgericht muss die Tatsachen feststellen, die zur Beantwortung der Frage erforderlich sind, ob ein derartiger Verfahrensmangel vorliegt (BFH-Urteil vom 16.03.1983 - IV R 147/80, BFHE 138, 143, BStBl II 1983, 476, unter 2.; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 118 Rz 49).
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cc) Das Klagebegehren der Klägerin betrifft die Zerlegungsentscheidung 2009. Eine zutreffende Erfassung ihres Klageziels macht es erforderlich, die im Streitfall gegebene besondere verfahrensrechtliche Situation unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Zerlegungsverfahrens zu beachten:
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(1) Der Zerlegungsbescheid ist ein Verwaltungsakt. Für das Zerlegungsverfahren gelten neben den §§ 185 bis 189 AO die allgemeinen Verfahrensvorschriften des Dritten Teils der Abgabenordnung (§§ 85 bis 133 AO). Zudem sind über § 185, § 184 Abs. 1 Satz 3 AO die Vorschriften des Vierten Teils (§§ 137 bis 217 AO) über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß anzuwenden.
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(2) Die in einem Zerlegungsbescheid zu treffende Entscheidung darf gegenüber den am Zerlegungsverfahren Beteiligten --dem Steuerpflichtigen und den Steuerberechtigten (vgl. § 186 AO)-- nur einheitlich ergehen (BFH-Urteil vom 14.09.1994 - I R 60/93, BFH/NV 1995, 484, unter II.1.); sie muss für alle Beteiligten inhaltlich einheitlich erfolgen. Zudem erfolgt die Zerlegung in einem einheitlichen Verfahren, das mit einem einzigen Zerlegungsbescheid endet. Dieser Zerlegungsbescheid ist nach § 188 Abs. 1 AO den Beteiligten bekanntzugeben, soweit sie betroffen sind.
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Der Zwang zur Einheitlichkeit der Entscheidung bezieht sich nur auf den Inhalt der Entscheidung, nicht auf die Bekanntgabe. Mit der Bekanntgabe an die Betroffenen wird der Zerlegungsbescheid diesen gegenüber wirksam (§ 124 Abs. 1 AO). Ein Vorbehalt der Nachprüfung ist allen am Zerlegungsverfahren Beteiligten bekanntzugeben, weil von dieser Änderungsmöglichkeit alle betroffen sind (BFH-Urteil vom 27.03.1996 - I R 83/94, BFHE 180, 227, BStBl II 1996, 509, unter II.2.b). Der dem Steuerpflichtigen bekanntgegebene Bescheid ist bei einer Zerlegung nicht vorrangig gegenüber den Bescheiden, die den Steuerberechtigten bekanntgegeben wurden (BFH-Urteil vom 27.03.1996 - I R 83/94, BFHE 180, 227, BStBl II 1996, 509, unter II.2.c).
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(3) Ebenso ist die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts allen am Zerlegungsverfahren Beteiligten nach § 188 Abs. 1 AO bekanntzugeben, weil die Vorbehaltlosigkeit der Zerlegungsentscheidung und die hieraus resultierende Anfechtungsmöglichkeit alle Beteiligten betrifft. Denn die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts steht einer vorbehaltlosen Steuerfestsetzung gleich (§ 164 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 AO). Sie hat in der Form eines Steuerbescheids --schriftlich und mit Rechtsbehelfsbelehrung-- zu erfolgen (§ 164 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 AO). Der Steuerpflichtige --im Zerlegungsverfahren auch der Steuerberechtigte-- kann gegen die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts Einspruch einlegen und Anfechtungsklage erheben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 01.06.1983 - III B 40/82, BFHE 138, 422, BStBl II 1983, 622, unter 1.b; vom 30.06.1997 - V B 131/96, BFH/NV 1998, 817, unter II.1.b). Der den Vorbehalt aufhebende Bescheid nimmt den Regelungsinhalt der Vorbehaltsfestsetzung auf. Die Aufhebung eines im Zerlegungsbescheid enthaltenen Nachprüfungsvorbehalts führt daher zu einer mit allen Einwänden anfechtbaren vorbehaltlosen (endgültigen) Zerlegungsentscheidung (§ 185, § 184 Abs. 1 i.V.m. § 164 Abs. 3 Satz 2 AO).
