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BFH 16.12.2014 - X B 114/14
BFH 16.12.2014 - X B 114/14 - Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme - Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör - Feststellungslast für die Höhe der Einnahmen des Steuerpflichtigen - Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung - Auferlegung der bis zum Erlass eines Änderungsbescheids entstandenen Kosten
Normen
§ 76 Abs 1 S 1 FGO, § 81 Abs 1 S 1 FGO, § 91 FGO, § 136 Abs 1 S 1 FGO, § 564 Abs 1 S 2 ZPO, Art 103 Abs 1 GG, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 96 Abs 1 FGO, § 155 FGO, § 295 ZPO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 4. Juni 2014, Az: 1 K 1850/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Das FG verstößt gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, wenn es ein Protokoll über eine --in anderer Besetzung durchgeführte-- Zeugenvernehmung aus einem anderen Verfahren verwertet, in dem der dortige Senat den Zeugenaussagen "nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck" ohne nähere Beschreibung dieses Eindrucks nicht gefolgt ist, und sich der anders besetzte Senat nunmehr ohne eigene Beweisaufnahme dieser Würdigung anschließt .
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2. NV: Kann das --die Feststellungslast für die Höhe der Einnahmen des Steuerpflichtigen tragende-- FA trotz vorhandener Ermittlungsmöglichkeiten keine eigenen Erkenntnisse zur Höhe der Einnahmen vorbringen, bezeichnet aber der Kläger Beweismittel zur Höhe seiner Einnahmen, muss es sich dem FG im Regelfall aufdrängen, diese Beweise zu erheben .
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3. NV: Das FG verletzt den Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn es nach Schließung der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei "möglich", dass die mündliche Verhandlung später fortgesetzt werde, ohne jedoch Tag und Uhrzeit eines möglichen Fortsetzungstermins anzugeben, und zu einem nicht protokollierten Zeitpunkt tatsächlich in Abwesenheit der Beteiligten die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und fortsetzt .
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4. NV: Grundsätzlich trägt das FA die Feststellungslast für die Höhe der Einnahmen des Steuerpflichtigen .
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5. NV: Die Beweiswürdigung durch das Tatsachengericht muss verstandesmäßig einsichtig und für das Rechtsmittelgericht logisch nachvollziehbar sein und sich auf festgestellte Tatsachen beziehen. Daran fehlt es, wenn das FG sich zur Verneinung der Glaubwürdigkeit von Zeugen lediglich floskelhaft auf "den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck" stützt, ohne diesen Eindruck auch nur andeutungsweise im Protokoll oder in seinem Urteil zu beschreiben .
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6. NV: Hilft das FA dem Klagebegehren während des finanzgerichtlichen Verfahrens überwiegend ab, ohne dass ein Fall des § 137 FGO vorliegt, und weist das FG die verbleibende Klage ab, werden die bis zum Erlass des Änderungsbescheids entstandenen Kosten in der Regel anteilig dem FA aufzuerlegen sein .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein pensionierter Beamter, hat nach Auffassung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. März 2009 ein Bordell betrieben und daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, die der Gewerbesteuer unterliegen. Nach Auffassung des Klägers hat er lediglich einzelne Zimmer an Prostituierte vermietet und daraus --nicht gewerbesteuerbare-- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.
