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BFH 27.03.2013 - IV B 81/11
BFH 27.03.2013 - IV B 81/11 - Geänderter Gewinnfeststellungsbescheid während des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde
Normen
§ 68 Abs 1 FGO, § 127 FGO
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 18. Mai 2011, Az: 3 K 438/08, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Der Gewinnfeststellungsbescheid kann als teilbarer Verwaltungsakt eine Vielzahl selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten.
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2. NV: In entsprechender Anwendung des § 127 FGO ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, wenn im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ein geänderter Gewinnfeststellungsbescheid zu Lasten des Steuerpflichtigen ergeht, der entsprechend § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens wird.
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3. Ein nachträglich geänderter Gewinnfeststellungsbescheid wird nach § 68 FGO nur hinsichtlich der bereits zulässig mit der Klage angefochtenen Besteuerungsgrundlage (partiell) Gegenstand des anhängigen Verfahrens.
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4. Das Rechtsschutzbedürfnis des FA entfällt, wenn es während des Beschwerdeverfahrens den streitgegenständlichen Gewinnfeststellungsbescheid entsprechend dem Klagebegehren des Klägers ändert.
Tatbestand
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A. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) beteiligte sich Ende 1996 als atypisch stiller Gesellschafter an einer KGaA. Im Jahr 2001 strengte der Kläger eine zivilrechtliche Klage an, mit der er die Feststellung der Unwirksamkeit der atypisch stillen Beteiligung begehrte. Mit Anerkenntnis-Urteil vom 16. Januar 2006 stellte der Bundesgerichtshof (BGH) die Unwirksamkeit der atypisch stillen Beteiligungsverträge fest und verurteilte die KGaA zur Rückzahlung der Einlage an den Kläger unter Berücksichtigung bereits erfolgter Auszahlungen und Steuervorteile (Schadensersatz).
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Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) stellte mit Bescheid vom 15. Dezember 2006 für den Kläger als atypisch stiller Gesellschafter der KGaA laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 366,66 DM gesondert und einheitlich für das Streitjahr 2001 fest (Gewinnfeststellungsbescheid). Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
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In der Einspruchsentscheidung vom 18. September 2008 berücksichtigte das FA zusätzlich 33 DM Sonderbetriebsausgaben; daneben stellte es für den Kläger erstmals einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 61.573 DM fest.
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Auf die dagegen erhobene Klage hob das Finanzgericht (FG) den Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr auf. Es war der Ansicht, dass im Streitfall von Anfang an kein wirksames atypisch stilles Gesellschaftsverhältnis begründet worden sei und die in Folge der Rückabwicklung gezahlten Geldleistungen weder nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als laufender Gewinn noch als Veräußerungs- oder Aufgabegewinn bei dem Kläger zu berücksichtigen seien. Die Revision ließ das FG nicht zu.
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Das FA hat gegen das Urteil Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt und beantragt, die Revision zur Fortbildung des Rechts und wegen diverser Verfahrensfehler zuzulassen.
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Während des Beschwerdeverfahrens erließ das FA am 13. Juli 2012 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr. In diesem stellte es für den Kläger neben einem laufenden Gewinn in Höhe von 599,99 DM einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 0 DM fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Entscheidungsgründe
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B. Die Beschwerde hat zum Teil Erfolg.
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Sie ist hinsichtlich der Feststellung des laufenden Gewinns für den Kläger und der dieser Gewinnzurechnung zu Grunde liegenden Feststellung des Bestehens der Mitunternehmerstellung des Klägers mit der Maßgabe begründet, dass die Vorentscheidung in entsprechender Anwendung des § 127 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen ist (s. dazu I.). Im Übrigen ist die Beschwerde unzulässig, soweit sie die Feststellung des Veräußerungsgewinns des Klägers betrifft (s. dazu unter II.).
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I. Das Urteil des FG ist in entsprechender Anwendung des § 127 FGO aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen, weil das FA im Verlauf des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens am 13. Juli 2012 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid erlassen hat, der hinsichtlich der Feststellung des laufenden Gewinns für den Kläger und der dieser Gewinnzurechnung zu Grunde liegenden Feststellung des Bestehens der Mitunternehmerstellung des Klägers gemäß § 68 FGO zum Verfahrensgegenstand geworden ist (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Dezember 2003 II B 31/00, BFHE 204, 35, BStBl II 2004, 237, unter II.B.2.b der Gründe; vom 30. Januar 2009 IV B 90/07, juris, unter II. der Gründe). Die Aufhebung und Zurückverweisung käme nur dann nicht in Betracht, wenn eine geänderte Feststellung keine gegenüber den bisherigen Belastungen verbösernde Entscheidung enthält oder die geänderte Entscheidung nicht streitig ist (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2010 X B 91/09, BFH/NV 2010, 1844, unter 1. der Gründe).
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1. § 68 FGO ist auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend anwendbar (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse in BFHE 204, 35, BStBl II 2004, 237, unter II.B.2.b der Gründe; in BFH/NV 2010, 1844, m.w.N.). Es kommt insoweit nicht darauf an, ob gegen die durch die geänderte Feststellung bewirkte Verböserung nur rechtliche Einwendungen möglich sind; diese Beurteilung kann im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorgenommen werden (BFH-Beschluss in BFHE 204, 35, BStBl II 2004, 237, unter II.B.2.b der Gründe).
