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BFH 20.05.2014 - VII R 37/12
BFH 20.05.2014 - VII R 37/12 - Vorabentscheidungsersuchen zur Einreihung einer Aminosäuremischung als Arzneiware oder Nährstoffzubereitung
Normen
Pos 2106 UPos 9092 KN, Pos 3003 KN, EGV 1777/2001, Kap 30 Anm 1 KN
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 19. September 2012, Az: 4 K 21/11, Urteil
nachgehend EuGH, 17. September 2015, Az: C-344/14, Urteil
nachgehend BFH, 31. Mai 2016, Az: VII R 37/12, Urteil
Leitsatz
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Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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1. Handelt es sich bei Aminosäuremischungen wie denen des Streitfalls, aus welchen (in Verbindung mit Kohlehydraten und Fetten) ein Nahrungsmittel hergestellt wird, mit dem ein grundsätzlich lebensnotwendiger, in der normalen Ernährung vorhandener, im Einzelfall aber allergieauslösender Stoff ersetzt wird und dadurch allergiebedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen vermieden und die Linderung oder sogar Heilung bereits eingetretener Schäden ermöglicht werden, um eine zu prophylaktischen oder therapeutischen Zwecken aus mehreren Bestandteilen gemischte Arzneiware i.S. der Pos. 3003 der Kombinierten Nomenklatur?
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Für den Fall, dass Frage 1 zu verneinen sein sollte:
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2. Handelt es sich bei den Aminosäuremischungen um Nährstoffzubereitungen der Pos. 2106 der Kombinierten Nomenklatur, die nach Anmerkung 1 Buchst. a zu Kap. 30 der Kombinierten Nomenklatur aus diesem Kapitel ausgewiesen sind, weil sie keine über die Zuführung von Nahrung hinausgehende prophylaktische oder therapeutische Wirkung entfalten?
Tenor
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Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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1. Handelt es sich bei Aminosäuremischungen wie denen des Streitfalls, aus welchen (in Verbindung mit Kohlehydraten und Fetten) ein Nahrungsmittel hergestellt wird, mit dem ein grundsätzlich lebensnotwendiger, in der normalen Ernährung vorhandener, im Einzelfall aber allergieauslösender Stoff ersetzt wird und dadurch allergiebedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen vermieden und die Linderung oder sogar Heilung bereits eingetretener Schäden ermöglicht werden, um eine zu prophylaktischen oder therapeutischen Zwecken aus mehreren Bestandteilen gemischte Arzneiware i.S. der Pos. 3003 der Kombinierten Nomenklatur?
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Für den Fall, dass Frage 1 zu verneinen sein sollte:
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2. Handelt es sich bei den Aminosäuremischungen um Nährstoffzubereitungen der Pos. 2106 der Kombinierten Nomenklatur, die nach Anmerkung 1 Buchst. a zu Kapitel 30 der Kombinierten Nomenklatur aus diesem Kapitel ausgewiesen sind, weil sie keine über die Zuführung von Nahrung hinausgehende prophylaktische oder therapeutische Wirkung entfalten?
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beantragte am 12. August 2008 die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte (vZTA) zur Einreihung von Aminosäuremischungen mit den Bezeichnungen ... (R-1 bzw. R-2) in die Kombinierte Nomenklatur (KN). Sie hielt die Unterposition (Unterpos.) 3003 90 90 KN "Arzneiwaren (ausgenommen Erzeugnisse der Position 3002, 3005 oder 3006), die aus zwei oder mehr zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken gemischten Bestandteilen bestehen, weder dosiert noch in Aufmachungen für den Einzelverkauf - andere" für zutreffend.
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Die von der Bundesfinanzdirektion B am 23. Oktober 2008 erteilten vZTA reihten die Waren jeweils in die Unterpos. 2106 90 92 KN ein. Es handele sich um "Lebensmittelzubereitungen, anderweit weder genannt noch inbegriffen, kein Milchfett und keine Saccharose, Isoglucose, Stärke oder Glucose enthaltend; kein Erzeugnis der Pos. 3003 KN, da es weder zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken im Sinne dieser Position noch intravenös verabreicht wird".
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In ihrem Einspruch führte die Klägerin aus, die Aminosäuremischungen würden zu Produkten verarbeitet, die hauptsächlich zur Therapie von Kuhmilchallergie, anderen Nahrungsmittelallergien, Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts und zur Prophylaxe verwendet würden und von ihrem Abnehmer für den Einzelverkauf aufgemacht seien. Der zwischenzeitlich zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2011 als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Ware sei nicht in die Position (Pos.) 3003 KN einzureihen, weil sie keine Arzneiware im Sinne des Tarifs sei.
