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BFH 22.04.2021 - IV B 16/20
BFH 22.04.2021 - IV B 16/20 - Gewinnermittlung nach der Tonnage bei Gesellschaft, die mehrere Schiffe betreibt
Normen
§ 5a EStG 2002, § 4 Abs 1 EStG 2002, § 5 EStG 2002, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 20. Dezember 2019, Az: 6 K 114/18, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Eine Personengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb von Schiffen ist, kann sowohl Schiffe betreiben, für die (bei Vorliegen der Voraussetzungen) der Gewinn nach § 5a EStG zu ermitteln ist, als auch solche, für die die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG gilt.
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2. NV: Die Gewinnermittlung nach § 5a EStG kommt unabhängig davon, ob es sich bei dem Steuerpflichtigen um eine Ein-Schiff-Gesellschaft handelt oder um eine Gesellschaft, die mehrere Schiffe betreibt, frühestens ab dem Zeitpunkt in Betracht, zu dem wenigstens hinsichtlich eines Schiffes alle Voraussetzungen dieser Gewinnermittlungsvorschrift erfüllt sind.
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerinnen wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 20.12.2019 - 6 K 114/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerinnen zu tragen.
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Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.
Gründe
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Die Beschwerde hat --auch unter Berücksichtigung des erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingegangenen Schriftsatzes vom 25.06.2020-- keinen Erfolg. Soweit Zulassungsgründe überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Weise geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.
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1. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.
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a) Soweit die Klägerinnen und Beschwerdeführerinnen (Klägerinnen) geltend machen, das Finanzgericht (FG) hätte den Beigeladenen, den es in der mündlichen Verhandlung angehört hat, als Beigeladenen "analog zu den Regeln einer Parteivernehmung" vernehmen und im Anschluss daran eine umfassende Würdigung seiner Aussage vornehmen müssen, rügen sie eine ihrer Ansicht nach fehlerhafte Beweiswürdigung und damit materiell-rechtliche Fehler, die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen können.
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b) Sollten die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen, der Vortrag des Beigeladenen habe keinen Niederschlag in den Entscheidungsgründen gefunden, eine Verletzung rechtlichen Gehörs geltend machen wollen, so bliebe auch eine solche Rüge ohne Erfolg. Der siebenseitige Vortrag des Beigeladenen in seiner Stellungnahme vom 19.12.2019, in der er, wie er selbst darin einleitend ausführt, auf Wunsch des Gerichts zu den Sachverhalten der Jahre 2002 und 2003 Stellung nimmt, und zu der er in der mündlichen Verhandlung erneut angehört wurde, ist im Tatbestand des FG-Urteils als Beteiligtenvortrag wiedergegeben. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich zudem, dass das FG sich mit ihm auch auseinandergesetzt hat. Dass es ihn dabei anders als von den Klägerinnen begehrt gewürdigt hat, stellt keinen Gehörsverstoß dar. Es ist auch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, weshalb das FG insoweit zu einer anderen Würdigung hätte gelangen können, wenn es den Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung "analog zu den Regeln einer Parteivernehmung" vernommen hätte.
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c) Auch die Rüge einer überlangen Verfahrensdauer kann der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Es ist schon keine überlange gerichtliche Verfahrensdauer ersichtlich, wenn das FG über eine am 30.05.2018 erhobene Klage bereits am 20.12.2019 entscheidet.
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d) Letztlich machen die Klägerinnen insoweit geltend, das FG habe bei seiner Tatsachen- und Beweiswürdigung die ihrer Ansicht nach gegebene Beweisnot nicht ausreichend berücksichtigt. Damit rügen sie materiell-rechtliche Fehler, mit denen die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreicht werden kann. Es liegt auch kein Rechtsanwendungsfehler des FG von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung vor, der ausnahmsweise eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO rechtfertigen könnte. Vielmehr ist die Entscheidung des FG nicht zu beanstanden, wenn es hinsichtlich der Frage der Beweisvorsorge u.a. ausführt, dass der auf Langfristigkeit ausgerichtete Subventionszweck des § 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG) bereits aufgrund der ursprünglichen Gesetzesbegründung (BTDrucks 13/8023, S. 27) hinlänglich bekannt gewesen sei, sodass erkennbar eine Tätigkeit als Schiffshändler oder Projektentwickler für Publikums-KGen nicht von der Begünstigungsvorschrift habe umfasst sein können. Abgesehen davon hat, wie sich aus dem Betriebsprüfungsbericht vom März 2007 ergibt, bereits der Prüfer seinerzeit ausgeführt, dass die Gewinnermittlung nach § 5a EStG nicht in Betracht komme, weil diese den Betrieb von Handelsschiffen voraussetze, für die Rechtsvorgängerin der Klägerinnen jedoch "bereits bei Kauf bzw. Ablieferung der Schiffe" nicht deren Betrieb, sondern deren Weiterverkauf im Vordergrund gestanden habe; die Veräußerungsabsicht habe bereits bei Kauf bzw. Ablieferung der Schiffe bestanden; ein auf Dauer angelegter Betrieb der Schiffe sei nicht beabsichtigt gewesen. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, weshalb die Rechtsvorgängerin der Klägerinnen nicht bereits damals ausreichend Beweisvorsorge für die ihrer Ansicht nach gegebene Absicht eines langfristigen Schiffsbetriebs getroffen hat.
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2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), einem Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.12.2020 - IV B 27/20), zuzulassen (zu den Voraussetzungen dieser Zulassungsgründe und den Anforderungen an ihre Darlegung z.B. BFH-Beschluss vom 20.10.2015 - IV B 80/14).
