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BFH 20.06.2016 - X B 14/16
BFH 20.06.2016 - X B 14/16 - Kein anteiliger Betriebsausgabenabzug für Küche, Flur und WC bei Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers oder einer Betriebsstätte in der ansonsten privat genutzten Wohnung
Normen
§ 4 Abs 4 EStG 1997, § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b EStG 1997, § 76 Abs 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 11. Dezember 2015, Az: 2 K 291/13, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Wenn ein Steuerpflichtiger einen Raum seiner im Übrigen privat genutzten Wohnung zu beruflichen oder betrieblichen Zwecken nutzt, können anteilige Aufwendungen der Allgemeinräume (Küche, Flur, WC) nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden. Dies gilt sowohl, wenn es sich bei dem beruflich oder betrieblich genutzten Raum um ein "häusliches Arbeitszimmer" handelt (BFH-Urteil vom 17. Februar 2016 X R 26/13) als auch dann, wenn dieser Raum einkommensteuerrechtlich als Betriebsstätte anzusehen ist .
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2. NV: Ein FG, das über den Anteil der privaten bzw. beruflichen/betrieblichen Nutzung eines Wirtschaftsguts auf der Grundlage eines im bisherigen Verfahren nicht erörterten Aufteilungsmaßstabs entscheiden will, muss den Steuerpflichtigen, in dessen Sphäre sich die maßgebenden Tatsachen ereignet haben, zunächst von Amts wegen auffordern, substantiierte Angaben in das Verfahren einzuführen; es darf nicht ohne jeglichen Versuch der Sachaufklärung entscheiden .
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 11. Dezember 2015 2 K 291/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte im Streitjahr 1999 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer im EDV-Bereich. Er bewohnte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin (L) ein Einfamilienhaus. Einen Raum dieses Hauses nutzte er für Zwecke seines Einzelunternehmens, und zwar nach seinem Vorbringen auch für die Montage von Computern und Zubehör. Vier weitere Räume des Einfamilienhauses vermietete er für gewerbliche Zwecke an L bzw. an zwei GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er war. Hieraus erzielte er (negative) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
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Im Klageverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 begehrte der Kläger u.a., die anteiligen Kosten für den Flur, die Küche, die Garderobe und das Gäste-WC des selbstgenutzten Einfamilienhauses (im Folgenden: Allgemeinräume) sowie die anteilige Absetzung für Abnutzung (AfA) für die Einbauküche zu 20 % als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb und zu 60 % als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen. Wenn man die Nutzung dieser Räume zu gleichen Teilen auf die fünf Nutzungsbereiche des Gebäudes (gewerbliche Nutzung durch den Kläger, Nutzung durch die Mieterin L, Nutzung durch die GmbH I, Nutzung durch die GmbH II, private Nutzung durch den Kläger und L) verteile, bleibe nur ein Privatnutzungsanteil von 20 %.
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Am 6. April 2011 kam es in einem Parallelverfahren zum Veranlagungszeitraum 1998 zu einer tatsächlichen Verständigung. Danach sollten die Aufwendungen für die Allgemeinräume sowohl für das Jahr 1998 als auch für die Folgejahre zu 25 % den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugeordnet werden. Der eigengewerblich genutzte Raum sei als "Werkstattraum" anzusehen; die für häusliche Arbeitszimmer vorgesehene Abzugsbegrenzung sei daher nicht anzuwenden. Hinsichtlich der Aufwendungen für den "Werkstattraum" verständigten sich die Beteiligten für das Jahr 1998 auf einen Abzug von 10.000 DM; für die Folgejahre sollten "die von dem Kläger geltend gemachten Kosten des sog. Arbeitszimmers in unbeschränkter Höhe anerkannt" werden.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ am 23. Februar 2012 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1999, in dem es die entsprechend der tatsächlichen Verständigung geminderten Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte.
