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BFH 31.07.2014 - IV E 2/14
BFH 31.07.2014 - IV E 2/14 - Erinnerung: Abweichung von der typisierenden 25 v.H.-Regel bei Streitwertfestsetzung im Gewinnfeststellungsverfahren
Normen
§ 52 Abs 1 GKG, § 66 Abs 1 GKG, § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO, § 34a EStG 2002, EStG VZ 2006
Leitsatz
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1. NV: Der Streitwert einer Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid ist grundsätzlich typisiert mit 25 v.H. des streitigen Gewinns oder Verlusts zu bemessen.
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2. NV: Ausnahmsweise kommt der Ansatz eines höheren Prozentsatzes in Betracht, wenn ohne besondere Ermittlungen im Gewinnfeststellungsverfahren erkennbar ist, dass der Pauschalsatz der tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkung nicht gerecht wird.
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3. NV: Bei der Bemessung des Streitwerts im Gewinnfeststellungsverfahren ist nicht zu berücksichtigen, ob und inwieweit der streitige Gewinn thesauriert und deshalb einer tarifbegünstigten Besteuerung nach § 34a EStG unterworfen worden ist oder ob im Falle des Obsiegens die streitbefangene Steuer im Wege der Einlage der Kostenschuldnerin (Personengesellschaft) verblieben wäre.
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4. NV: Die Rechtsform des Kostenschuldners ist für die Streitwertfestsetzung ohne Bedeutung.
Tatbestand
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I. Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Kostenschuldnerin) --eine GmbH & Co. KG-- begehrte im Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) IV R 4/12, das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 18. November 2011 14 K 1535/09 F (Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1030) und die Einspruchsentscheidung vom 8. April 2009 aufzuheben und den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 2006 vom 16. Februar 2009 dahin zu ändern, dass gewinnmindernd eine Rückstellung in Höhe von … € berücksichtigt wird. Wegen eines Kartellrechtsverstoßes hatte die (nach damaliger Bezeichnung) Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Jahr 2006 gegen die Kostenschuldnerin eine Geldbuße festgesetzt. In ihrer Steuerbilanz auf den 31. Dezember 2006 bildete die Kostenschuldnerin u.a. hinsichtlich des von ihr geschätzten Abschöpfungsteils der (zu jener Zeit noch nicht entrichteten) Geldbuße eine gewinnmindernde Rückstellung, deren steuerliche Berücksichtigung das Finanzamt jedoch ablehnte. Die Klage hatte keinen Erfolg.
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Nachdem der BFH die Revision mit Urteil vom 7. November 2013 IV R 4/12 (BFHE 243, 439, BStBl II 2014, 306) als unbegründet zurückgewiesen hat, hat die Kostenstelle des BFH mit Kostenrechnung vom 18. Februar 2014 KostL 116/12 (IV R 4/12) die Gerichtskosten für das Verfahren vor dem BFH mit … € angesetzt. Dabei wurde ein Streitwert in Höhe von 35 v.H. von … € (= … €) zugrunde gelegt.
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Mit ihrer hiergegen gerichteten Erinnerung macht die Kostenschuldnerin im Wesentlichen geltend, durch die Abweichung von dem üblichen Pauschalsatz (25 v.H.) werde sie --eine Personengesellschaft-- aufgrund ihrer Rechtsform unangemessen benachteiligt. Im Veranlagungszeitraum 2006 habe bei Kapitalgesellschaften der Körperschaftsteuertarif bei 25 v.H. gelegen. Deshalb sei für die Bemessung des Streitwerts in Verfahren gegen Körperschaftsteuerbescheide nur der unmittelbar umstrittene Körperschaftsteuerbetrag maßgeblich. Der Vergleich der rechtsformspezifischen Belastung verdeutliche die unangemessene Benachteiligung der Kostenschuldnerin. Außerdem hätten seit Einführung der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a des Einkommensteuergesetzes (EStG) entsprechende Gewinnanteile auf der Ebene der Mitunternehmer einem ermäßigten Einkommensteuertarif von 28,25 v.H. unterlegen. Dabei hätte sich die begehrte Gewinnkürzung mangels Entnahmen der Gesellschafter nur auf der Ebene der Kostenschuldnerin als Personengesellschaft ausgewirkt und auch eine periodenfremde Steuererstattung wäre der Kostenschuldnerin im Wege einer Einlage ihrer Gesellschafter verblieben. Eine Erhöhung des Pauschalsatzes auf 35 v.H. sei deshalb nicht mit möglichen steuerlichen Auswirkungen auf der Ebene der Mitunternehmer zu begründen.