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Die Tätigkeit wurde ursprünglich von der Ehefrau (F) des Klägers ausgeübt. Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung hatte das FA gegen F Bescheide über Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 1997 bis 2006 erlassen. Dem lag die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit sowie eine Schätzung der Höhe der Einkünfte zugrunde. Dabei ging das FA davon aus, dass die Prostituierten die Hälfte ihrer Gesamteinnahmen an F hätten abführen müssen. In den hiergegen geführten Klageverfahren hatte F vorgetragen, die Prostituierten hätten nicht die Hälfte ihrer Einnahmen, sondern nur eine --wesentlich geringere-- feste Tagesmiete an sie zahlen müssen. Zum Beweis dieser Behauptung hatte sie u.a. vier Prostituierte als Zeuginnen benannt. Das Finanzgericht (FG) sah von den beantragten Vernehmungen mit der Begründung ab, es habe sich nicht davon überzeugen können, dass vorgelegte schriftliche Erklärungen der Zeuginnen zutreffend seien. Diese Urteile hat der erkennende Senat wegen unzulässiger vorweggenommener Beweiswürdigung aufgehoben und die Sachen an das FG zurückverwiesen (Beschlüsse vom 29. Juni 2011 X B 242-244/10, BFH/NV 2011, 1715).
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Im zweiten Rechtsgang vernahm das FG die Zeuginnen, glaubte ihnen aber "nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck" nicht. Aufgrund von Hinweisen des erkennenden Senats in der zurückverweisenden Entscheidung setzte es jedoch die Höhe der geschätzten Einnahmen herab. Im Übrigen wies es die Klagen erneut ab. Nichtzulassungsbeschwerden der F gegen diese Entscheidungen blieben beim erkennenden Senat ohne Erfolg (Beschluss vom 14. Mai 2013 X B 123-125/12, BFH/NV 2013, 1253).
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Gegen den Kläger erließ das FA für die Streitjahre 2008 und 2009 Gewerbesteuermessbescheide über 2.093 € (2008) bzw. 0 € (2009), in denen es sich sowohl für die Annahme eines Gewerbebetriebs als auch hinsichtlich der Höhe der geschätzten Einkünfte auf den für F ergangenen Steuerfahndungsbericht für die Jahre 1997 bis 2006 bezog. Der Kläger brachte hiergegen vor, der Fahndungsbericht betreffe ein anderes Besteuerungssubjekt und andere Zeiträume. Er habe nach der Übernahme der Tätigkeit von F deren frühere Verfahrensweise, die nach Auffassung des FA und FG zu gewerblichen Einkünften geführt habe, umgestellt. So habe er mit allen Prostituierten schriftliche Mietverträge geschlossen, keine Abschlagzahlungen auf die Mieten mehr verlangt und über die Mietzahlungen der Prostituierten Quittungen ausgestellt. Er legte dem FA zahlreiche Kopien derartiger Quittungen vor. Bei den häufigen Besuchen der Steuerfahndung in den der Prostitution dienenden Räumen sei er fast nie anwesend gewesen, was gegen seine Stellung als Bordellbetreiber spreche. Vor dem FG benannte er zahlreiche Zeugen, darunter auch die vier bereits in dem von F betriebenen Klageverfahren vernommenen Prostituierten.
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Während des Klageverfahrens, am 20. August 2013, erließ das FA aufgrund einer Minderung der Höhe der geschätzten Einnahmen geänderte Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre. Den Messbetrag für 2008 setzte es auf 336 € herab; der Messbetrag für 2009 blieb unverändert bei 0 €.
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Das FG wies die Klage --die es auch in Bezug auf die auf 0 € lautende Festsetzung im Anschluss an die entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung ausdrücklich für zulässig hielt-- ohne Beweisaufnahme ab. Dabei bezog es sich im Wesentlichen auf seine Urteile in den Klageverfahren der F. Es sei nicht erkennbar, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse in den Streitjahren im Vergleich zu den Jahren 1997 bis 2006 maßgeblich geändert hätten. Die Vernehmung der Zeuginnen sei nicht erforderlich, da ihre gegenteiligen Angaben aus den Gründen, die bereits im Urteil gegen F genannt worden seien, nicht glaubhaft seien. Die vorgelegten Quittungen sollten allein dazu dienen, den tatsächlichen Sachverhalt zu verschleiern.
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Mit seiner Beschwerde rügt der Kläger Verfahrensmängel.