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Anschließend machte der Kläger im fortgeführten Klageverfahren für das Streitjahr 1999 geltend, bei der tatsächlichen Verständigung sei vergessen worden, auch für das Einzelunternehmen einen Anteil für die Kosten der Allgemeinräume anzusetzen. Insoweit begehrte er weiterhin einen Anteil von 20 %.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es könne offen bleiben, ob schon aus der tatsächlichen Verständigung folge, dass über die vom FA zugestandenen 25 % hinaus keine weiteren Aufwendungen für die Allgemeinräume abziehbar seien. Jedenfalls seien diese Aufwendungen materiell-rechtlich nicht als Betriebsausgaben abziehbar, da es sich um gemischte Aufwendungen handele, für die kein objektiver Aufteilungsmaßstab ersichtlich sei. Im Übrigen habe der Kläger weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen, dass diese Räume überhaupt in einem mehr als nur unbedeutenden Umfang auch betrieblich genutzt würden.
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Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen Divergenz und Verfahrensmängeln.
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Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist --bei Zweifeln daran, ob die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) überhaupt erfüllt sind-- jedenfalls unbegründet.
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1. Der Kläger rügt als Verfahrensmangel zunächst, das FG habe gegen den klaren Inhalt der Akten --und damit gegen die aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO folgende Pflicht zur Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens-- verstoßen, indem es übersehen habe, dass nach der tatsächlichen Verständigung sämtliche mit dem "Werkstattraum" zusammenhängenden Kosten abziehbar sein sollten.
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Damit rügt der Kläger indes keinen Verfahrensmangel. Das FG hat die tatsächliche Verständigung nicht etwa übersehen, sondern versucht, sie nach allen Seiten (positive Bindungswirkung, negative Bindungswirkung, "Vergessen" der Einkünfte aus Gewerbebetrieb) zu würdigen. Eine positive Bindungswirkung --in dem Sinne, dass eine Einigung auf einen bestimmten Nutzungsanteil der Allgemeinräume bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb erzielt worden sei-- hat es ausgeschlossen. Ob eine negative Bindungswirkung --i.S. eines Ausschlusses einer steuerlichen Berücksichtigung über die vom FA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugestandenen 25 % hinaus-- bestehe, hat das FG offen gelassen.
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Letztlich rügt der Kläger lediglich, das FG habe die tatsächliche Verständigung fehlerhaft gewürdigt. Damit wird aber kein Verfahrensmangel, sondern ein --vermeintlicher-- materiell-rechtlicher Fehler geltend gemacht. Derartige Fehler führen grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 X B 127/10, BFH/NV 2011, 632, unter 3.).
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2. Soweit der Kläger als weiteren Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten rügt, das FG habe die AfA auf das "Mobiliar" --womit vermutlich die Einbauküche gemeint ist-- nicht berücksichtigt, ist darauf hinzuweisen, dass das FG schon aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Betriebsausgabenabzug für die Kosten der Allgemeinräume hat gewähren wollen. Dies schließt die AfA auf die Einbauküche mit ein.
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3. Weiter rügt der Kläger als Verfahrensmangel, das FG-Urteil sei insoweit nicht mit Gründen versehen (§ 119 Nr. 6 FGO), als das FG nicht begründet habe, weshalb die Aufteilung der Kosten der Allgemeinräume nach Nutzern keinen geeigneten Maßstab darstellt.
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Indes hat das FG im Gliederungspunkt II.2.f seines Urteils (Bl. 16, 17 des Urteilsabdrucks) die mangelnde Eignung dieses Aufteilungsmaßstabs in hinreichender und nachvollziehbarer Weise begründet. Einer weiteren Begründung bedurfte es angesichts der offenkundig fehlenden Eignung und Substantiierung des vom Kläger vertretenen Aufteilungsmaßstabs nicht.
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4. Im Ergebnis ebenfalls nicht durchdringen kann der Kläger mit seiner Rüge, das FG habe die Sachaufklärungspflicht verletzt, indem es einerseits ausgeführt habe, allein eine Aufteilung nach Nutzungszeiten stelle einen geeigneten Maßstab dar, andererseits aber den Kläger nicht zur Angabe der Nutzungszeiten aufgefordert habe.
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Dem Kläger ist zwar zuzugestehen, dass ein FG, das auf der Grundlage eines im bisherigen Verfahren nicht erörterten Aufteilungsmaßstabs entscheiden will, den Steuerpflichtigen, in dessen Sphäre sich die maßgebenden Tatsachen ereignet haben, zunächst von Amts wegen auffordern muss, substantiierte Angaben in das Verfahren einzuführen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. September 2011 X B 35/11, BFH/NV 2012, 177, Rz 12). Dies hat das FG unterlassen.
