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BFH 13.09.2012 - V R 59/10
BFH 13.09.2012 - V R 59/10 - (Zur Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG - Verfassungsmäßigkeit des § 31 Satz 4 EStG)
Normen
§ 31 S 4 EStG 2002 vom 15.12.2003, § 32 Abs 6 EStG 2002, § 36 Abs 2 EStG 2002, § 62 EStG 2002, § 66 Abs 3 EStG 2002, § 67 EStG 2002, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 21. Januar 2010, Az: 14 K 2364/08 E, Urteil
Leitsatz
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Für die Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG ist allein entscheidend, ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Ob Kindergeld tatsächlich gezahlt worden ist, ist ohne Bedeutung .
Tatbestand
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I. Streitig ist die Hinzurechnung des Kindergeldanspruchs nach § 31 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Steueränderungsgesetzes (StÄndG 2003) vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645). Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
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Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2004 vom 1. April 2008 enthielt eine Hinzurechnung von Kindergeld von insgesamt 4.774 €, hiervon für den am 19. April 2000 geborenen Sohn S in Höhe von 1.848 € und für die am 9. Juni 2004 geborene Tochter T in Höhe von 1.078 €. Den hiergegen eingelegten Einspruch, den die Kläger nicht begründet hatten, wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) als unbegründet zurück.
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Mit der Klage machten die Kläger geltend, die Hinzurechnung eines Kindergeldanspruchs für die Kinder S und T (insgesamt 2.926 €) sei zu Unrecht vorgenommen worden. Für beide Kinder sei --anders als für die Tochter J aus erster Ehe-- weder ein Kindergeld beantragt noch Kindergeld bezogen worden. Im Veranlagungs- bzw. Einspruchsverfahren seien Verzichte auf das Kindergeld für beide Kinder erklärt worden. Zudem seien die Ansprüche mittlerweile verjährt.
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Die Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung seines in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2010, 650 veröffentlichten Urteils führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, das FA habe zu Recht nach § 31 Satz 4 EStG auf die nach Abzug der Kinderfreibeträge ermittelte tarifliche Einkommensteuer das Kindergeld in Höhe von insgesamt 2.926 € hinzugerechnet. § 31 EStG verknüpfe das Kindergeld mit dem tariflichen Kinderfreibetrag gemäß § 32 EStG in der Weise, dass von Amts wegen die für den Steuerpflichtigen günstigere Lösung gewählt werde. Die gesetzliche Neufassung stelle jedoch in Abkehr von der bis zum Jahr 2003 geltenden Gesetzesfassung für die Hinzurechnung nicht mehr auf die Festsetzung und tatsächliche Zahlung des Kindergeldes, sondern entscheidend auf den Anspruch auf Kindergeld ab. Deshalb komme es nicht mehr darauf an, ob Kindergeld beantragt wird, in welcher Höhe, wann und an wen es gezahlt worden sei, ob es zurückgeführt werde und ob der Anspruch verfahrensrechtlich noch durchgesetzt werden könne.
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Der Hinzurechnung stehe auch nicht entgegen, dass für den Kindergeldanspruch im Laufe des Klageverfahrens Festsetzungsverjährung eingetreten sei, weil nach der Neuregelung durch das StÄndG 2003 die Festsetzungsverjährung für den konkreten Kindergeldanspruch für das gesetzliche Tatbestandsmerkmal des Anspruchs auf Kindergeld im Rahmen des § 31 Satz 4 EStG ohne Bedeutung sei. Für die Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG sei allein der im einkommensteuerlichen Veranlagungszeitraum zeitgleich abstrakt bestehende Kindergeldanspruch maßgeblich. Der gesetzgeberische Zweck der Verwaltungsvereinfachung werde unterlaufen, wenn nach Ablauf des Veranlagungszeitraums den Kindergeldanspruch ausschließende Tatsachen wie die --im Streitfall zudem bewusst abgewartete-- Festsetzungsverjährung bzw. vorausgehend die Erklärung, Kindergeld nicht beantragen zu wollen, die Hinzurechnung ausschließen könnten.
