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BFH 19.05.2020 - X R 22/19
BFH 19.05.2020 - X R 22/19 - Antrag auf schlichte Änderung der Steuerfestsetzung innerhalb der Klagefrist
Normen
§ 172 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO, § 102 S 1 FGO, § 5 AO
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 8. Mai 2019, Az: 4 K 108/17, Urteil
nachgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 20. Januar 2021, Az: 4 K 108/17, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Das Ermessen der Finanzbehörde für eine Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO (sog. Antrag auf schlichte Änderung) ist auf Null reduziert, wenn die Voraussetzungen dieser Korrekturnorm vorliegen, d.h. die Steuerfestsetzung rechtswidrig ist (Anschluss an BFH-Entscheidungen vom 11.10.2017 - IX R 2/17, BFH/NV 2018, 322, Rz 15, sowie vom 22.05.2019 - XI R 17/18, BFHE 264, 399, BStBl II 2019, 647, Rz 24).
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2. NV: Die Ablehnung einer erneuten Sach- und Rechtsprüfung nach Erlass der Einspruchsentscheidung ist jedenfalls dann ermessensfehlerhaft, wenn der Steuerpflichtige seinen Änderungsantrag innerhalb der Klagefrist zumindest auch auf Tatsachen oder rechtliche Erwägungen stützt, über die die Behörde im Einspruchsverfahren noch nicht entschieden hat.
Tenor
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Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 08.05.2019 - 4 K 108/17 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Niedersächsische Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 2014 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden.
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Der Kläger war alleiniger Gesellschafter der X-GmbH, die eine …-Werkstatt betrieb. Aufgrund entgeltlicher Nutzungsüberlassung des Betriebsgrundstücks und der Betriebsvorrichtungen bestand zwischen dem Kläger und der X-GmbH eine Betriebsaufspaltung. Die dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens des Klägers zugeordneten Geschäftsanteile an der X-GmbH waren nach einer Teilwertabschreibung im Jahr 2009 mit einem Wert von 1 € bilanziert. Im Jahr 2015 wurde die X-GmbH auf den Kläger verschmolzen.
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Der Kläger nahm im April 2012 bei einem Kreditinstitut ein jährlich mit 3,97 % verzinstes Annuitätendarlehen über 240.000 € auf. Die Darlehensmittel flossen vereinbarungsgemäß zur Ablösung eines Betriebsmittelkredits der X-GmbH direkt auf deren Geschäftskonto. Ebenfalls im April 2012 schloss der Kläger mit der X-GmbH einen Darlehensvertrag über jene 240.000 € mit einer Laufzeit von sieben Jahren zu einem Zins von jährlich 4 %. Sicherheiten hatte die X-GmbH nicht zu stellen. Das Darlehen war nach den schriftlichen Vereinbarungen endfällig, wobei die X-GmbH jederzeit berechtigt war, Sondertilgungen zu leisten. Tatsächlich zahlte die X-GmbH die zwischen dem Kläger und der Bank vereinbarten Annuitäten von monatlich 2.000 € direkt an diese.
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In den Jahresabschlüssen seines Besitzunternehmens auf den 31.12.2012 und 31.12.2013 nahm der Kläger auf die zunächst zum Nominalwert aktivierte Darlehensforderung Teilwertabschreibungen von 29.500 € (2012) und weiteren 60.000 € (2013) vor. Er begründete dies mit der "finanziellen Lage" der X-GmbH und verwies auf deren bilanzielle Überschuldung. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Abschreibungen nicht. Einen gegen die abschlägige Einspruchsentscheidung gestellten Antrag auf schlichte Änderung jener Einspruchsentscheidung (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung --AO--) lehnte das FA bestandskräftig ab.
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Für das Streitjahr 2014 machte der Kläger eine weitere Teilwertabschreibung auf die Forderung von 70.000 € geltend. Das FA erkannte auch diese Abschreibung im Einkommensteuerbescheid mangels ausreichender Begründung nicht an und erfasste anstelle des erklärten Verlusts einen Gewinn aus Gewerbebetrieb.