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2. Allerdings sind bei der Anwendung des § 68 FGO die Besonderheiten des gerichtlichen Rechtsschutzes gegen Gewinnfeststellungsbescheide zu beachten.
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Ein Gewinnfeststellungsbescheid kann eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen können. Solche selbständige Regelungen (Feststellungen) sind u.a. die Feststellung des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft, die Höhe des laufenden Gewinns (oder Verlusts) sowie das Vorliegen und die Höhe eines Veräußerungsgewinns (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 19. Juli 2011 IV R 42/10, BFHE 234, 226, BStBl II 2011, 878, unter B.II.1.a der Gründe, m.w.N.; vom 23. Februar 2012 IV R 32/09, BFH/NV 2012, 1479, unter II.1.c aa der Gründe). Der Gewinnfeststellungsbescheid ist deshalb ein teilbarer Verwaltungsakt. Damit wird ein nachträglich geänderter Gewinnfeststellungsbescheid nach § 68 FGO nur hinsichtlich der bereits zulässig mit der Klage angefochtenen Besteuerungsgrundlagen (partiell) Gegenstand des anhängigen Verfahrens (so für das Klageverfahren: BFH-Urteil vom 9. Februar 2011 IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II 2011, 764).
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3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid vom 13. Juli 2012 hinsichtlich der Feststellung des laufenden Gewinns für den Kläger und der dieser Gewinnzurechnung zu Grunde liegenden Feststellung des Bestehens der Mitunternehmerstellung des Klägers gemäß § 68 FGO zum Verfahrensgegenstand geworden, da beide Feststellungen Gegenstand des Klage- bzw. des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens waren/sind. Da die geänderte Feststellung des laufenden Gewinns und damit einhergehend die inzidente Feststellung der Mitunternehmerstellung des Klägers den Kern des Streitgegenstands betreffen und der laufende Gewinn zum Nachteil des Klägers abgeändert worden ist, kann die Aufhebung der Vorentscheidung und die Zurückverweisung der Sache an das FG auch nicht ausnahmsweise unterbleiben.
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4. Angesichts der Beschwerdebegründung des FA weist der Senat für den zweiten Rechtsgang --allerdings ohne Bindungswirkung-- auf folgende Gesichtspunkte hin:
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a) Das FG hat, anders als das FA meint, den Gewinnfeststellungsbescheid 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung nur insoweit ersatzlos aufgehoben, als dieser wegen der Mitunternehmerstellung sowie des laufenden Gewinns und des Veräußerungsgewinns von dem Kläger angefochten worden ist. Dass das FG über das Klagebegehren des Klägers hinausgehen wollte, ist nicht ersichtlich und kann auch nicht dem Tenor der Vorentscheidung entnommen werden.
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b) Ausgehend von diesem Klagebegehren des Klägers leidet die Vorentscheidung allerdings unter einem Begründungsmangel. Denn in den Entscheidungsgründen finden sich lediglich Ausführungen dazu, ob der dem Kläger --durch das Anerkenntnis-Urteil des BGH-- zugesprochene Schadensersatz zu einem steuerpflichtigen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn oder zu einem laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes geführt habe. Keine Ausführungen sind demgegenüber dazu enthalten, ob der Kläger Mitunternehmer gewesen ist und ihm deshalb zu Recht Gewinne zugerechnet worden sind.
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c) Das FG wird zudem zu prüfen haben, ob möglicherweise der Inhaber des Handelsgewerbes, hier die KGaA, in seiner Eigenschaft als Empfangsbevollmächtigter (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 FGO) oder aus eigenem Recht (§ 48 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 FGO) notwendig oder einfach beizuladen ist. Auch wird das FG zu prüfen haben, ob weitere atypisch stille Gesellschafter (notwendig) zum Verfahren beizuladen sind. Eine solche Beiladung könnte u.a. dann erforderlich sein, wenn die Feststellung der fehlenden Mitunternehmerstellung des Klägers oder seine ihm zugerechneten Einkünfte Auswirkungen auf den Gewinn der anderen (vermeintlichen) atypisch stillen Gesellschafter haben könnten.
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II. Im Übrigen ist die Beschwerde wegen der Feststellung des Veräußerungsgewinns unzulässig. Denn das Rechtsschutzbedürfnis des FA als Beschwerdeführer an der Durchführung eines Revisionsverfahrens ist durch den Erlass des geänderten Feststellungsbescheids vom 13. Juli 2012 im Hinblick auf diese selbständige Feststellung entfallen.
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Durch die geänderte Feststellung des Veräußerungsgewinns auf 0 DM hat das FA dem Klagebegehren des Klägers in vollem Umfang entsprochen. Da der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid insoweit dem Tenor der Vorentscheidung entspricht, fehlt es dem FA an dem für ein zukünftiges Revisionsverfahren erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis und damit zugleich auch an einem Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Beschwerdeverfahren.
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III. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.
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IV. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens wird nach § 143 Abs. 2 FGO dem FG übertragen. Auch bei nur teilweiser Zurückverweisung der Sache muss dem FG die Entscheidung über die gesamten Kosten des Verfahrens übertragen werden (Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 25/08, BFHE 228, 509, BStBl II 2010, 622).
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