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Das FA hält die Beschwerde für unzulässig.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist begründet. Es liegen mehrere vom Kläger geltend gemachte Verfahrensmängel vor, auf denen die Entscheidung des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Das FG hat gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen, indem es die vom Kläger als Zeuginnen benannten Prostituierten nicht vernommen hat, sondern stattdessen das Protokoll der Vernehmung in einem früheren Verfahren verwertet hat.
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Der beim FG entscheidende Senat war im Vergleich zu dem Senat, der zwei Jahre zuvor über die Klagen der F entschieden hatte, sowohl hinsichtlich des Berichterstatters als auch hinsichtlich der ehrenamtlichen Richter abweichend besetzt. Drei der fünf erkennenden Richter hatten daher keinen eigenen unmittelbaren und persönlichen Eindruck von der früheren Beweisaufnahme. In einem solchen Fall darf, nachdem die frühere Beweisaufnahme im Wege der Protokollverlesung in das neue Verfahren eingeführt worden ist, bei der Beweiswürdigung nur das berücksichtigt werden, was auf der Wahrnehmung aller an der Entscheidung beteiligten Richter beruht oder aktenkundig ist und wozu die Beteiligten sich zu erklären Gelegenheit hatten. Nur unter diesen Voraussetzungen kann der persönliche Eindruck, den ein Zeuge bei der Beweisaufnahme hinterlassen hat, zur Beurteilung von dessen Glaubwürdigkeit herangezogen werden. Eindrücke, die die vernehmenden Richter bei der früheren Beweisaufnahme gewonnen, aber nicht im Protokoll vermerkt haben, dürfen bei der Entscheidung durch einen anders besetzten Senat keine Rolle spielen (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung; vgl. zum Ganzen Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. April 2003 I B 120/02, BFH/NV 2003, 1587, m.w.N., und vom 7. Februar 2007 X B 105/06, BFH/NV 2007, 962).
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Das FG hat in seinen Urteilen, die im Verfahren der F ergangen sind, wörtlich ausgeführt, es habe sich "nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck nicht die Überzeugung davon verschaffen" können, dass die Aussagen der Zeuginnen zutreffend seien. Diese Urteilspassage hat es auf Bl. 21 seines gegen den Kläger ergangenen, im vorliegenden Verfahren angefochtenen Urteils wörtlich zitiert. Vor diesem Hintergrund ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage das FG auf Bl. 26 des angefochtenen Urteils --ohne jede Erläuterung oder Begründung-- behauptet, es habe in seiner früheren Entscheidung nicht auf die persönliche Glaubwürdigkeit der Zeuginnen abgestellt.
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Der Kläger hat den --bereits vor der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich gestellten-- Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zu Protokoll des FG wiederholt und die unterbliebene Beweisaufnahme daher gerügt. Für den vom FA angenommenen Rügeverzicht (§ 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--) ist daher keine Grundlage erkennbar.
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2. Durch das Übergehen weiterer Beweisanträge des Klägers hat das FG auch seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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a) Der Kläger hatte im Schriftsatz vom 9. Mai 2014 u.a. mehrere Steuerfahndungsbeamte sowie einen Journalisten als Zeugen benannt. Als Beweisfrage hatte er formuliert, dass er keine Inserate geschaltet, keine Kondome, Gleitmittel etc. für seine Mieterinnen gekauft, keinen Internetauftritt unterhalten, keine Bons bzw. Gutscheine ausgegeben und keine Prostitutionsstätte betrieben oder unterhalten habe.
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Das FG hat die Beweisaufnahme mit der Begründung für entbehrlich gehalten, es könne als wahr unterstellt werden, dass der Kläger selbst die im Beweisantrag genannten Tätigkeiten nicht ausgeübt habe. Es nahm allerdings an, diese Leistungen seien von F erbracht worden, wobei die Einkünfte gleichwohl dem Kläger zuzurechnen seien.
