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BFH 10.07.2019 - XI R 2/18
BFH 10.07.2019 - XI R 2/18 - (Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 10.07.2019 XI R 28/18 - Rechnungsangaben beim Vorsteuerabzug - handelsübliche Bezeichnung)
Normen
§ 14 Abs 4 S 1 Nr 5 UStG 2005, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, Art 226 Nr 6 EGRL 112/2006, § 118 Abs 2 FGO, UStG VZ 2013, UStG VZ 2014
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 12. Oktober 2017, Az: 1 K 2402/14, Urteil
Leitsatz
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Parallelentscheidung zu XI R 28/18:
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1. NV: Zur Frage, welchen Anforderungen Rechnungsangaben zur Bezeichnung der Menge und der Art der gelieferten Gegenstände i.S. des Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL genügen müssen, kann sich ein Unternehmer darauf berufen, dass die von ihm verwendeten Bezeichnungen "handelsüblich" i. S. des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG sind .
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2. NV: Die Tatsacheninstanz muss --u.U. unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen-- ermitteln, welche Angabe der Art der gelieferten Gegenstände unter Berücksichtigung von Handelsstufe, Art und Inhalt des Geschäftes und dem Wert der einzelnen Waren handelsüblich ist .
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 12.10.2017 - 1 K 2402/14 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, handelt mit Modeschmuck und Accessoires im sog. Niedrigpreissegment. Die Waren werden jeweils in großen Mengen eingekauft. Die Einkaufspreise je Artikel bewegen sich im unteren bis mittleren einstelligen Eurobereich.
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Die Klägerin machte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für Dezember 2013 u.a. Vorsteuerabzugsbeträge in Höhe von insgesamt ... € aus acht Rechnungen von vier Lieferanten und in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung für Januar 2014 Vorsteuerabzugsbeträge in Höhe von insgesamt ... € aus zwei Rechnungen von zwei Lieferanten über die Lieferung von Modeschmuck und Accessoires geltend.
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Die streitgegenständlichen Rechnungen enthalten die folgenden Angaben: Bezeichnung des Artikels ("Kette", "Ohrring", "Gürtel", "Handyzubehör", "Schals", "Geldbörse", "Ring", "Armband", "Mütze", "Handschuhe", "Krawatten", "Uhr", "Div. Modeschmuck (Armband, Ohrring, Kette, etc.)" bzw. "Jewellery", "Hat", "Tape", "Plastic Gift", "Paper Label", "Cap", "Scarf", "Watch Box", "Watch", "Glove", "Belt" ), Netto-Einzelpreis je Artikel, Anzahl der gelieferten Artikel (im drei- und vierstelligen Bereich), Netto-Gesamtpreise, Umsatzsteuer und Rechnungsbetrag. Sonstige Belege --wie Bestellunterlagen, Lieferscheine, Korrespondenz mit den Lieferanten-- liegen nicht vor.
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Wegen unzureichender Leistungsbeschreibungen ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Vorsteuerabzug aus den streitgegenständlichen Rechnungen nicht zu und setzte die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2013 mit Bescheid vom 10.04.2014 in Höhe von ... € und für Januar 2014 mit Bescheid vom 18.07.2014 in Höhe von ... € fest.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 03.11.2014 wies das FA die Einsprüche der Klägerin gegen die Ablehnung der Änderung des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheides für Dezember 2013 sowie gegen den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für Januar 2014 als unbegründet zurück.
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Während des dagegen anhängigen Klageverfahrens stimmte das FA den zwischenzeitlich eingereichten Jahressteuererklärungen vom 25.02.2015 (Umsatzsteuer 2013) und vom 23.12.2015 (Umsatzsteuer 2014) zu, die die streitigen Vorsteuerbeträge nicht enthielten.
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Das Hessische Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 12.10.2017 - 1 K 2402/14 (veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2018, 335) ab, da die streitgegenständlichen Rechnungen den Anforderungen zur Ausübung des Vorsteuerabzugs mangels hinreichender Leistungsbeschreibungen nicht genügten.