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Der Kostenbeamte hat der Erinnerung der Kostenschuldnerin nicht abgeholfen. Dabei ist er zwar davon ausgegangen, dass sich der Streitwert im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung grundsätzlich nach der typisierten einkommensteuerlichen Bedeutung für die Gesellschafter bestimme, die nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich mit 25 v.H. des streitigen Gewinns oder Verlusts zu bemessen sei, ohne dass die einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen bei den einzelnen Gesellschaftern zu ermitteln seien. Er war jedoch der Ansicht, dass im Streitfall ausnahmsweise der Ansatz eines höheren Prozentsatzes in Betracht komme. Denn der Pauschalsatz von 25 v.H. werde den tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht gerecht, wenn die Gewinnanteile natürlicher Personen als Gesellschafter einer Personengesellschaft eindeutig im Bereich der Spitzenprogression lägen. Der streitige Gewinn in Höhe von … € sei nahezu zu 100 v.H. zwei natürlichen Personen zuzurechnen. Persönliche Verhältnisse dieser Personen, wie etwa ein momentanes oder künftiges Ausschüttungs- oder Thesaurierungsverhalten, seien bei der pauschalen Streitwertbestimmung nicht zu berücksichtigen. Außerdem werde auch bei einer vergünstigten Besteuerung thesaurierter Gewinne letztlich über eine spätere Nachversteuerung auf den individuellen Steuersatz der Gesellschafter abgestellt. Insoweit sei vorliegend ein Pauschalsatz von 35 v.H. (40 v.H. abzüglich 5 v.H. für die Gewerbesteuerbelastung) angemessen.
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Die Kostenschuldnerin hält an ihrer Erinnerung fest und beantragt,
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den der Kostenrechnung zugrundeliegenden Streitwert in Höhe von … € (25 v.H. von … €) festzusetzen,
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hilfsweise,
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den der Kostenrechnung zugrundeliegenden Streitwert in Höhe von … € (28,25 v.H. von … €) festzusetzen.
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Die Kostenschuldnerin hält an ihrer Erinnerung fest und beantragt,
den der Kostenrechnung zugrundeliegenden Streitwert in Höhe von … € (25 v.H. von … €) festzusetzen,
hilfsweise,
den der Kostenrechnung zugrundeliegenden Streitwert in Höhe von … € (28,25 v.H. von … €) festzusetzen.
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Die Vertreterin der Staatskasse (Erinnerungsgegnerin) beantragt,
die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Erinnerung ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen. Die Kostenstelle des BFH ist nicht von einem zu hohen Streitwert ausgegangen.
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1. Die Höhe des Streitwerts in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist gemäß § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung bemisst sich der Streitwert nach der typisierten einkommensteuerlichen Bedeutung für die Gesellschafter. Diese ist grundsätzlich --im Sinne einer Vereinfachungsregelung-- mit 25 v.H. des streitigen Gewinns oder Verlusts zu bemessen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. Februar 2001 VIII E 5/00, BFH/NV 2001, 1035; vom 27. Mai 2002 XI E 2/02, BFH/NV 2002, 1323; vom 29. September 2005 IV E 5/05, BFH/NV 2006, 315; vom 10. Oktober 2006 VIII B 177/05, BFHE 214, 208, BStBl II 2007, 54; vom 10. November 2005 VIII E 5/05, BFH/NV 2006, 576; vom 26. September 2011 VIII E 2/11, BFH/NV 2012, 444; vom 29. Februar 2012 IV E 1/12, BFH/NV 2012, 1153, jeweils m.w.N.). Die tatsächlichen steuerlichen Auswirkungen bei den einzelnen Gesellschaftern werden nicht ermittelt (z.B. BFH-Beschluss vom 29. November 2011 IV E 9/11, BFH/NV 2012, 434, m.w.N.). Der vorgenannte Prozentsatz ist allerdings keine feste Größe. Ausnahmsweise kommt der Ansatz eines höheren Prozentsatzes in Betracht, wenn ohne besondere Ermittlungen im Gewinnfeststellungsverfahren erkennbar ist, dass der Pauschalsatz der tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkung nicht gerecht wird (z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 315, m.w.N., und in BFH/NV 2012, 1153). Daher ist der Satz von 25 v.H. bei höheren Gewinn- bzw. Verlustanteilen wegen der infolge des progressiven Einkommensteuertarifs zu erwartenden höheren einkommensteuerlichen Auswirkung angemessen zu erhöhen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 1153, m.w.N.). Andererseits ist an der pauschalen Ermittlung des Streitwerts selbst dann festzuhalten, wenn im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung die tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen bei den Feststellungsbeteiligten bekannt geworden sind (z.B. BFH-Beschlüsse in BFHE 214, 208, BStBl II 2007, 54; in BFH/NV 2012, 1153, m.w.N.).
