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BFH 10.03.2023 - X B 70/22
BFH 10.03.2023 - X B 70/22 - Keine Gesamtrechtsnachfolge bei Ausgliederung
Normen
§ 45 Abs 1 AO, § 123 Abs 3 UmwG, § 131 Abs 1 Nr 1 UmwG
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 17. Mai 2022, Az: 13 K 1541/20 G, Urteil
Leitsatz
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NV: In der Rechtsprechung des BGH und BFH ist geklärt, dass es in Fällen der Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG) nicht zu einer Gesamtrechtsnachfolge i.S. des § 45 AO kommt. Der übernehmende Rechtsträger kann daher wegen eines an den übertragenden Rechtsträger ergangenen Steuerbescheids nicht in zulässiger Weise Klage erheben.
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 17.05.2022 - 13 K 1541/20 G wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Einziger Kommanditist ist K. Dieser betrieb ursprünglich ein Einzelunternehmen und war im Handelsregister eingetragen. Mit Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 03.12.2018 übertrug er das sich aus der noch aufzustellenden Ausgliederungsbilanz ergebende Vermögen des Einzelunternehmens als Gesamtheit zum Einbringungsstichtag 02.01.2019, 0:00 Uhr gegen Gewährung eines weiteren Kommanditanteils auf die Klägerin (Ausgliederung zur Aufnahme nach § 123 Abs. 3, §§ 152 ff. des Umwandlungsgesetzes --UmwG--). Die Ausgliederung wurde mit der Eintragung in das Handelsregister des K am 09.08.2019 wirksam.
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Am 12.04.2019 --noch vor Wirksamwerden der Ausgliederung-- ergingen geänderte Gewerbesteuermessbescheide gegenüber K. Die von ihm bevollmächtigte Steuerberatungs-GmbH (S) legte am 07.05.2019 für K Einspruch ein. Am 26.05.2020 --nach Wirksamwerden der Ausgliederung-- wies der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) den Einspruch zurück. Die Einspruchsentscheidung war an K gerichtet.
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Am 25.06.2020 erhob S für die Klägerin Klage gegen die gegen K ergangenen Gewerbesteuermessbescheide. Das Finanzgericht (FG) verwarf die Klage als unzulässig, da die Klägerin durch die gegen K ergangenen Bescheide nicht in ihren Rechten verletzt sein könne. Insbesondere bewirke die Ausgliederung zur Aufnahme nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Gesamtrechtsnachfolge.
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Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts.
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Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist unbegründet.
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Keiner der von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe ist tatsächlich gegeben.
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1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
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a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Senatsbeschlüsse vom 12.02.2019 - X B 90/18, BFH/NV 2019, 513, Rz 10, und vom 05.11.2020 - X B 50/20, BFH/NV 2021, 290, Rz 7).
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b) So wie die Klägerin die Rechtsfrage formuliert, stellt sich schon von vornherein kein rechtliches Problem. Die Klägerin begehrt --im Hinblick darauf, dass auch sie es wohl als geklärt ansieht, dass in den Fällen der Ausgliederung keine Gesamtrechtsnachfolge eintritt-- die Klärung der Rechtsfrage, ob es jedenfalls dann doch zu einer Gesamtrechtsnachfolge kommen muss, wenn die Ausgliederung vor dem Finanzrechtsstreit wirksam wurde oder zumindest der Ausgliederungsstichtag vor dem Datum des angegriffenen Bescheids in der Gestalt der Einspruchsentscheidung liegt.
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Die Klägerin hat allerdings nicht deutlich machen können, inwieweit sich die von ihr gebildete Fallgruppe von den bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entschiedenen Fallgestaltungen (dazu noch unten c) unterscheidet. Die Frage, ob eine vom übernehmenden Rechtsträger erhobene Klage wegen eines an den übertragenden Rechtsträger ergangenen Steuerbescheids zulässig ist, kann sich denklogisch überhaupt nur stellen, wenn die Ausgliederung vor dem Finanzrechtsstreit wirksam wurde. Bei einer Ausgliederung, die erst nach Klageerhebung wirksam wird, liegt es (erst recht) fern, dass ein anderer als der Steuerschuldner in zulässiger Weise Klage erheben könnte.
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Nichts anderes ergibt sich für das Verhältnis zwischen dem Ausgliederungsstichtag und dem Datum des angefochtenen Bescheids bzw. der Einspruchsentscheidung. Wenn der Ausgliederungsstichtag dem Erlass des Bescheids bzw. der Einspruchsentscheidung zeitlich nachfolgt, kann sich das Problem, ob der Inhaltsadressat dieser Bescheide hätte geändert werden müssen, von vornherein nicht stellen.
