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BFH 25.01.2012 - I B 103/11
BFH 25.01.2012 - I B 103/11 - Berufskraftfahrer bei einer luxemburgischen Firma
Normen
Art 10 Abs 3 DBA LUX, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 16. Mai 2011, Az: 7 K 53/09, Urteil
Leitsatz
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NV: Die Grundfreiheiten erfassen die gleichheitswidrige Schlechterbehandlung eines im Inland tätigen Ausländers (oder Gebietsfremden) gegenüber einem ebenfalls im Inland tätigen Inländer (oder Gebietsansässigen) oder eine Ungleichbehandlung eines im Inland ansässigen Klägers mit verwirklichtem ausländischen Sachverhalt gegenüber einem im Inland verbliebenen Gebietsansässigen, nicht hingegen eine Ungleichbehandlung des im Inland ansässigen Klägers, der seine Einkünfte aus einem luxemburgischen Arbeitsverhältnis erzielt, gegenüber den in Luxemburg wohnhaften Angestellten desselben Arbeitgebers.
Tatbestand
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I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Ehegatten mit Wohnsitz im Inland und wurden in den Streitjahren (2004 bis 2006) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war in den Streitjahren als Berufskraftfahrer bei einer luxemburgischen Firma beschäftigt. In Ausübung dieser Tätigkeit hielt er sich in den Streitjahren in Luxemburg und in weiteren europäischen Staaten auf. Die Aufenthalte blieben jedoch in den einzelnen Staaten jeweils unter der Grenze von 183 Tagen.
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Der Arbeitslohn des Klägers wurde, soweit er auf Fahrten in Luxemburg entfiel, in Luxemburg besteuert. Der Arbeitslohn, der nicht auf Fahrten in Luxemburg entfiel, wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) im Rahmen der Veranlagung der Kläger für die Streitjahre als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Besteuerung unterworfen. Den auf Fahrten in Luxemburg entfallenden Arbeitslohn berücksichtigte das FA im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b des Einkommensteuergesetzes.
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Die Kläger waren dagegen der Auffassung, dass das Besteuerungsrecht für die Einkünfte des Klägers aus der Tätigkeit für den luxemburgischen Arbeitgeber ausschließlich Luxemburg zustehe und ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht vorliege, soweit das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (DBA-Luxemburg) vom 23. August 1958 (BGBl II 1959, 1270) das Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat Deutschland zuweise. Die Klage blieb erfolglos (Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 16. Mai 2011 7 K 53/09).
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Die Kläger machen mit ihrer Beschwerde geltend, dass die Revision gegen das angefochtene Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unzulässig. Der von den Klägern geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt worden.
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1. Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO darzulegen, muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärbar ist. Dazu muss dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Juni 2008 VII B 61/08, BFH/NV 2008, 1708; vom 5. Dezember 2007 X B 4/07, BFH/NV 2008, 587; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.). Wird ein Verstoß gegen das Unionsrecht gerügt, ist eine substantiierte, an den Vorgaben des Unionsrechts und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, jetzt Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), und des BFH orientierte Auseinandersetzung mit der Problematik erforderlich (BFH-Beschlüsse vom 9. November 2007 IV B 169/06, BFH/NV 2008, 390; vom 26. März 2008 II B 86/07, BFH/NV 2008, 1127). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
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a) Die Kläger tragen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache lediglich sinngemäß vor, dass der Kläger durch die Besteuerung seiner aus dem luxemburgischen Arbeitsverhältnis erzielten Einkünfte im Inland gegenüber den in Luxemburg wohnhaften Angestellten seines luxemburgischen Arbeitgebers diskriminiert werde und dies zu einem Verstoß gegen das Unionsrecht führe. Aus dem Vortrag der Kläger ergibt sich indessen nicht, dass die aufgeworfene Rechtsfrage inhaltlich klärungsbedürftig ist (BFH-Beschluss vom 1. März 2007 VI B 92/06, BFH/NV 2007, 1172, unter I. der Gründe; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 34, m.w.N.). Denn die Kläger haben in ihrer Beschwerdebegründung nicht hinreichend dargelegt, dass die aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist.