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Dem stehe das grundgesetzlich verankerte Gebot der Sicherung des Familienexistenzminimums und zwangsläufiger kindbedingter Aufwendungen nicht entgegen. Denn dem Steuerpflichtigen stehe im Hinblick auf die vierjährige Festsetzungsfrist ein ausreichender Zeitraum zur Realisierung seiner Kindergeldansprüche zur Verfügung und der Gesetzgeber sei im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung zu Recht davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Kindergeld auch geltend gemacht werde.
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Mit der Revision machen die Kläger geltend, das FG-Urteil beruhe auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG habe § 31 EStG unzutreffend ausgelegt, weil es den aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) resultierenden Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht berücksichtigt. Komme es --wie im Streitfall-- nicht zu einer Auszahlung von Kindergeld, stelle sich die Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer um den Kindergeldanspruch wirtschaftlich nicht als Rückzahlung des ungünstigeren und deshalb nicht beanspruchten Kindergeldes dar, sondern als eine zusätzliche Zahlung von Einkommensteuer, die den durch den Familienleistungsausgleich gewünschten Effekt reduziere. Sie komme einer bloßen Einkommensteuererhöhung gleich, die nicht an eine besondere Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen anknüpfe und darüber hinaus gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, weil derjenige, der es unterlasse, die Auszahlung von Kindergeld zu beantragen, mit einer höheren Einkommensteuerlast belegt werde, als derjenige, der bei ansonsten identischen steuerlichen Verhältnissen einen entsprechenden Antrag stelle. Damit würden gleiche Sachverhalte willkürlich ungleich behandelt. Die Verwaltungsvereinfachung stelle keinen ausreichenden sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung dar.
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Da § 31 EStG keine Ausnahmeregelung im Hinblick auf die Hinzurechnung des Kindergeldanspruches für Fälle enthalte, in denen von einer Antragstellung nach § 67 EStG abgesehen werde, müsse diese im Wege einer teleologischen Reduktion herbeigeführt werden. Im Übrigen bestehe der Kindergeldanspruch lediglich bis zu dessen Verjährung. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung habe der (abstrakte) Kindergeldanspruch für das Jahr 2004 nicht mehr bestanden, so dass auch aus diesem Gesichtspunkt eine Hinzurechnung habe unterbleiben müssen.
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Schließlich werde der Steuerpflichtige durch eine unnötige Pflicht zur Beantragung von Kindergeld in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Die Beantragung von Kindergeld sei im vorliegenden Fall eine bloße Förmelei.
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Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 1. April 2008 dahingehend zu ändern, dass die Hinzurechnung des Kindergeldes für die Kinder S und T in Höhe von insgesamt 2.926 € aufgehoben wird.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Das FA sieht seine Rechtsansicht durch das FG-Urteil bestätigt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet; sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
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Das FG hat § 31 Satz 4 EStG zutreffend ausgelegt. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger ist für die Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG allein entscheidend, ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Ob Kindergeld tatsächlich gezahlt worden ist, ist ohne Bedeutung.
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1. Nach § 31 Satz 1 EStG wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich des Bedarfs für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung entweder durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch das Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG bewirkt. Ist der Abzug der Freibeträge für Kinder günstiger als der Anspruch auf Kindergeld, erhöht sich die unter Berücksichtigung des Abzugs der Freibeträge für Kinder ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Kindergeld (§ 31 Satz 4 EStG).
