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BFH 22.07.2015 - II R 21/13
BFH 22.07.2015 - II R 21/13 - (Auf Zahlung von Geld gerichtetes Untervermächtnis auch bei vermächtnisweisem Erwerb einer nach § 13a ErbStG begünstigten Beteiligung an einer Personengesellschaft in voller Höhe abziehbar - Wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Nachlassverbindlichkeiten und zum Nachlass gehörendem Vermögen)
Normen
§ 10 Abs 6 ErbStG 1997, § 13a ErbStG 1997 vom 24.12.2008, § 2186 BGB, § 10 Abs 1 S 2 ErbStG 1997 vom 24.12.2008, § 10 Abs 5 Nr 2 ErbStG 1997
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 11. April 2013, Az: 3 K 604/11 Erb, Urteil
vorgehend BFH, 18. Februar 2015, Az: II R 21/13, Beschluss
Leitsatz
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Der Wert eines auf die Zahlung von Geld gerichteten Untervermächtnisses ist auch dann in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeit abziehbar, wenn der vermächtnisweise Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft nach § 13a ErbStG begünstigt ist .
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 11. April 2013 3 K 604/11 Erb aufgehoben.
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Die Erbschaftsteuer wird unter Abänderung des Erbschaftsteuerbescheids des Beklagten vom 18. März 2013 auf 24.936 € festgesetzt.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erhielt aufgrund eines Vermächtnisses ihres im Juli 2007 verstorbenen Vaters (V) 9/16 seines Anteils am Gesellschaftsvermögen einer GmbH & Co. KG (KG). Den restlichen Anteil erhielt ebenfalls vermächtnisweise ihr Bruder (B). Mit den Vermächtnissen war die Ehefrau des V (E) als Alleinerbin beschwert. Die Klägerin und B waren ihrerseits mit dem Untervermächtnis beschwert, an E eine in entsprechender Anwendung des § 323 der Zivilprozessordnung veränderliche lebenslange Versorgungsrente von anfangs monatlich 5.000 € zu zahlen.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) besteuerte den Erwerb der Klägerin auf deren Antrag gemäß Art. 3 des Erbschaftsteuerreformgesetzes (ErbStRG) vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018) nach den Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Art. 1 ErbStRG (ErbStG), soweit diese neuen Vorschriften nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG anwendbar sind. Das FA berücksichtigte dementsprechend in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Erbschaftsteuerbescheid vom 6. August 2010 die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG. Die von der Klägerin an E zu zahlende Versorgungsrente bewertete es mit 320.190 € (Jahreswert 30.000 €, Vervielfältiger: 10,673) und beschränkte deren Abzug gemäß § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG. Der Einspruch blieb erfolglos.
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Mit dem während des Klageverfahrens erlassenen Bescheid vom 18. März 2013 erhöhte das FA die Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung von Vorerwerben (§ 14 ErbStG) auf 66.811 € und erklärte die Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung für vorläufig hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG. Für den Anteilserwerb im Wert von 2.714.640 € gewährte es die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG in Höhe von 2.272.364 €. Die Rentenschuld ließ es nur mit einem Teilbetrag von 52.167 € zum Abzug als Nachlassverbindlichkeit zu.
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Das Finanzgericht (FG) wies die auf den ungekürzten Abzug der Rentenschuld gerichtete Klage mit der Begründung ab, diese stehe in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem nach § 13a ErbStG begünstigten Vermögenserwerb der Klägerin und sei daher gemäß § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG nur anteilig als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1246 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG. Die Rentenverpflichtung müsse ungekürzt in Höhe von 320.190 € als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt werden.
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Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Bescheid vom 18. März 2013 dahingehend zu ändern, dass die Erbschaftsteuer auf 24.936 € herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen, das dem Verfahren aufgrund einer Aufforderung durch den Bundesfinanzhof --BFH-- (Beschluss vom 18. Februar 2015 II R 21/13, BFH/NV 2015, 842) gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten ist, teilt die Ansicht des FA.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Herabsetzung der Erbschaftsteuer auf 24.936 € (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass der Wert der Rentenverpflichtung nur zum Teil als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden könne.
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1. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 ErbStG kann der Erwerber vom Wert des gesamten Vermögensanfalls die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen abziehen. Hierzu zählen auch Untervermächtnisse i.S. des § 2186 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, mit denen ein Vermächtnisnehmer beschwert ist. Ist das Untervermächtnis auf die Zahlung von Geld gerichtet, ist die sich aus dem Untervermächtnis ergebende Schuld auch dann in voller Höhe vom Wert des Vermächtnisses abzuziehen, wenn das Vermächtnis auf den nach § 13a ErbStG begünstigten Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft gerichtet ist. § 10 Abs. 6 ErbStG begründet keine Einschränkung dieses Abzugs.
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a) Schulden und Lasten, die mit nach § 13a ErbStG befreitem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind gemäß § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13a ErbStG anzusetzenden Werts dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung des § 13a ErbStG entspricht.
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b) Mit dem auch in den Sätzen 1 bis 3 und 5 des § 10 Abs. 6 ErbStG verwendeten Merkmal des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist dasselbe gemeint wie in § 103 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes --BewG-- (BFH-Urteil vom 6. Juli 2005 II R 34/03, BFHE 210, 463, BStBl II 2005, 797). Ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Schulden mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens i.S. des § 103 Abs. 1 BewG wird angenommen, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die das Betriebsvermögen betreffen (BFH-Urteile vom 19. Februar 1982 III R 108/80, BFHE 135, 338, BStBl II 1982, 449, und in BFHE 210, 463, BStBl II 2005, 797). Dieser Zusammenhang ist insbesondere dann zu bejahen, wenn die Schuld zum Erwerb, zur Sicherung oder zur Erhaltung des jeweiligen Vermögens eingegangen worden ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn lediglich ein rechtlicher Zusammenhang zwischen der Schuld und dem begünstigten Vermögen besteht (BFH-Urteil in BFHE 210, 463, BStBl II 2005, 797).