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2. Nach diesen Maßstäben ist die angefochtene Kostenrechnung nicht zu beanstanden.
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a) Zu Recht hat die Kostenstelle des BFH den Satz von 25 v.H. auf 35 v.H. mit der Begründung erhöht, dass der streitige Gewinn in Höhe von … € nahezu zu 100 v.H. zwei natürlichen Personen (Gesellschaftern der Kostenschuldnerin) zuzurechnen sei und deren Gewinnanteile eindeutig im Bereich der Spitzenprogression lägen. Im Hinblick auf die Höhe der damit streitigen Gewinnanteile durfte der Kostenbeamte davon ausgehen, dass infolge des progressiven Einkommensteuertarifs die typisierte einkommensteuerliche Bedeutung für die Gesellschafter der Kostenschuldnerin mit einem Pauschalsatz von 25 v.H. nicht zutreffend abzubilden sei. Deshalb hat er unter Berücksichtigung gewerbesteuerlicher Folgen den Prozentsatz im Hinblick auf die zu erwartenden höheren einkommensteuerlichen Auswirkungen angemessen erhöht. Dass insoweit ein typisierender Ansatz von 35 v.H. übermäßig wäre, ist im Hinblick auf den progressiven Einkommensteuertarif und die Höhe der streitigen Gewinnanteile nicht erkennbar.
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b) Die Kostenstelle hat --anders als die Kostenschuldnerin meint-- auch zu Recht bei der Bemessung des Streitwerts nicht berücksichtigt, ob und inwieweit der streitige Gewinn thesauriert worden ist oder ob im Falle des Obsiegens die streitbefangene Steuer im Wege der Einlage der Kostenschuldnerin verblieben wäre. Der Verweis der Kostenschuldnerin auf die Folgen des § 34a EStG geht schon deshalb fehl, weil sich die tarifbegünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne nicht auf die Belastung von 28,25 v.H. zuzüglich Solidaritätszuschlag beschränkt, sondern insoweit auch die Belastung durch die Nachbesteuerung miteinzubeziehen ist. Diese Nachbesteuerung stellt zwar nicht --wie der Kostenbeamte ausgeführt hat-- auf den individuellen Steuersatz des Gesellschafters ab. Vielmehr unterliegen begünstigt besteuerte Beträge bei ihrer späteren Entnahme einer Einkommensbesteuerung von 25 v.H. zuzüglich Solidaritätszuschlag. Insgesamt ergibt sich damit aber eine Gesamtsteuerbelastung thesaurierter Gewinne, die deutlich über dem vom Kostenbeamten zugrunde gelegten Satz von 35 v.H. liegt (näher dazu Blümich/Ratschow, § 34a EStG Rz 4).
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c) Soweit die Kostenschuldnerin eine Ungleichbehandlung gegenüber Kapitalgesellschaften geltend macht, ist dem ebenfalls nicht zu folgen. Denn bei der Bemessung des Streitwerts sind die jeweiligen steuerlichen Auswirkungen des Streits zu berücksichtigen. Soweit im Rahmen der Gewinnfeststellung auf die typisierten einkommensteuerlichen Auswirkungen abzustellen ist, folgt dies daraus, dass im Gewinnfeststellungsverfahren keine Steuer festgesetzt wird. Soweit für unterschiedliche Steuerarten unterschiedliche Steuersätze geregelt sind, findet dies bei Streit über diese Steuern auch in der Festsetzung des Streitwerts seinen Niederschlag. Die Rechtsform des jeweiligen Kostenschuldners ist für die Streitwertfestsetzung jedoch ohne Bedeutung.
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3. Nach § 66 Abs. 8 GKG ist das Verfahren gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
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