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Letztlich befasst sich die Beschwerdebegründung auch nicht mit der von der Klägerin formulierten (scheinbaren) Sonderkonstellation. Vielmehr kritisiert sie allgemein die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach es in Fällen der Ausgliederung nicht zu einer Gesamtrechtsnachfolge kommt.
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c) Diese Frage ist in der Rechtsprechung geklärt und daher nicht klärungsbedürftig.
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Nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG hat die Eintragung der Spaltung (hier: Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG) in das Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers u.a. die Wirkung, dass der ausgegliederte Teil des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten entsprechend der im Spaltungs- und Übernahmevertrag vorgesehenen Aufteilung jeweils als Gesamtheit auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht.
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Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 06.12.2000 - XII ZR 219/98, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 1217, unter 3.) hat hierzu entschieden, dass jedenfalls bei einem Passivprozess ein Eintritt des übernehmenden Rechtsträgers in den Prozess im Wege der Rechtsnachfolge nicht in Betracht kommt. Leitend hierfür ist, dass es sich bei der Ausgliederung nicht um die Übertragung des gesamten Vermögens handelt, sondern um eine besondere Übertragungsart, die es gestattet, statt der Einzelübertragung verschiedener Vermögensgegenstände eine Summe von Vermögensgegenständen in einem Akt zu übertragen. Gleichwohl hat diese Summe von Einzelübertragungen (Ausnahme vom sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatz) prozessual keine anderen Rechtsfolgen als eine Einzelübertragung.
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Diese Rechtsprechung hat der BFH anschließend in das Steuerrecht übertragen und in zahlreichen Entscheidungen die Anwendbarkeit der steuerverfahrensrechtlichen Regelung über die Gesamtrechtsnachfolge (§ 45 Abs. 1 der Abgabenordnung) auf Fälle der Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG) und Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG) verneint (wegen der Einzelheiten der Begründung vgl. zur Ausgliederung BFH-Urteile vom 07.08.2002 - I R 99/00, BFHE 199, 489, BStBl II 2003, 835; vom 23.03.2005 - III R 20/03, BFHE 209, 29, BStBl II 2006, 432, und vom 26.09.2006 - X R 21/04, BFH/NV 2007, 186; zur Abspaltung BFH-Urteil vom 05.11.2009 - IV R 29/08, BFHE 226, 492).
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Die Klägerin zeigt nicht auf, welche Argumente gegen diese Rechtsprechung die genannten obersten Gerichtshöfe des Bundes noch nicht erwogen haben sollen. Soweit die Klägerin behauptet, in § 12 des Grundstücksverkehrsgesetzes und § 12 des Baugesetzbuchs seien Spezialvorschriften enthalten, die eine Gesamtrechtsnachfolge in Ausgliederungsfällen ausschlössen, kann der Senat dies nicht nachvollziehen, da in den genannten Vorschriften weder von einer Ausgliederung noch von einer Gesamtrechtsnachfolge oder einer Ausnahme von einer Gesamtrechtsnachfolge die Rede ist.
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d) In der Beschwerdebegründung wird zudem auch nicht aufgezeigt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde die Beantwortung der aufgeworfenen Frage zweifelhaft und streitig sein soll (vgl. zu diesem Erfordernis Senatsbeschluss vom 24.06.2014 - X B 216/13, BFH/NV 2014, 1888, Rz 12, m.w.N.). Das FG hat --neben der Anführung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung-- eine umfassende Auswertung der Literatur zu der entscheidungserheblichen Frage vorgenommen und dabei ausschließlich Werke gefunden, in denen der dargestellten Rechtsprechung zugestimmt wird. Auch die Klägerin hat in ihrer Beschwerdebegründung kein einziges abweichendes Literaturzitat anführen können. Vor diesem Hintergrund ist die aufgeworfene Rechtsfrage bereits nicht als klärungsbedürftig anzusehen.
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2. Bei dem Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) handelt es sich um einen speziellen Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Für seine Darlegung gelten daher regelmäßig dieselben Anforderungen, die an eine auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützte Beschwerdebegründung zu stellen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 30.11.2010 - VI B 100/10, BFH/NV 2011, 574, Rz 5, und vom 13.12.2012 - X B 104/12 BFH/NV 2013, 559, Rz 15). Da das Vorbringen der Klägerin insoweit lediglich auf ihren Vortrag zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache Bezug nimmt, kann eine Revisionszulassung im Streitfall auch nicht auf das Erfordernis einer Rechtsfortbildung gestützt werden.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
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