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Es führte im Wesentlichen aus, dass für eine hinreichende Leistungsbeschreibung in einer ordnungsgemäßen Rechnung eine Beschaffenheitsbeschreibung dergestalt notwendig sei, dass die zu einer Identifizierung notwendigen und erforderlichen Merkmale beschrieben werden. Die bloße Angabe einer Gattung stelle keine handelsübliche Bezeichnung dar. Diesbezüglich schließe man sich den Ausführungen im Urteil des Hessischen FG vom 23.06.2015 - 6 K 1826/12 (juris) zu Warenbezeichnungen bei Textileinzelhändlern an. Diese Überlegungen würden in gleicher Weise für den Handel mit Modeschmuck, Uhren und Accessoires gelten. Hinsichtlich der Handelsüblichkeit einer Bezeichnung sei nicht nach verschiedenen Verkehrskreisen --nämlich dem Handel mit Waren im mittleren und oberen Preissegment einerseits, dem Handel mit Waren im Niedrigpreissegment andererseits-- zu differenzieren.
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Die Revisionsbegründung der Klägerin wurde am 13.03.2018 um 19:36 Uhr per Fax an den Bundesfinanzhof (BFH) so übermittelt, dass alle Seiten des Schriftsatzes aufgrund eines schmalen schwarzen Seitenstreifens teilweise unleserlich waren. Die Unterschrift war leserlich. Die Originalschrift ging mit Post am 15.03.2018 beim BFH ein.
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Nach einem diesbezüglichen Hinweis durch die Geschäftsstelle des Senats beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 19.03.2018 vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte aus, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, dass das Fax-Gerät durch einen Längsstreifen den Text teilweise verdeckt.
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Die Klägerin macht mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend. Das FG habe zu Unrecht --losgelöst von handelsüblichen Gepflogenheiten-- lediglich negativ abgegrenzt, was keine handelsübliche Bezeichnung sei. Zu berücksichtigen sei hier jedoch die jeweilige Handelsstufe und Größe des Marktteilnehmers, da an kleineren Marktteilnehmern --mangels EDV-technischer Vernetzung-- nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden könnten, ohne dass eine unzulässige Marktbeschränkung vorläge.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung vom 03.11.2014 und der als Festsetzung geltenden Steuererklärungen vom 25.02.2015 sowie vom 23.12.2015 die Umsatzsteuer für 2013 auf ... € und für 2014 auf ... € festzusetzen.
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Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Es trägt vor, dass unter Textilhändlern eine Leistungsbeschreibung handelsüblich sei, bei der die Eigenmarke, der Modelltyp, die Farbe und Größe, die Schnittform oder das Material der Ware angegeben werde, da kein Einzelhändler ein Interesse daran haben könne, das Risiko einzugehen, in nahezu unbegrenzter Menge einen immer gleichen Modeartikel zu erwerben.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist zulässig und begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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A. Die Revision ist nicht bereits wegen Versäumung der für die Revisionsbegründung vorgeschriebenen Frist als unzulässig zu verwerfen.
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1. Die Revision ist grundsätzlich innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen (§ 120 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO). Die Frist kann --wie vorliegend geschehen-- auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag verlängert werden (§ 120 Abs. 2 Satz 3 FGO).
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2. Das vor dem Ablauf der Revisionsbegründungsfrist beim BFH eingegangene Telefax hat diese Frist gewahrt, da aufgrund der vorliegenden Unterschrift die Schriftform nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO eingehalten war, es die Klägerin und das angefochtene Urteil (vgl. § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO) erkennen ließ und man hieraus die Angabe der Revisionsgründe i.S. des § 120 Abs. 3 FGO inhaltlich ausreichend eindeutig (infolge leichthin ausdeutbarer Satzzusammenhänge) entnehmen konnte.
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3. Darauf, ob Wiedereinsetzungsgründe gemäß § 56 FGO ordnungsgemäß glaubhaft gemacht wurden, kommt es somit nicht an.
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B. Die Revision ist auch begründet.