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Wird die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts nur Einzelnen bekanntgegeben, beschränkt sich die Wirksamkeit der Aufhebung auf das Verhältnis zu den Personen, denen gegenüber die Bekanntgabe der Aufhebung erfolgt ist (Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 124 AO Rz 167). Wird daher der Nachprüfungsvorbehalt im Zerlegungsbescheid nur gegenüber dem Steuerpflichtigen aufgehoben, hingegen nicht gegenüber den Steuerberechtigten (Gemeinden), ist die vorbehaltlose Zerlegungsentscheidung bisher nur gegenüber dem Steuerpflichtigen wirksam geworden. Dies gilt auch dann, wenn der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 Satz 3 AO nach einer Außenprüfung hätte aufgehoben werden müssen.
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Gleichwohl ist die Finanzbehörde aufgrund des Erfordernisses, eine inhaltsgleiche Zerlegungsentscheidung gegenüber allen Beteiligten zu treffen, an den Inhalt der vorbehaltlosen Zerlegungsentscheidung gebunden. Die Zerlegungsentscheidung muss zwar allen Beteiligten nicht zeitgleich, aber doch inhaltsgleich bekanntgegeben werden. Die inhaltliche (materiell-rechtliche) Verbundenheit der Beteiligten kommt formell-rechtlich darin zum Ausdruck, dass bei der Bekanntgabe des Zerlegungsbescheids an einen Beteiligten vor Ablauf der Festsetzungsfrist der Bescheid den anderen Beteiligten gegenüber auch dann noch bekanntgegeben werden kann, wenn unterdessen Festsetzungsverjährung eingetreten sein sollte (Müller-Franken in HHSp, § 124 AO Rz 168).
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b) Dies vorausgeschickt, hat das FG das Klageziel der Klägerin verkannt. Es hat verfahrensfehlerhaft geprüft, ob das FA verpflichtet ist, den Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 aufgrund einer einschlägigen Korrekturvorschrift zu ändern (Verpflichtungsklage). Das von der Klägerin verfolgte Begehren, ihr im Rahmen der Zerlegung 2009 den gesamten Gewerbesteuermessbetrag zuzuteilen, zielt hingegen darauf ab, die ihr durch die Einspruchsentscheidungen vom 17.11.2017 vorbehaltlos bekanntgegebene Zerlegungsentscheidung 2009 vom 09.11.2010 zu ändern (Anfechtungsklage); eine Korrekturnorm ist hierfür nicht erforderlich.
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aa) Im Streitfall ist die zunächst fehlende, aber gebotene Bekanntgabe der vorbehaltlosen (endgültigen) Zerlegungsentscheidung 2009 vom 09.11.2010 gegenüber der Klägerin (erst) in den Einspruchsentscheidungen vom 17.11.2017 erfolgt, die ihr gegenüber als Hinzugezogene zu den Einspruchsverfahren der Beigeladenen zu 1. bis 5. ergangen sind.
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(1) Das FA unterließ es rechtsfehlerhaft, den im Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 enthaltenen Nachprüfungsvorbehalt gegenüber allen am Zerlegungsverfahren Beteiligten aufzuheben. Die Aufhebung dieses Nachprüfungsvorbehalts (endgültige Zerlegungsentscheidung) wurde nur der Beigeladenen zu 1. mit Bescheid vom 26.09.2012 bekanntgegeben.
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(2) Anschließend beantragte die Klägerin am 18.11.2014 und am 15.12.2014, den Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 zu ändern. Mit Bescheid vom 23.06.2016 korrigierte das FA aufgrund dieses Antrags der Klägerin den Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 --gestützt auf § 164 Abs. 2 AO-- zu ihren Gunsten. In diesem Änderungsbescheid wurde zugleich der Nachprüfungsvorbehalt aufgehoben. Er wurde allen Beteiligten des Zerlegungsverfahrens bekanntgegeben.
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(3) Gegen diesen Änderungsbescheid vom 23.06.2016 legten --nach den Feststellungen des FG-- die Beigeladenen zu 1. bis 4. fristgerecht Einsprüche ein. Die Klägerin wurde zu den Einspruchsverfahren hinzugezogen. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.11.2017, die an die Klägerin als Hinzugezogene zum Einspruchsverfahren der Beigeladenen zu 1. erging, half das FA dem Einspruch der Beigeladenen zu 1. unter Aufhebung des Änderungsbescheids vom 23.06.2016 ab. Die Klägerin hat dem FG im ersten Rechtsgang innerhalb der Klagefrist zudem die --die Beigeladenen zu 2. bis 5. (Gemeinden) als Einspruchsführerinnen betreffenden-- Einspruchsentscheidungen vom 17.11.2017 vorgelegt. In diesen Entscheidungen, die der Klägerin ebenfalls als notwendig Hinzugezogene bekanntgegeben worden sind, ist nicht nur der Änderungsbescheid vom 23.06.2016, sondern zugleich der im Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 enthaltene Nachprüfungsvorbehalt aufgehoben worden.