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b) Soweit sich die Beschwerde mit der Rechtsprechung des EuGH zum Vorliegen einer Diskriminierung bei unterschiedlicher Besteuerung gebietsansässiger und gebietsfremder natürlicher Personen auseinandersetzt, trifft dies die rechtliche Problematik des Streitfalles nicht. Grundlage der Rechtsprechung des EuGH zu den Grundfreiheiten ist deren Verständnis als primär gleichheitsrechtliche Diskriminierungsverbote nach der Staatsangehörigkeit bzw. nach der Ansässigkeit. Notwendig ist also die gleichheitswidrige Schlechterbehandlung eines im Inland tätigen Ausländers (oder Gebietsfremden) gegenüber einem ebenfalls im Inland tätigen Inländer (oder Gebietsansässigen), mithin um eine sog. Inbound-Situation. Diese Situation liegt im Streitfall jedoch nicht vor. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung gehen daher insoweit fehl.
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c) Der EuGH versteht allerdings das in den Grundfreiheiten niedergelegte Beschränkungsverbot nicht nur im Sinne eines Behinderungsverbots durch den Aufnahmemitgliedstaat, sondern zugleich als Gebot an den Herkunftsstaat, das Tätigwerden seiner Staatsangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat nicht zu behindern. Derartige Beschränkungen durch den Herkunftsstaat können nicht über eine mit dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung kollidierende Diskriminierung erfasst werden, weil die Träger der Grundfreiheit im Regelfall über eine identische Staatsangehörigkeit verfügen. Der EuGH weicht daher für derartige Marktaustrittskonstellationen auf ein Beschränkungsverbot aus (vgl. Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 43 EGV Rz 104). Er stellt dabei ausdrücklich auf eine Ungleichbehandlung des vom marktaustrittsinteressierten Inländer beabsichtigten oder verwirklichten ausländischen Sachverhalts gegenüber dem vergleichbaren inländischen Sachverhalt ab (vgl. zuletzt zur Niederlassungsfreiheit EuGH-Urteil vom 29. November 2011 Rs. C-371/10 "National Grid Indus", Deutsches Steuerrecht 2011, 2334, dort Rz 37). Letztlich handelt es sich um die Umkehrung der Fallgruppe der Diskriminierung Gebietsfremder gegenüber Gebietsansässigen. Hierzu sind der Beschwerdeschrift jedoch keine Ausführungen zu entnehmen. Vielmehr ist festzustellen, dass die Kläger, soweit sie eine Ungleichbehandlung des im Inland ansässigen Klägers, der seine Einkünfte aus einem luxemburgischen Arbeitsverhältnis erzielt, gegenüber den in Luxemburg wohnhaften Angestellten desselben luxemburgischen Arbeitgebers anmahnen, von einem gleichheitsrechtlichen Verständnis der Grundfreiheiten ausgehen, das dem im Gemeinschaftsrecht angelegten systematischen Verständnis der Grundfreiheiten nicht entspricht.
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2. Auch der von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfrage, Art. 10 Abs. 3 DBA-Luxemburg auf die hier in Rede stehende Situation analog anzuwenden, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Für eine solche Analogie besteht angesichts der klaren abkommensrechtlichen Begrenzung der Vorschrift auf Schifffahrts- und Luftverkehrsunternehmen keine Rechtsgrundlage. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Vertragsstaaten bewusst davon abgesehen haben, Verkehrsunternehmen anderer Art in die Sonderregelung einzubeziehen. Dies zeigt nicht zuletzt auch Art. 15 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 16. April 1985 (BGBl II 1989, 867), das --im Gegensatz zum DBA-Luxemburg-- eine ausdrückliche Regelung zu Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Straßenfahrzeuges im internationalen Verkehr ausgeübt wird, enthält. Die Hinweise der Kläger auf die zunehmende Globalisierung im Güterstraßenverkehr vermögen daran nichts zu ändern. Der Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 DBA-Luxemburg ist einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Mai 2002 I B 80/01, BFH/NV 2002, 1423).
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