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Zwar hat das FG zu Recht angenommen, dass die nach unionsrechtlichen Vorgaben notwendigen Rechnungsangaben im Rahmen ihres Kontrollzwecks auch dem Ausschluss der mehrfachen Abrechnung derselben Leistung dienen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14.10.2002 - V B 9/02, BFH/NV 2003, 213, unter II.1., Rz 15; vom 05.02.2010 - XI B 31/09, BFH/NV 2010, 962, Rz 8; BFH-Urteil vom 15.05.2012 - XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836, Rz 43). Allerdings genügt nach der nationalen Regelung in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als Angabe der Art der gelieferten Gegenstände deren "handelsübliche Bezeichnung". Die Feststellungen der Vorinstanz zur Handelsüblichkeit der streitgegenständlichen Angaben tragen die Entscheidung nicht, so dass im zweiten Rechtsgang Ermittlungen dazu erforderlich sind, ob die von den Lieferanten verwendeten Bezeichnungen unter Berücksichtigung der Handelsstufe, Art und Inhalt der Lieferungen handelsüblich sind.
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1. Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Unionsrechtliche Grundlage ist insofern Art. 178 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), wonach der Steuerpflichtige, um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, eine Rechnung besitzen muss, die die in Art. 226 MwStSystRL aufgeführten Angaben enthält.
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2. Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss grundsätzlich die dem Unternehmer erteilte Rechnung ordnungsgemäß sein und den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entsprechen (BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 1836, Rz 37; vom 16.01.2014 - V R 28/13, BFHE 244, 126, BStBl II 2014, 867, Rz 10). Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung hat daher nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG folgende Angaben zu enthalten: "die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung".
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind diese Anforderungen dahingehend auszulegen, dass die Rechnung Angaben tatsächlicher Art enthalten muss, die die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen, ohne dass dabei eine erschöpfende Beschreibung der konkret erbrachten Leistungen erforderlich ist. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BFH-Urteile in BFHE 244, 126, BStBl II 2014, 867, Rz 12; vom 01.03.2018 - V R 18/17, BFHE 261, 187, Rz 15 f., jeweils m.w.N.). Mit der --aus der Vorgängerregelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG i.d.F. bis zum 31.12.2003-- übernommenen Formulierung "handelsübliche Bezeichnung" (im Klammerzusatz) verweist § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG auf die (besonderen) Abrechnungsgepflogenheiten unter Kaufleuten (vgl. BFH-Beschluss vom 14.03.2019 - V B 3/19, BFHE 263, 571, Rz 18).
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b) Unionsrechtliche Grundlage dieser Vorschrift ist für das Streitjahr Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL. Hiernach müssen ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke u.a. "Menge und Art der gelieferten Gegenstände beziehungsweise Umfang und Art der erbrachten Dienstleistung" enthalten. Eine Bezugnahme auf die Handelsüblichkeit der verwendeten Bezeichnung enthält der Wortlaut des Unionsrechts nicht (vgl. auch die englische Fassung: "... nature of the goods supplied" oder die französische Fassung: "... la nature des biens livrés").
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c) Die formellen Anforderungen des Vorsteuerabzugs regeln die Modalitäten und die Kontrolle seiner Ausübung sowie das ordnungsgemäße Funktionieren des Mehrwertsteuersystems (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- Astone vom 28.07.2016 - C-332/15, EU:C:2016:614, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2017, 457, Rz 47, m.w.N.). Insbesondere die Anforderungen des Art. 226 MwStSystRL an die Angaben in einer Rechnung stellen formelle Voraussetzungen des Abzugsrechts dar (EuGH-Urteile Barlis 06 - Investimentos Imobiliarios e Turisticos vom 15.09.2016 - C-516/14, EU:C:2016:690, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2016, 795, Rz 41; Senatex vom 15.09.2016 - C-518/14, EU:C:2016:691, UR 2016, 800, Rz 29; Paper Consult vom 19.10.2017 - C-101/16, EU:C:2017:775, Mehrwertsteuerrecht 2017, 991, Rz 40; Vadan vom 21.11.2018 - C-664/16, EU:C:2018:933, HFR 2019, 65, Rz 40; EuGH-Beschluss Mennica Wrocławska vom 13.12.2018 - C-491/18, EU:C:2018:1042, Rz 33).