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Die für das Streitjahr 2004 geltende Fassung des § 31 Satz 4 EStG geht zurück auf das StÄndG 2003. Bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2003 waren nach § 31 Satz 4 EStG a.F. die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG abzuziehen, wenn die gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt wurde; in diesem Fall war das gezahlte Kindergeld oder vergleichbare (gezahlte) Leistungen nach § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG zu verrechnen. Aufgrund der Gesetzesänderung ist seit dem Veranlagungszeitraum 2004 bei der Prüfung der Frage, ob der Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG für den Steuerpflichtigen vorteilhafter ist als das Kindergeld, nicht auf das tatsächlich gezahlte, sondern auf den Anspruch auf Kindergeld abzustellen. Für die Änderung des § 31 EStG waren Gesichtspunkte der Verfahrensvereinfachung maßgebend. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten insbesondere Änderungen der Steuerfestsetzung aufgrund einer nachträglichen Gewährung von Kindergeld vermieden werden (BTDrucks 15/1798, S. 2 zu 4.). Bestätigt wird der Wille des Gesetzgebers, nicht mehr --wie bisher-- auf das tatsächlich gezahlte Kindergeld, sondern auf den Kindergeldanspruch abzustellen, durch die Neuregelung in § 31 Satz 7 EStG. Stellte § 31 Satz 7 EStG a.F. noch darauf ab, ob ein höheres Kindergeld nach ausländischem Recht "gezahlt" wurde, kommt es nach der Neuregelung darauf an, ob ein das inländische Kindergeld übersteigender Anspruch nach ausländischem Recht besteht.
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Für die Hinzurechnung von Kindergeld ist somit der ursprüngliche, vor Erlöschen bestehende materiell-rechtliche Kindergeldanspruch maßgebend. Wegen der vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollten Abkoppelung der Steuerfestsetzung von der Kindergeldzahlung ist unerheblich, ob der Anspruch tatsächlich durch Zahlung erfüllt worden ist. Der Kindergeldanspruch ist daher seit dem Veranlagungszeitraum 2004 unabhängig von der kindergeldrechtlichen Beurteilung durch die Familienkasse hinzuzurechnen, wenn die Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG rechnerisch günstiger ist als der Kindergeldanspruch (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. März 2012 III R 82/09, BFH/NV 2012, 1228 II.2.; BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2006 VII B 7/06, BFH/NV 2007, 908 II.3.).
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2. § 31 Satz 4 EStG verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch werden die Kläger in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) beeinträchtigt.
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a) Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden lässt oder eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Belastung rechtfertigen können (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98 u.a., BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, m.w.N.). Bei der gerichtlichen Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG-Beschluss vom 29. November 1989 1 BvR 1402, 1528/87, BVerfGE 81, 108, 117 ff., BStBl II 1990, 479; BFH-Urteil vom 31. Mai 2006 II R 32/04, BFH/NV 2006, 2232 II.2.c bb (1)).
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aa) Vorliegend ist der allgemeine Gleichheitssatz schon deshalb nicht verletzt, weil die Kläger die Ungleichbehandlung durch Stellung eines Kindergeldantrags selbst hätten vermeiden können. Es ist dem Verzicht auf Geltendmachung eines Anspruchs immanent, dass damit eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen, die --bei im Übrigen gleicher Sachverhaltsgestaltung-- auf den Anspruch nicht verzichten, einhergeht. Darüber hinaus ist die mit der Änderung des § 31 Satz 4 EStG angestrebte Verwaltungsvereinfachung, mit der die Einkommensteuerfestsetzung von Detailfragen der Kindergeldfestsetzung --wie z.B. der Ablauf der Festsetzungsfrist für das Kindergeld-- freigehalten werden soll, ein nachvollziehbarer sachlicher Grund, auch wenn es im Einzelfall konkret nicht zu einer Verwaltungsvereinfachung führt.