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b) Damit schöpft das FG --was der Kläger zu Recht rügt-- die eigentliche Stoßrichtung der Beweisanträge nicht aus. Unter Beweis gestellt war nicht allein die Schaltung von Inseraten oder der Einkauf von Kondomen, sondern auch das Unterhalten einer Prostitutionsstätte. Dies hat das FG --ohne Beweisaufnahme-- für den Kläger bejaht. Auch insoweit hat der Kläger die unterbliebene Beweisaufnahme durch Wiederholung seines bereits schriftsätzlich gestellten Beweisantrags zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gerügt.
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c) Selbst wenn man die Auffassung vertreten wollte, dass die vom FG vorgenommene Wahrunterstellung zulässig sein sollte und das "Unterhalten einer Prostitutionsstätte" keine dem Beweise zugängliche Tatsachenfrage, sondern eine rechtliche Wertung darstelle, hätte es sich dem FG jedenfalls aufdrängen müssen, die benannten Zeugen von Amts wegen zu vernehmen. Auch dies hat der Kläger in noch hinreichender Weise gerügt.
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Das FA hatte --soweit ersichtlich-- keinerlei Ermittlungen zur Höhe der vom Kläger in den Streitjahren erzielten Einkünfte vorgenommen, obwohl ihm der von ihm angenommene "Betrieb" bereits seit Durchführung der Steuerfahndungsprüfung bei F bekannt war und --nach dem substantiierten und unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers-- auch in den Streitjahren regelmäßig Beamte der Steuerfahndung zu Kontrollbesuchen in den der Prostitution dienenden Räumen anwesend waren. Angesichts dieses völligen Fehlens von Anhaltspunkten für die Höhe der Einnahmenschätzung des FA hätte es sich dem FG aufdrängen müssen, die vom Kläger benannten Steuerfahndungsbeamten zu vernehmen, die --wie das FG aus den von ihm beigezogenen Akten der früheren, von F geführten Klageverfahren wusste-- in den Streitjahren in den der Prostitution dienenden Räumen anwesend waren. Es liegt nahe, dass diese Beamten während ihrer Kontrollbesuche durch Befragungen der Prostituierten bzw. durch die Sichtung von deren Tageseinnahmen auch --auf die Streitjahre und die Tätigkeit des Klägers, und nicht allein auf die Vorjahre und die Tätigkeit der F bezogene-- Erkenntnisse über die Höhe der Einnahmen des Klägers haben gewinnen können.
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Ebenso war dem FG aus den beigezogenen Akten bekannt, dass der auch im vorliegenden Verfahren als Zeuge benannte Journalist sich nach dem dort aktenkundigen substantiierten Tatsachenvortrag im Jahr 2008 mehrere Tage in der Prostituiertenwohnung aufgehalten haben soll. Dort war zudem vorgetragen worden, wieviele Freier der Journalist pro Tag beobachtet haben will. Diese für das Streitjahr 2008 behauptete Anzahl war deutlich geringer als die vom FA vorgebrachte --und auch der Schätzung gegen den Kläger zugrunde gelegte-- Anzahl von Freiern, die sich auf die Erkenntnisse aus einer im Jahr 2007 bei F durchgeführten Videoüberwachung stützte. Es hätte sich daher dem FG aufdrängen müssen, sein Urteil nicht allein auf die Erkenntnisse des FA zu einem anderen Besteuerungszeitraum und einer anderen Steuerpflichtigen zu stützen, sondern auch die auf das Streitjahr sowie die Tätigkeit des Klägers bezogenen vorhandenen Erkenntnisquellen auszuschöpfen.
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3. Das FG hat zudem den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt, indem es die mündliche Verhandlung nach deren Schließung ohne ordnungsmäßige Ladung --insbesondere ohne Mitteilung einer Terminszeit-- in Abwesenheit des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten fortgesetzt hat.
