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BFH 24.02.2011 - VI R 51/10
BFH 24.02.2011 - VI R 51/10 - (Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 22.09.2010 VI R 57/09 - Rücknahme der Revision nach Verzicht auf mündliche Verhandlung - Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG als Korrekturposten zum Werbungskostenabzug)
Normen
§ 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG 2002, § 8 Abs 2 S 2 EStG 2002, § 8 Abs 2 S 3 EStG 2002, § 19 Abs 1 EStG 2002, § 121 S 1 FGO, § 125 Abs 1 S 2 FGO, § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG 2002
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 24. Februar 2010, Az: 2 K 2573/08, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Revision kann nach § 125 Abs. 1 S. 2 FGO nicht mehr wirksam zurückgenommen werden, nachdem die Verfahrensbeteiligten bereits Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt hatten und der Revisionsbeklagte der Rücknahme nicht zustimmt .
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2. NV: Die Zuschlagsregelung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG stellt einen Korrekturposten zum Werbungskostenabzug dar und kommt daher nur insoweit zur Anwendung, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt hat .
Tatbestand
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I. Bei der Einkommensteuerfestsetzung der Streitjahre wurde für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kein Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG angesetzt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stellte dies erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung späterer Jahre fest. Das FA änderte darauf nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung mit den hier streitigen Bescheiden vom 5. März 2008 die Einkommensteuerfestsetzungen für 2004 und 2005, indem es die Lohneinkünfte um 18.910 € für 2004 und um 19.235 € für 2005 nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG erhöhte.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 44 veröffentlichten Gründen der Klage teilweise statt.
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Es stützte sich dazu auf die Urteile des erkennenden Senats vom 4. April 2008 VI R 85/04 (BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887) und VI R 68/05 (BFHE 221, 17, BStBl II 2008, 890), wonach der Zuschlag nur insoweit vorzunehmen ist, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt hatte. Es berücksichtigte zum einen, dass der Kläger im Streitjahr 2004 die Betriebsstätte des Arbeitgebers nur an 73 Tagen und im Streitjahr 2005 nur an 72 Tagen aufgesucht hatte, zum anderen, dass der Listenpreis des Fahrzeugs nicht 30.900 €, sondern 27.200 € betragen hatte. Dadurch verringerte sich der Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in 2004 von 18.910 € auf 6.751 € sowie in 2005 von 19.235 € auf 6.788 €.
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Das FA rügt mit der dagegen eingelegten Revision die Verletzung materiellen Rechts. Es hat sich im Schriftsatz vom 17. Januar 2011 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt und mit Schriftsatz vom 18. Februar 2011 die Revision zurückgenommen.
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Das FA beantragt,
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das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 24. Februar 2010 insoweit aufzuheben, als das FG der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.
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Der Kläger hat sich im Schriftsatz vom 19. Dezember 2010 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt, in die Rücknahme der Revision aber nicht eingewilligt.
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Er beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Der Senat erkennt gemäß § 90 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung. Denn Kläger und FA haben wirksam auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Über die Revision ist sachlich zu entscheiden, obwohl das FA die Revision zurückgenommen hatte. Denn das FA konnte nach § 125 Abs. 1 Satz 2 FGO die Revision nicht mehr wirksam zurücknehmen, nachdem die Verfahrensbeteiligten bereits Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt hatten und der Kläger der Rücknahme nicht zugestimmt hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtordnung, 7. Aufl., § 125 Rz 9).
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2. Das FG hat zu Recht im Rahmen der Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 5 EStG im Streitjahr 2004 nur 73 Fahrten und im Streitjahr 2005 nur 72 Fahrten zu Grunde gelegt und das zu versteuernde Einkommen und die festzusetzende Einkommensteuer unter Berücksichtigung des zutreffenden inländischen Listenpreises des vom Arbeitgeber dem Kläger überlassenen Dienstwagens entsprechend herabgesetzt.
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Die Zuschlagsregelung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG stellt einen Korrekturposten zum Werbungskostenabzug dar und kommt deshalb nur insoweit zur Anwendung, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt hat (Senatsurteile vom 22. September 2010 VI R 54/09, BFHE 231, 127; VI R 55/09, BFHE 231, 135; V R 57/09, BFHE 231, 139; in BFHE 221, 17, BStBl II 2008, 890). Die Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG hat insbesondere nicht die Funktion, eine irgendwie geartete zusätzliche private Nutzung des Dienstwagens zu bewerten. Sie bezweckt vielmehr lediglich einen Ausgleich für abgezogene, aber tatsächlich nicht entstandene Erwerbsaufwendungen. Der Senat verweist zur weiteren Begründung auf sein Urteil in BFHE 231, 139.
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