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aa) Dabei sollen die Angaben, die eine Rechnung enthalten muss, den Steuerverwaltungen es insbesondere ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren (vgl. EuGH-Urteile Barlis 06 - Investimentos Imobiliarios e Turisticos, EU:C:2016:690, UR 2016, 795, Rz 27, mit Verweis auf Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 18.02.2016 zur Rechtssache C-516/14, EU:C:2016:101, Rz 46; Geissel und Butin vom 15.11.2017 - C-374/16 und C-375/16, EU:C:2017:867, UR 2017, 970, Rz 41; BFH-Urteil in BFHE 261, 187, Rz 16). Dazu gehört auch, dass ausgeschlossen werden kann, dass eine Leistung mehrfach abgerechnet wird (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 213, unter II.1., Rz 15; in BFH/NV 2010, 962, Rz 8; BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1836, Rz 43).
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bb) Regelmäßig dürfte die nach diesen Maßstäben erforderliche Bezeichnung mit derjenigen übereinstimmen, mit der auch der Hersteller die Waren üblicherweise in den Verkehr bringt und die damit handelsüblich ist (so auch FG Hamburg, Urteil vom 30.09.2015 - 5 K 85/12, juris, Rz 47; BeckOK UStG/Weymüller, 21. Ed. 24.04.2019, UStG § 14 Rz 355.4). Denn eine "handelsübliche Bezeichnung" muss den Erfordernissen von Kaufleuten genügen, d.h. sie soll -- ebenso wie für Umsatzsteuerzwecke -- den Abgleich zwischen konkret gelieferter und in Rechnung gestellter Ware ermöglichen, um etwaige Mängel dem Verkäufer unverzüglich anzuzeigen, da die gelieferte Ware nach § 377 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs ansonsten als genehmigt gilt (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 263, 571, Rz 18). Somit wird dem Klammerzusatz in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG im Regelfall nur erläuternde und indizielle Bedeutung zukommen.
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d) Im Bereich des Vorsteuerabzugs können die Mitgliedstaaten nach Art. 273 MwStSystRL zwar weitere Verpflichtungen vorsehen, die sie für erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Mehrwertsteuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden. Diese Möglichkeit darf aber nicht dazu genutzt werden, zusätzlich zu den namentlich in Art. 226 MwStSystRL genannten Pflichten weitere Pflichten in Bezug auf die Rechnungsstellung festzulegen (EuGH-Urteile Pannon Gép Centrum vom 15.07.2010 - C-368/09, EU:C:2010:441, UR 2010, 693, Rz 41; Polski Trawertyn vom 01.03.2012 - C-280/10, EU:C:2012:107, UR 2012, 366, Rz 42; Evita-K vom 18.07.2013 - C-78/12, EU:C:2013:486, UR 2014, 475, Rz 51; Barlis 06 - Investimentos Imobiliarios e Turisticos, EU:C:2016:690, UR 2016, 795, Rz 25; Geissel und Butin, EU:C:2017:867, UR 2017, 970, Rz 36 ff.). Daher müssen nach Art. 226 MwStSystRL ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke nur die darin genannten Angaben enthalten (vgl. EuGH-Urteil Barlis 06 - Investimentos Imobiliarios e Turisticos, EU:C:2016:690, UR 2016, 795, Rz 25).
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aa) Dementsprechend ist der Klammerzusatz "handelsübliche Bezeichnung" in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG in Übereinstimmung mit den o.g. Vorgaben unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass dies keine zusätzliche --verschärfende-- Voraussetzung für den Vorsteuerabzug darstellt. Insofern genügt jede Bezeichnung der Art der gelieferten Gegenstände den formellen Vorsteuerabzugsvoraussetzungen, die unter die unionsrechtliche Definition "Menge und Art der gelieferten Gegenstände" fällt. Die Prüfung, ob dies im jeweiligen Einzelfall erfüllt ist, obliegt der jeweiligen Tatsacheninstanz (EuGH-Urteil Barlis 06 - Investimentos Imobiliarios e Turisticos, EU:C:2016:690, UR 2016, 795, Rz 28).
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Diese Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der durch § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2003 (BGBl I 2003, 2645) die Vorgaben der sog. Rechnungsrichtlinie (Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom 20.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG mit dem Ziel der Vereinfachung, Modernisierung und Harmonisierung der mehrwertsteuerlichen Anforderungen an die Rechnungsstellung) umsetzen wollte (BRDrucks 630/03, 82; BTDrucks 15/1562, 48).