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Es stellte fest, die Aminosäuremischungen bestünden aus verschiedenen, hochrein hergestellten Einzelaminosäuren. Die Klägerin stelle die Mischungen nach Vorgaben ihres Abnehmers her, der aus ihnen, Kohlehydraten und Fetten Säuglings- und Kindernahrung ("A") für Säuglinge und Kinder mit Kuhmilchproteinallergie herstelle. Diese Allergie rufe Überempfindlichkeitsreaktionen auf ein oder mehrere (sogenannte) Kuhmilchproteine hervor, die schwerwiegend seien und auch weitere gesundheitliche Störungen nach sich ziehen könnten. Kuhmilchproteine seien nicht tierartspezifisch, sie könnten auch in der Muttermilch auftreten. Bei Säuglingen und Kleinkindern sei der bloße Verzicht auf Milch bzw. Milchprodukte schwierig bis unmöglich, weil der im Wachstum begriffene Organismus zur Vermeidung von Mangelzuständen, Wachstumsstörungen und schweren Entwicklungsstörungen die Proteine benötige. Medikamente, die bei Älteren gegen die Symptome eingesetzt würden, vertrügen Säuglinge und Kleinkinder zumeist nicht. Bei ca. 80 % der Fälle führe eine Behandlung unter Verabreichung der Aminosäuremischungen dazu, dass sich das Immunsystem des Kindes normal entwickle mit der Folge, dass auch eine "normale" Ernährung möglich sei. Durch die Gabe der Aminosäuremischungen werde --lediglich-- die Möglichkeit geschaffen, auf die Ernährung mit allergenen Stoffen zu verzichten.
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Obwohl die nach genau spezifizierten Vorgaben des Herstellers der "A"-Produkte synthetisierten und gemischten Aminosäuren --insoweit gleich einer Arzneiware-- dazu bestimmt seien, im Rahmen einer medizinischen Behandlung kuhmilchproteinallergischen Säuglingen und Kleinkindern verabreicht zu werden, sah sich das FG gehindert, die Aminosäuremischungen als Arzneimittel in die Pos. 3003 KN einzureihen.
Zwar enthalte die KN keine Definition eines Arzneimittels. Da nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zu Pos. 3003 Rz 20.0 Lebensmittelzubereitungen mit einem arzneilichen Wirkstoff ausnahmsweise der Pos. 3003 unterfielen, während nach der ErlHS zu Pos. 3003 Rz 17.0 Satz 2 solche, die nur Nährstoffe --wie Eiweißstoffe, Kohlehydrate und Fette-- enthielten, nicht als Arzneimittel einzureihen seien, setze die Pos. 3003 KN aber auf jeden Fall das Vorhandensein eines arzneilichen Wirkstoffs voraus. Dementsprechend seien die streitgegenständlichen Aminosäuremischungen, welche nur die für die Ernährung jeweils erforderlichen Eiweißbestandteile "als Paket" zur Verfügung stellten, im maßgeblichen System der KN als "Nährstoffe" anzusehen. Eine arzneiliche Wirkung der Aminosäuremischungen sei nicht festzustellen und habe die Klägerin auch auf Nachfrage nicht dargelegt.
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Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 10. Dezember 1998 C-328/97 --Glob-Sped-- (Slg. 1998, I-8357), nachfolgend Senatsurteil vom 5. Oktober 1999 VII R 42/98 (BFHE 190, 501, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2000, 56), sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
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Mit der Revision trägt die Klägerin vor, die Feststellungen des FG ließen eine Einreihung der Aminosäuremischungen als Arzneiware zu. Zu Unrecht greife das FG zur Begründung des Erfordernisses eines eigenen pharmakologischen Wirkstoffs auf die ErlHS zur Pos. 3003 zurück. Diese ErlHS seien nicht verbindlich. Weder der maßgebliche Wortlaut der Pos. 3003 KN noch die dazugehörigen Anmerkungen enthielten ein solches Erfordernis. Für die Einreihung als Arzneiware spreche die spezifische Zusammenstellung und Dosierung, die die einzige in der Praxis medizinisch vertretbare Behandlung der Kleinkinder sei. Auch die ErlHS zu Pos. 3003 Rz 17.0 betreffe ersichtlich nur Lebensmittel, die keinen therapeutischen oder prophylaktischen Zweck verfolgten.