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a) Das FG hatte am Terminstag zu 11:30 Uhr zur mündlichen Verhandlung geladen. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde diese ausweislich des Protokolls geschlossen. Im Protokoll heißt es dann weiter: "Nachdem die mündliche Verhandlung zunächst geschlossen worden ist um ca. 12.45 Uhr wurde der Prozessbevollmächtigte darauf hingewiesen, dass es möglich ist, dass die mündliche Verhandlung fortgesetzt wird. Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte, dass er volles Programm in der Kanzlei habe und er morgen anrufen würde, um die Entscheidung zu erfahren." Später am selben Tag --im Protokoll fehlt insoweit die Angabe einer Uhrzeit-- hat das FG die mündliche Verhandlung dann tatsächlich in Abwesenheit der Beteiligtenvertreter fortgesetzt und Protokolle über in anderer Besetzung und in anderen Verfahren durchgeführte Beweisaufnahmen verlesen.
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Der Kläger hat hierzu --vom FA unwidersprochen-- vorgetragen, das FG habe nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, es sei möglich, dass die Sache am Nachmittag fortgesetzt werde. An diesem Nachmittag seien noch mehrere weitere mündliche Verhandlungen durchzuführen gewesen. Tatsächlich sei die mündliche Verhandlung mutmaßlich erst nach 15:30 Uhr wiedereröffnet worden.
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b) Die vom FG gewählte Vorgehensweise verletzt in mehrfacher Hinsicht anerkannte prozessuale Grundsätze, darunter auch den Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
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Zwar ist es --trotz des entsprechenden Wortlauts des § 93 Abs. 3 FGO-- nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht erforderlich, dass das FG seine Entscheidung über die Wiedereröffnung ausdrücklich als Wiedereröffnungsbeschluss kennzeichnet. Vielmehr genügt es, dass das Gericht erkennbar die Absicht hat, die einmal begonnene mündliche Verhandlung fortzusetzen (BFH-Beschluss vom 28. Februar 1996 II R 61/95, BFHE 179, 245, BStBl II 1996, 318, m.w.N.). Wie jede Prozess- oder Verfahrenshandlung muss aber auch ein "konkludenter" Wiedereröffnungsbeschluss des Gerichts hinreichend klar und eindeutig sein. Diesen Anforderungen wird die protokollierte Äußerung des FG, es sei "möglich", dass die mündliche Verhandlung fortgesetzt werde, nicht gerecht, zumal das FG den Beteiligten ausweislich des Protokolls nicht einmal andeutungsweise einen Hinweis dazu gegeben hat, an welchem Tag und zu welcher Terminszeit es möglicherweise die mündliche Verhandlung fortzusetzen gedenke. Aufgrund einer solchen vagen Äußerung hätte das FG keinesfalls später --zu einer im Protokoll nicht mitgeteilten Uhrzeit-- in Abwesenheit der Beteiligten und ihrer Vertreter tatsächlich wieder in die mündliche Verhandlung eintreten dürfen.
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c) Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit seiner Äußerung, er habe in der Kanzlei "volles Programm" und werde am Folgetag anrufen, nicht etwa --wie das FA offenbar meint-- auf die Gewährung rechtlichen Gehörs verzichtet. Bei der Auslegung seiner Erklärung ist vielmehr zu berücksichtigen, dass es in erster Linie die vorangegangene Erklärung des FG war, der es an der erforderlichen Eindeutigkeit fehlte. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wusste weder, ob das FG überhaupt die mündliche Verhandlung wiedereröffnen würde, noch wusste er, zu welchem Zeitpunkt dies geschehen könnte. Bei einer derartigen Ausgangslage --insbesondere dem Fehlen einer wirksamen Entscheidung des FG über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und die Terminierung-- kann von einem Prozessbevollmächtigten nicht erwartet werden, bereits vorsorglich einen Terminverlegungsantrag zu stellen. Ein solcher Antrag wäre angesichts des Fehlens einer konkreten Terminierung ohnehin ins Leere gegangen.