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bb) Soweit die Verwendung der "handelsüblichen Bezeichnung", d.h. einer im Geschäftsverkehr für einen Gegenstand allgemein bzw. üblicherweise verwendeten Bezeichnung (vgl. Erkenntnis des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs --ÖVwGH-- vom 23.02.2005 - 2001/14/0002, abrufbar im "Rechtsinformationssystem des Bundes" unter www.ris.bka.gv.at; FG Münster, Urteil vom 14.03.2019 - 5 K 3770/17 U, EFG 2019, 1137, Rz 67; Abschn. 14.5 Abs. 15 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses) eine Vereinfachung im geschäftlichen Verkehr darstellt und damit eventuell von den Mindestvorgaben des Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL abweicht (vgl. Widmann in Schwarz/ Widmann/Radeisen, UStG, § 14 Rz 102), könnte sie für den Unternehmer "günstiger" sein. Dann ginge dies dem Unionsrecht vor, selbst wenn es dem Unionsrecht widersprechen würde (BFH-Urteile vom 25.11.2004 - V R 4/04, BFHE 208, 470, BStBl II 2005, 415, unter II.4.c, Rz 37, m.w.N.; vom 18.08.2005 - V R 42/03, BFHE 211, 537, BStBl II 2006, 44, unter II.4., Rz 41; vom 24.08.2017 - V R 25/16, BFHE 259, 171, Rz 14). Insofern kann der Klammerzusatz nicht völlig unbeachtet bleiben (a.A. FG Münster in EFG 2019, 1137, Rz 66, 74). Vielmehr kommt ihm als nationalem "Hilfsmerkmal" eigenständige Bedeutung zu, da sich der Unternehmer darauf berufen kann, dass die Voraussetzungen nach nationalen Vorgaben erfüllt sind.
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cc) Hiergegen kann nicht eingewendet werden, dass Handelsgepflogenheiten nicht Gesetze auslegen könnten, sondern sich am Gesetz ausrichten müssten (so aber Kulmsee, EFG 2019, 1140), denn der Handel muss seine Bezeichnungen nicht anpassen, wenn der Gesetzgeber handelsübliche Bezeichnungen ausdrücklich ausreichen lässt.
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3. Gemessen daran hält die Vorentscheidung den Angriffen der Revision nicht stand und ist aufzuheben.
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Das FG hat den Sachverhalt zwar dahingehend gewürdigt, dass die in den Rechnungen enthaltene bloße Angabe einer Gattung ("Kette", "Ohrring", "Gürtel", "Handyzubehör", "Schals", "Geldbörse", "Ring", "Armband", "Mütze", "Handschuhe", "Krawatten", "Uhr", "Div. Modeschmuck (Armband, Ohrring, Kette, etc.)" sowie "Jewellery", "Hat", "Tape", "Plastic Gift", "Paper Label", "Cap", "Scarf", "Watch Box", "Watch", "Glove", "Belt") keine handelsübliche Bezeichnung darstelle. Allerdings ist diese Würdigung für den Senat nicht bindend, da das FG bei seinen Erwägungen hierzu weder von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen noch nachvollziehbar ist, auf welchen Ermittlungen und Erwägungen sie beruht.
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a) Zwar obliegt die Subsumtion der im vorliegenden Streitfall verwendeten Bezeichnungen unter den Begriff "handelsübliche Bezeichnung" nach nationalem Verfahrensrecht dem FG (vgl. BFH-Beschluss vom 29.03.2016 - XI B 77/15, BFH/NV 2016, 1181, Rz 22) und bindet den BFH als Sachverhaltswürdigung grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO.
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b) Dies gilt jedoch nur, wenn die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung frei von Verfahrensfehlern ist und weder Widersprüche noch einen Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze enthält und zumindest möglich ist (BFH-Urteile vom 01.03.2016 - XI R 11/14, BFHE 253, 438, BStBl II 2016, 753, Rz 21; vom 13.06.2018 - XI R 2/16, BFHE 262, 187, BStBl II 2018, 678, Rz 7; vom 14.11.2018 - XI R 16/17, BFHE 263, 71, Rz 25, m.w.N.). Außerdem hat der BFH im Rahmen der revisionsrechtlichen Kontrolle auch nachzuprüfen, ob das FG die für die Subsumtion bedeutsamen Begleitumstände erforscht und zutreffend gewürdigt hat (BFH-Urteile vom 28.08.2013 - XI R 4/11, BFHE 243, 41, BStBl II 2014, 282, Rz 47; vom 03.08.2017 - V R 15/17, BFHE 258, 566, Rz 26; in BFHE 263, 71, Rz 23 f.; vom 14.02.2019 - V R 22/17, BFHE 264, 83, BStBl II 2019, 350, Rz 27, jeweils m.w.N.).