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Schließlich verweist die Klägerin auf ein Urteil des britischen Upper Tribunal vom 27. September 2013 (FTC/61/2012), in dem --wie schon in der Vorinstanz (First Tier Tribunal vom 8. Dezember 2011 (TC/2009/14700))-- die nämliche Aminosäuremischung in die Pos. 3003 KN eingereiht worden sei.
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Das HZA schließt sich den Ausführungen des FG an.
Die Urteile der englischen Gerichte hält das HZA für unzutreffend.
Entscheidungsgründe
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II. Der Senat setzt das Verfahren aus (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung) und legt dem EuGH gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die im Tenor bezeichneten Fragen zur Vorabentscheidung vor, weil die Auslegung der für die Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Vorschriften des Unionsrechts Zweifelsfragen aufwirft.
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Der beschließende Senat möchte die Revision der Klägerin zurückweisen, weil er die Einreihung der Aminosäuremischungen R-1 und R-2 in die Pos. 2106 KN durch die streitigen vZTA und das diese bestätigende Urteil des FG für zutreffend hält. Da aber das Upper Tribunal (Tax and Chancery Chamber) in Großbritannien mit Entscheidung vom 27. September 2013 FTC/61/2012 die nämlichen Mischungen als Arzneiwaren in die Pos. 3003 KN eingereiht hat, ersucht er den Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV um eine Klärung, welche Einreihung zutreffend ist.
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1. In die Unterpos. 2106 90 92 KN sind "Lebensmittelzubereitungen, anderweit weder genannt noch inbegriffen; andere" einzureihen. Ausgewiesen aus Kap. 21 KN sind nach der Anmerkung 1 Buchst. f Halbsatz 2 zu diesem Kapitel "andere Waren der Position 3003 oder 3004".
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Die Pos. 3003 KN erfasst "Arzneiwaren ..., die aus zwei oder mehr zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken gemischten Bestandteilen bestehen, weder dosiert noch in Aufmachungen für den Einzelverkauf", die Pos. 3004 KN erfasst ebenfalls "Arzneiwaren ..., die aus gemischten oder ungemischten Erzeugnissen zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken bestehen, dosiert (einschließlich solcher, die über die Haut verabreicht werden) oder in Aufmachungen für den Einzelverkauf".
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Zu Kap. 30 gehören nach Anmerkung 1 Buchst. a zu Kap. 30 KN nicht Nahrungsmittel ... (wie diätetische ...), andere nicht intravenös zu verabreichende Nährstoffzubereitungen ...
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Mit der Verordnung (EG) Nr. 1777/2001 (VO Nr. 1777/2001) der Kommission vom 7. September 2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 240/4 vom 8. September 2001, berichtigt in ABlEG Nr. L 185/37 vom 16. Juli 2005) wurde zu Kap. 30 KN die Zusätzliche Anmerkung 1 eingefügt: "Zu Position 3004 gehören pflanzliche Arzneizubereitungen und Zubereitungen auf der Grundlage folgender Wirkstoffe: Vitamine, Mineralstoffe, essentielle Aminosäuren oder Fettsäuren, in Aufmachungen für den Einzelverkauf. Diese Zubereitungen sind in Position 3004 einzureihen, wenn auf dem Etikett, der Verpackung oder dem Beipackzettel folgende Angaben gemacht werden:
a) die spezifischen Krankheiten, Leiden oder deren Symptome, bei denen diese Erzeugnisse verwendet werden sollen;
b) die Konzentration der aktiven Wirkstoffe oder der darin enthaltenen Stoffe;
c) die zu verabreichende Menge und
d) die Art der Anwendung."
(die weiteren Bestimmungen bleiben hier außer Betracht).
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In den ErlHS zu Pos. 3003 heißt es in Rz 17.0: "Die verschiedenen Bestimmungen in der Überschrift zu dieser Position gelten weder für Lebensmittel noch für Getränke (z. B. für diätetische Lebensmittel, angereicherte Lebensmittel, Lebensmittel für Diabetiker, tonische Getränke und natürliche oder künstliche Mineralwässer), die nach ihrer Beschaffenheit einzureihen sind. Dies gilt vor allem für Lebensmittelzubereitungen, die nur Nährstoffe enthalten. Die wichtigsten Nährstoffe, die in Lebensmitteln vorkommen, sind Eiweißstoffe, Kohlehydrate und Fette. Vitamine und Mineralsalze spielen in der Ernährung ebenfalls eine Rolle."