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bb) Außerdem hat das BVerfG im Beschluss vom 13. Oktober 2009 2 BvL 3/05 (BVerfGE 124, 282, BGBl I 2009, 3785) zum Veranlagungszeitraum 2001 entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die generalisierende Regelung in § 31 EStG a.F. bestehen, mit der die existenznotwendigen Mindestaufwendungen für Kindesunterhalt bei allen Steuerpflichtigen in gleicher Weise in der steuerlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden und bei der eine individuelle Würdigung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen und ihrer Minderung durch die zur Befriedigung der Bedürfnisse des Kindes zwangsläufig einzusetzenden Mittel nicht stattfindet, wobei das dem Steuerpflichtigen zugeflossene Kindergeld zur Vermeidung doppelter Berücksichtigung des Kindesexistenzminimums zurückzugewähren sei (B.II.1.a). Dem einkommensteuerrechtlichen Prinzip der Besteuerung nach individueller Leistungsfähigkeit werde durch § 31 Satz 5, § 36 Abs. 2 EStG a.F. hinreichend Rechnung getragen, wenn gezahltes Kindergeld der Einkommensteuer nur dann hinzugerechnet werde, wenn es dem Steuerpflichtigen zugeflossen sei, wobei ein Zufluss im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs ausreiche (B.II.1.a). Hieran ändert sich nichts, wenn dem Steuerpflichtigen die Obliegenheit übertragen wird, für den Zufluss selbst Sorge zu tragen, indem er einen bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer möglichen entsprechenden Antrag mit den für die Bewilligung des Kindergeldes erforderlichen Angaben stellt.
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b) Entgegen der Auffassung der Kläger ist die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit nicht durch die Entscheidung des Gesetzgebers verletzt, die steuerliche Freistellung in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich des Betreuungsbedarfs in der Weise zu regeln, dass im laufenden Jahr Kindergeld als antragsabhängige monatliche Steuervergütung beansprucht werden kann und für den Fall, dass die gebotene steuerliche Freistellung für den gesamten Veranlagungszeitraum nicht bereits vollständig durch den Anspruch auf Kindergeld bewirkt wird, die unter Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Kindergeld für den entsprechenden gesamten Veranlagungszeitraum zu erhöhen.
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aa) Die Änderung berücksichtigt, dass die nach § 66 Abs. 3 EStG a.F. geltende Ausschlussfrist für den Kindergeldantrag (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 2002 VIII R 68/00, BFH/NV 2002, 1293, m.w.N.), wonach Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt wurde, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist, mit Wirkung ab 1. Januar 1998 entfallen war und der Kindergeldanspruch seither auch für zurückliegende Zeiträume bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer des entsprechenden Veranlagungszeitraums geltend gemacht werden kann. Da bis zu der im Streitfall maßgeblichen Änderung des § 31 Satz 4 EStG durch das StÄndG 2003 bei der Einkommensteuerveranlagung unter Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG nur das tatsächlich ausbezahlte Kindergeld hinzuzurechnen war, erforderte eine erst nach Festsetzung der Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum erfolgte Festsetzung und Auszahlung von Kindergeld für diesen Veranlagungszeitraum, eine Änderung der entsprechenden Einkommensteuerfestsetzung. Durch die Anknüpfung an den Kindergeldanspruch --statt wie bisher an die Kindergeldzahlung-- sollten Änderungen der Einkommensteuerfestsetzung bei nachträglicher Gewährung von Kindergeld überflüssig werden. Des Weiteren sollte der in der Praxis (bei Eltern mit mehreren Kindern) fehlerträchtige Ermittlungsschritt beim Ausfüllen der Steuererklärungsvordrucke vermieden werden. Das Abstellen auf den Kindergeldanspruch anstelle der Kindergeldzahlung sollte zusätzlichen Verwaltungsaufwand seitens der Finanzämter vermeiden, weil das Kindergeld --sofern die Familienkasse nicht vom Antrag des Kindergeldberechtigten abweicht-- in einer Summe gezahlt wird und nicht --wie es für die steuerliche Ermittlung des Kinderfreibetrages notwendig ist (hierzu BFH-Urteile vom 28. April 2010 III R 86/07, BFHE 230, 294, BStBl II 2011, 259, und vom 19. April 2012 III R 50/08, BFH/NV 2012, 1429)-- kindbezogen nachzuweisen ist. Die Regelung sollte weiter die Angaben zur Höhe des Kindergeldanspruchs in der Regel --mit Ausnahme von Sonderfällen wie z.B. Leistungen für Kinder nach ausländischem Recht-- in der Steuererklärung entbehrlich machen (BTDrucks 15/1945, S. 9 und BTDrucks 15/1798, S. 2).