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Zur Begründung ihres hiergegen gerichteten Einspruchs beriefen sich die Kläger zunächst auf die seinerzeit noch offenen Einspruchsverfahren gegen die Einkommensteuerfestsetzungen für 2012 und 2013. Später --nach Abschluss jener Verfahren-- begehrten sie für das Streitjahr anstelle einer Teilwertabschreibung eine Gewinnminderung um 174.500 €. Grund hierfür war, dass der Kläger unter dem Datum des 18.12.2014 gegenüber der X-GmbH "zur Beseitigung einer drohenden Überschuldung" und "zur Vermeidung eines eventuellen Insolvenzverfahrens bei der (…) GmbH" in Höhe des vorgenannten Betrags auf seinen Rückzahlungsanspruch aus dem "Krisen-Darlehen" verzichtet hatte.
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Das FA wies den Einspruch zurück. Es hielt die "Abschreibung" der Darlehensforderung für nicht zulässig. Der Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der X-GmbH sei steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Es fehlten klare und eindeutige Vereinbarungen, zudem sei das Vereinbarte tatsächlich nicht durchgeführt worden. Ferner bestünden im Hinblick auf die fehlende Besicherung erhebliche Zweifel an der Fremdüblichkeit. Demzufolge sei die tatsächliche Zuführung der Geldmittel gesellschaftsrechtlich veranlasst gewesen. Die von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geforderten Vorgaben für die Teilwertabschreibung einer Darlehensforderung gegenüber dem Betriebsunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung hätten die Kläger nicht dargelegt, sondern lediglich das negative Eigenkapital der X-GmbH sowie deren drohende Insolvenz angeführt.
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Die Kläger beantragten innerhalb der Klagefrist eine Änderung der Einspruchsentscheidung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO. Sie bekräftigten zum einen ihre Ansicht, dass der Verzicht auf die (weitere) Rückzahlung des --ihrer Auffassung nach steuerrechtlich anzuerkennenden-- Darlehens zu einem gewinnmindernden Forderungsverlust von 174.500 € geführt habe. Zum anderen ergäbe sich selbst bei unterstellter Richtigkeit der Argumentation des FA kein anderes Ergebnis. In diesem Fall wären die Anschaffungskosten des Klägers auf die GmbH-Beteiligung um denselben Betrag gestiegen; diese "neuen" Anschaffungskosten seien aufgrund des Teilabzugsverbots in Höhe von 60 % (104.700 €) im Rahmen einer Teilwertabschreibung zu berücksichtigen.
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Das FA lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 13.02.2017 ab. Unter Bezugnahme auf den BFH-Beschluss vom 05.02.2010 - VIII B 139/08 (BFH/NV 2010, 831) führte es aus, dass Tat- und Rechtsfragen, über die bereits in der Einspruchsentscheidung entschieden worden sei, im Regelfall nicht erneut in einem Änderungsverfahren nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO geprüft werden könnten. In der Einspruchsentscheidung sei ausführlich dargelegt worden, dass das Darlehensverhältnis nicht anzuerkennen sei. Zudem sei unter Bezugnahme auf einschlägige Rechtsprechung ausgeführt worden, dass die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung nicht vorgelegen hätten.
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Der Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid blieb ohne Erfolg. Das FA hielt die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO weiterhin für nicht gegeben. Ein Antrag auf schlichte Änderung berechtige die Behörde nicht, den gesamten Steuerfall neu aufzurollen. Die Kläger hätten lediglich ihre Argumente aus dem Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung wiederholt.
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Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2019, 1637). Das FA habe sein nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO bestehendes Ermessen, eine Änderung der Steuerfestsetzung zu unterlassen, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.
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Mit ihrer Revision machen die Kläger u.a. eine Verletzung von § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO und § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend.