Und in Rz 18.0: "Das Gleiche gilt für Lebensmittel und Getränke mit Zusatz von arzneilichen Wirkstoffen, sofern diese Wirkstoffe keinen anderen Zweck haben, als ein besseres diätetisches Gleichgewicht zu schaffen, den Energie- oder Nährwert des Erzeugnisses zu heben oder seinen Geschmack zu verbessern, ihm aber nicht den Charakter einer Lebensmittelzubereitung nehmen."
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2. Der Senat teilt im Ergebnis die Auffassung des FG, die Aminosäuremischungen R-1 und R-2 seien als "Lebensmittelzubereitungen" in die Unterpos. 2106 90 92 KN einzureihen, da sie anderweitig weder genannt noch inbegriffen sind. Insbesondere kommt eine Einreihung in die Pos. 3003 KN "Arzneiwaren" nicht in Betracht, da die Mischungen ausschließlich zur Herstellung von Säuglingsnahrung für kuhmilchallergische Kinder nach den Vorgaben des Abnehmers zusammengestellt werden. Da diese Nahrung nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten und den Feststellungen des FG als Ersatz für allergieauslösende Milchprodukte eingesetzt werden, bis sich das Immunsystem des Kindes entwickelt hat, ist ein therapeutischer oder prophylaktischer Zweck dieser Ernährung nicht ersichtlich. Sie ersetzt lediglich einen krankheitsauslösenden Bestandteil der normalen Ernährung, ohne auf die Allergie einzuwirken, sie zu beseitigen oder zu mindern.
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Dabei verkennt der Senat nicht, dass beim allergischen Kleinkind ohne Zuführung nicht allergieauslösender Proteine schwere Entwicklungsstörungen zu erwarten wären. Das könnte dazu verleiten, den Aminosäuremischungen einen prophylaktischen Zweck beizumessen. Allerdings dienen auch diätetische Lebensmittel dazu, Gesundheitsstörungen vorzubeugen oder Zustandsverschlechterungen zu vermeiden (z.B. Sojaprodukte bei Laktoseüberempfindlichkeit, fettreduzierte Lebensmittel bei erhöhten Cholesterinwerten). In diesem weiten Verständnis ist der prophylaktische Zweck demzufolge kein geeignetes Abgrenzungskriterium.
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Auch der Verordnungsgeber hat die Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen Arzneiwaren und diätetischen Zubereitungen einschließlich Zubereitungen für besondere Ernährungszwecke und Nahrungsergänzungsmittel erkannt, wie sich den Erwägungsgründen der VO Nr. 1777/2001, die die Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kap. 30 KN eingefügt hat, entnehmen lässt. Danach waren eben diese Schwierigkeiten Anlass für das Tätigwerden des Unionsgesetzgebers. Durch die Erstellung einer Liste verbindlicher Kriterien, bei deren Erfüllung ein Erzeugnis als Arzneimittel in die Pos. 3004 KN einzureihen ist, sollten die in der Abfertigungspraxis aufgetretenen Probleme jedenfalls in den Fällen der Pos. 3004 KN gelöst werden. Eine Definition der Arzneiware enthält diese Regelung aber nicht. Sie trifft auch keine Aussagen über die Einreihung eines Nahrungsergänzungsmittels in die Pos. 2106 oder 2202 KN (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. März 2010 VII R 35/09, BFHE 229, 399, BStBl II 2011, 74, und BFH-Beschluss vom 16. August 2012 VII R 8/11, BFH/NV 2013, 99). Allerdings liegt der VO Nr. 1777/2001 ersichtlich die Erwägung zugrunde, dass die Wirkstoffe Vitamine, Mineralstoffe, essentielle Aminosäuren oder Fettsäuren nicht von vornherein den auf ihrer Grundlage zubereiteten Waren den Charakter einer Arzneiware verleihen. Der 5. Erwägungsgrund der Verordnung lässt aber erkennen, wie sich der Verordnungsgeber die Unterscheidung vorstellt: Zubereitungen für besondere Ernährungszwecke oder diätetische Zwecke sind danach solche, die zum Erhalt der Gesundheit oder des Wohlbefindens (to maintaining health or well-being) beitragen können, während pflanzliche Arzneizubereitungen oder Zubereitungen auf der Grundlage verschiedener Wirkstoffe dazu beitragen können, Krankheiten oder bestimmten Leiden vorzubeugen oder sie zu behandeln (to prevent or treat diseases or specific ailments can be established).