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Eine formgerechte Verfahrensrüge muss allerdings auch Ausführungen dazu enthalten, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei der unterbliebenen Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten (Senatsbeschlüsse vom 18. Mai 2011 X B 124/10, BFH/NV 2011, 1838, unter II.2.d, und vom 22. August 2012 X B 155/11, BFH/NV 2012, 2015, unter II.1.a). Dazu hätte vorliegend die Angabe der jeweiligen Nutzungszeiten in der Beschwerdebegründung gehört. Daran fehlt es.
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Im Übrigen hatte der Kläger vor dem FG selbst angegeben, er habe als Aufteilungsmaßstab "die Anzahl der Nutzer verwendet, weil ein anderer Aufteilungsschlüssel nicht sinnvoll erschien und realistisch möglich war" (Bl. 10 oben seines Schreibens vom 3. November 2004). Vor dem Hintergrund dieser eigenen Einschätzung des Klägers war es jedenfalls vertretbar, dass das FG ihn nicht zu Angaben über die Nutzungszeiten aufforderte.
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5. Auch in Bezug auf die Rüge, das FG hätte aufklären müssen, auf welcher objektiven Grundlage der 25 %-Nutzungsanteil bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ermittelt worden sei, fehlt es an den erforderlichen Darlegungen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich im Falle der Durchführung der begehrten Sachaufklärung ergeben hätten.
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6. Ferner begehrt der Kläger die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Er rügt insoweit eine Divergenz des angefochtenen Urteils zum Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Juli 2015 GrS 1/14 (BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 71). Dort sei eine Aufteilung nach Nutzungszeiten nicht als geeignet angesehen worden. Demgegenüber habe das FG diese Eignung bejaht.
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Die vom Kläger dargelegte Divergenz in den Rechtssätzen liegt zwar vor. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Entscheidung des Großen Senats erst nach Ergehen des angefochtenen Urteils veröffentlicht worden ist.
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Eine Revisionszulassung erfordert darüber hinaus aber, dass die herangezogenen Rechtssätze sowohl im angefochtenen Urteil als auch in der vermeintlichen Divergenzentscheidung tragend waren (Senatsbeschluss vom 28. Januar 2015 X B 103/14, BFH/NV 2015, 702, Rz 16, m.w.N.). Daran fehlt es in Bezug auf das FG-Urteil, weil darin der Betriebsausgabenabzug --trotz der angenommenen Eignung einer Aufteilung nach Nutzungszeiten-- im Ergebnis versagt worden ist. Dasselbe Ergebnis würde auch aus der Anwendung des vom Kläger angeführten Rechtssatzes aus der Entscheidung des Großen Senats folgen.
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7. Schließlich rügt der Kläger noch eine Divergenz zum Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Er entnimmt dieser Entscheidung den Rechtssatz, ein beruflich veranlasster Nutzungsanteil sei zu schätzen, wenn keine Zweifel daran bestünden, dass ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst sei, aber deren Quantifizierung Schwierigkeiten bereite.
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Eine ordnungsgemäße Divergenzrüge hätte jedoch vorausgesetzt, dass der Kläger auch aus der angefochtenen vorinstanzlichen Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz herausarbeitet (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Januar 2011 X B 34/10, BFH/NV 2011, 813, unter 1.c, m.w.N.). Dies ist in der Beschwerdebegründung unterblieben.
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8. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach seinem --erst während des Beschwerdeverfahrens ergangenen-- Urteil vom 17. Februar 2016 X R 26/13 (BFH/NV 2016, 1206) die Aufwendungen für privat mitgenutzte Allgemeinräume nicht anteilig den Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer zuzurechnen sind. Nichts anderes gilt, wenn der betrieblich genutzte Raum im ansonsten selbstgenutzten Haus nicht als häusliches Arbeitszimmer, sondern als "Werkstattraum" (Betriebsstätte) zu würdigen ist.
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9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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10. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
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