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Die Kläger beantragen (sinngemäß),
das angefochtene Urteil aufzuheben und das FA zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 13.02.2017 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27.03.2017 den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 26.03.2016 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 04.01.2017 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers eine Gewinnminderung durch den Verzicht auf die Darlehensrückzahlung in Höhe von 174.500 €, alternativ eine Gewinnminderung durch eine Teilwertabschreibung der Beteiligung an der X-GmbH in Höhe von 104.700 € (60 % von 174.500 €) berücksichtigt wird;
hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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Die Auffassung des FG, das FA habe den Antrag der Kläger, die Einspruchsentscheidung zur Einkommensteuer für 2014 gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO zu ändern, ermessensfehlerfrei abgelehnt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zwar geht das FG zu Recht davon aus, dass eine Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO grundsätzlich im Ermessen der Finanzbehörde steht (unter 1.). Allerdings ist es hierbei von unzutreffenden Ermessensgesichtspunkten ausgegangen (2.). Die Sache ist nicht spruchreif und daher an das FG zurückzuverweisen (3.).
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1. Noch zu Recht geht das FG davon aus, dass die Entscheidung über einen Änderungsantrag gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO grundsätzlich im (pflichtgemäßen) Ermessen der Finanzbehörde steht.
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a) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO nur aufgehoben oder geändert werden, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt zugunsten des Steuerpflichtigen --abgesehen von der im Streitfall nicht einschlägigen Fallgestaltung, dass die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft-- nur, soweit dieser vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat. Sätze 2 und 3 der Vorschrift regeln, dass ein solcher Antrag auf schlichte Änderung auch dann möglich ist, wenn --wie vorliegend-- der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert wird, sofern der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat.
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Diesen Anforderungen genügt der am 09.02.2017 von den Klägern gestellte Antrag auf Änderung der Einspruchsentscheidung vom 04.01.2017. Hierin haben die Kläger u.a. vorgetragen, die Einkommensteuer für 2014 sei selbst dann auf Null herabzusetzen, wenn man der in der Einspruchsentscheidung vertretenen Ansicht folgte, dass eine Abschreibung der Darlehensforderung mangels steuerrechtlicher Anerkennung des Vertragsverhältnisses ausgeschlossen sei. Denn in diesem Fall wären --so die dortigen Ausführungen der Kläger-- die Anschaffungskosten des Klägers für dessen Beteiligung an der X-GmbH in Höhe des Forderungsverzichts (174.500 €) gestiegen; die erforderliche Teilwertabschreibung der Beteiligung habe wiederum steuerlichen Aufwand von 104.700 € ausgelöst. Dieses innerhalb der Klagefrist erfolgte Vorbringen erfüllt unzweifelhaft das von der Rechtsprechung aufgestellte Konkretisierungserfordernis für einen Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO (vgl. hierzu grundlegend Senatsurteil vom 20.12.2006 - X R 30/05, BFHE 216, 31, BStBl II 2007, 503, unter II.2. und 3.a, m.w.N.; ebenso BFH-Beschluss vom 22.05.2019 - XI R 17/18, BFHE 264, 399, BStBl II 2019, 647, Rz 26 f.), so dass der Senat von weiteren Ausführungen hierzu absieht.
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b) Die Aufhebung oder Änderung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO steht --wie auch vom FG konstatiert-- ausweislich des Wortlauts der Vorschrift ("darf") im Ermessen der Finanzbehörde (§ 5 AO). Die Ermessensausübung ist allerdings durch den Grundsatz der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 AO) vorbestimmt und damit ggf. auf Null reduziert. Aus diesem Grund hat der BFH bereits mehrfach entschieden, dass die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung regelmäßig zwingend ist, wenn der Tatbestand der Korrekturvorschrift erfüllt ist (vgl. BFH-Entscheidungen vom 11.10.2017 - IX R 2/17, BFH/NV 2018, 322, Rz 15, m.w.N., sowie in BFHE 264, 399, BStBl II 2019, 647, Rz 24). Daher bedarf es der Überprüfung durch die Finanzbehörde, ob die Steuerfestsetzung, deren Aufhebung oder Änderung der Steuerpflichtige begehrt, ganz oder teilweise rechtswidrig ist (zum ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit bei Aufhebungen bzw. Änderungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO vgl. von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Vorb. zu §§ 172-177 AO Rz 70; Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl., § 172 Rz 32; von Wedelstädt in Gosch, AO § 172 Rz 38).