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bb) Im Ergebnis hat die Anknüpfung an den Kindergeldanspruch (anstelle der Kindergeldzahlung) als Hinzurechnungsgröße bei Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG zur Folge, dass die kindbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit (vgl. BVerfG-Nichtannahmebeschluss vom 6. November 2003 2 BvR 1240/02, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2004, 260) im Umfang des Kindergeldanspruchs ausschließlich als Steuervergütung beansprucht werden kann und sich bei der Einkommensteuerveranlagung im Ergebnis nur noch die Differenz zwischen der Steuerminderung durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und Kindergeldanspruch auswirken kann. Zwar konnte nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des StÄndG 2003 der Steuerpflichtige, weil nur gezahltes Kindergeld hinzuzurechnen war, letztlich wählen, ob er auf den Anspruch auf Auszahlung von Kindergeld verzichtet und nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG geltend machen will. Dies ist nach der Neuregelung nicht mehr möglich. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf ein Wahlrecht zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag besteht nicht. Wie das BVerfG im Beschluss in HFR 2004, 260 (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Antragsfrist nach § 66 Abs. 3 EStG a.F.) ausgeführt hat, steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, die kindbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit entweder im Steuerrecht zu berücksichtigen oder ihr stattdessen im Sozialrecht durch die Gewährung eines dafür ausreichenden Kindergeldes Rechnung zu tragen oder auch eine Entlastung im Steuerrecht und eine solche durch das Kindergeld miteinander zu kombinieren (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 10. November 1998 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, 265, BStBl II 1999, 174; vom 29. Mai 1990 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, 84, BStBl II 1990, 653). Nachdem der Anspruch auf Kindergeld --anders als nach § 66 Abs. 3 EStG a.F.-- nicht mehr durch die Antragsfrist von sechs Monaten begrenzt ist, sondern bis zur Grenze der Festsetzungsfrist (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2007 III B 167/06, BFH/NV 2007, 865) geltend gemacht werden kann, begegnet die Kombination von Steuervergütung in Form eines Kindergeldanspruchs und der lediglich ergänzenden Berücksichtigung einer dadurch nicht vollständig bewirkten kindbedingten Minderung der Leistungsfähigkeit durch die Freibeträge in § 32 Abs. 6 EStG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
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Auch der Umstand, dass der Anspruch auf Auszahlung des monatlichen Kindergeldes nach § 67 EStG einen schriftlichen Antrag erfordert, berührt die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Handlungsfreiheit der Kläger nicht, denn ohne entsprechende Angaben des Steuerpflichtigen hat die Familienkasse --ebenso wie ohne Angaben des Steuerpflichtigen in der Einkommensteuererklärung das Finanzamt für die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen-- keinen Anhaltspunkt für die Feststellung und Erfüllung des Kindergeldanspruchs. Ein Wahlrecht lässt sich § 67 EStG nicht entnehmen. Insbesondere besteht angesichts der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl. BVerfG-Beschluss in HFR 2004, 260) für diesen keine Verpflichtung zur Einräumung eines Wahlrechts zwischen dem monatlich zu erfüllenden Kindergeldanspruch und der Inanspruchnahme des Kinderfreibetrages nach Ablauf des betreffenden Veranlagungszeitraumes. Dass die Kläger für den Fall, dass die steuerliche Freistellung erkennbar nicht vollständig durch das monatlich zu zahlende Kindergeld bewirkt werden wird, eine andere Regelung bevorzugen würden, berührt die in Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Handlungsfreiheit nicht.
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3. Der Zurückweisung der Revision steht auch nicht entgegen, dass vorliegend für die Kindergeldansprüche 2004 mit Ablauf des Jahres 2008 Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Das FG hat hierzu zu Recht entschieden, dass für die Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG allein der im einkommensteuerlichen Veranlagungszeitraum zeitgleich abstrakt bestehende Kindergeldanspruch maßgebend ist.
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