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4. Der Senat hält es für angezeigt, nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Zur Förderung des Verfahrens weist der Senat --ohne Bindungswirkung für das FG-- auf die folgenden Punkte hin:
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a) Das FG dürfte in den bisherigen Verfahren die Grundsätze über die Feststellungslast verkannt haben.
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Das FA trägt nach den hierfür geltenden allgemeinen Grundsätzen die Feststellungslast hinsichtlich der Höhe der Einkünfte, zumal das FG nicht festgestellt hat, dass dem Kläger, der in seinen Steuererklärungen Einkünfte aus Vermietungen an Prostituierte erklärt und Einnahmenquittungen vorgelegt hat, eine Verletzung von Mitwirkungspflichten vorzuwerfen ist. Das FA hat aber --soweit ersichtlich-- keinerlei konkrete Anhaltspunkte zur Höhe der vom Kläger in den Streitjahren erzielten Einkünfte vorgebracht. Die --vom FA und FG zudem nur grob geschätzte-- Höhe der von F in den Vorjahren erzielten Einkünfte kann allenfalls einen vagen Anhaltspunkt darstellen, der aber zurücktreten muss, wenn dem FA --wie hier in den Streitjahren-- durch die Kenntnis der Prostitutionstätigkeit und deren jedenfalls vom Kläger substantiiert vorgetragene laufende Überwachung konkrete und zeitnahe Ermittlungsmaßnahmen ohne Weiteres möglich gewesen wären.
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Da das FA die Feststellungslast für die Höhe der Einnahmen trägt, genügt es nicht, wenn das FG sich --so seine bisherigen Formulierungen-- "nicht die Überzeugung davon hat verschaffen können", dass die Angaben des Klägers, der F und der Zeuginnen zutreffend seien. Es müsste sich vielmehr im Gegenteil die Überzeugung davon verschaffen, dass das FA die Höhe der Einnahmen in zutreffender Weise geschätzt hat. Eine darauf bezogene Überzeugungsbildung fehlt im angefochtenen Urteil.
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b) Angesichts des Fehlens eines substantiierten Sachvortrags des --die Feststellungslast tragenden-- FA zur Höhe der Einkünfte des Klägers liegt es nach Auffassung des Senats eher fern, die vom Kläger vorgelegten Einnahmenquittungen mit der pauschalen Behauptung, diese seien gefälscht, als Beweismittel zu verwerfen, ohne überhaupt den Versuch zu unternehmen, die in den Quittungen genannten Zahlungspflichtigen zur Richtigkeit der vorgelegten Quittungen zu befragen.
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Zur Würdigung der Aussagen der --im zweiten Rechtsgang ohnehin nochmals zu vernehmenden-- Prostituierten weist der Senat darauf hin, dass das FG bisher nicht mitgeteilt hat, aufgrund welcher Tatsachen es in der mündlichen Verhandlung im Verfahren der F --in mehrheitlich anderer Besetzung-- den Eindruck gewonnen hatte, dass die Zeuginnen nicht die Wahrheit sagen. Das FG ist in seiner Beweiswürdigung zwar weitestgehend frei; eine solche Würdigung muss aber --soll sie nicht in den Verdacht der Willkür geraten-- verstandesmäßig einsichtig und für das Rechtsmittelgericht logisch nachvollziehbar sein und sich auf festgestellte Tatsachen beziehen (BFH-Urteil vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483, unter II.1.d). Daran fehlt es, wenn das FG sich lediglich floskelhaft auf "den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck" stützt, ohne diesen Eindruck auch nur andeutungsweise im Protokoll oder in seinem Urteil zu beschreiben (vgl. --zum umgekehrten Fall der vom FG nicht näher belegten Annahme der Glaubwürdigkeit eines Zeugen trotz erheblicher Widersprüche in der Aussage und eines Näheverhältnisses zum Kläger-- Senatsurteil vom 20. Juni 2012 X R 20/11, BFH/NV 2012, 1778).