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Für grundsätzlich bedeutsam halten die Klägerinnen folgende Fragen:
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"1. Wie ist im Rahmen des § 5a EStG der Begriff 'Betrieb' im Zusammenhang mit dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal 'Absicht, Handelsschiffe im internationalen Verkehr langfristig zu betreiben' auszulegen? Bezieht sich der Begriff auf jedes Schiff, oder den Betrieb als organisatorische Gesamtheit zum Zwecke des Betreibens von Schiffen?
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2. Muss bei einer Mehrschiffsgesellschaft die Absicht, Handelsschiffe im internationalen Verkehr langfristig zu betreiben, bei Ablieferung des ersten Schiffes vorliegen, oder kommt es auf jedes einzelne Schiff an?"
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Diese Fragen rechtfertigen keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Rechtsfortbildung. Soweit sie in einem etwaigen Revisionsverfahren überhaupt klärungsbedürftig sind, fehlt es jedenfalls an ihrer Klärungsfähigkeit.
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a) In der Rechtsprechung des BFH ist bereits geklärt, dass eine Personengesellschaft, anders als ein Einzelunternehmer, zeitgleich nur einen Gewerbebetrieb unterhalten kann. Es bedarf auch keiner Entscheidung in einem Revisionsverfahren, dass eine Personengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb und ggf. auch die Veräußerung von Schiffen ist, sowohl Schiffe betreiben kann, für die (bei Vorliegen der Voraussetzungen) der Gewinn nach § 5a EStG zu ermitteln ist, als auch solche, für die die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG gilt.
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b) Ebenso ist in der Rechtsprechung des BFH bereits geklärt, dass die Gewinnermittlung nach § 5a EStG die Absicht des Steuerpflichtigen zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen voraussetzt und dass diese Absicht zu dem Zeitpunkt gegeben sein muss, zu dem erstmals auch alle übrigen Voraussetzungen des § 5a EStG vorliegen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 26.09.2013 - IV R 46/10, BFHE 243, 223, BStBl II 2014, 253, und IV R 45/11, BFHE 243, 367, BStBl II 2015, 296).
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aa) Diese Grundsätze gelten nicht nur für Ein-Schiff-Gesellschaften, sondern ebenso für Gesellschaften, die mehrere Schiffe in zeitlicher Hinsicht nacheinander oder gleichzeitig betreiben. Auch in einem solchen Fall kommt die Gewinnermittlung nach § 5a EStG also erst ab dem Zeitpunkt in Betracht, zu dem die Voraussetzungen des § 5a EStG (jedenfalls) für ein Schiff gegeben sind, was auch die Absicht des Steuerpflichtigen zum langfristigen Betrieb dieses Schiffes als Handelsschiff im internationalen Verkehr voraussetzt. Hinsichtlich der Frage, ab wann überhaupt eine Gewinnermittlung nach § 5a EStG in Betracht kommt, ist danach auch für Gesellschaften, die mehrere Schiffe betreiben, kein Klärungsbedarf mehr gegeben.
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So hat der BFH bereits entschieden, dass eine Gewinnermittlung nach der Tonnage "frühestens möglich ist, wenn der Steuerpflichtige Handelsschiffe i.S. des § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG betreibt, d.h. wenn (mindestens) ein Schiff bereits entsprechend eingesetzt wird" (BFH-Urteil vom 16.01.2014 - IV R 15/13, BFHE 244, 364, BStBl II 2014, 774, Rz 22 f.). Aus der Verwendung des Begriffs "mindestens" ein Schiff ergibt sich, dass die vom BFH aufgestellten Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach der Tonnage nicht nur für Ein-Schiff-Gesellschaften, sondern auch für "Mehrschiffsgesellschaften" gelten. Gleiches ergibt sich aus der Rechtsprechung des BFH, der zufolge eine Gesellschaft nicht etwa deshalb mit dem Einsatz eines Schiffes bereits die Voraussetzungen des § 5a EStG erfüllt, weil sie den Erlös aus der Veräußerung dieses Schiffes für den Erwerb eines weiteren Schiffes verwendet, das dann (erstmals) alle Voraussetzungen des § 5a EStG erfüllt (z.B. BFH-Urteil in BFHE 243, 223, BStBl II 2014, 253).
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bb) In der Rechtsprechung ist danach bereits geklärt, dass die Gewinnermittlung nach § 5a EStG unabhängig davon, ob es sich bei dem Steuerpflichtigen um eine Ein-Schiff-Gesellschaft handelt oder um eine Gesellschaft, die mehrere Schiffe betreibt, frühestens ab dem Zeitpunkt in Betracht kommt, zu dem wenigstens hinsichtlich eines Schiffes alle Voraussetzungen dieser Gewinnermittlungsvorschrift erfüllt sind.
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c) Die von den Klägerinnen aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei einer Mehrschiffsgesellschaft die Absicht, Handelsschiffe im internationalen Verkehr langfristig zu betreiben, bei Ablieferung des ersten Schiffes vorliegen muss, oder ob es auf jedes einzelne Schiff ankommt, ist in einem etwaigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, da sie sich nicht stellen würde. Denn das FG hat die nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffenen Feststellungen, an die der Senat in einem etwaigen Revisionsverfahren nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden wäre, in nachvollziehbarer Weise dahin gewürdigt, dass hinsichtlich keines der von der Rechtsvorgängerin der Klägerinnen in den Streitjahren 2002 und 2003 betriebenen Schiffe die Voraussetzungen des § 5a EStG gegeben waren. Damit kam eine Gewinnermittlung nach § 5a EStG in den Streitjahren unabhängig davon nicht in Betracht, ob die Absicht, Handelsschiffe im internationalen Verkehr langfristig zu betreiben, (nur) bei Ablieferung des ersten Schiffes vorliegen muss oder ob es auf jedes einzelne Schiff ankommt.
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3. Von einer weiteren Begründung und von der Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2, § 139 Abs. 4 FGO.
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