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2. Das FG hat unzutreffende Rechtsgrundsätze angewandt, wenn es unter Hinweis auf § 102 Satz 1 FGO die Entscheidung des FA, auf den Änderungsantrag der Kläger eine erneute Sach- und Rechtsprüfung abzulehnen, als ermessensfehlerfrei ansieht. Es hat sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, ob im Streitfall die Voraussetzungen für eine --gerichtlich voll überprüfbare-- Ermessensreduktion auf Null gegeben sind, d.h. ob das FA infolge einer zu prüfenden Rechtswidrigkeit der Einkommensteuerfestsetzung für 2014 zur Änderung verpflichtet ist.
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a) Das FG hat sich --wie zuvor das FA-- für seine Entscheidung auf den BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 831 berufen, in dem dieser die Ansicht vertreten hat, dass Tat- und Rechtsfragen, über die in der Einspruchsentscheidung bereits entschieden worden sei, im Regelfall in einem Änderungsverfahren gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO nicht erneut geprüft werden könnten. Begründet hat der VIII. Senat des BFH dies damit, aus § 348 Nr. 1 AO ergebe sich, dass das Einspruchsverfahren eine grundsätzlich abschließende Prüfung im Verwaltungsverfahren bedeute (Beschluss in BFH/NV 2010, 831, Rz 9).
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b) Der erkennende Senat muss nicht entscheiden, ob er dieser Auffassung, die von mehreren finanzgerichtlichen Urteilen geteilt wird (vgl. Sächsisches FG, Urteil vom 06.06.2012 - 8 K 1738/06, juris, Rz 16; FG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 01.07.2015 - 7 K 7245/12, EFG 2015, 1587, Rz 25, sowie vom 22.06.2017 - 5 K 11174/15, EFG 2017, 1404, Rz 12, Rev. VIII R 30/17; FG Münster, Urteil vom 19.10.2017 - 5 K 3971/14 U, EFG 2017, 1865, Rz 24 ff.), folgen kann (ausdrücklich offengelassen in den BFH-Entscheidungen vom 30.11.2010 - VIII B 3/10, BFH/NV 2011, 432, Rz 2, sowie in BFHE 264, 399, BStBl II 2019, 647, Rz 39; ablehnend dagegen FG Köln, Urteil vom 29.01.2014 - 7 K 2316/13, EFG 2014, 1061, Rz 49). Denn selbst bei Zugrundelegung der Ansicht des VIII. Senats des BFH, die im dortigen Beschluss im Übrigen keine entscheidungstragende Bedeutung hatte, wäre das FA im Streitfall verpflichtet gewesen, erneut in die Sach- und Rechtsprüfung einzusteigen und bei Erkenntnis der Rechtswidrigkeit aufgrund eines auf Null reduzierten Ermessens die Steuerfestsetzung zu ändern.
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aa) Anders als das FG und das FA meinen, haben sich die Kläger in ihrem Änderungsantrag vom 09.02.2017 nicht auf ihr sachliches und rechtliches Vorbringen im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren beschränkt. Vielmehr haben sie im Änderungsverfahren erstmals alternativ zum bisherigen Vortrag angeführt, dass die Einkommensteuerfestsetzung für 2014 selbst bei steuerrechtlicher Nichtanerkennung des Darlehensverhältnisses infolge einer Teilwertabschreibung der sodann zu erhöhenden Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung für das Streitjahr ebenfalls rechtswidrig zu hoch ausgefallen wäre.