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Die damit umschriebenen therapeutischen oder prophylaktischen Zwecke, die eine Zubereitung zu einer Arzneiware machen, setzen demnach voraus, dass sie geeignet ist, auf eine Krankheit einzuwirken, sie zu heilen, zu lindern oder zumindest ihre Verschlimmerung oder Folgeerkrankungen zu verhindern. Das entspricht der allgemeinen "selbstverständlichen" Verwendung der aus dem griechischen stammenden Begriffe Prophylaxe und Therapie: Prophylaxe ist die Verhütung einer Krankheit durch vorbeugende Maßnahmen, Therapie die Heilbehandlung von Krankheiten.
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Dieses Verständnis einer "Arzneiware" wird übrigens auch gestützt von der ErlHS zu Pos. 3003 Rz 17.0, wonach die verschiedenen Bestimmungen in der Überschrift zu dieser Position nicht für Lebensmittelzubereitungen gelten, die nur Nährstoffe enthalten. Denn solche dienen zweifellos nicht der Verhütung oder Behandlung von Krankheiten, sondern der Ernährung. Vor diesem Hintergrund versteht der Senat auch die Ausführungen des FG, welches die Aminosäuremischungen nicht für Arzneiwaren hält, weil sie keine eigene pharmakologische Wirkung haben und ihnen ein über einen reinen Nährstoff hinausgehender "arzneilicher Wirkstoff" fehlt.
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Aus dem EuGH-Urteil in Slg. 1998, I-8357 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Denn der Gehalt an Vitamin C im Produkt jenes Falls ging deutlich über das für die allgemeine Ernährung notwendige oder empfohlene Maß hinaus und diente nicht nur zur Stärkung des Immunsystems des menschlichen Organismus bei der Abwehr von Infektionen, sondern darüber hinaus zur Behandlung allergischer Reaktionen und schwerer Traumata und zur Bekämpfung von Mangelkrankheiten wie Skorbut oder der Möller-Barlow-Krankheit. Im Gegensatz zum vorliegenden Fall war damit der auf die Bekämpfung einer vorliegenden Krankheit gerichtete Zweck des Mittels ausdrücklich festgestellt. Ebenso wenig lassen sich aus dem EuGH-Urteil vom 30. April 2014 C-267/13 --Nutricia NV-- (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. C 207/30) Anhaltspunkte für die Einreihung einer Ware der vorliegenden Art in die Pos. 3003 KN herleiten. Jene Entscheidung betrifft ein für den Einzelverkauf vorgesehenes Erzeugnis der Pos. 3004 KN.
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3. Obwohl der Senat aufgrund der vorstehenden Erwägungen die vom HZA vorgenommene und vom FG bestätigte Einreihung der Aminosäuremischungen R-1 und R-2 in die Pos. 2106 KN für zutreffend hält, erscheint eine Vorabentscheidung des EuGH im Hinblick auf die abweichende Auffassung des Upper Tribunal UK zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsauslegung in der Union erforderlich.
Das britische Gericht hatte die gleichen Aminosäuremischungen zu beurteilen und ist zum Ergebnis gekommen, es handele sich um Arzneiwaren i.S. der Pos. 3003 KN, da sie die ernährungsphysiologischen Bedürfnisse des Kleinkinds erfüllten und zudem in der Lage seien, die zugrunde liegenden allergischen Symptome zu behandeln. Es komme nicht darauf an, ob durch die Behandlung das Leiden tatsächlich geheilt werden könne. Die Unterscheidung danach, ob mithilfe der Ware ein Leiden geheilt oder die Symptome unter Kontrolle gehalten oder unterdrückt werden könnten, sei gekünstelt. Die Verwendung von Stoffen zum Zweck der Behandlung einer Erkrankung, indem deren Symptome kontrolliert oder ihnen vorgebeugt werde, falle unter den Begriff "therapeutisch" i.S. der Überschriften zu Kap. 3003 und 3004 KN. Die Säuglingsnahrung bewirke, dass die Auswirkungen der Stoffwechselerkrankung (Milchallergie) bekämpft und manchmal auch gemildert würden. Darüber hinaus sei auch bezeugt, dass bereits hervorgerufene Ekzeme abklängen und Koliken verschwänden, obwohl die Allergie nicht geheilt werde.
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Das Upper Tribunal UK berücksichtigt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht hinreichend, dass das Abklingen der --infolge der Einnahme der allergieauslösenden Stoffe aufgetretenen-- Symptome auf der Umstellung der Säuglingsernährung (Ersetzen der Milchproteine durch die Aminosäuremischungen) beruht und gerade nicht durch eine durch die Aminosäuren geförderte Ausbildung des Immunsystems hervorgerufen wird. Eine Einwirkung der Ernährungsumstellung auf die Krankheit selbst hat es nicht festgestellt.
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