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c) Schulden und Lasten können danach nur mit bestimmten zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenständen oder Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Erbe ein Darlehen zu tilgen hat, das der Erblasser zum Kauf eines zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstands (z.B. Grundstück oder Anteil an einer Kapitalgesellschaft) aufgenommen hatte. Fehlt es an einem solchen konkreten Zusammenhang einer Nachlassverbindlichkeit mit bestimmten zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenständen oder Vermögen, so wird ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit allen zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenständen und Vermögen nicht allein dadurch begründet, dass der Erbe zur Erfüllung der Verbindlichkeit verpflichtet ist. Diese Verpflichtung des Erben begründet keinen wirtschaftlichen, sondern allenfalls einen rechtlichen Zusammenhang.
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Hätte der Gesetzgeber anordnen wollen, dass sämtliche Nachlassverbindlichkeiten, die nicht in einem konkreten wirtschaftlichen Zusammenhang mit bestimmten zum Nachlass gehörenden aktiven Vermögensgegenständen oder Vermögen stehen, nur mit dem Anteil abzugsfähig sind, der dem Verhältnis der Verkehrswerte oder Steuerwerte der steuerpflichtigen Vermögensgegenstände zum entsprechenden Wert des steuerfreien Vermögens entspricht, hätte er dies anordnen können und müssen. Für eine derartige Aufteilung durch die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung findet sich in § 10 Abs. 6 ErbStG keine Rechtsgrundlage. Der Wortlaut des § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG betrifft nur den Fall, dass nach Anwendung des § 13a ErbStG ein anzusetzender Wert des nach § 13a ErbStG begünstigten Vermögens verbleibt.
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d) Davon geht im Grundsatz auch die Finanzverwaltung aus. Nach R 31 Abs. 2 Satz 2 der Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2003 (BStBl I 2003, Sondernummer 1, 2) und R E 10.10 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2011 (BStBl I 2011, Sondernummer 1, 2) besteht "bei anderen allgemeinen Nachlassverbindlichkeiten" kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den einzelnen erworbenen Vermögensgegenständen. Diese allgemeinen Nachlassverbindlichkeiten sind daher auch dann in voller Höhe abziehbar, wenn zum Erwerb von Todes wegen ganz oder teilweise steuerbefreite Vermögensgegenstände oder Vermögen i.S. des § 10 Abs. 6 Satz 1, 3, 4 oder 5 ErbStG gehören. Zu den allgemeinen Nachlassverbindlichkeiten rechnet die Finanzverwaltung beispielsweise Steuerschulden, ein Konsumentendarlehen (H E 10.10 "Pflichtteilskürzung" der Hinweise zu den ErbStR 2011, BStBl I 2011, Sondernummer 1, 117) und die Erbfallkosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG), ferner bisher auch die Pflicht des Erben zur Zahlung des Zugewinnausgleichs an den überlebenden Ehegatten des Erblassers (anders nunmehr der im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder ergangene Erlass des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg vom 14. Januar 2015 3-S381.0/46, ErbSt-Kartei BW § 10 ErbStG Karte 31).
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e) Eine auf die Zahlung von Geld gerichtete Vermächtnisschuld eines Erben ist ebenfalls eine allgemeine Nachlassverbindlichkeit, bei der kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den einzelnen erworbenen Vermögensgegenständen besteht und die deshalb unabhängig von der Zusammensetzung des Nachlasses in voller Höhe abziehbar ist.
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f) Gleiches muss auch dann gelten, wenn ein Vermächtnisnehmer seinerseits mit einem Geldvermächtnis beschwert ist. Auch der Wert dieses Geldvermächtnisses ist unabhängig davon, ob der Erwerb aufgrund des Vermächtnisses ganz oder teilweise steuerbefreit ist, in vollem Umfang abziehbar. Einen sachlichen Grund, der die unterschiedliche Behandlung von Erben und Vermächtnisnehmern in diesem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) rechtfertigen könnte, gibt es nicht.
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g) Da das FG von einer anderen Ansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.
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2. Die Sache ist spruchreif. Der Wert der von der Klägerin an E zu zahlenden Versorgungsrente von 320.190 € ist in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeit abziehbar. Die gegen die Klägerin festzusetzende Erbschaftsteuer berechnet sich abweichend vom Bescheid vom 18. März 2013 wie folgt:
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Erwerb durch Vermächtnis
2.714.640 €
abzüglich Rentenschuld
320.190 €
Wert des Erwerbs
2.394.450 €
abzüglich Steuerbefreiungen nach § 13a ErbStG
2.272.364 €
Erwerb von Todes wegen
122.086 €
Vorerwerbe
412.481 €
abzüglich Freibetrag gemäß § 16 Abs. 1 ErbStG
205.000 €
steuerpflichtiger Erwerb (abgerundet)
329.500 €
Steuer bei Steuersatz von 15 %
49.425 €
Berücksichtigung der Härtefallregelung des § 19 Abs. 3 Buchst. a ErbStG: anzusetzen sind 11 % von 300.000 € = 33.000 € zzgl. 50 % von 29.500 € = 14.750 €, also
47.750 €
abzüglich Steuer für Vorerwerbe
22.814 €
festzusetzende Steuer
24.936 €
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(Anmerkung der Dokumentationsstelle: Tabelle berichtigt durch Beschluss des Senats vom 17. September 2015)
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
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