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Hinzu kommt, dass das FG bisher den --für jede Beweiswürdigung wesentlichen-- Gesichtspunkt außer Acht gelassen hat, dass die Prostituierten sich mit ihrer --nach Auffassung des FG inhaltlich falschen-- Aussage selbst belasten würden. Denn wenn sie entsprechend ihrer eigenen Aussage nicht etwa die Hälfte ihrer --nach Auffassung des FG sehr hohen-- Tageseinnahmen an den Kläger abgeben, sondern lediglich eine niedrige feste Tagesmiete zahlen mussten, wäre bei ihnen selbst ein viel größerer Teil der Einnahmen verblieben, so dass ihre eigene steuerliche Bemessungsgrundlage deutlich höher wäre. Es ist aber ein anerkanntes --wenn auch stets mit Gegenindizien abzuwägendes-- Indiz für die Glaubwürdigkeit eines Zeugen, wenn der Inhalt seiner Aussage für ihn selbst durchaus mit Nachteilen verbunden sein kann. Im Übrigen spricht Vieles dafür, dass die Prostituierten im Zeitpunkt ihrer Aussagen nicht mehr in einem geschäftlichen (Nähe-)Verhältnis zum Kläger oder zu F standen. Diese Gesichtspunkte hat das FG bei seiner Beweiswürdigung bisher vollständig übergangen.
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c) Das FG hat bei seiner Beweiswürdigung zu Lasten des Klägers berücksichtigt, dass dieser in einem an das FA gerichteten Schreiben vom 20. August 2008 erklärt habe, es habe sich nach dem Übergang der Tätigkeit von F auf ihn "in der Tat nichts verändert". Das FG hat daraus geschlossen, dass auch der Kläger gewerblich tätig geworden sei und Einnahmen in vergleichbarer Größenordnung wie zuvor F erzielt habe.
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Damit reißt es die herangezogene Erklärung des Klägers jedoch aus dem Zusammenhang, in den sie gestellt ist, und gibt ihr einen genau gegenteiligen Inhalt wie vom Kläger gewollt. Der Kläger hatte in diesem Schreiben erkennbar seine Sicht der Dinge zum Ausdruck bringen wollen, wonach er weiterhin lediglich Tagesmietzahlungen vereinnahmt habe und die Prostituierten weiterhin ihre Tätigkeit selbst organisiert hätten. Als Indiz für einen genau gegenteiligen Geschehensablauf kann dieses Schreiben daher nicht herangezogen werden.
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d) Nicht nachvollziehbar erscheint auch die vom FG im angefochtenen Urteil getroffene Kostenentscheidung. Das FA hatte dem Klagebegehren während des Klageverfahrens durch Erlass von Änderungsbescheiden weit überwiegend (zu mehr als 5/6) abgeholfen. Nach den allgemeinen kostenrechtlichen Regelungen (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO) hätten daher die bis zum Erlass der Änderungsbescheide entstandenen Kosten zu 5/6 dem FA auferlegt werden müssen. Für seine davon abweichende Kostenentscheidung, die Kosten des gesamten Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen, hat weder das FG eine Begründung angeführt noch ist eine solche sonst ersichtlich.
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5. Angesichts der ungewöhnlichen Häufung von Verfahrens- und materiell-rechtlichen Fehlern in der angefochtenen Entscheidung hat der Senat erwogen, die Sache gemäß § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. § 155 Satz 1 FGO an einen anderen Senat des FG zurückzuverweisen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. Oktober 2011 X R 65/09, BFHE 235, 304, BStBl II 2012, 345, Rz 114 f.). Im Hinblick darauf, dass der Kläger eine solche Entscheidung nicht beantragt hat und sich beim FG nach Erlass des angefochtenen Urteils ein weiterer personeller Wechsel ereignet hat, sieht der Senat indes von einer solchen Anordnung ab.
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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7. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
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