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Damit ist gegenüber der Klägerin infolge der Aufhebung des Änderungsbescheids vom 23.06.2016 wieder der weiterhin unter Nachprüfungsvorbehalt stehende Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 wirksam geworden. Zudem wurde in den --die Beigeladenen zu 2. bis 5. (Gemeinden) als Einspruchsführerinnen betreffenden-- Einspruchsentscheidungen vom 17.11.2017 der im Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 enthaltene Nachprüfungsvorbehalt aufgehoben. Hierin liegt die Nachholung der bisher unterbliebenen Bekanntgabe der vorbehaltlosen Zerlegungsentscheidung 2009 vom 09.11.2010 (vgl. BFH-Urteile vom 08.07.1982 - IV R 20/78, BFHE 136, 252, BStBl II 1982, 700; vom 18.12.1991 - XI R 42, 43/88, BFHE 167, 347, BStBl II 1992, 585, unter I.3.a, m.w.N.; Müller-Franken in HHSp, § 124 AO Rz 170).
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bb) Danach ist das auf § 164 Abs. 2 AO gestützte Klagebegehren der Klägerin im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes als Anfechtungsklage --gerichtet auf eine Änderung der durch die vorbezeichneten Einspruchsentscheidungen vom 17.11.2017 vorbehaltlos bekanntgegebenen Zerlegungsentscheidung 2009 vom 09.11.2010-- auszulegen. Denn der die Vorbehaltsfestsetzung aufhebende Bescheid stellt eine eigenständige Zerlegungsentscheidung dar, die uneingeschränkt angefochten werden kann.
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cc) Im Streitfall ist der Nachprüfungsvorbehalt gegenüber der Beigeladenen zu 1. mit Bescheid vom 26.09.2012 und damit innerhalb der Festsetzungsfrist aufgehoben worden. Damit ist die endgültige Zerlegungsentscheidung vor Ablauf der Festsetzungsfrist bekanntgegeben worden. Diese Bekanntgabe an einen Beteiligten vor Ablauf der Festsetzungsfrist bewirkt, dass diese endgültige Zerlegungsentscheidung (Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts) den anderen Beteiligten gegenüber auch dann noch bekanntgegeben werden kann, wenn unterdessen Festsetzungsverjährung eingetreten sein sollte. Es ist daher unerheblich, ob im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidungen vom 17.11.2017 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
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2. Die so verstandene Anfechtungsklage der Klägerin war zulässig. Insbesondere scheitert diese Klage nicht daran, dass die Klägerin kein erfolgloses Vorverfahren durchgeführt hat.
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Im Regelfall ist zwar die Anfechtungsklage nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist (§ 44 Abs. 1 FGO). In Ausnahmefällen aber ist die Anfechtungsklage auch dann zulässig, wenn die Einspruchsentscheidung einen Dritten erstmals beschwert. Das folgt aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, der einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet (BFH-Urteil vom 04.11.1987 - II R 167/81, BFHE 152, 200, BStBl II 1988, 377). Dies gilt nach Auffassung des erkennenden Senats erst recht dann, wenn ein am Besteuerungsverfahren Beteiligter --hier die Klägerin als am Zerlegungsverfahren Beteiligte infolge der Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts-- durch die Einspruchsentscheidung erstmals beschwert wird. Abgesehen davon kann eine Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts in der Einspruchsentscheidung nur mit der Klage, nicht nochmals mit einem Einspruch angegriffen werden (BFH-Urteil vom 04.08.1983 - IV R 216/82, BFHE 139, 135, BStBl II 1984, 85).
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat in seinem Urteil ausgeführt, dass der Zerlegungsbescheid 2009 vom 09.11.2010 mangels einschlägiger Korrekturvorschrift nicht mehr geändert werden könne. Auf die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit des Zerlegungsbescheids 2009 vom 09.11.2010 komme es deshalb nicht an.
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Hiervon ausgehend hat das FG --unter Zugrundelegung seiner Rechtsansicht zutreffend-- keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen, die eine abschließende Prüfung der Frage zulassen, ob die in den Einspruchsentscheidungen vom 17.11.2017 vorbehaltlos erfolgte Zerlegungsentscheidung 2009 vom 09.11.2010 materiell rechtmäßig ist.
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Dem FG wird im zweiten Rechtsgang die Gelegenheit gegeben, die bisher fehlenden tatsächlichen Feststellungen zu treffen, um die bisher nicht erfolgte Prüfung nachholen zu können.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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