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Hiermit haben die Kläger eine Rechtsfrage aufgeworfen, über die das FA zuvor noch nicht befunden hat. Vielmehr hat es in seiner Einspruchsentscheidung vom 04.01.2017 --ausgehend vom ursprünglichen Vorbringen der Kläger-- ausschließlich darüber entschieden, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb nicht durch die begehrte "Abschreibung" einer Darlehensforderung gegenüber der X-GmbH zu mindern seien. Als wesentlichen Grund hierfür hat das FA --wie bereits in den Einspruchsentscheidungen betreffend die Einkommensteuer für 2012 und 2013-- angeführt, dass nach seiner Ansicht der zwischen dem Kläger und der X-GmbH im April 2012 geschlossene Darlehensvertrag steuerrechtlich nicht anzuerkennen sei.
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bb) In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, dass das FA in der Einspruchsentscheidung vom 04.01.2017 zudem auf BFH-Rechtsprechung hingewiesen hat, der zu entnehmen ist, dass im Rahmen einer Betriebsaufspaltung notleidende (ggf. eigenkapitalersetzende) Darlehensforderungen eines Besitzunternehmers gegen die Betriebsgesellschaft aufgrund funktioneller Einheit beider Unternehmen nur unter denselben Bedingungen teilwertberichtigt werden könnten wie die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft selbst (BFH-Urteile vom 06.11.2003 - IV R 10/01, BFHE 204, 438, BStBl II 2004, 416, unter 2.c; vom 10.11.2005 - IV R 13/04, BFHE 211, 294, BStBl II 2006, 618, unter II.2.b, sowie vom 14.10.2009 - X R 45/06, BFHE 227, 50, BStBl II 2010, 274, unter II.1.c und d). Hiermit hat das FA lediglich begründet, weshalb die Kläger --neben der streitigen steuerrechtlichen Anerkennung des Darlehens dem Grunde nach-- auch nicht ihren Substantiierungserfordernissen für eine gewinnmindernde Abschreibung jenes Darlehens nachgekommen sein sollen.
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Keinesfalls ergibt sich aus diesen rechtlichen Hinweisen, dass sich das FA bereits im Einspruchsverfahren mit dem alternativen Rechtsvortrag der Kläger auseinandergesetzt hat. Es hat ersichtlich nicht erwogen, ob die Zuführung von Geldmitteln an die X-GmbH entweder bereits im April 2012 oder erst zum Zeitpunkt des teilweisen Rückzahlungsverzichts im Dezember 2014 als verdeckte Einlage zu werten war und welche konkreten steuerrechtlichen Folgen hieraus im Streitjahr 2014 zu ziehen waren. Dies erscheint auch deshalb ausgeschlossen, da eine Teilwertabschreibung der Beteiligung an der X-GmbH, die seit dem Jahr 2009 durchgängig mit dem Erinnerungswert von 1 € im Betriebsvermögen des Besitzunternehmens des Klägers aktiviert war, bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens zwischen den Beteiligten nicht in Rede stand.
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob das FA aufgrund einer Ermessensreduktion auf Null zu einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für 2014 zu verpflichten ist. Es fehlen tatsächliche Feststellungen dazu, ob und --wenn ja-- in welchem Umfang jene Steuerfestsetzung materiell rechtswidrig ist. Aus diesem Grund geht die Sache zur weiteren Sachaufklärung an die Vorinstanz zurück. Hierbei wird das FG zu beachten haben, dass die Kläger ihren Änderungsantrag vom 09.02.2017 nicht nur mit neuem rechtlichen Vorbringen (Teilwertabschreibung der GmbH-Beteiligung) begründet haben, sondern die begehrte Herabsetzung der Einkommensteuer für 2014 weiterhin auf den Ansatz eines verzichtsbedingten Forderungsverlusts in Höhe von 174.500 € (der nicht als Teilwertabschreibung der Forderung zu werten ist) stützen. Im Hinblick darauf, dass beide rechtlichen Begründungsansätze in einem engen Alternativverhältnis zueinander stehen, wird sich die Rechtmäßigkeitsprüfung auch auf beide Alternativen zu erstrecken haben.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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