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c) Im Streitfall ist die Vorinstanz hinsichtlich der Handelsüblichkeit der verwendeten Bezeichnungen bereits von nicht tragfähigen Prämissen ausgegangen.
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Zum einen nimmt das FG auf "Ermittlungen" des Hessischen FG im Urteil vom 23.06.2015 - 6 K 1826/12 (juris) zur Handelsüblichkeit von Bezeichnungen im Einzelhandel Bezug und hält diese auf Großhändler für übertragbar, da auch deren Waren mittelbar über weitere Händler in den Einzelhandel gelangen würden. Allerdings ist bereits der Schluss aus den Bedürfnissen des Einzelhandels darauf, was im Großhandel üblich sei, bei der Feststellung der tatsächlich im Großhandel allgemein gebräuchlichen Bezeichnungen nicht zulässig.
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Zum anderen geht es fälschlicherweise davon aus, dass nicht nach verschiedenen Verkehrskreisen --nämlich dem Handel mit Waren im mittleren und oberen Preissegment einerseits und dem Handel mit Waren im Niedrigpreissegment andererseits-- zu differenzieren sei. Vielmehr ist die Handelsüblichkeit einer Bezeichnung immer von den Umständen des Einzelfalles, wie etwa der jeweiligen Handelsstufe, Art und Inhalt des Geschäftes und insbesondere dem Wert der einzelnen Waren, abhängig (vgl. ÖVwGH, Erkenntnis vom 23.02.2005 - 2001/14/0002). Insofern fehlt auch eine nachvollziehbare Begründung für die Annahme, Feststellungen bezüglich der Handelsüblichkeit von Bezeichnungen im Textilgroßhandel würden auf den Handel mit Modeschmuck, Uhren und Accessoires unmittelbar übertragbar sein.
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Schließlich hat das FG in keiner Weise dargelegt, aufgrund welcher Tatsachenermittlungen es zu dem Ergebnis kommt, dass die Bezeichnung im gegebenen Zusammenhang nicht als handelsüblich angesehen werden kann. So fehlen Feststellungen dazu, welche Bezeichnungen und Mengenangaben statt den von den Lieferanten verwendeten handelsüblich seien, wie die Geschäfte auf der Handelsstufe der Klägerin abgewickelt werden und welche konkretere Beschreibungen allgemein gebräuchlich seien (vgl. ÖVwGH, Erkenntnis vom 23.02.2005 - 2001/14/0002; Ruppe/Achatz, Kommentar zum österreichischen Umsatzsteuergesetz, 5. Aufl., § 11 Rz 68).
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Damit fehlt es im Streitfall an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für eine Sachverhaltswürdigung. Hierin liegt ein materiell-rechtlicher Fehler, der zur Aufhebung des Urteils führt (vgl. z.B. allgemein BFH-Urteile vom 25.09.2014 - III R 10/14, BFHE 247, 239, BStBl II 2015, 655, Rz 28; vom 25.10.2016 - I R 54/14, BFHE 256, 66, BStBl II 2017, 1216, Rz 10, jeweils m.w.N.; vom 08.02.2017 - I R 55/14, BFH/NV 2017, 1588, Rz 15).
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4. Die Sache ist nicht spruchreif. Es kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG nicht darauf geschlossen werden, dass die in den streitgegenständlichen Rechnungen verwendete Angabe der Art der gelieferten Gegenstände unter Berücksichtigung von Handelsstufe, Art und Inhalt des Geschäftes und dem Wert der einzelnen Waren nicht handelsüblich ist und damit den Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG genügt. Das FG wird somit im zweiten Rechtsgang die erforderlichen Ermittlungen zur handelsüblichen Bezeichnung der gelieferten Gegenstände --möglicherweise unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen-- vorzunehmen haben.
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5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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